Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Leserbrief

Ein Leser einer Lokalzeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat, dass ein Leserbrief, den er an die Zeitung gerichtet hat, ohne die Autorenzeile veröffentlicht wurde. Zudem habe die Zeitung in einem Beitrag über eine Baustelle auf einen Leserbrief im Kreisblatt verwiesen, in dem er von einem “schaurigen Spektakel” und “skandalösem Treiben” gesprochen haben soll. Der erwähnte Leserbrief sei jedoch in dem Kreisblatt überhaupt nicht erschienen. In beiden Fällen liege eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vor. Die Zeitung räumt ein, dass der Leserbrief ohne Autorenzeile erschienen ist. Das technische Versehen sei zunächst nicht bemerkt worden. Sie entschuldigt sich für diesen einmaligen “Ausrutscher”. Der zitierte Leserbrief des Beschwerdeführers sei allerdings doch im Kreisblatt erschienen. Als Beweis legt die Redaktion eine Kopie des gedruckten Briefes vor. (1996)

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Bezeichnung “Lügner”

Das Sozialministerium eines Bundeslandes vergibt ein Leukämie-Gutachten. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber und zitiert in der Schlagzeile die Meinung eines Atomexperten: Der zuständige Minister sei ein Lügner. In dem Beitrag wird behauptet, es habe keine Ausschreibung gegeben und das vom Minister beschriebene Auswahlverfahren hätte nie stattgefunden. Der Artikel bezeichnet die ganze Angelegenheit als “Mauschelei”, als “Lüge”, den Minister gleichwohl als “Lügner”. Dabei beruft sich der Autor auf Aussagen eines international anerkannten Atomspezialisten, welcher der Einlassung des Ministers, er sei am Auswahlverfahren gleichberechtigt beteiligt gewesen, widerspricht. Der Experte habe die Absage schon in der Tasche gehabt, als ein anderer Wissenschaftler aufgefordert worden sei, gleichfalls eine Studie anzubieten. Das betroffene Ministerium klagt gegen Verlag und Autor des Beitrags auf Unterlassung und Widerruf, legt gleichzeitig auch beim Deutschen Presserat Beschwerde ein. Ein Auswahlverfahren habe doch stattgefunden. Die Zeitung habe sich ohne eigene Recherche unzutreffende Behauptungen eines bei der Vergabe unterlegenen Konkurrenten zu eigen gemacht und in reißerischer und ehrverletzender Form veröffentlicht. Die Rechtsabteilung des Verlags legt ein Schreiben des Professors an den Minister vor, aus dem sich – so die Zeitung – ergibt, dass der Wissenschaftler die Kernaussage des Berichtes autorisiert hat. Dies betrifft insbesondere den Vorwurf der Lüge an die Adresse des Ministers. Die Rechtsabteilung legt auch ein Urteil des zuständigen Landgerichts bei, in dem die Klage des Ministeriums in vollem Umfang abgewiesen wird. Die Tatsachenbehauptungen “Lügner” bzw. “belogen” seien nicht unwahr. Der Kläger habe vielmehr in seiner Antwort auf die große Anfrage der Opposition im Landtag bewusst einen falschen Eindruck erweckt und damit wesentliche Tatsachen verschwiegen. Das Gericht komme deshalb zu der Überzeugung, dass die Bezeichnung “Lügner” im politischen Meinungskampf vom Kläger hinzunehmen sei. (1996)

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Zitate

Die Kolumnistin einer Lokalzeitung beklagt, dass die Renovierung der Kirche teurer werde als veranschlagt. Allein 50.000 Mark sollen es mehr geworden sein, weil der Restaurator nicht mehr bereit gewesen sei, die Votivbilder kostenlos zu restaurieren. Der Betroffene, der in dem Zeitungsbericht mit vollem Namen genannt wird, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Behauptung der Zeitung, er habe Arbeiten kostenlos angeboten und dann abgesagt, sei falsch. Die Zeitung weist darauf hin, dass zwei Wochen später eine Korrektur erfolgt sei. Der Restaurator sei darin zu Wort gekommen und habe erklärt, dass er nie eine kostenlose Restaurierung der Votivbilder versprochen hätte. Zur Sache selbst stellt die Zeitung fest, dass in früheren Artikeln der Zeitung der Betroffene mehrmals dahingehend zitiert worden sei, er habe eine kostenlose Renovierung der Kirchenfenster zugesagt. Demnach habe der Restaurator also sehr wohl behauptet, dass er bei der Renovierung der Wallfahrtskirche auch kostenlos mitarbeite. Allerdings hätten sich diese Aussagen auf eine kostenlose Reparatur der Kirchenfenster und nicht der Votivbilder bezogen. Dieses Missverständnis sei aber inzwischen auch bei der erwähnten Korrektor öffentlich richtiggestellt worden. (1996)

