Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Lokalredaktion thematisiert ein soziales Problem ihrer Stadt. Unter der Überschrift »Einschlägige Marktplatz-Szene führt bei Bürgern zu Frust und Unmut« schildert die Zeitung das Verhalten von Personen, die vor allem in den Sommermonaten rund um den Marktplatz »regelrecht herumlungern: Alkoholiker, Berber, Junkies und Kriminelle.« Öffentliche Veranstaltungen würden gestört, harmlose Passanten angepöbelt und angebettelt, beschimpft, bedroht und' nicht selten zusammengeschlagen. Die Redaktion lässt in diesem Zusammenhang den zuständigen Polizeidirektor, den Leiter des Ordnungsamtes sowie den Bürgermeister der Stadt mit ihren möglichen Lösungen zu Wort kommen: Illustriert ist der Bericht mit Fotos von Personen der sogen. »Szene«. Die Augenpartien sind teilweise mit schmalen schwarzen Balken versehen. Unter der 'Überschrift »Die Angst geht um!« kommentiert die Zeitung in derselben Ausgabe die geschilderten Zustände auf dem Marktplatz. Die geäußerte Kritik habe nichts mit einer Diskriminierung von Randgruppen zu tun. Die Forderung nach einem geordneten Leben auf dem Marktplatz sei vielmehr ein einforderbares Bürgerrecht. Wenige Tage später teilt die Zeitung in einem Meldungskasten mit, eine auf einem der Fotos abgebildete Frau lege Wert auf die Feststellung, dass sie nicht mehr zu der beschriebenen einschlägigen Szene gehöre. Ein Leser des Blattes trägt den Fall an den Deutschen Presserat heran. Der Artikel verstoße sowohl im Text wie auch Aufmachung gegen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht und gegen das Recht am eigenen Bild. Er stigmatisiere und diskriminiere die abgebildeten Menschen. Die Personen seien nicht ausreichend unkenntlich gemacht. Die Chefredaktion betont, das Thema sei von öffentlichem Interesse. Ziel der Berichterstattung sei eine Versachlichung gewesen. Die Vorkommnisse seien belegbar. Die Redaktion habe aufgrund des Persönlichkeitsschutzes jedoch darauf verzichtet, weitere Fakten zu nennen. Im Anschluss an die Berichterstattung habe die Zeitung den Lesermeinungen breiten Platz eingeräumt. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege nicht vor, da die Namen von Betroffenen nicht genannt und die Gesichter der Fotografierten ausreichend unkenntlich gemacht wurden. Zur weiteren Information weist die Zeitung darauf hin, dass einige Mitglieder der Szene zwischenzeitlich wegen schwerer Delikte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. (1995)
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Eine Zeitschrift porträtiert einen Unternehmer und beschreibt dessen Karriere. Sie behauptet, der Mann verkörpere wie kaum jemand sonst im Lande den Typus des schlichten und schrulligen, aber erfolgreichen Mittelständlers. Er sei ein Mensch mit “Terrierqualitäten”, ein sentimentaler Tyrann. Auch über Streitereien in der Familie, über das Verhalten des Firmenchefs bei der Übernahme des Unternehmens wird berichtet. Vom Vater wird schließlich behauptet, er sei ein Alkoholiker gewesen. Der Betroffene schaltet den Presserat ein. Er kritisiert die Recherchemethoden des Verfassers und sieht in der Veröffentlichung eine gezielte Beschädigung seiner Person. Während des gesamten Interviews sei überhaupt nicht über die Krankheit des Vaters gesprochen worden. Dieser sei auch kein Alkoholiker gewesen, sondern habe vielmehr an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße gelitten. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer selbst als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt und in zwei insgesamt zehnstündigen Gesprächen über sich und seine Verwandten berichtet habe. Er habe u.a. geschildert, wie er dem Vater bei der Lösung alkoholbedingter Probleme gegen anders gelagerte Interessen aus der Verwandtschaft beigestanden habe. Diese Darstellung seines Handelns sei positiv in den Artikel eingeflossen. Im übrigen entspreche es redaktioneller Freiheit, die Schwerpunkte der Darstellung zu setzen. (1995)
