Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Tageszeitung veröffentlicht einen Leserbrief, in dem der Holocaust relativiert wird. Wörtlich schreibt der Verfasser: »Aber statt z. B. die unhaltbare Zahl von 6 Millionen ermordeten Juden im Interesse der Wahrheit richtig zu stellen, wird damit weiter operiert und damit eine Gruppe Deutscher (Nationalsozialisten) mit Millionen Morden belastet; die sie nicht begangen hat.« Leser des Blattes schalten den Deutschen Presserat ein. Der Leserbrief weise eindeutig antisemitischen Inhalt auf. Der Autor leugne und verharmlose überdies den Völkermord und erfülle damit den Straftatbestand der »Auschwitz-Lüge«. Unter Zurückweisung der Vorwürfe erklärt die Chefredaktion, dass der inzwischen verstorbene Autor des Leserbriefs ausweislich des Beginns seiner Zuschrift »Kein Mensch in Deutschland bezweifelt, dass in Auschwitz oder wo auch immer furchtbare Verbrechen begangen worden sind«, den Völkermord weder leugne noch verharmlose. Über die Zahl der Opfer des Holocaust sei schon vor längerer Zeit eine Diskussion entstanden, die durch die 50-Jahr-Erinnerungsfeiern anlässlich der Befreiung von Auschwitz im Januar 1945 kulminiert seien. (1995)
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In einer Fernsehzeitschrift erscheint ein Interview mit dem Leiter der Inspektion Organisierte Kriminalität bei einem Landeskriminalamt. Thema sind Verbrechen und Straftaten ausländischer Banden in Deutschland, insbesondere von Personen, die aus dem Kosovo stammen. Im Interview, geht es um die Hintergründe von schweren Verbrechen sowie um die Frage, wie solche organisierte Kriminalität seitens der Polizeibehörden bekämpft werden kann. Die Überschrift des Artikels lautet: »Die neue Bedrohung: Kosovo-Albaner in Deutschland - Sie sind wie Wölfe.« Ein Leser der Zeitschrift und ein Antidiskriminierungsbüro rufen den Deutschen Presserat an. Sie beklagen die eindeutig rassistische Überschrift sowie tendenziöse Fragen des Interviewers. Die Zeitschrift erklärt, das Interview sei vor dem Hintergrund objektiv vermehrter Straftaten von Kosovo-Albanern zu sehen. Eine Verallgemeinerung könne daraus nicht abgeleitet werden. (1995)
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Der Alltag in einer Justizvollzugsanstalt ist Thema einer neunteiligen Boulevardserie unter dem Titel »Die dunkle Stadt der schweren Jungs«. In spektakulärer Aufmachung werden die einzelnen Abteilungen der JVA behandelt. Eine Folge z. B. hat die Überschrift »In Haus 2 regieren Gewalt und Drogen". Geschildert wird der Gefängnisalltag unter negativen Vorzeichen. Namen von Strafgefangenen werden genannt. Ihre Delikte werden aufgezählt. In zwei Folgen finden sich Angaben über einen namentlich genannten Häftling. Dieser setzt im Zusammenhang mit der Behauptung, er habe kaltblütig drei Menschen erschossen, eine Gegendarstellung durch. Im Redaktionsschwanz findet sich die Bemerkung; »Nach Verbüßung der Straftat wurde außerdem, Sicherheitsverwahrung (gemeint ist Sicherungsverwahrung) angeordnet:" Der Vollzugsbeirat der JVA legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Serie verbreite Unwahrheiten, Angst und Schrecken. Sie sei diskriminierend wegen der Veröffentlichung von Namen und Fotos in Verbindung mit teilweise falschen Behauptungen. Des weiteren zögen die Beiträge Angehörige in Mitleidenschaft und gefährdeten die im Strafvollzugsgesetz ausdrücklich vorgesehene Resozialisierung. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, ihre Serie zeichne ein realistisches Bild der Verhältnisse, denn sie basiere auf eigenen Recherchen, aber auch auf Informationen von Anstaltsinsassen, Vollzugsbediensteten und ehemaligen Strafgefangenen. Es wird zugestanden, dass keine zwingende Veranlassung bestanden habe, die Namen einiger Häftlinge zu nennen sowie Fotos von ihnen zu veröffentlichen. Diese Einsicht sei dadurch dokumentiert worden, dass die Zeitung einem Betroffenen, der als einziger vorstellig geworden sei, eine Unterlassungserklärung gegeben habe. (1994)
