Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Auf zwei Sonderseiten veröffentlicht eine lokale Zeitung einen Beitrag der beiden Autoren des Buches “Staatsgeheimnis Abwasser”. Unter der Überschrift “Der Weg allen Wassers” wird das Abwassersystem der Stadt behandelt. Einer der Verfasser wendet sich an den Deutschen Presserat, weil er festgestellt haben will, dass sein Text in unzulässiger Weise manipuliert worden ist. Ohne die Genehmigung der Autoren seien Textpassagen weggelassen, hinzugefügt und verändert worden. Dies sei um so verwunderlicher, als er und sein Mitautor die von der Redaktion vorgegebene Länge eingehalten hätten. Zudem sei durch die Veränderung das Urheberrecht verletzt worden. Die Rechtsabteilung des Verlags ist sicher, dass kein Verstoß gegen den Pressekodex vorliegt. Fälle eines journalistisch und redaktionell zulässigen und üblichen Redigierens von Beiträgen freier Autoren seien im Pressekodex aus gutem Grund nicht erfasst. Die Redaktion sei ihrer Pflicht nachgekommen, das Dokument sinngetreu wiederzugeben. Im vorliegenden Fall sie die Bearbeitung des Textes mit dem Beschwerdeführer ausdrücklich besprochen worden. Dieser habe nicht widersprochen und auch nicht darauf bestanden, dass ihm die Endfassung des Artikels noch einmal vorgelegt wird. (1996)
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Die Situation von Familien, die infolge der Trennung der Eltern auseinanderbrechen, ist das Thema eines Beitrags in einer Frauenzeitschrift. Die Autorin spricht mit Müttern und Vätern, die das Sorgerecht für ihre Kinder nicht erhielten. Die Schlagzeile ihrer Veröffentlichung lautet: „Ich will auch als Vater eine Chance haben“. Ausführlich schildert sie die Gefühle einer 34jährigen Mutter, der das Sorgerecht für ihre beiden Töchter genommen wurde: „Da war die Wut auf den Ex-Ehemann. Der hatte gedroht: ‘Ich mache dich kaputt!’. Aber das sollte er nicht schaffen, nein, das gönnte sie ihm nicht.“ Die Frau sowie ihre beiden Töchter werden mit vollständigen Namen genannt sowie im Bild gezeigt. Über den Ex-Ehemann wird berichtet, er sei ein Musikwissenschaftler, ein prominenter Mann in der ehemaligen DDR. Der Betroffene wehrt sich mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Durch die Nennung des Namens und die Veröffentlichung von Fotos sei gegen seine sowie die Persönlichkeitsrechte seiner Kinder verstoßen worden. In Deutschland gebe es nachweislich nur eine Familie mit seinem Namen. Die stellvertretende Chefredakteurin der Zeitschrift bedauert den Vorfall und sagt dem Beschwerdeführer zu, über seine familienrechtliche Auseinandersetzung künftig nicht mehr in einer Weise zu berichten, welche die Beteiligten erkennbar macht. (1996)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht in ihrem Jugendmagazin ein 14 Seiten umfassendes »Computer-Special«das zum Teil als Anzeige gekennzeichnet ist, Die entsprechenden Seiten sind grafisch als Computerbildschirm mit unterschiedlichen Menüs gestaltet. Unter der Überschrift »Es rappelt in der Spielkiste« wird auf einer der Seiten für ein Computerspiel geworben. Ein Leser des Blattes spricht den Deutschen Presserat an. Das Computer-Special sei gut getarnte Werbung, die in Aufmachung und Stil den Eindruck eines redaktionellen Beitrags erwecke.