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Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein türkischer Asylbewerber wegen eines Sexualdelikts zu 18 Monaten Haft und 3000 Mark Schmerzensgeld verurteilt worden ist. Eine Leserin des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie kritisiert die Nennung der Nationalität des Verurteilten. Die Rechtsabteilung des Verlags hält es schon im Hinblick auf andere ausländische Mitbürger für sachdienlich und notwendig, den Täter näher zu beschreiben: Die Beschwerdeführerin hätte besser Mitleid mit der missbrauchten Schülerin haben sollen. (1995)
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Eine Lokalzeitung berichtet über den Besuch des Ministerpräsidenten und kommentiert Tätlichkeiten gegen den Regierungschef. Er und sein Fahrer, behauptet die Zeitung, seien von militanten Atomkraftgegnern attackiert und verletzt worden. Eine Bürgerinitiative sieht sich durch diese Veröffentlichung diskreditiert und ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Agenturbericht; in dem der Ministerpräsident zitiert wird. Nur der entschiedene Einsatz seiner Personenschützer habe noch Schlimmeres verhindert. In ihrer Meinungsäußerung, prangere die Zeitung eindeutig nur militante Atomkraftgegner an, die vor Gewalt nicht zurückschrecken.(1995)
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Eine Lokalzeitung berichtet über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens. in einer Auseinandersetzung über die Rekonstruktion eines Verkehrsunfalls hatte ein Bürger der Stadt einen Polizeibeamten einen »völligen Versager« genannt. Wegen Beleidigung wird er zu einer Geldstrafe von 450 Mark: verurteilt. Die Zeitung nennt das Alter des Mannes, seinen Beruf und seinen Wohnort: Vor- und Nachname sind abgekürzt." Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel verletze sein Recht auf Anonymität. Der im Text genannte Ort habe 700 Einwohner. Von daher sei seine Identität am Wohnort und auch in den umliegenden Orten durch die Veröffentlichung zweifelsfrei bekannt geworden. Die Redaktion verweist darauf, dass der Vorgang im Ort des Beschwerdeführers bekannt gewesen sei. Sie habe sich aber inzwischen für einen anderen Modus entschieden. Sie verändere die Initialen nun auch bei Bagatellsachen. (1995)
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Ihren Bericht über die Einnahme der bosnischen Stadt Zepa durch serbische Truppen betitelt eine Boulevardzeitung mit der Schlagzeile »Serben säubern Zepa«. Im Text heißt es, dass alte Frauen, Kinder und Kranke deportiert würden. Ein Leser kritisiert in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat die Verwendung des Wortes »säubern« bei der Beschreibung der in Zepa vollzogenen Deportation. Die Überschrift fördere unsensiblen Sprachgebrauch und geistig verflachtes Denken: Die Rechtsabteilung des Verlages weist die Beschwerde als haltlos zurück. Der Begriff »säubern« sei gängig und werde ständig bei der Darstellung der im Text beschriebenen Deportation verwendet. Als »Säuberungsaktion« bezeichne man einen besonders üblen völkerrechtswidrigen Zustand. (1995)
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In einer Pressemitteilung teilt die Katholische Regionalstelle mit, dass eine Pastoralreferentin die Leitung der katholischen Seelsorge im örtlichen Kreiskrankenhaus übernehmen wird. Ein neuer Pfarrer werde zu einem Drittel seines Dienstes als Priester im neuen Seelsorgeteam des Krankenhauses mitarbeiten. Der bisher als Krankenhausseelsorger tätige Pater werde im Alter von 77 Jahren in den Ruhestand treten. Die Veränderung sei notwendig, weil das Kloster, das bisher den Pater zur Verfügung gestellt habe, wegen des Rückganges der Ordens- und Priesterberufe geschlossen werde. Unter der Rubrik »Mecker-Ecke« kommentiert die örtliche Zeitung die Abberufung des bisherigen Seelsorgers. Die Zeitung beruft sich dabei auf Erzählungen zweier Bekannter des betroffenen Paters. Dessen Vorgesetzte hätten den Seelsorger überraschenderweise abserviert. Abschließend stellt der Autor des Kommentars die Frage: »Schon mal was von christlicher Nächstenliebe gehört, Herr Dekan?