Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Leserbrief

Der Brief einer Leserin, die sich in einer Kirchenzeitung zu den Haftbedingungen in einem Abschiebegefängnis äußert, veranlasst den Vizepräsident des Landtages zu einer Stellungnahme gleichfalls in Form eines Leserbriefes. Dabei ordnet er die Kritikerin als Mitglied von »Pax Christi« ein. Die Redaktion streicht diese Passage. Daraufhin wendet sich der Politiker an den Deutschen Presserat und kritisiert die Verfälschung seines Briefes. Die Redaktion räumt in einem Schreiben an den Beschwerdeführer ein, dass die Einordnung der Frau als Mitglied von «Pax Christi« nicht gedruckt wurde, da sie sich nicht als Mitglied von »Pax Christi«, sondern als Mitglied des »Freundeskreises Asyl« geäußert habe. Dem Presserat gegenüber bedauert die Redaktion, dass der Leserbrief in einer korrigierten Form gedruckt worden sei. Das sei ein formaler Fehler der Redaktion. Dass der diskriminierende Satz gegen »Pax Christi« nicht gedruckt worden sei, habe die Redaktion als ihre Pflicht angesehen. Der korrekte Weg wäre gewesen, den Brief zur Korrektur dem Beschwerdeführer zurückzuschicken. Den Vorwurf einer verfälschten Darstellung weist die Redaktion zurück. Sie erklärt sich bereit, in ihrer Zeitung den Originaltext des Briefes abzudrucken mit der Erklärung, dass das Verfahren der Redaktion nicht korrekt war, zugleich aber auch mit der Erklärung warum die Redaktion die betreffende Aussage nicht veröffentlichen konnte. (1995)

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Foto und Namen von Strafgefangenen

Kritik an Zootierhaltung

Unter der Überschrift »Lebenslänglich! Das grausame Schicksal der Zootiere« veröffentlicht eine Jugendzeitschrift eine Reportage über Zootierhaltung aus der Sicht deren Kritiker. Am Beispiel des Gorillas »Porgy« schildert die Autorin negative Folgen der Zootierhaltung. Über den Gorilla berichtet sie, das Tier lebe seit zwanzig Jahren in permanenter Einzelhaft, alleingelassen und täglich schutzlos den gaffenden Blicken tausender Menschen ausgesetzt. Die Zeitschrift fordert ihre Leserinnen und Leser auf, Zoos zu boykottieren, den Tierschutzbund mit Unterschriften zu stärken und beim Direktor von Porgys Tierpark zu protestieren. Der betroffene Zoodirektor beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel sei unwahr, reißerisch und tendenziös. Insgesamt vermittele der Beitrag den Eindruck, Tiere würden in modernen, wissenschaftlich geleiteten Zoos in zu engen Gitterkäfigen langsam zu Tode gequält. Die Zeitschrift hätte zumindest die großen Freigehege des Tierparks und seine Zuchterfolge nennen und würdigen müssen. Der Gesundheitszustand des Gorillas Porgy sei einwandfrei. Das Tier bewege sich in einer 443 qm. :großen Freianlage in Südlage mit natürlichem Grasbewuchs, Bademöglichkeit und Kletterbäumen, die es täglich nutzen könne. Von Isolationsfolter im Fliesenkäfig könne keine Rede sein. Mit ihrer Darstellung von Missständen wolle die Zeitschrift Jugendliche aufrütteln, erklären die Anwälte des Chefredakteurs. In der Reportage gehe es um die Haltung des Gorillas in einem gefliesten Glaskäfig. Eine Verpflichtung, auch auf das Freigehege hinzuweisen, sei nicht ersichtlich. Ebenso wenig bestehe eine Pflicht, bei jedweder Berichterstattung auf Erfolge des Tierparks hinzuweisen. (1995)

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Umgangssprache

Eine Tageszeitung schildert Ablauf und Hintergründe einer Auseinandersetzung zwischen sogen. rechten und linken Jugendlichen, die zum Tod eines der Beteiligten führt. In der Reportage werden vier unterschiedliche Versionen zum Tatablauf dargestellt. Zu Anfang des Berichts schreibt die Autorin über den mutmaßlichen Täter: »Nino ist 17 und links. Jetzt ist er ein Totschläger oder Schlimmeres.« Am Ende des Artikels heißt es, gegen ihn werde jetzt wegen Körperverletzung mit' Todesfolge ermittelt. Ein Leser des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine Vorverurteilung. Schriftliche und mündliche Versuche, die Zeitung zu einer Klarstellung zu bewegen, seien nicht erfolgreich gewesen. Dem Presserat gegenüber gibt die Zeitung keine Erklärung ab. (1995)

