Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Die Lokalausgabe einer Tageszeitung berichtet über Betrügereien von Teppichhändlern gegenüber älteren Bürgern. »Innerhalb eines Tages«, schreibt die Zeitung einleitend, »sahnten erkennbar echte Orientalen; die falsche Perserteppiche verhökerten, bei 65jährigen Rentner-Eheleuten in . . . sage und schreibe in vier Etappen insgesamt 185.000 Mark ab. Zunächst sprach ein angeblicher Mustafa, dessen Bruder, seine Schwester und ein Angestellter, vor - alle vier lm Alter von 32 bis etwa 40 Jahren die wussten, dass die Opfer vor drei Jahren einen Teppich erworben hatten.« Ein Leser hat den Verdacht, dass die Meldung mehr oder weniger erfunden wurde und wendet sich an den Deutschen Presserat. Seinen Verdacht leitet der Beschwerdeführer aus der Antwort des verantwortlichen Redakteurs ab, der ihm auf eine entsprechende Anfrage geschrieben hatte, der Bericht sei als Dienst am Leser zusehen. Die Chefredaktion legt dar, dass sich der Artikel auf einen Pressebericht der Polizei stütze. Auf genaue Daten habe der Autor verzichtet, weil sich die Vorgänge über einen gewissen Zeitraum; nämlich zwischen April und Mai, erstreckt hätten. Die Polizei habe den Fall dann im Juni bekannt gegeben. Sinn der Veröffentlichung sei, anhand eines realen, drastischen Beispiels die Öffentlichkeit vor betrügerischen Händlern zu warnen und Einblick in deren raffinierte Methoden zu geben. (1995)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, der sich kritisch mit der Verurteilung des Vorsitzenden einer rechtsextremen Partei zu zwei Jahren Haff auseinandersetzt: Wörtlich schreibt der Autor: »Ein Recht zur Verteidigung, so wie es die Prozessordnungen aller Rechtssysteme selbst für mehrfache Kindermörder vorsehen, ist uns Deutschen noch heute; 50 Jahre nach den Nürnberger Prozessen, genauso wenig gewährt wie damals,« Unter Hinweis auf die Geschehnisse in Katyn hält er für möglich, »dass auch hinsichtlich der gegen uns Deutsche aufgestellten Anklage der Vernichtung millionenfachen Menschenlebens in den KZ (die offiziellen Angaben zwischen 300.000 bis hin zu 6 Millionen Opfern machen den immensen Klärungsbedarf deutlich) noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.« Ein Leser des Blattes schaltet den Deutschen Presserat ein. Er hält die Veröffentlichung für einen Verstoß des Herausgebers gegen seine Pflicht, für die Verfassung und Achtung der Gesetze einzutreten. (1995)
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Das Verhalten der Justiz anlässlich eines Ausbruchs von Straftätern aus einer psychiatrischen Klinik ist das Thema eines Zeitungskommentars. Der Verfasser vertritt die Meinung, die Justiz urteile zu lasch und verhänge zu viele Strafen zur Bewährung. Er wirft den Politikern eine “beispiellose Toleranz” vor und spricht von einer “Überflutung mit Ausländern (...), von denen große Teile eben auch Straftäter sind, die sich aus dem reichen Deutschland auch reiche Beute versprechen”. Ein Leser des Blattes reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Nach seiner Meinung diskriminiere der Kommentar die in Deutschland lebenden Ausländer pauschal als kriminell. Verleger und Chefredaktion der Zeitung weisen darauf hin, dass die Feststellung, dass “unser Land von Ausländern überflutet wird”, niemand leugnen könne. Bei der Passage über die Straftäterschaft handele es sich um ein Zitat des Bundesinnenministers, der im übrigen fordere, dass Ausländer nicht aus der Verbrechensübersicht ausgeklammert werden dürften. Die Zeitung wendet sich entschieden gegen die Tabuisierung der Problematik der Ausländerkriminalität. (1995)
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Die Redaktion eines Straßenmagazins und ein Verein zur Förderung obdachloser und armer Menschen nehmen Anstoß an dem Bericht einer Zeitschrift über “das süße Leben der Sozial-Schmarotzer”. Ihre Beschwerde beim Deutschen Presserat betrifft u.a. ein Interview mit dem Leiter eines Landessozialamtes. Ein Satz aus dem autorisierten Interviewtext sei nachträglich gestrichen worden. Die Redaktion kann nicht erkennen, dass das Interview durch das Weglassen einer Zeile entstellt worden ist. Sie hat sich für die produktionsbedingt notwendig gewordene Kürzung bei dem Betroffenen schriftlich und mündlich entschuldigt und diesem sofort angeboten, in einem Leserbrief die Angelegenheit richtig zu stellen. (1995)
