Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Recht am eigenen Bild

Am Beispiel einer namentlich genannten 22jährigen Frau berichtet eine Sonntagszeitung über die Ausbreitung einer Sekte in Ostdeutschland. Unter der Überschrift »Es wäre besser, wenn ... tot wäre« werden die Leser des Blattes über Organisation, Strukturen, Absichten, Personen und Äußerungen von Angehörigen der Sekte sowie über einzelne Umstände der zeitweisen Mitgliedschaft der genannten Studentin in dieser Gemeinschaft informiert. Die Aussagen über die junge Frau beruhen offensichtlich auf Angaben der Eltern bzw. werden im Zitat wiedergegeben. Der Bericht ist illustriert mit einem großformatigen Porträtfoto der Frau. Eine Vertreterin der Sekte beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der gesamte Bericht sei mit Falschmeldungen und Halbwahrheiten gespickt und verletze das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Die Redaktion gibt an, das Foto von den Eltern erhalten zu haben. Diese seien mit einer Veröffentlichung einverstanden gewesen. (1992)

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Fotoverwechslung

Berufsbezeichnung

Meinungsäußerung

Eine Lokalzeitung beschäftigt sich mit dem Abstimmungsverhalten eines parteilosen Stadtratsmitglieds. Zitat: »Er dürfte - wie schon des öfteren in der Vergangenheit - wiederum einmal mehr kaum verstanden haben, worüber er eigentlich abgestimmt hat.« Der Stadtrat habe zwei Minuten vor Sitzungsende den Plenarsaal betreten, als die Oberbürgermeisterin gerade zur Abstimmung aufrief, und wieder einmal tapfer die Hand gehoben. »Warum sich mühen, wenn es auch bequemer geht?« fragt der Autor des Berichts. Für seine nur zweiminütige Anwesenheit erhalte der Stadtrat 60 Mark Sitzungsgeld. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet der Betroffene die Unterstellung, er habe kaum verstanden, worüber er abstimme, und die Behauptung, dies sei nicht das erste Mal vorgekommen. Mit der zur Abstimmung gestellten Problematik sei er schon seit Jahren befasst. Im übrigen trägt der Beschwerdeführer sachliche Gründe für seine Verspätung vor. Die Redaktion erklärt, in die fragliche Sitzung des Stadtrates sei eine Resolution eingebracht worden, der zufolge ein Brandanschlag auf ein Aussiedlerheim verurteilt wenden sollte. Eine ausführliche und höchst kontroverse Diskussion sei entstanden wegen eines sogenannten »Ergänzungstextes«. Ehe schließlich über das Papier abgestimmt worden sei, habe man sich auf etliche Änderungen bzw. Streichungen geeinigt. Unmittelbar zu Beginn der Abstimmung sei dann das fehlende Stadtratsmitglied erschienen. Dieses dürfte somit kaum, wie von ihm behauptet, die erforderliche Gelegenheit gehabt haben, sich »über den Stand der Diskussion in wenigen Sätzen bei einer Kollegin unterrichten zu lassen.« Der Autor des Berichts weist in diesem Zusammenhang auf zwei weitere Plenumssitzungen hin, in deren Verlauf der Beschwerdeführer wenig sachkundig erschienen sein soll. (1992)

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Überschrift

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift Wohnraum beschlagnahmt - Familie muss Asylanten aufnehmen« einen Beitrag, mit dem auf die Probleme bei der Einquartierung von Asylberechtigten hingewiesen wird. Anfang 1991 erhielt eine mehrköpfige deutsche Familie wegen Obdachlosigkeit eine neue Wohnung zugewiesen, die allerdings größer war als es der gesetzliche Anspruch vorschreibt. Deshalb quartierte die Gemeinde ein knappes Jahr später zwei Asylbewerber zusätzlich in die Wohnung ein. Mehrere Leser des Blattes wenden sich an den Deutschen Presserat. Alle sind der Ansicht, dass durch die Überschrift der Eindruck erweckt werde, die deutsche Bevölkerung müsse mit der Beschlagnahme von Wohnraum für Asylbewerber rechnen. Mit einer solchen unverantwortlichen Aussage wende nur Stimmung aufgeheizt. Die Redaktion weist eine Diskrepanz zwischen Inhalt des Beitrags und seiner Überschrift zurück. Die behördliche Maßnahme stelle eine Einweisung mit Zwang auf die deutsche Familie dar, die jetzt eine Vier-Zimmer-Wohnung mit sieben statt mit fünf Personen bewohnen müsse. Damit werde das bisher eingeräumte Wohnrecht gekürzt. Über diese Thematik müsse die Öffentlichkeit informiert werden. Von Ausländerfeindlichkeit könne keine Rede sein. (1992)

