Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Die Entscheidungen vom März und Juni 2024 sind bereits hochgeladen, die Fälle aus der September-Sitzung folgen noch.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6546 Entscheidungen

Überschrift

Eine Stadtverwaltung betritt Neuland: Um ein frauenfreundliches und frauenförderndes Klima am Arbeitsplatz zu schaffen, lädt sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Fortbildungsveranstaltungen ein, die sich mit der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz befassen. Ein konkreter Anlass ein Jahr zuvor gab den Anstoß zu dieser Aktion. Daraus sollte nicht der Schluss gezogen werden, bei der Stadtverwaltung gebe es im Vergleich zur Privatwirtschaft besonders viele oder gravierende sexuelle Übergriffe. Es sollte vielmehr die Bereitschaft der Stadtverwaltung dokumentiert werden, sich quasi pionierhaft mit diesem .heißen Eisen« zu beschäftigen. Dieses Anliegen machten die beiden Frauenbeauftragten der Stadt in einem Pressetext deutlich. Die in der Pressemitteilung enthaltenen allgemeingültigen Aussagen werden von einer Boulevardzeitung auf den Bereich der Stadtverwaltung übertragen. Unter der Überschrift »Sex im ... Rathaus - OB haut Fummlern auf die Finger« berichtet sie über den Kurs und erweckt dabei nach Ansicht der Frauenbeauftragten den Eindruck, als seien die in dem Kurs erwähnten Beispiele konkrete Vorfälle in der örtlichen Verwaltung. Eine der Frauenbeauftragten beschwert sich beim Deutschen Presserat. (1990)

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Gerichtsberichterstattung

Unter der Überschrift »Freie Wildbahn für den Schuldenjäger« berichtet eine Lokalzeitung über den Prozess gegen einen Gerichtsvollzieher, der bei einer Pfändung regelwidrige Methoden zum Nachteil eines Schuldners angewandt haben soll. Geschildert wird der Fall sowohl aus der Sicht des Betroffenen als auch aus der des Gerichtsvollziehers. Eine Gegenklage, die der Dienstherr gegen den Schuldner wegen Beleidigung und übler Nachrede erhoben habe, mache schnellere Fortschritte als der Ausgangsprozess. Der Artikel endet mit dem Hinweis, dass dem Gerichtsvollzieher schon häufiger eine Verletzung der Berufsregeln vorgeworfen worden sei. Äußerungen im Kollegenkreis über seine Person und seine Arbeitsweise werden wiedergegeben. Außerdem werden Angaben über sein Gehalt gemacht, das durch »gutes Eintreiben« auch erhöht werden könne. Das persönliche Umfeld wie Wohnung, Gewohnheiten (»Pfeifenraucher«) und Vereinsämter des Gerichtsvollziehers wird mitgeteilt. Einige Tage später wird über die Fortsetzung des Prozesses berichtet, der durch widersprüchliche Aussagen der Beteiligten bestimmt ist. Es scheint sich zu bestätigen, dass dem Dienstvorgesetzten nichts daran liegt, den Beamten in die Gerichtsmühle geraten zulassen: Der Richter musste »Lauferei« bewältigen, um eine Aussagegenehmigung zu erhalten. Gegen den Beitrag beschwert sich der Dienstherr des Gerichtsvollziehers. Ein Strafantrag gegen den Verfasser der Artikel wird zurückgewiesen. Beleidigung und Ehrverletzung werden von der Staatsanwaltschaft nicht erkannt.

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Verunglimpfung

Eine Lokalzeitung kommentiert die politische Diskussion zwischen den Parteien, ob nicht angesichts des Zuzugs von DDR-Übersiedlern der Flut von Asylbewerbern aus aller Welt Einhalt geboten werden müsste. Eine Partei im Stadtparlament und insbesondere der namentlich genannte Vorsitzende dieser Fraktion berücksichtigten nicht, dass das Problem den Staat finanziell belaste und deshalb einer Regelung bedürfe. Der zitierte Stadtrat, von Beruf Oberstudienrat, habe für eigene Landsleute früher nicht so viel Zartgefühl verspürt wie für Asylanten: Ein Mitarbeiter der Zeitung habe als Schüler seine »handfesten Unterrichtsmethoden. und sein »zupackendes Temperament« kennenlernen dürfen. Ein Leser sieht den Studienrat an den Pranger gestellt, ohne dass er sich wehren kann. (1990)