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Richtigstellung

Ein Wirtschaftsmagazin berichtet am 5. August 1994 über die Veruntreuung von Geldern innerhalb von Unternehmen einer bestimmten Pharmagruppe. In diesem Zusammenhang wird erwähnt, dass der namentlich genannte ehemalige Geschäftsführer einer Arbeitsgruppe von der Polizei verhaftet worden sei. Der Betroffene beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine Verunglimpfung und beteuert, dass er nicht verhaftet worden sei. Mit einer solchen Behauptung habe die Zeitschrift seinen Ruf geschädigt. Die Zeitschrift räumt ein, dass die Nachricht über die Verhaftung des Beschwerdeführers unzutreffend gewesen sei. In einem erneuten Artikel wolle sie eine Korrektur veröffentlichen. (1994)

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Namensnennung

In einem Aufmacher unter der Überschrift “Oberstleutnant als Ladendieb: Verdienstkreuz ist jetzt passé” berichtet eine Lokalzeitung, dass einem namentlich genannten Offizier der Bundeswehr das für ihn vorgesehene Bundesverdienstkreuz am Bande doch nicht verliehen wird. Als Grund führt die Zeitung an, der Mann sei als Ladendieb ertappt worden. Er habe in einem Einkaufsmarkt Schrauben im Wert von 15 Mark in die Tasche gesteckt und an der Kasse nicht bezahlt. Die Redaktion zitiert den Vorgesetzten des Offiziers, der von Schusseligkeit spricht, und schildert die Verdienste des Betroffenen vor allem beim Somalia-Einsatz der Bundeswehr. Ferner erwähnt sie, dass in der Sache ein anonymer Brief an den Bundesverteidigungsminister und an den Wehrbeauftragten adressiert worden sei. Die Zeitung veröffentlicht in ihren folgenden Ausgaben einige Leserbriefe, deren Autoren von Denunzierung, Rufmord und miesem Journalismus sprechen. In einer späteren Anmerkung erklärt die Redaktion, warum sie über den Fall berichtet hat. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er beklagt die Nennung seines Namens und die Wiedergabe seines Fotos. Zum Vorfall selbst merkt er an: “Kurzzeitig problembelastet, ist mir beim Einkauf ein Versehen unterlaufen, das heutzutage mitunter vorschnell als Ladendiebstahl gemeldet werden kann.” (1995)

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Namensnennung

Eine Mutter tötet ihre beiden Töchter und nimmt sich anschließend selbst das Leben. Die Zeitung am Ort berichtet über die Familientragödie, nennt die vollständigen Namen der Täterin, ihres Ehemanns sowie der Opfer. Selbst der Arbeitsplatz der Täterin wird genannt. Die Zeitung berichtet in Wort und Bild auch über das Begräbnis und veröffentlicht u.a. ein Sterbebild der Toten. Im Artikel wird erwähnt, dass auf Wunsch der Gemeinde Kirche und Friedhof für die Journalisten und Fotografen verschlossen gewesen seien. Im folgenden wird – auch mit Foto dokumentiert – berichtet, wie dieser Wunsch umgangen wurde. Eine Leserin der Zeitung legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie kritisiert Missachtung des Persönlichkeitsrechts und unlautere Methoden bei der Beschaffung von Informationsmaterial. Die Chefredaktion des Blattes hält die Beschwerde für unbegründet und verweist auf Exklusivverträge des Ehemannes der Täterin mit privaten TV-Sendern. (1995)

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Sterbefoto von Francois Mitterand

Unter der Überschrift „Mitterand – jeder Schritt tut ihm weh“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Zustand des damals todkranken ehemaligen Staatspräsidenten Frankreichs. Zwei Fotos zeigen ihn, gestützt auf Leibwächter und Leibarzt, bei einem Spaziergang über das Marsfeld in Paris. Sechs Wochen später folgt ein zweiter Bericht: Francois Mitterand ist gestorben. Die Zeitung zeigt unter der Schlagzeile „Das letzte Foto vor dem Tod“ den Todkranken, mit geschlossenen Augen in einem Liegestuhl auf der Terrasse eines ägyptischen Hotels liegend. Ein Leser der Zeitung legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der Veröffentlichung der Fotos eine eklatante Verletzung der geschützten Privatsphäre des ehemaligen Staatspräsidenten. Die Platzierung des zweiten Artikels kritisiert er zudem als Geschmacklosigkeit. Das „letzte Foto vor dem Tod“ steht in Nähe einer Käsewerbung und eines „Fast-Nackedei-Fotos“. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Auffassung, dass die Fotos sowohl dokumentarischen als auch historischen Charakter haben. In zeitnahem Abstand zur aktiven Präsidentschaft gäben sie Aufschluss über den Zustand von Mitterand in seiner letzten Amtsphase. Die Öffentlichkeit habe ein erhebliches Interesse daran gehabt, über den gesundheitlichen Zustand des Präsidenten informiert zu werden. Die selben Fotos seien in französischen Publikationen erschienen und für die Veröffentlichung in anderen Presseerzeugnissen außerhalb Frankreichs zur Verfügung gestellt worden. (1995/96)

