Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

„Aktueller“ Clip war fünf Jahre alt

Unter der Überschrift „Invasion!“ berichtet eine Boulevardzeitung online über den Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Dem Artikel beigestellt ist ein Video, das im Artikel als Standbild gezeigt wird. Das Foto zeigt eine Explosion mit einer aufsteigenden Rauchwolke in einer Stadt. Eine Leserin der Zeitung teilt mit, die Redaktion veröffentliche ein Video zu einer angeblichen Bombardierung in der Ukraine durch russische Streitkräfte. Das Video sei allerdings schon fünf Jahre alt. Es habe seinerzeit eine Explosion in China gezeigt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, es sei faktisch richtig, dass die Redaktion bedauerlicherweise einen falschen Videoclip veröffentlicht hätte, der eine Explosion in China zeige. Der Fehler sei noch am gleichen Tag aufgefallen und umgehend behoben worden. Das hätte man der Leserschaft gegenüber transparent gemacht. Die Zeitung hält fest: Die Beschwerde sei aus ihrer Sicht nicht begründet, da ein Verstoß gegen presseethische Grundsätze nicht zu erkennen sei.

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Wann ist ein Krieg ein „Angriffskrieg“?

Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Von der Krise berührt, aber nicht beherrscht“ einen Meinungsbeitrag über die Reaktion lokaler Karnevalisten auf den Krieg in der Ukraine. Ein Leser der Zeitung stört sich an einer Formulierung in dem Beitrag. Dort heißt es: „Der erste Angriffskrieg seit dem Zweiten Weltkrieg“. Diese Behauptung – so der Beschwerdeführer – sei falsch. Von 1945 bis 1997 hätten in Europa 14 Angriffskriege stattgefunden. Der stellvertretende Chefredakteur schreibt, wer die vom Beschwerdeführer angeführte Internetadresse anklicke, stelle fest, dass in den Beiträgen der sich dort präsentierenden „Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung“ (AGUF) zwar verschiedene Kriegstypen beschrieben würden, dass aber der Begriff „Angriffskrieg“ nicht vorkomme. Dabei sei dieser Begriff wichtig, weil diese Art Krieg in der UN-Charta als verboten deklariert und das militärische Vorgehen gegen einen Angriffskrieg sogar ausdrücklich erlaubt werde. Der Beschwerdeführer scheine jede Art von militärischer oder militärähnlicher Auseinanderersetzung als „Angriffskrieg“ zu werten. Dabei würde das Vorgehen Russlands in der Ukraine als gewissermaßen nicht unüblich verharmlost.

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Vorwurf: Fakten willentlich verschleiert

„Um kurz nach drei liegt der Bündnisfall auf dem Tisch“ so überschreibt ein Nachrichtenmagazin online den Bericht über einen Kurswechsel in der deutschen Sicherheitspolitik. Darin wird unter anderem aus dem Verlauf einer Nato-Krisensitzung berichtet. Die Redaktion zitiert den Nato-Generalsekretär. Ihm zufolge sei eine Attacke auf Nato-Staaten, die den Bündnisfall auslösen würde, zwar „fernliegend, aber nicht undenkbar.“ Eine Leserin des Nachrichtenmagazins sieht in der Überschrift einen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Bündnisfall-Ausruf des Artikels 5 der Nato, wonach ein Angriff auf ein Nato-Mitglied ein Angriff auf alle Nato-Mitglieder ist, sei in der Ukraine-Krise nicht eingetreten. Die Überschrift sei in einer sowieso schon aufgepeitschten, unruhigen Lage nicht nur falsch, sondern auch reißerisch und sensationslüstern. Es habe weder die Ausrufung des Bündnisfalls noch Beratungen über den Bündnisfall gegeben, sondern lediglich Beratungen darüber, wie die deutsche Sicherheitspolitik mit den Verpflichtungen aus dem Bündnis zusammenpasst. Die Artikelüberschrift verschleiere das willentlich zugunsten einer sensationsheischenden Berichterstattung. Die Rechtsvertretung des Verlages stellt fest, im Beitrag werde weder in der Überschrift noch im Text selbst behauptet, dass der Bündnisfall der Nato eingetreten sei noch unmittelbar bevorstehe. Es sei für die Überschrift die Formulierung gewählt worden, dass der Bündnisfall „auf dem Tisch liege“. „Auf dem Tisch liegen“ umschreibe nach gängigem Sprachgebrauch aber stets nur Optionen, Möglichkeiten oder Szenarien. Der Begriff bedeute im beanstandeten Beitrag lediglich, dass der Bündnisfall ein konkretes Thema der Debatte war, dass das Thema also für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer reell und greifbar war. Die am Beginn des Textes beschriebene Nato-Krisensitzung, auf die sich die Überschrift beziehe, habe schlicht und einfach stattgefunden. US-Präsident Biden und Nato-Generalsekretär Stoltenberg hätten in der Sitzung die Möglichkeit angesprochen, dass der bislang für so gut wie unmöglich gehaltene Bündnisfall eintreten könnte. Die Überschrift beschreibe damit zutreffend die Geschehnisse.