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Unter der Rubrik “Namen und Nachrichten” berichtet eine Lokalzeitung über den ehemaligen Leiter des städtischen Verkehrsamtes und dessen Erfahrungen als Tourist in Aufbruchstimmung. Einen Tag vor der Reise in den Urlaub drang ein Einbrecher in das Wohnhaus des Tourismus-Experten ein und stahl u.a. dessen Reisekasse. Im Beitrag heißt es: “Und jetzt macht ... (Name wird genannt) auch eine typische Erfahrung für einen Touristen, allerdings paradoxerweise zu Hause.” Der Betroffene wehrt sich gegen die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Darstellung des Diebstahls stelle einen bewussten Angriff auf seine Person dar und verletze sein Privatleben. Die Chefredaktion ist anderer Ansicht. Der Beschwerdeführer sei zumindest eine Person der lokalen Zeitgeschichte. Der Vorgang sei glossierend, der stadtbekannten Persönlichkeit gegenüber mit sympathisierender Diktion geschildert. (1995)
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Unter der Rubrik “Was uns in dieser Woche bewegt” berichtet eine Zeitschrift, dass sich auf Volksfesten ein grausames Spiel breit mache. Unter Hinweis auf eine Kirmes “mitten in Deutschland” wird beschrieben, wie Besucher mit verbundenen Augen versuchen, mit einer Machete einen Hahn zu köpfen. Tiere würden zum Vergnügen getötet. Das Spektakel sei eine “neue, perverse Attraktion”. “Verroht unser Land?” fragt die Schlagzeile. Ein Vertreter der Stadt weist in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass es sich bei der kritisierten Veranstaltung um das jahrhundertealte, traditionelle “Hahneköppen” handle. Dabei werde ein bereits toter Hahn enthauptet. Mag sein, dass das “Hahneköppen” nicht nur Freunde hat, schreibt er. Jedoch sei der Vorwurf nicht gerechtfertigt, die Besucher des Volksfestes ergötzten sich an irgendeiner perversen Tierfolter. Zudem seien die martialischen Szenen erfunden. Der Verfasser des Artikels führt an, dass bei dem geschilderten Brauch bis zum Jahre 1986 lebende Tiere getötet worden seien. Es sei eine Tatsache, dass die Hähne sterben müssten, wo bei es unerheblich sei, ob dies vorher durch einen Züchter veranlasst werde. Die von ihm beschriebenen Szenen habe er so beobachtet. Die Bewertung des Spektakels als “perverse Attraktion” halte er für zulässig. Die Chefredaktion des Blattes erklärt sich bereit, Maßnahmen für eine Wiedergutmachung zu treffen, sofern der Satz “Hähne werden ausschließlich für das Volksfest getötet” einen Verstoß gegen den Pressekodex darstelle. (1995)
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In zwei Berichten über Sex-Spiele und sexuelle Rekorde bezeichnet eine Zeitschrift die handelnden Personen als »Neger« bzw. »US-Neger«. Ein Leser kritisiert die Verwendung des Begriffs »Neger«, der Schwarze eindeutig diskriminiere und abwerte. Die Zeitschrift weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück: Neger sei kein Schimpfwort, sondern die Bezeichnung einer Rasse. Es könne letztlich auch kein entscheidender Unterschied zwischen der Benennung einer Volksgruppe als »Schwarze« und der in der deutschen Sprache hierfür seit Jahrhunderten heimischen Bezeichnung »Neger« gesehen werden. Darüber hinaus bestehe ein entscheidender Unterschied zwischen der Verwendung von Sprache und der Geisteshaltung, die mit den verwendeten Begriffen einhergehe. Die Beschwerde erwecke den Anschein, als wolle der Beschwerdeführer durch das Ausmerzen von Worten aus der deutschen Sprache eine Änderung von Haltung oder Denkart herbeiführen. Dies sei der falsche Weg. (1995)
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Die Auseinandersetzung um die Aufstellung einer Madonnenfigur in einer Bistumsstadt ist Anlass eines satirischen Beitrags in einer Zeitung. Der Autor glossiert den bisherigen Stellenwert der Marienverehrung in der Stadt vor dem Hintergrund der geänderten politischen Verhältnisse seit den Kommunalwahlen. Der Text gipfelt in der Forderung an die Himmelskönigin, dem Streit ein schnelles Ende zu bereiten »Durch ein Wunder zum Beispiel: Wie wär's mit einer unbefleckten Empfängnis - oder mal wieder mit einer Erscheinung?«. Der Pressesprecher des Bischofs wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Artikel verletze das religiöse Empfinden der katholischen Gläubigen, indem er wesentliche Glaubensfundamente der Lächerlichkeit preisgebe. Der Beschwerdeführer moniert u.a. die rhetorische Frage nach einem »Wunder« sowie die Bezeichnung von Jesus als »Sohnemann«, der »rein anbetungsmäßig«als »leader of the gang« verunglimpft werde. Der Chefredakteur des Blattes betont, dass es sich hier um eine satirische Glosse handele, wie aus Diktion und Sprachauswahl eindeutig hervorgehe. Für die Satire sei es nach allgemeiner Rechtsauffassung typisch, dass sie übertreibe und ein Zerrbild der Wirklichkeit geben dürfe. Dies zeige sich vor allem in der ironisierenden Wortwahl. Von »Lady Madonna« und »leader of the gang« in einem normalen Artikel zu sprechen, käme wohl keinem Journalisten in den Sinn. Diesen - auch von der Rechtsprechung gelassenen Spielraum - habe der Autorin seiner Satire genutzt. Der Beitrag sei auf der letzten Seite der Zeitung veröffentlicht worden. Diese letzte Seite sei ganz eindeutig als Glossen-Seite kenntlich gemacht. (1995)
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