Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Papstmord

Unter der Überschrift “Ten Ways To Kill A Pope” veröffentlicht eine Tageszeitung ein Gedicht, in dem zehn Möglichkeiten beschrieben werden, wie man den Papst umbringen kann. “Erstens musst du, um einen Papst zu erlegen,/ dich auf die Fahrt nach Rom begeben./ Dort jagst du ihm mit Pistolengelärm/ eine Kugel ins Zwölffingergedärm”, heißt es zu Beginn. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält das “Pamphlet” für menschenverachtend und gewaltverherrlichend. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass das Gedicht auf einer Satireseite erschienen sei. Sie ist der Ansicht, dass sich Personen des öffentlichen Lebens heutzutage auch beißende Ironie gefallen lassen müssten, die sie und andere als geschmacklos empfänden. Andererseits habe auch ihr die Form der Papstsatire missfallen. Diese Missbilligung habe sie in ihrer Redaktionskonferenz und dem verantwortlichen Redaktionsmitglied gegenüber zum Ausdruck gebracht. Zudem seien drei Leserbriefe veröffentlicht worden, die scharfe Kritik an dem Beitrag enthielten. (1996)

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Begriff “Live-Krimi”

“Live-Krimi an der Bushaltestelle: Ein 60 Jahre alter Kroate taumelt auf die Passanten zu, ruft um Hilfe und bricht tot zusammen – erschossen” – So beginnt die Meldung einer Tageszeitung über einen Mann, der auf dem Weg zur Arbeit erschossen wurde. Bei der Lektüre dieser Nachricht “bleibt” einem Leser des Blattes “die Spucke weg”. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Nach seiner Ansicht versuchte der Verfasser der Meldung, den Unterschied zwischen Realität und Fiktion zu verwischen. Zudem werde hier in unangemessener Darstellung und in pietätloser Weise ein Mensch zum Objekt degradiert. Die Chefredaktion der Zeitung weist diesen Vorwurf zurück. Durch den Begriff “Live-Krimi” solle dem Leser deutlich gemacht werden, wie schnell man heute als unbeteiligter Passant mit einer Straftat konfrontiert werden könne, sogar mit einer, die auch noch mit dem Tod des Opfers ende. (1996)

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Verdeckte Recherche

“Das erlebte ich bei der Eheberatung” gesteht eine Journalistin in ihrem Beitrag in einer Frauenzeitschrift. In der Reportage schildert sie ihre Erfahrungen beim Besuch dreier Einrichtung der Eheberatung. Zwei der Gespräche werden positiv, eines eher negativ bewertet. Die Autorin hat ihre Erkenntnisse verdeckt recherchiert. Die negativ beurteilte Beratungsstelle beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass das Gespräch erschlichen wurde, da die Journalistin sich anfangs nicht als solche zu erkennen gegeben habe. Im Laufe des Gesprächs seien der Eheberaterin jedoch Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Anliegens gekommen, worauf die Frau zugegeben habe, dass sie als Journalistin arbeitet. Daraufhin habe die Eheberaterin das Gespräch abgebrochen und sich die journalistische Auswertung verbeten. Die Enttarnung der Journalistin hätte zu einer tendenziell negativen Berichterstattung geführt. Moniert werden die Recherchemethoden. Die Zeitschrift erklärt, Ausgangspunkt der Reportage sei nicht die Recherche für ein Thema gewesen, sondern das persönliche Problem der Journalistin, die sich von ihrem Mann trennen wollte. Erst im Verlauf der Beratung hätte die Kollegin festgestellt, wie schwierig es ist, in einer derartigen Situation schnell Hilfe zu finden. Daraus ist der Gedanke entstanden, auch anderen Frauen die Erfahrung mit Eheberatungsstellen zu vermitteln. Im Verlauf des Gesprächs habe die Journalistin die Eheberaterin darauf hingewiesen, dass sie Redakteurin sei. Dabei habe sie anklingen lassen, dass das Thema Eheberatung für einen journalistischen Beitrag geeignet sei. Trotzdem habe sie keine Irritation bei der Beraterin feststellen können. Das Gespräch sei fortgesetzt worden und hätte noch mindestens eine halbe Stunde gedauert. (1996)