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Historische Vorgänge

Die zunehmende Akzeptanz spiritueller Bewegungen und esoterischer Zirkel in der bundesdeutschen Gesellschaft bietet einem Nachrichtenmagazin Anlass zu einer Titelgeschichte unter der Überschrift »Soviel Psi war nie«. Der Beitrag greift u. a. auf die Entstehung der theosophischen Bewegung im letzten Jahrhundert zurück. Zum Charakter dieser Bewegung schreibt die Zeitschrift, sie sei synkretistisch und als Treuhänder des »Wahrheitskerns aller Religionen« in elitären Zirkeln organisiert gewesen. Weiter heißt es, dass sich »aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei manchen Theosophen« bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt eine Theosophische Studiengruppe eine Verunglimpfung der Theosophie. Insbesondere weist sie die Behauptung als falsch zurück, bei manchen Theosophen seien faschistoide Tendenzen festzustellen. Vielmehr seien die Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt worden, alle theosophischen Vereine etc. seien verboten worden. Die theosophische Bewegung sei damals wie heute unpolitisch. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht der Presse. Die Chefredaktion des Magazins weist darauf hin, dass sie den Theosophen nicht unterstellt habe, sie seien rechtsradikal aktiv. Der Artikel stehe auch nicht im Widerspruch zum Schicksal der Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beanstandeten Passage »Aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei machen Theosophen haben sich bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten« verweist die Redaktion auf wissenschaftliche Literatur. Diese dokumentiert und Überliefert die in der genannten Passage enthaltenen Aussagen. Unter Verweis auf verschiedene Belegstellen in der Literatur ließen die Schriften der Russin Helena Petrowna Blavatsky, mit der die Entfaltung der Theosophie im 19. Jahrhundert eng verbunden sei, rassistisches Elitebewusstsein und einen Anspruch der Theosophen auf Führerschaft erkennen. Außerdem enthielt sie »rassenhygienische« Überlegungen. Aufgrund dessen hält die Chefredaktion die Bezeichnung »faschistoide Tendenzen« in bezug auf »manche Theosophen« für gerechtfertigt. Zum Beleg der Aussage, dass sich faschistoide Tendenzen bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten, führt die Redaktion den theosophischen Autor Charles W. Leadbeater als sog. Klassiker der Esoterik an. Dieser habe in seinen Schriften das Aussterben der Naturvölker zur »karmischen Unvermeidbarkeit« erklärt, da die germanisch-nordische Rasse als höher entwickelte Seelen bereits Über diese hinweg geschritten seien. Auf diese Weise werde in Esoterik-Kreisen auch der Holocaust gerechtfertigt. (1995)

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Persönlichkeitsrechte

Eine Tageszeitung berichtet über die Festnahme eines mutmaßlichen Polizistenmörders. Dabei wird die Wohnanschrift der Eltern des Festgenommenen genannt, Ein Leser des Blattes ruft den Deutschen Presserat an. Mit der Veröffentlichung der Anschrift seien Repressalien bis hin zur Selbstjustiz Tür und Tor geöffnet. Die Fahndungsaktion vor und indem Haus der Eltern des Gesuchten sei mit einem solch hohen Aufwand betrieben worden, erklärt die Zeitung, dass die Adresse nicht zu verheimlichen gewesen sei. Fernsehsender hätten aktuelle Aufnahmen von der Erstürmung gebracht: Während einer Pressekonferenz habe die Polizei zudem die Adresse bekannt gegeben. Der Vater des Festgenommenen habe sich in einer Boulevardzeitung abbilden lassen. Auch die Wohnung sei fotografiert und die Adresse im Bildtext aufgeführt worden. Die Familie des mutmaßlichen Täters habe sich über die Veröffentlichung nicht beschwert. (1995)

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