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Ein Mann springt aus dem 14. Stockwerk eines Wohnungsamtes. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber. Eine der Schlagzeilen lautet: »Arbeitslos! Freundin weg! Da sprang er in den Tod:« Ein Foto zeigt den Toten unmittelbar nach dem Aufprall. Ein weiteres Foto »aus glücklicheren Tagen« stellt ihn zu Lebzeiten in Gesellschaft einer Freundin vor. Die Frau ist durch einen' schwarzen Balken anonymisiert. Der 78-jährige Sohn des Toten lässt durch seinen Anwalt Beschwerde beim Deutschen Presserat einlegen. Die Zeitung habe in äußerst geschmack- und pietätloser Form in das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen eingegriffen. Der Chefredakteur erklärt, erst die Hintergründe der Tat hätten die Redaktion bewogen, über den Fall zu berichten. Ein Freund des Verstorbenen habe nämlich darauf hingewiesen, dass der Betroffene 30 Stunden vor der Tat einen ersten Selbstmordversuch mit Tabletten unternommen habe. Im Krankenhaus sei die Selbstmordgefahr aber offensichtlich nicht erkannt worden. (1995)
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Auseinandersetzungen zwischen einem Stadtplaner, der Stadtverwaltung und dem Stadtverband einer Partei sind Thema eines Zeitungsberichts. Der Inhaber des Planungsbüros wirft der Stadt Ungesetzlichkeiten vor. Die Zeitung lässt die Streitenden zu Wort kommen und bringt das Verhalten des Planers bei einigen Bauprojekten zur Sprache. U. a. behauptet die Zeitung, dass er ohne Auftrag von der Stadtverwaltung eine Plastik für die Fußgängerzone bestellt habe. Der Betroffene moniert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass er auf besonders üble Weise verleumdet wurde. So habe er keine Künstlerplastik für die Stadt ohne Auftrag bestellt. Dieser Auftrag sei vielmehr durch das Bauamt der Stadt zwei Künstlern erteilt worden. Die Redaktionsleitung erklärt, der Artikel sei das Ergebnis einer ausführlichen Recherche. Die Information, dass der Beschwerdeführer die Plastik für die Fußgängerzone ohne Auftrag der Stadt bestellt habe, stamme vom persönlichen Referenten des Bürgermeisters. Die Redaktion habe dem Betroffenen für eine Erwiderung auf den Artikel Platz für einen 160 Zeilen langen Leserbrief eingeräumt. (1995)
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Der Redaktionsleiter einer Lokalzeitung nimmt in einem Kommentar zu dem Rechtsstreit um die Kündigung eines Chefarztes am örtlichen Krankenhaus Stellung. Er kritisiert die zweijährige Dauer des Verfahrens vor Gericht und nennt die beteiligten Personen, u. a. den Landrat sowie den Verwaltungsdirektor des Krankenhauses. Über letzteren schreibt der Kommentator, er sei schwer erkrankt und habe sich eine Niere entfernen lassen müssen. Es sei ungewiss, ob er seine Tätigkeit in der bisherigen Form überhaupt wieder aufnehmen könne. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat kritisiert der Landrat u. a. die Erwähnung des Nierenleidens, die die Geheimsphäre des Verwaltungsdirektors verletze. Der Redaktionsleiter weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Information über den Gesundheitszustand des Betroffenen aus dem Landratsamt selbst stamme. Dort habe man ihn sogar darüber unterrichtet, dass der Verwaltungsdirektor des Krankenhauses unheilbar und im Finalstadium an Krebs erkrankt sei: Tatsächlich sei dieser wenige Wochen nach der Veröffentlichung gestorben. (1995)
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