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Adresse eines Frauenhauses

Der Streit eines Ehepaares um den sechs Jahre alten Sohn ist Thema eines Zeitungsberichts. Nachdem Mutter und Sohn verschwunden seien, habe der Vater schließlich erfahren, dass die Mutter den Sohn im Frauenhaus versteckt habe. Illustriert ist der Text mit einem Foto des Frauenhauses, dessen Adresse zu Beginn des Berichts mitgeteilt wird. Das Frauenhaus wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Die gesamte Berichterstattung sei tendenziös und einseitig recherchiert aus der Sicht des Mannes. Insbesondere sei zu beanstanden, dass die Geheimadresse öffentlich gemacht und der Artikel mit einem Foto des Frauenhauses illustriert worden sei. Die Redaktion gesteht ein, dass sie aus Gedankenlosigkeit die Adresse des Frauenhauses veröffentlicht habe. (1992)

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Verdeckte Recherche

Öffentliches Interesse

Ein Geistlicher stiehlt eine Dose Holzschutzmittel. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Fall. Die Überschrift lautet: »Pastor klaute im Baumarkt«. Im Text heißt es: »Am Sonntag predigte er in der... Schlosskirche, auch über das 7. Gebot »Du sollst nicht stehlen«. Am Mittwoch ging Pastor ... einkaufen. Aber er zahlte nicht.« Der Kirchenkreis des Betroffenen sieht die beklagenswerte Handlung seines Geistlichen in einer Weise dargestellt, die in keinem Verhältnis zu dem angerichteten Schaden stehe. Der Pastor werde der öffentlichen Verachtung preisgegeben. Der Bericht erwecke den Eindruck, als ob der Pastor am Sonntag vor dem Diebstahl über das siebte Gebot gepredigt habe. Tatsächlich aber habe er ein Jahr zuvor seine letzte Predigt gehalten. In ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt die Kirchenleitung ferner, zwei Mitarbeiter der Zeitung hätten das Foto des Pastors erschlichen. Sie hätten angegeben, das Foto für ein geplantes Interview mit dem Geistlichen zu verwenden. Der wahre Zusammenhang sei verschwiegen worden. (1991)

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Intimsphäre

Mit der Schlagzeile «Ein Arzt kam durch die Tür - ein Messer im Rücken« leitete eine Boulevardzeitung ihre detaillierte Schilderung eines Verbrechens ein. Dabei berichtet sie auch über das bizarre Doppelleben« des Opfers. Ein Oberstaatsanwalt wird mit der Aussage zitiert, der getötet Arzt habe eine homosexuelle Beziehung zu einem Studenten gehabt. Streit sei entstanden, weil der Spanier den Arzt habe verlassen wollen. Ein Leser des Blattes stößt sich daran, dass die Identität des Opfers unnötig breit dargelegt werde. Auch die steckbriefartige Beschreibung des Studenten sei zu beanstanden. Er werde bereits als Täter dargestellt. Schließlich sei die Intimsphäre des Opfers stark verletzt. Aus seinem Sexualleben würden delikate Einzelheiten berichtet.

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Ehrverletzung

Eine Lokalzeitung berichtet, dass sich die Stadt, in der das Blatt erscheint, von ihrem Umweltkoordinator trennen wird. »Mit dem Job überfordert: »Spitzname Schlaftabletten« lautet die Überschrift. Im Text heißt es, der Mann sei mit seiner Tätigkeit »überfordert gewesen«. Vor allem die Verwaltungsarbeiten seien ihm nur sehr langsam von der Hand gegangen. Die Kollegen hätten ihn heimlich »Schlaftablette« genannt. In dem Bericht wird ferner behauptet, der Berufsanfänger habe sich über Haupt- und Realschule zum Abitur »durchgekämpft«. Der Betroffene sieht In dieser Veröffentlichung Diffamierung und Rufschädigung. Er habe den Vertrag mit der Stadt kurz vor Ablauf der Probezeit gekündigt, da hier Im Umwelt- und Naturschutz nichts geschehe und er für seine Person sowie für seine Tätigkeit keine Zukunft sehe. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, in dem kritisierten Beitrag habe es tatsächlich nicht haltbare Feststellungen gegeben. Deshalb habe man drei Wochen später eine Richtigstellung veröffentlicht. Um neue Komplikationen zu vermeiden, sei der Text mit dem Beschwerdeführer abgestimmt worden.

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