Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Es ist wie im Film abgelaufen“ über den Prozess gegen einen von der Redaktion so genannten „Dreifachmörder“. Dieser sagt am sechsten Verhandlungstag aus und schildert den Tatablauf. Zum Beitrag gestellt sind mehrere Fotos. Eines zeigt den Angeklagten im Gerichtssaal mit Augenbalken und Maske. Auf drei weiteren Bildern werden Porträtfotos der Opfer gezeigt, auf denen diese identifizierbar sind. Der Beschwerdeführer in diesem Fall sieht den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex verletzt. Die Opfer würden ohne Anonymisierung gezeigt, der Täter verfremdet. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, die Fotos der Opfer seien mit Einwilligung der Angehörigen veröffentlicht worden. Diese hätten gewusst, dass die Zeitung die Fotos sowohl online als auch gedruckt veröffentlichen würde. Ein Verstoß gegen presseethische Grundsätze sei daher nicht erkennbar.
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Eine Zeitschrift, die sich landwirtschaftlichen Themen widmet, berichtet online unter der Überschrift „80 % der Verbraucher lehnen Ersatzprodukte für Fleisch und Milch ab“ über eine aktuelle Umfrage zur Kennzeichnung von Ersatzlebensmitteln. Der Beschwerdeführer sieht in der Überschrift einen ethischen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht), eventuell auch Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit). Er zitiert aus der Umfrage: „Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, selten wenig oder gar kein Fleisch zu essen. Ersatzprodukte landen bei 59 Prozent der Verbraucher:innen mindestens ab und zu auf dem Teller.“ 59 Prozent der Befragten essen laut dieser repräsentativen Umfrage also mindestens ab und zu Ersatzprodukte für Fleisch und Milch. Somit sei die Überschrift falsch. Der Chefredakteur der Zeitschrift teilt mit, die Redaktion habe die Überschrift einer Pressemitteilung des Deutschen Bauernverbandes entnommen. Diesem habe man vertraut. In der Mitteilung habe es geheißen, 20 Prozent der Befragten würden die genannten Lebensmittel uneingeschränkt bzw. häufig verzehren. Daraus habe der Bauernverband offensichtlich abgeleitet, dass 80 Prozent der Befragten die Produkte ablehnen. Das sei in der Tat falsch. Die Redaktion habe ihren Fehler nach Eingang der Beschwerde sofort korrigiert. Die Überschrift lautet nun: “Nur 20 % der Verbraucher verzehren Ersatzprodukte für Fleisch und Milch“.
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Eine Programm-Zeitschrift veröffentlicht regelmäßig Beiträge unter der Rubrik „Hallo, Doktor!“ Diese veranlassen einen Leser des Blattes zu einer Beschwerde. Er moniert, dass alle Beiträge unter der genannten Rubrik eines gemeinsam haben: Sie steuerten stets auf die Nennung eines medizinischen Produkts hin. Dass die genannte „Rubrik“ offensichtlich eine bezahlte Veröffentlichung sei, darauf deute zum einen hin, dass immer Produktnamen auftauchen, auch wenn dies völlig überflüssig sei. Dass die „Rubrik“ kein echter Ratgeber sei, so der Beschwerdeführer weiter, zeige sich auch daran, dass den Leserinnen und Lesern kein Weg angeboten werde, eigene Fragen einzureichen. Er gehe davon aus, dass die genannten „Leser“ gar nicht existierten. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Es handele sich hier nicht um Schleichwerbung oder eine Verletzung des Trennungsgebotes nach Ziffer 7 des Pressekodex. Die kritisierten Artikel hätten gemeinsam, dass sie im Serviceteil der Zeitschrift zum Thema Gesundheit angesiedelt seien. Es handele sich ausschließlich um redaktionelle Artikel, in denen im Sinne eines Ratgebers Hilfestellungen im Umgang mit gesundheitlichen Fragen und Problemen gegeben würden. Sofern in den Beiträgen Produktnamen genannt würden, handele es sich um eine Auswahl der Redaktion.