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Gerichtsberichterstattung

Eine Tageszeitung beschreibt Maßnahmen einer Bürgervereinigung zur Fluglärmbekämpfung. Sie berichtet in diesem Zusammenhang über eine Gerichtsentscheidung, nach der Kartoffel-Furchen keine Luftfahrthindernisse im Sinne des Gesetzes sind. Die Autorin beschreibt den Vorsitzenden der Kammer, die zu diesem Ergebnis gekommen ist, mit Formulierungen wie: “...ist bekannt für unorthodoxe Urteile” oder “...hat sich Tiefschürfendes einfallen lassen”. Dadurch erscheint der Richter als alleiniger Urheber des Urteils. Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht sieht in dieser Berichterstattung eine Schmähung und ruft den Deutschen Presserat an. Die Art und Weise der Berichterstattung entspreche nicht der Gerichtsreportage, sondern richte sich bewusst gegen sein Ansehen und seinen Ruf. Sie rücke ihn in ein derart negatives Bild, als würde er allein und nicht die jeweilige Kammer über einen Fall entscheiden. Ihm werde unausgesprochen der Vorwurf gemacht, er arbeite am Rande der Legalität und der Rechtsbeugung. Die Zeitung weist die Unterstellungen des Beschwerdeführers zurück. Der Bericht vermittele nicht den Eindruck, der Beschwerdeführer habe als Einzelrichter entschieden. Es werde vielmehr darauf hingewiesen, dass es sich um den “Vorsitzenden” handelt. Die beanstandeten Redewendungen seien zudem keine Schmähkritik, sondern sogar eine “durchaus lobende Beurteilung”. (1996)

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Nachrichtensperre

“Hier sitzt er drin” titelt ein Boulevardblatt und gibt den Aufenthaltsort eines Untersuchungshäftlings bekannt, der von der Staatsanwaltschaft unter Zeugenschutz gestellt worden ist. Die Justizvollzugsanstalt, in welcher der Mann einsitzt, wird ausführlich beschrieben. Der Pressereferent des Staatsministeriums der Justiz hält die Preisgabe der Informationen für in hohem Maße unverantwortlich. Die Maßnahme, einen Zeugen unter Schutz zu stellen, werde nur selten ergriffen und nur dann, wenn ganz konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass Leib und Leben des Betroffenen gefährdet seien. Die Zeitung gibt an, sie sei weder vom Landeskriminalamt noch von der Staatsanwaltschaft gebeten worden, den Aufenthaltsort des prominenten Untersuchungshäftlings nicht zu nennen. Im Rotlichtmilieu der Stadt sei der Aufenthaltsort des Zeugen ohnehin bekannt gewesen. Außerdem habe die Justizvollzugsanstalt bei der telefonischen Recherche indirekt bestätigt, dass der Mann bei ihr inhaftiert sei. (1996)

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Vorstrafen

“Mehrfacher Betrüger wirft Stadt böse Absichten vor” schreibt eine Lokalzeitung in der Schlagzeile eines Artikels, in dem sie über den geplanten Verkauf eines Grundstücks mit Gasthof berichtet. Eigentümerin des Grundstücks ist die Stadt, der Gasthof wurde jedoch von der Pächterin des Grundstücks gebaut. Diese will den Gasthof jetzt verkaufen. Die Stadt möchte den Verkauf selbst tätigen und die Pächterin mit einer Entschädigung in Höhe des Wertes des Gasthofes abfinden. Der Berater der Pächterin und gleichzeitig auch der potentiellen Käuferin des Gasthofes ist laut Zeitungsbericht ein Mann, der bereits mehrfach wegen Betrugs im Gefängnis saß. Aus diesem Grund wolle die Stadtverwaltung, so die Zeitung, mit diesem Mann nicht mehr verhandeln. Der Betroffene legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er hält die Erwähnung seiner Vorstrafen für ungerechtfertigt und spricht von einem Journalismus der miesesten Art und Weise. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, ihre Lokalredaktion sei nach intensiver Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass die jetzige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Fachberater in einer Linie zu sehen sei mit den zahlreichen anhängigen Verfahren in seinem Vorleben. Deshalb sei in dem Beitrag zu Recht auf die unbestrittene Tatsache hingewiesen worden, dass der Mann ein mehrfach vorbestrafter Betrüger sei. (1996)