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ine Zeitschrift berichtet über einen kanadischen Walfanggegner, der mit seinem Schiff die Lofoten ansteuert, um norwegische Walfangschiffe außer Gefecht zu setzen. Kurz vor dem Ziel wird das Schiff von einem Zerstörer der norwegischen Kriegsmarine gerammt und bombardiert. Die Reportage wird mit einem großen Foto aufgemacht, das das Harpunieren eines Wals dokumentiert. In der Bildzeile heißt es: »Trotz des Verbots der Walfang-Kommission: Die norwegischen Walfänger wollen 300 vom Aussterben bedrohte Minkewale töten.« Ein Leser schaltet den Deutschen Presserat ein. Er bestreitet den dokumentarischen Charakter des Fotos. Die abgebildete Harpunenkanone sei von größerem Kaliber als 50 mm und im norwegischen Zwergwalfang nicht üblich. Die Art des Schiffsbugs deute darauf hin, dass es sich um ein Schiff handele, dass größer ist als diejenigen, die im Zwergwalfang eingesetzt werden. Der auf dem Foto sichtbare Wal sei kein Zwergwal oder Minkewal, weil er wesentlich größer sei und andere Artmerkmale aufweise. Die Zeitschrift erklärt, sie habe mit dem beanstandeten Foto lediglich demonstrieren wollen, gegen welche Missstände die Tierschützen kämpfen: Für die Berichterstattung sei es völlig gleichgültig; ob es sich um einen Minkewal oder um eine andere Walart handelt. Identisch seien das Abschlachten und das industrielle Zerlegen von Walen. Da die beiden veröffentlichten Fotos je einen unterschiedlichen Wal wiedergeben, werde selbst der flüchtigste Betrachter nicht annehmen, dass es sich um eine aktuelle Reportage über Walfang handle. (1994)
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Unter der Überschrift »Barschel, Geheime Telefonate in Kiel« berichtet eine Zeitschrift über Telefongespräche zwischen zwei in die »Kieler Affäre« verwickelten Politikern und einem Mitglied des Barschel-Pfeiffer-Untersuchungsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags, Die Redaktion stützt sich auf Tonbandmitschnitte von Telefonaten, die der Zeitschrift zugespielt worden j seien. Aus den Gesprächen ergibt sich nach Ansicht der Redaktion der Verdacht, die 1 SPD vertusche im Untersuchungsausschuss aufschlussreiche Vorgänge. Die Zeitschrift belegt ihre Aussage mit Protokollen der heimlichen Absprachen in ihren wesentlichen Teilen: Die Präsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags wendet sich an '' den Deutschen Presserat. Der Bericht über den Inhalt von Telefonaten, die ohne Einwilligung der Betroffenen abgehört worden sind, verstoße ebenso wie die Veröffentlichung von wörtlichen Auszügen aus solchen Gesprächen gegen die Ziffern 4 und 8 des Pressekodex. Die Zeitschrift hält es für befremdlich, dass sich die Beschwerdeführerin gegen eine Veröffentlichung wende, die Licht in das Dunkel des sog. Barschel-Skandals zu bringen versuche. Das geschützte Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege die schutzwürdigen Belange der Betroffenen bei weitem. Die Telefonmitschnitte seien der Redaktion zugespielt worden. Man habe sie nicht selbst angefertigt oder durch Beauftragte anfertigen lassen. Die Veröffentlichung von Auszügen sei als Verbreitungshandlung von der Beschaffung zu unterscheiden. Die Redaktion' habe den berechtigten Belangen der Betroffenen an der Wahrung ihrer Privatsphäre dadurch Rechnung getragen, dass nur politisch relevante Passagen des mitgeschnittenen Gesprächs veröffentlicht worden seien; nicht aber die privaten Teile. (1995)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die Flucht dreier Straftäter aus einem Gefängnis sowie einer Nervenklinik: Unter der Fragestellung »Was ist mit unseren Gefängnissen und Nervenkliniken los?« werden verschiedene Fluchtvorkommnisse der jüngsten Vergangenheit aufgelistet. Der Aufmacher auf Seite 1 hat die Schlagzeile »Ausbruch aus der Nerven-Klinik - Drei irre Verbrecher frei«. Ein Neurologe und Psychiater legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Der Bericht mobilisiere alte Vorurteile über den geisteskranken Gewalttäter: »Irre sein« werde mit Verbrechen gleichgesetzt. Darüber hinaus erhöhe der Artikel die Angst vor Verbrechen. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, ihr Bericht habe über die Flucht von Straftätern berichten und auf offensichtlich mangelnde Sicherheitsbedingungen hinweisen wollen. Ausbrüche könne man nicht verschweigen. Die mitgeteilten Fakten seien in vollem Umfang zutreffend. (1995)