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Namensnennung

Eine 42-jährige Frau, die mit ihrer Familie einen Campingurlaub am Lago Maggiore machte, ist bei einer Bootsfahrt ertrunken. Die Zeitung im Heimatort der zunächst Vermissten berichtet, dass Taucher die Frau in 15 Meter Tiefe tot geborgen haben. Sie schildert die Umstände des Unglücks und die Suche nach der Vermissten. Dabei lässt sie Namen und Wohnort des Opfers nicht aus. Der Ehemann sieht sein und seiner Kinder Persönlichkeitsrecht durch die Veröffentlichung verletzt und bewertet auch die Darstellung des Unglücksfalles als sachlich unkorrekt. Er schaltet daher den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung nennt als Quelle ihrer Darstellung die Polizei. Zur Namensnennung meint sie, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung in der Gemeinde bereits bekannt gewesen sei, um welche Mitbürgerin es sich bei Vermissten gehandelt habe. (1996)

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Fotos

Satire

Ein Leser einer Zeitschrift stört sich an zwei Beiträgen, die seiner Meinung nach den Gebrauch von Drogen verharmlosen. Er bittet den Deutschen Presserat zu entscheiden, ob beide Veröffentlichungen mit dem Pressekodex übereinstimmen. In den beiden Artikeln schildern zwei fiktive Ecstasy-Konsumenten, wie sich ihr Leben nach Einnahme der Drogen zum Positiven verändert hat. Das ist von Geld, von Frauen und von Feiern die Rede. Der erste Erfahrungsbericht wird in einem kleingedruckten Zusatz von der Redaktion dahingehend kritisiert, der Betroffene hätte sich wohl ein “weißes Pülverchen” reingezogen. Ecstasy könne es nicht gewesen sein. Im zweiten Beitrag schildert die fiktive Person selbst die negativen Folgen, darunter das Wachsen eines Busens. Danach folgt der Ratschlag: “Wenn ihr so eine Tragödie in eurem Leben vermeiden wollt, hört auf eure Eltern, den Religionslehrer und den Postboten.” Der Text schließt mit einer Unterzeile: “Abteilung: Glaub alles, was du liest”. Die Zeitschrift gibt keine Stellungnahme zu der Beschwerde ab. (1996)

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Informantenschutz

Medizinische Gutachten

Unter der Überschrift “Seine geheime Psycho-Beichte” schildert eine Sonntagszeitung das Seelenleben des Peter Graf. In dem zweiseitigen Text werden Inhalte eines vertraulichen Gesprächs mit einem Psychiater veröffentlicht, der für die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Gutachten gefertigt hatte. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat teilt der Präsident des zuständigen Landgerichts mit, das Gutachten sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Eine eigenmächtige Verwertung der Informationen durch die Presse könne aus diesem Grund nicht hingenommen werden. Der Artikel greife offensichtlich in die Privat- und Intimsphäre von Peter Graf ein und verletze zudem das Vertrauensverhältnis zwischen dem Psychiater und seinem Probanden. Peter Graf, der über seinen Anwalt gleichfalls den Presserat einschaltet, zieht seine Beschwerde zurück, nachdem die laufenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Verlag des Blattes zu einem Vergleich geführt haben. Vorab hatte der Verlag bereits angezeigt, sich gegen den geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld nicht verteidigen und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Peter Graf nicht bestreiten zu wollen sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben zu haben. (1996)