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Namensnennung

Eine Regionalzeitung berichtet über die Inhaftierung eines Psychologen, der Patientinnen sexuell missbraucht und seine Schweigepflicht verletzt haben soll. In dem Beitrag werden außer dem Beruf der Vorname des Mannes, der Anfangsbuchstabe seines Nachnamens und sein Wohnort genannt. Unter der Überschrift „Staatsanwalt ermittelt gegen Psychotherapeuten – Frauen auf der Couch sexuell missbraucht?“ schildert eine Boulevardzeitung den selben Vorfall. Im ersten Satz des Artikels werden die Behauptungen quasi als bewiesen dargestellt: „Seine Opfer waren Patienten, die in tiefen Depressionen zu ihm kamen“. Die Ehefrau des Betroffenen legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Durch die Angaben in den Zeitungen werde ihr Mann für sein näheres Umfeld identifizierbar. Zudem würden auch sie und ihr 15jähriger Sohn durch die Art der Berichterstattung belastet. Die Praxengemeinschaft, die sie mit ihrem Mann betreibe, sei ebenfalls geschädigt. Der erste Satz in der Boulevardzeitung sei zudem präjudizierend, da er den Eindruck erwecke, die Vorwürfe der Anklage seien bereits bewiesen. Die Chefredaktion der Regionalzeitung weist darauf hin, dass die Redaktion sehr wohl abgewogen habe zwischen öffentlichem Interesse und Persönlichkeitsrecht. Die Entscheidung, den in Untersuchungshaft genommenen Psychologen näher zu kennzeichnen, sei zu begründen mit der Art der Delikte. Eine Anonymisierung hätte nicht nur alle Angehörigen dieser Berufsgruppe in der Stadt zu Verdächtigen gemacht, sondern auch alle Patientinnen aller Psychologen in der Stadt verunsichert. Die Eingrenzung sei zudem vorgenommen worden, um den Kreis der tatsächlich betroffenen Patientinnen aufmerksam zu machen. Die Boulevardzeitung hält die Beschwerde für völlig unbegründet. An keiner Stelle ihres Artikels sie auch nur annähernd von einem abschließenden Tatvorwurf im Sinne einer Vorverurteilung die Rede. Außerdem könne nicht erwartet werden, dass eine Berichterstattung aus Eigeninteresse gegebenenfalls so anonymisiert werde, dass der Leser nicht mehr erfahre, worauf sich ein Ermittlungsverfahren dieses Deliktbereichs beziehe. (1996)

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Fotos

Grundstückskauf

Ein Boulevardblatt berichtet, der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, leiste sich mit seiner Frau ein feines, kleines Feriengrundstück an der mecklenburgischen Ostseeküste. Der Verkehrswert des Anwesens mit reetgedecktem Haus betrage um die 320.000 Mark. Einen Tag später berichtet eine weitere Zeitung über denselben Sachverhalt. Beide Zeitungen fragen, woher der arbeitslose ehemalige Chef der SED das Geld für den Kauf und sein scheinbar sorgenfreies Leben habe. Und sie zitieren Krenz mit der Antwort, seine Frau habe das Haus gekauft. Die Frau des ehemaligen DDR-Politikers wendet sich an den Deutschen Presserat. In beiden Artikeln seien sachlich falsche Behauptungen enthalten. So habe sie das Grundstück nicht gekauft, sondern gepachtet. Der Verkehrswert betrage zudem nicht 320.000 Mark, sondern laut Wertgutachten lediglich 64.200 Mark. Das Haus habe auch nicht 60, sondern nur 35 qm Wohnfläche. Die Redaktionsleitung der einen Zeitung beruft sich auf den Ehemann. Der habe schließlich von einem Kauf durch seine Frau gesprochen. Die Aussage, das Anwesen habe einen Wert von 64.200 Mark, sei absurd. Nirgends an der Ostsee könne ein derartiges Seegrundstück zu einem solchen Preis erworben werden. Die Größe der Wohnfläche sei unerheblich. Entscheidend sei die Feststellung, dass sich das Ehepaar etwas derart Exklusives leisten könne. Darüber dürfe in jedem Falle berichtet werden. In Ergänzung dieser Stellungnahme lässt die Rechtsabteilung des Verlages den Presserat wissen, sie habe inzwischen beim zuständigen Liegenschaftsamt nachgefragt. Danach sei für das Krenz-Grundstück an der Ostsee ein Erbbaurechts-Vertrag auf 30 Jahre abgeschlossen worden. Das Erbbaurecht behandele Erbbauberechtigte hinsichtlich Grundstück und Haus wie Eigentümer. Unter diesen Umständen sei die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe das Grundstück lediglich gepachtet, falsch, während die Mitteilung, dass das Anwesen gekauft worden sei, keineswegs als unzutreffend bezeichnet werden könne. Die Chefredaktion der zweiten Zeitung beruft sich auf die Berichterstattung der ersteren. Da von den Betroffenen trotz mehrfacher Versuche keine Stellungnahme zu erhalten war, sei der zuständige Redakteur davon ausgegangen, dass die im Konkurrenzblatt enthaltenen Angaben zum Wert des Grundstücks richtig gewesen seien. (1996)

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