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Unter der Überschrift »Stoppt das sinnlose Robbenschlachten« berichtet eine Zeitschrift über die Tötung von Robben in Namibia. Der Leser erfährt, dass Robben aus reiner Profitgier grausam erschlagen oder erschossen werden: Illegal würden Felle zur Verarbeitung nach Europa geschafft. Zudem sei die Robbenjagd seit Mitte der 80er Jahre offiziell verboten. Der Bericht weist schließlich auf das Poster eines Heulers hin, das in Heftmitte zu finden ist. Die Aufnahme stammt augenscheinlich aus Polarkreisgebieten. Ein Journalist beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Bericht sei insgesamt zurechtgebogen und -gelogen. Der Rechtsvertreter der Zeitschrift beruft sich auf Informationen von Greenpeace und verschiedener Agenturen. Das Poster mit dem Motiv des Robbenbabys stehe ohne Zusammenhang zum Artikel. (1995)
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Eine Wochenzeitung berichtet über ein Strafverfahren gegen einen Polizeibeamten, dem vorgeworfen wird, während eines Vorfalles in seiner Freizeit Polizeibeamten im Einsatz Widerstand geleistet zu haben. Der Polizist in Zivil hatte eine Polizeistreife, In eine Gaststätte gerufen, in die sich eine Ehefrau vor: ihrem rabiaten Ehemann geflüchtet hatte. Da die Streife erst spät anrückte und schlechte Arbeit leistete, stellte sie der Kollege in Zivil zur Rede, bezog dafür aber angeblich Prügel. Die Zeitung schildert' die Hintergründe aus der Sicht des misshandelten Polizeibeamten; der nun wegen Widerstandes vor Gericht steht. Sie stellt fest: »Dass Otto Normalverbraucher schon mal Opfer von Übergriffen der Polizei wird, hört man immer wieder. Genau solches passiert jetzt einem Uniformträger.« Auch eine zweite Zeitung' nimmt sich des Falles an. Unter der Überschrift »Polizist von Kollegen verprügelt: Nun ist er angeklagt - Misshandelter Beamter wollte doch nur helfen« ergreift sie Partei für den Angeklagten: »Zwei Kollegen schlugen ihn vor dem Lokal nieder, verletzten ihn erheblich und zeigten ihn auch noch an - wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt.« Weiter heißt es: »Einer der beiden Beamten ist als >wilder Polizist< bekannt-berüchtigt. Der zuständige Polizeipräsident schaltet den Deutschen Presserat ein. Sein Vorwurf: Beide Zeitungen beziehen schon durch ihre' Überschriften unzulässig präjudizierend Stellung und greifen damit massiv in ein schwebendes Gerichtsverfahren ein. (1995)
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Eine Wirtschaftszeitung berichtet über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Es geht um den Fall einer Türkin, die eine Woche lang arbeitsunfähig krank war. Als der Arbeitgeber erfuhr, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einen Schwangerschaftsabbruch zurückzuführen war, verweigerte er die begehrte Lohnfortzahlung. In dem Artikel wird die Nationalität der betroffenen Arbeitnehmerin und einer beteiligten afghanischen Medizinerin mehrfach genannt. Ein Landesbezirk einer Gewerkschaft sieht die Betroffenen durch die Nennung ihrer Nationalität diskriminiert und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Für die Nennung der Nationalität habe es eine sachliche Grundlage gegeben, erklärt die Zeitung. Thema der jahrelangen Auseinandersetzung sei einerseits die andere Einstellung ausländischer Staatsbürger zum Thema Abtreibung gewesen. Zum anderen habe es sowohl bei der betroffenen Arbeitnehmerin als auch bei den beiden im Artikel erwähnten Ärzten sprachliche Verständigungsschwierigkeiten gegeben. Der Artikel basiere auf einem Gespräch, dass der Autor mit einem Mitglied des mit dem Fall befassten Senats des Bundesarbeitsgerichts unmittelbar nach der Urteilsverkündigung geführt habe. Dieser Richter habe die Staatszugehörigkeit erwähnt; weil sie im Verfahrensgang eine wichtige Rolle gespielt habe. Überraschenderweise habe die dann später vorliegende schriftliche Urteilsbegründung auf einen Hinweis auf die Nationalität verzichtet. Das Beschwerdeverfahren veranlasst die Redaktion zu der Erklärung, dass sie in Zukunft mit derartigen Angaben sensibler umgehen will. (1995)
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Eine Boulevardzeitung beschreibt die Selbsttötung eines 17jährigen, der von Spaziergängern im Wald gefunden wird. Der Junge war nach einem Schnitt in den Hals verblutet. Die Zeitung vermutet Liebeskummer als Motiv der Tat und zitiert die 12jährige Schwester des Verstorbenen, die mit Vornamen genannt wird. Auch der Vorname, der abgekürzte Nachname, das Alter, der Beruf und die Arbeitsstelle des Toten werden Bekannt gegeben. Ein Bruder des 17jährigen schaltet den Deutschen Presserat ein. Das Telefonat mit der minderjährigen Schwester hält er für eine fragwürdige Recherche. Diese werde mit Sätzen zitiert, die sie niemals gesagt habe. Die Umstände des Todes seien falsch wiedergegeben. Da der Autor des Beitrags sich bei der betroffenen Familie schriftlich entschuldigt habe, betrachtet die Chefredaktion des Blattes den Fall als erledigt. (1995)
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