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Eine Großstadtzeitung berichtet online über eine Frau, die ihre Lebensaufgabe darin sieht, anderen Menschen hilfreich beizustehen und dafür das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Sie betäubt ihren Schwiegersohn, sticht auf ihn ein und nimmt sich dann das Leben. Die Redaktion versucht, die Tat zu rekonstruieren und will herausbekommen, wie es dazu kommen konnte. Der Beitrag beginnt mit der Schilderung des Suizids der Frau, der sich kurz vor ihrem Mordprozess ereignet. Wörtliche Passage: „Zu sterben, das ist ihre Art, das eigene Leben wieder in den Griff zu bekommen. Als (die Zeitung nennt den Namen) vier Tage vor dem Prozessauftakt in ihrer Zelle nur noch Stille und Dunkelheit umgeben, zieht sie sich ihr Nachthemd über, zerschlägt eine Vase, sucht sich die passende Scherbe aus, bevor sie die übrigen unter ihr Bett schiebt. Sie drapiert einen Briefumschlag unter ihrem Kissen, legt sich auf den Rücken, zieht die Bettdecke bis zum Hals, fasst darunter die Scherbe fest mit der rechten Hand und schneidet sich mit einem tiefen Schnitt die Arterienleiste auf.“ Ein Leser der Zeitung hält die Passage für nicht vereinbar mit der Ziffer 8, Richtlinie 8.7, des Pressekodex. Die Zeitung liefere eine detaillierte Suizid-Beschreibung, die in die Persönlichkeitsrechte der Frau eingreife. Die schon fast handwerkliche Beschreibung des Suizids sei nicht von öffentlichem Interesse. Der Beschwerdeführer weist auf die Gefahr hin, der Bericht könnte Nachahmer anregen, gleiches zu tun. Er spricht von einem unverantwortlichen Verhalten der Redaktion. Diese rechtfertigt den Beitrag. Sie verstehe den Sinn des Pressekodex so, dass die Angehörigen in der akuten Situation der Trauer geschützt werden sollen, die Pietät gegenüber dem verstorbenen Menschen gewahrt und Nachahmungen vermieden werden sollen. Alle diese Punkte würden durch den Artikel nicht verletzt.
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Eine Programm-Zeitschrift berichtet unter den Überschriften „So bleibt Ihr Herz gesund. Die besten Tipps der Ernährungs-Docs“ (Anreißer auf der Titelseite) sowie „So bleibt Ihr Herz gesund“ über Herzkrankheiten und vorbeugende Maßnahmen. Der Beschwerdeführer – selbst im kommerziellen Medien-Geschäft aktiv – teilt mit, Anlass für den Artikel sei das Erscheinen des Buches „Starkes Herz“ von einer Gruppe von Ärzten, die als „Ernährungs-Docs“ im Fernsehen aufträten. Sie seien sowohl auf der Titelseite als auch im Artikel selbst groß abgebildet. Der Artikel beruhe fast ausschließlich auf Tipps dieser Ärzte. Sie würden mit ihren Ratschlägen für ein gesünderes Herz immer wieder zitiert. Die Redaktion der Programm-Zeitschrift verweise sowohl auf das Buch als auch auf die Fernsehsendungen. Der Presserat hat sich schon vorher wiederholt mit Veröffentlichungen dieser Zeitschrift befasst. Dabei ist es immer um Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Produktnennungen gegangen. Erschwerend sei, dass die Veröffentlichung von Produktnamen und Unternehmen dergestalt sei, als wenn die Ärzte entsprechende Empfehlungen abgegeben hätten. Diese hätten sich jedoch auf Anfrage ausdrücklich von jeglichen Produktempfehlungen distanziert. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass sie künftig auf Beschwerden des Beschwerdeführers nicht mehr reagieren werde. Der Verlag stehe selbstverständlich ohne Wenn und Aber zu den Leitsätzen des Pressekodex. Es sei aber der Eindruck entstanden, dass dieser Beschwerdeführer nicht etwa aus einem echten Interesse an der Wahrung der journalistischen Standards oder einem offenen Diskurs handele. Ihm sei vielmehr daran gelegen, sein eigenes kommerzielles Angebot zu fördern.
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Eine Frauenzeitschrift macht ihre Titelseite mit der Schlagzeile „KATE & WILLIAM Baby-Jubel: JA! Es werden süße Zwillinge“ auf. Im folgenden Artikel wird die Überschrift wiederholt. Unter einem Familienfoto mit ihren drei Kindern steht: „William und Kate sind seit 2011 glücklich verheiratet. George (8), Charlotte (6) und Louis (3) können die Zwillinge kaum erwarten“. Im Text wird allerdings schnell klar, dass es sich hier um Spekulationen handelt. Passage aus dem Beitrag: „Auf diese Jubel-Nachricht haben die Briten sehnsüchtig gewartet: Es wird gemunkelt, dass Prinz William und Herzogin Kate zum vierten Mal Eltern werden. Und was bis jetzt nur eine Vermutung war, bestätigt die Star-Hellseherin Soraya exklusiv in (Titel der Zeitschrift, d. Red.). Das Medium sagt den beiden voraus, dass sie Eltern von gleich zwei Babys werden!“ Im Text heißt es weiter: „Schon beim 70jähigen Thronjubiläum stünden die Chancen gut, dass Kate die Kinder dann schon auf dem Arm haben werde“. Jetzt seien „alle gespannt, ob die Vorhersagen zutreffen“, heißt es weiter. Der Beschwerdeführer – im kommerziellen Mediengeschäft aktiv – sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen den Pressekodex, weil die Zeitschrift allen Ernstes die Aussage einer „Hellseherin“ auf der Titelseite als Tatsache verkaufe. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift teilt mit, dass sie entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit zu dieser Beschwerde nicht Stellung nehmen werde. Es bestehe der Eindruck, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht etwa aus einem echten Interesse an der Wahrung von journalistischen Standards oder einem offenen Diskurs erhoben habe. Vielmehr benutze er diese, um sein eigenes kommerzielles Angebot zu fördern.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Die ´Anti-Putin-Tablette´ ist gefragt“ über Jodtabletten, die bei Unfällen in Kernkraftwerken zum Einsatz kommen und aufgrund der aktuellen Kriegslage in der Ukraine gefragt seien. Die Zeitung zitiert eine pharmazeutisch-technische Assistentin aus einer örtlichen Apotheke. Der zufolge seien selbst mit dem derzeit knappen hoch dosierten Präparat (65 Milligramm) aus Österreich 56 Tabletten nötig. Dieses Präparat sei zuletzt zum Beispiel von Menschen im Raum Aachen eingenommen worden. Der Beschwerdeführer kritisiert eine Falschinformation über die Dosierung eines Arzneimittels. Die tatsächliche Dosierung sei eindeutig festgelegt und jedermann im Internet einsehbar. Sie sei altersabhängig. Die Dosierung liege zwischen einer viertel Tablette für Neugeborene bis zu zwei Tabletten für Erwachsene. Die Zeitung – so der Beschwerdeführer - weigere sich trotz mehrfacher Aufforderung, eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Der Chefredakteur der Zeitung gibt dem Beschwerdeführer Recht. Der Autor des kritisierten Beitrages habe einen Fehler gemacht. Er bedauert, dass keine Richtigstellung erfolgt sei.
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Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Bezirksregierung will bis Sonntag über Radschnellweg entscheiden“ unter anderem über Proteste zum geplanten Verkehrsprojekt. Während etwa 200 Menschen auf dem Rathausplatz demonstriert hätten, seien auf der Sondersitzung der Bezirksvertretung noch einmal Argumente für und wider die Radschnellroute diskutiert worden. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Teaser, verbunden mit dem dazugestellten Foto, einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex. Im Teaser werde von 200 Demonstranten gesprochen. Diese Behauptung erzeuge bei der Leserschaft den Eindruck, dass 200 Personen gegen den „Radschnellweg“ demonstriert hätten. Richtig sei jedoch, dass zwei unterschiedliche Demonstrationen stattgefunden hätten und rund 130 Demonstranten sich für diesen Radwegausbau ausgesprochen hätten. Der zuständige Ressortleiter teilt mit, es hätten der Redaktion keine exakten Informationen darüber vorgelegen, wie viele Personen für und wie viele gegen die Baumaßnahmen demonstriert hätten. Man habe sich in der Redaktion darauf beschränkt, von insgesamt rund 200 Personen zu schreiben. Quelle sei die Polizei vor Ort gewesen. Da beide Demonstrationsgruppen weit voneinander gestanden hätten, sei es technisch nicht möglich gewesen, beide Gruppen auf einem Foto zu erfassen. Man habe sich für das optisch eindrucksvollere Bild entschieden. Dass es unter den Demonstranten auch Befürworter der Baumfällungen und damit des Radwegausbaus gegeben habe, habe ein Redakteur in einem Kommentar dargestellt. Der Ressortleiter weist vor diesem Hintergrund die Beschwerde als unbegründet zurück.
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Eine Großstadtzeitung beschäftigt sich in einem Online-Beitrag mit den am häufigsten übersetzten Büchern. Das meistübersetzte deutsche Buch – so die Zeitung – sei „Das Parfüm“ von Patrick Süskind, das in 49 Sprachen übersetzt worden sei. Ein Leser widerspricht dieser Darstellung. Das am häufigsten aus dem Deutschen übersetzte Werk sei das Kinderbuch „Bin ich klein?“, das über 200mal in andere Sprachen übertragen worden sei. Trotz eines entsprechenden Hinweises an die Redaktion habe diese keine Richtigstellung vorgenommen. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Schiff ´beschossen´ Polizei fassungslos. Explosion von Köln bis Duisburg zu hören“. Der Beitrag informiert darüber, dass ein mit Ethanol beladenes Tankmotorschiff in Köln vom Ufer aus mit Feuerwerksraketen beschossen worden sei. Am Ende des Artikels heißt es, dass die Explosion bis Duisburg zu hören gewesen wäre, wenn die Raketen das Ethanol entzündet hätten. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Überschrift. Sie erwecke den Eindruck, als hätte es die Explosion tatsächlich gegeben. Der Redaktionsleiter gibt dem Beschwerdeführer weitgehend recht. Das Wort „wäre“ hätte unbedingt in die Überschrift gemusst. Leider habe das Vier-Augen-Prinzip in der Redaktion in diesem Fall versagt. Sie habe den Fehler schnell bemerkt und schon vor dem Bekanntwerden der Beschwerde korrigiert.
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