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Zitate

Ein Boulevardblatt berichtet in drei Artikeln über angebliche Kindesmisshandlungen in einem Ferienlager. In einer Überschrift wird die Frage gestellt: “... Schüler im Ferienlager gequält?”. Im Text werden Behauptungen zitiert wie: “”Ich habe gesehen, wie ein Betreuer einen Jungen geschlagen hat” oder “... wir werden wie Sklaven behandelt”. Ein Wohlfahrtsverband wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Behauptungen der Eltern und Kinder seien von der Zeitung zwar weitestgehend zutreffend als Zitate dargestellt und wiedergegeben. Doch mache sich der Autor die nicht durch eigene Recherchen belegten Behauptungen zu eigen und lasse sie durch entsprechende Einleitungen und präjudizierende Kommentierungen als wahre Tatsachenbehauptungen erscheinen. Die Zeitung beruft sich auf ihre Pflicht zur Berichterstattung. Dabei müsse sicherlich stets die notwendige Zurückhaltung und Neutralität beachtet werden. Diese Neutralität könne aber nicht dazu führen, dass ein Presseorgan, zumal eine Boulevardzeitung, sich in ihrer Berichterstattung auf Verlautbarungen zurückziehe und sich jeder eigenen Wertung von Vorgängen enthalte. Die Rechtsabteilung des Verlags weist darauf hin, dass alle Behauptungen zutreffend als Zitate dargestellt worden seien. Vom Beschwerdeführer kritisierte Formulierungen wie z.B. “erschreckenden Vorwurf”, “düsteres Bild” und “der Fall wiegt schwer” seien aus den Stellungnahmen der Eltern abgeleitete Wertungen der Redaktion. Ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht sei die Redaktion damit nachgekommen, dass der Veranstalter selbst ausführlich habe Stellung nehmen können. Würde man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen, so dürfe in letzter Konsequenz über Sachverhalte, die von Betroffenen unterschiedlich dargestellt werden, künftig überhaupt nicht mehr berichtet werden. (1996)

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Verdeckte Recherche

Das Presse- und Informationsamt einer Landesregierung teilt der Presse mit, dass sich eine Ministerin des Landes einer Brustkrebsoperation unterziehen musste, dass es der Politikerin den Umständen entsprechend sehr gut geht und dass sie anschließend an die stationäre Behandlung ihren Jahresurlaub antreten wird. Als Quelle des Befundes wird der leitende Chefarzt einer gleichfalls genannten Klinik angegeben. Kurz darauf erhalten eine Journalistin und ein Fotograf einer Boulevardzeitung Einlass in das Krankenzimmer. Die Ministerin erklärt später, beide Besucher hätten sich den Mitarbeitern der Klinik gegenüber als Kollegen bzw. ehemalige Kollegen von ihr vorgestellt. Während des folgenden kurzen Gesprächs sei sie selbst davon ausgegangen, dass die beiden Journalisten ehemalige Kollegen oder Mitarbeiter einer mit ihrem Ministerium verbundenen Einrichtung seien. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Atmosphäre “gelöst” gewesen. Als der Mann dann eine Kamera zückte, sei sie stutzig geworden und hätte ihn aufgefordert, keine Fotos zu machen. In diesem Moment sei auch die Information ins Krankenzimmer gelangt, dass es sich um Mitarbeiter eines Boulevardblattes handele. Ein anderer Fotograf draußen hatte sich beschwert, dass ihm kein Besuch gestattet werde. Bevor der Fotograf Aufnahmen machen konnte, seien er und seine Kollegin aus dem Zimmer gewiesen worden. Ein Staatssekretär des Ministeriums beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Recherchemethoden der beiden Journalisten. Der Fall zeige, welchen enormen Zudringlichkeiten Menschen ausgesetzt seien, die in der Öffentlichkeit stehen. Die Redaktionsleitung des Blattes weist den Vorwurf der verdeckten Recherche zurück. Weder am Eingang zur Station noch im Krankenzimmer hätten beide Kollegen einen Zweifel daran gelassen, dass sie für die Boulevardzeitung tätig seien. Den Schwestern gegenüber habe die Journalistin jedoch erwähnt, dass sie eine ehemalige Arbeitskollegin des Ehemannes der Ministerin sei. Die Bitte der Ministerin, nicht zu fotografieren, hätten beide Mitarbeiter respektiert. Die Atmosphäre im Krankenzimmer sei gelöst gewesen, bis die Tochter der Ministerin in das Zimmer gekommen sei und behauptet habe, die beiden Besucher hätten sich durch Täuschung Zutritt verschafft. Schließlich habe die Ministerin selbst die beiden Journalisten nicht aus dem Zimmer gewiesen, sondern sie sei mit dem Gespräch bis zum Erscheinen ihrer Tochter einverstanden gewesen. (1996)

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