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Zitat

Unter der Überschrift »Pfarrer behandelt Bauern fast wie Leibeigene« berichtet eine Lokalzeitung über Streitigkeiten zwischen Bürgern und dem Pfarrer ihrer Gemeinde. Zitiert werden ein Gemeinderat sowie einige Bürger, die von mehreren Streitfällen berichten und zahlreiche Vorwürfe gegen den Pfarrer erheben: er verbreite Unwahrheiten, setze sich in »erstaunlicher Selbstherrlichkeit« über die Köpfe seiner Pfarrangehörigen hinweg und behandle die Landwirte »fast wie Leibeigene«: Der Pfarrer beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Bericht werde falsch zitiert. Man habe ihm keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben.

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Übertreibung

Ein Journalist und zwei Ärzte beschweren sich beim Deutschen Presserat über die Berichterstattung zweier Zeitungen zu einem Attentat auf einen Bundesminister. So verletze die Schlagzeile einer Boulevardzeitung das Gebot der Zurückhaltung und diene der Sensationsmache ohne Rücksicht auf die Gefühle der Angehörigen. Die Überschrift nennt den Namen des Ministers und fragt: »Halbes Gesicht weg?«. Die Beschwerdeführer beanstanden auch Überschriften in der Folgeberichterstattung. Die eine Zeitung schreibt: »Der Attentäter grinst frech«, die andere: »Der Attentäter - Er grinst auch noch«. Beide Titel seien eine Vorverurteilung. Die Darstellung schließe ein faires rechtsstaatliches Verfahren aus, provoziere beim Leser die Haltung: Kurzen Prozess machen. In einem weiteren Bericht befasst sich die Boulevardzeitung u. a. mit der Frage, ob die Rettungsmaßnahmen nach dem Attentat korrekt verlaufen sind. Die Schlagzeile lautete: »Hubschrauber verflog sich - Ärztin musste ... selber fahren«. Diese Schlagzeile entspreche nicht den Tatsachen. Eine der beiden Zeitungen zählt schließlich die Fehler und Pannen der Rettungsdienste auf. Zitiert wird ein Arzt und Nachbar des Ministers, der u. a. »heftige Kritik« an der »Irrfahrt« der Notärzte übt. Die Notärzte sehen sämtliche Tatsachen verdreht. Es werde der Eindruck erweckt, bei der Erstversorgung seien Dilettanten am Werk gewesen, die für mögliche Spätschäden verantwortlich seien.

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Gestelltes Foto

Unter der Überschrift »1500 neue Jobs 10 Prozent mehr Umsatz - 23000 Autos mehr gebaut - Hurra, wir von ... sind auf Zack!« berichtet eine Boulevardzeitung, der Vorstandsvorsitzende der (namentlich genannten) Automobilfirma habe eine »Super-Bilanz« für das vergangene Jahr vorgelegt. Es scheine, im laufenden Jahr werde es noch besser. Die Mitarbeiter hätten gejubelt: »Hurra, wir von ... sind auf Zack!« Den Bericht illustriert ein Foto, das jubelnde Mitarbeiter des Autoherstellers zeigt. Die Bildunterzeile berichtet, die Mitarbeiter »jubelten, als sie gestern die stolzen Zahlen hörten«. Das Zitat wird wiederholt. Einzelne Mitarbeiter aus der Fertigung werden zusätzlich abgebildet, sie werden mit positiven Äußerungen über die Firma zitiert Ein Betriebsratsmitglied beschwert sich beim Deutschen Presserat. Bildunterschrift und einige Zitate seien frei erfunden. Die Mitarbeiter hätten nicht zur Bekanntgabe der Firmenbilanz, sondern anlässlich der Übertragung eines Fußball-WM-Spiels vor einem Fernseher gejubelt. Die Zeitung bestätigt, dass das Foto in der Halbzeit einer WM-Übertragung aufgenommen worden sei. Das Fußballspiel sei aber so schlecht gewesen, dass kein Anlass zum Jubeln gewesen sei.