« - Der Dekan sieht sich durch diese Formulierung öffentlich verleumdet und erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Verfasser des Artikels habe nicht recherchiert. Er selbst sei weder dienstlich noch privat mit der Angelegenheit befasst. Zudem sei zwei Tage vor Erscheinen des Kommentars die Pressemitteilung des Regionaldekans der Zeitung zugegangen. Die Redaktion räumt ihren Fehler ein. Tatsächlich sei nicht der Dekan, sondern der Regionaldekan zuständig gewesen. In der gleichen Rubrik habe man den Fehler richtig gestellt. Außerdem habe man die Pressemitteilung veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung kritischer Leserbriefe habe die Redaktion zunächst gezögert; da die Briefe nachweislich aus dem engsten Umfeld des Beschwerdeführers stammten. Inzwischen hätten sich aber Verfasser und Beschwerdeführer versöhnt. (1995)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht in ihrem Jugendmagazin unter dem Motto »Totgesagte leben länger« die Auflistung, einer sogenannten »Fünferbande«. Zu dieser gehört neben Elvis, Jim Morrison, Punk und dem deutschen Film auch Gott. Von dessen »Anhängern« heißt es u. a., sie »brachten in seinem Namen Millionen Andersgläubige um«. Die Konferenz Evangelikaler Publizisten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Mit dieser Schilderung Gottes seien die religiösen Gefühle der Christen aufs schärfste verletzt worden. Er zähle sich zu den Anhängern Gottes, so der Geschäftsführer der Konferenz, habe aber weder einen anderen Menschen im einzelnen, noch »Andersgläubige« im allgemeinen umgebracht. Die Chefredaktion des Blattes räumt ein, dass die Veröffentlichung strittig sei. Sie weist darauf hin, dass sie eingehende Beschwerden in Form von Leserbriefen veröffentlicht habe: Auch der Beschwerdeführer habe einen Brief mit einer Entschuldigung erhalten: Ihm sei versichert worden, »dass eine derartige Entgleisung nicht mehr vorkommen wird.« (1995)
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Unter der Überschrift “Grün ist die Heidi” glossiert eine Tageszeitung die Proteste deutscher Politiker gegen die französischen Atomversuche auf dem Mururoa-Atoll. Ihr Schiff auf der Fahrt dorthin und die Stimmung darauf werden als “ein Abenteuer von Joseph-Conradschen Dimensionen” beschrieben. Wörtlich schreibt der Autor: “Die allmorgendlichen Statements kamen von einem steuerlos im Ozean hin- und hergeschleuderten Rosthaufen mit einer Mannschaft, so braun, so träge und so schicksalergeben wie zwanzig Nigger von der Narzissus.” Ein Leser stößt sich an dem Vergleich und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen dem angeblich funktionsuntauglichen Schiff und der Hautfarbe seiner Mannschaft sei geeignet, in Teilen der Bevölkerung Vorurteile gegenüber Schwarzen zu fördern und zu festigen. Hinzu komme, dass es sich um eine eigene, wertende Beschreibung durch die Zeitung handele und nicht um eine bloße Wiedergabe einer Beschreibung von Joseph Conrad. Die Zeitung weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Die Glosse habe einen durchgehend ironisch-parodistischen Zug, der sich gleichmäßig gegen alle darin erwähnten Personen richte, also nicht nur oder gar vorrangig die farbige Besatzung des Protestschiffes. Bei der Formulierung “Nigger von Narzissus” handele es sich um eine Anspielung auf den berühmten Roman “The Nigger of the Narcissus” von Joseph Conrad aus dem Jahre 1897. Die Glosse sei insgesamt aufgebaut auf der Atmosphäre der Conradschen See-Erzählungen, die in der missglückten Protestfahrt zu dem Mururoa-Atoll wiedergefunden werde. (1995)
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Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach es gegen die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit verstößt, dass in den Klassenzimmern bayerischer Grund- und Hauptschulen obligatorisch Kreuze hängen, greift eine Satirezeitschrift in einem größeren Beitrag auf. Auf ihrer Titelseite zeigt sie den gekreuzigten Jesus als Halter einer Toilettenpapierrolle und fragt in der Schlagzeile. “Nach dem Kruzifix-Urteil: Spielt Jesus noch eine Rolle?” Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Deutsche Bischofskonferenz, die Konferenz Evangelikaler Publizisten und eine Leserin rufen den Deutschen Presserat an. Alle sind der Ansicht, dass mit dieser Veröffentlichung der christliche Glaube verhöhnt, Jesus Christus und das Kreuz in blasphemischer und gotteslästerlicher Weise dargestellt werden. Der Chefredakteur des Blattes lässt den Presserat wissen, dass er sich zu dieser Angelegenheit nicht äußern möchte. (1995)
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