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Begriff »Juden«

Eine Tageszeitung berichtet über eine Kampagne der rechtsextremen israelischen Kach-Partei, mit der die in Israel beschäftigten Palästinenser von ihren Arbeitsplätzen vertrieben werden sollen. Der Beitrag erscheint unter der Überschrift »Juden starten Kampagne gegen Palästinenser«. Ein Leser des Blattes wendet sich an den Deutschen Presserat. Die undifferenzierte Benutzung des Wortes»Juden« in der Überschrift stehe in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Nachricht im Text. Die Redaktion sieht die Nachricht weder sinnentstellt noch verfälscht, räumt aber ein, dass beim flüchtigen Leser dieser Eindruck entstehen könne. Der Begriff »Juden« meine nicht allein Religionszugehörigkeit, sondern erfasse die ethnische und geographische Bestimmung von Volk und Staat Israel.

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Falsche Tatsachenbehauptung

Unter der Überschrift »Blutiger Streit im Roma-Milieu - Mordversuch mit dem Messer« berichtet eine Lokalzeitung über den Prozess gegen eine Hausfrau, »Angehörige der Roma«, die versucht haben soll, einen Landsmann mit Messerstichen zu töten. Das Gericht sehe »in jedem Fall eher einen Totschlagversuch«. Hintergrund der Bluttat seien Zwistigkeiten innerhalb der Roma-Gruppe. Ein Leser sieht in dem Bericht eine Vorverurteilung. Außerdem sei der Hinweis auf das »Roma-Milieu« diskriminierend. Den Hinweis auf das »Roma-Milieu« sieht die Redaktion dagegen als einen unverzichtbaren Bestandteil der Berichterstattung.

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Zitat

Eine Tageszeitung berichtet unter der Überschrift »Ausländer dealen, Deutsche werden süchtig« über den Drogenumschlag in einer westdeutschen Großstadt und die Arbeit des dortigen Rauschgiftkommissariats. Es wird berichtet, vor allem Kurden, Türken, Jugoslawen und Italiener handelten mit Heroin. Im Kokaingeschäft seien »hauptsächlich« Südamerikaner und »auch einige Deutsche« tätig. Der Straßenhandel sei »in der Hand« der Schwarzafrikaner. Das »Haschisch-Monopol« liege bei Marokkanern und Algeriern. Der Leiter des Rauschgiftkommissariats wird mit der Aussage zitiert: »Ausländer dealen, Deutsche konsumieren«. Weiter wird berichtet, steigende Brutalität »besonders bei den Jugoslawen« mache die Arbeit von V-Männern gefährlich. Zwei andere Tageszeitungen berichten über den gleichen Sachverhalt. Auch sie teilen mit, dass sich die polizeilichen Ermittlungen gegen bestimmte, von den Zeitungen auch im einzelnen aufgezählte ausländische Händler richteten. Dazu die zweite Zeitung wörtlich: »Wenn die Erkenntnisse der Polizei die Realität widerspiegeln, dann spielen deutsche Dealer in dieser Sparte des organisierten Verbrechens kaum eine Rolle.« Die dritte Zeitung zitiert ebenfalls den Leiter des Rauschgiftkommissariats: »Allerdings habe der Spruch >Die Ausländer handeln, die Deutschen konsumieren inzwischen nicht mehr die absolute Gültigkeit ... Heimische Zuhälter engagierten sich in verstärktem Maße im Kokainhandel.« Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Berichterstattung der erstzitierten Zeitung. Sein Argument: Ausländer werden pauschal diskriminiert, der Leiter des Rauschgiftkommissariats falsch zitiert.

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Persönliches

In einem Editorial unter der Überschrift »Sie haben ein Recht auf Wahrheit... « berichtet der Chefredakteur und Herausgeber einer Zeitschrift über eine Auseinandersetzung mit einem ehemaligen Mitarbeiter. Unter Nennung des Namens wird über undurchsichtige Buchhaltung und Krankheiten des Mitarbeiters berichtet, werden chaotische Familienverhältnisse beschrieben, wird von einem »Persönlichkeitsdefekt« gesprochen. Der Beitrag endet mit der Empfehlung, der Mann möge sein Leben endlich auf Kreativität und Leistung statt auf Eitelkeit und Publicity, Lüge und Betrug aufbauen. Zwei Leser des Blattes beschweren sich beim Deutschen Presserat. Sie sehen den Betroffenen verunglimpft und in der Ehre verletzt. Der Verfasser des Editorials sieht durch das private Verhalten des Mannes öffentliches Interesse berührt, da er mit der Behauptung, er sei Ufo-Kontaktperson, in diversen Seminaren gutgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche ziehe. Vor ihm müsse gewarnt werden.

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