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Funkmast wirkt auf Schweinestall ein

Ein Nachrichtenportal für die Landwirtschaft berichtet unter der Überschrift „Strahlung von Mobilfunkmast kann auch Ferkel krank machen“ über Gesundheitsprobleme in einem Ferkelaufzuchtstall. Diese deuteten auf eine Strahlenbelastung der Tiere hin. Mithilfe der alternativmedizinischen Heilmethode Bioresonanz habe man das Problem entschärfen können. Das Verfahren wird detailliert beschrieben. Wörtliche Passage aus dem Beitrag: “Um die Organsysteme der Tiere zu stärken, vor allem das Immunsystem und den Darm, wurde ein Bioresonanzgerät (PS10 Basic) dauerhaft über eine Bandschelle mit dem metallenen Teil der Hauptwasserleitung verbunden (…) Bereits nach einer Woche hatten sich die Tiere stabilisiert.“ Eine Leserin des Nachrichtenportals merkt an, pseudowissenschaftliche Behauptungen würden von der Redaktion nicht belegt und als Tatsache dargestellt. Überdies werde noch Werbung für ein Gerät gemacht. Ein Hinweis auf den Werbecharakter der Veröffentlichung fehle. Der Chefredakteur des Portals bietet als Reaktion auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin ein klärendes Gespräch an, das mittlerweile stattgefunden habe.

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Der Mann, der schon Putin verköstigte

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Putins Mann in Baden“ darüber, dass sich der namentlich genannte Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG in Baden niedergelassen habe. Er lebe dort in einem großzügigen, aber nicht protzigen Anwesen. Im letzten Absatz des Artikels heißt es, in einer weiteren Branche sei die Familie ebenfalls vertreten. Der im Artikel namentlich genannte Sohn betreibe seit 2019 das Restaurant des Freiburger Golfclubs Tuniberg. Viele Gäste ahnten kaum, dass der Küchenchef schon mehrfach Wladimir Putin verköstigt habe. Ein Leser der Zeitung trägt vor, gegen die Berichterstattung habe er nichts, wenn die Person zwar mit Namen, aber nicht mit Anschrift und genauem Wohnort – gerade in der sowieso aufgeheizten Stimmung in Deutschland – genannt werde. Und was habe das mit dem Sohn zu tun, der in Freiburg eine Gaststätte führe? Der Beschwerdeführer befürchtet, dass der Sohn auf Grund der Berichterstattung nunmehr Polizeischutz beantragen müsse. Ein Vertreter der Zeitung teilt zu der Beschwerde mit, über den Geschäftsführer werde seit Monaten im Zusammenhang mit seinen engen freundschaftlichen Beziehungen zum russischen Präsidenten Putin und seiner Stellung als Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG in der Tagespresse sowie auch in den TV-Medien unter Nennung seines Namens berichtet.

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Woher kommt der Grauton im Impfstoff?

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online den Beitrag „Chemiker zu Impfstoff: Woher kommt der Grauton?“ Sie berichtet über vier renommierte Chemie-Professoren, die einen Fragenkatalog an den BioNTech-Gründer Sahin geschickt hätten. Dabei sei es ihnen um mögliche Qualitätsmängel des BioNTech-Impfstoffs gegangen. Die Redaktion hat BioNTech und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) um Stellungnahme gebeten. Das Paul-Ehrlich-Institut habe nicht geantwortet. BioNTech reagiert online auf die in den Fragen der Chemiker enthaltenen Zweifel am Impfstoff. Sie widerspricht im Wesentlichen und erläutert ausführlich die im kritisierten Beitrag angesprochene Färbung. Eine Leserin der Zeitung wirft der Zeitung vor, die Fragen der vier Chemiker ohne jegliche sachliche Einordnung veröffentlicht zu haben. Das sei ein Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Alle vier Professoren hätten sich schon vorher als Kritiker einer Impfpflicht bzw. der Corona-Impfung im Allgemeinen positioniert. Es sei also davon auszugehen, dass die vier Chemiker eine eigene politische Agenda verfolgten, die sie jedoch nirgends explizit ansprächen. Auch der Autor des Artikels ordne die Position der Chemiker nicht ein. Die Rechtsvertretung des Verlages weist die Vorwürfe zurück und hält die Beschwerde für unbegründet. Die Professoren, über deren Arbeit die Zeitung berichtet habe, seien grundsätzlich vertrauenswürdig. Es bestehe kein Anlass, ihre naturwissenschaftliche Kompetenz in Frage zu stellen.

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„Ukrainer“ aus dem Irak und aus Nigeria

„Ukrainerin (18) von zwei Flüchtlingen vergewaltigt“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über die Vergewaltigung einer Ukrainerin auf einem Düsseldorfer Hotelschiff. Die Zeitung schreibt: „Sie soll nacheinander von zwei Männern aus dem Irak und Nigeria (37 und 26 Jahre alt) misshandelt worden sein. Beide sollen auch die ukrainische Staatsbürgerschaft besitzen. Die Polizei hat Ermittlungen wegen des ´Verdachts der Vergewaltigung´ eingeleitet. Dabei soll u.a. auch geklärt werden, wie die beiden mutmaßlichen Täter an den ukrainischen Pass gekommen sind.“ Der Artikel wird mit diesem Satz abgeschlossen: „Nach (…)-Informationen stoßen Polizisten im Grenzgebiet immer öfter auf Flüchtlinge, die nicht direkt aus der Ukraine stammen, sondern z.B. aus Afrika.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert die nach ihrer Meinung unzulässige Heraushebung der Nationalität der mutmaßlichen Täter. Die Redaktion lege andeutungsweise den Schluss nahe, dass die beiden Tatverdächtigen sich ihre ukrainischen Pässe erschlichen haben könnten. Die Rechtsabteilung des Verlages übermittelt die Stellungnahme eines der Autoren des Beitrages. Er hält die Einwände der Beschwerdeführerin für unbegründet, da es sich bei dem kritisierten Beitrag um die Wiedergabe von Tatsachen handele. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, dass hier eine Minderheitengruppe diskriminiert werde. Diskriminierend sei eine Berichterstattung erst dann, wenn es zu einer Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens komme, nicht aber, wenn nur ein einzelnes Mitglied einer solchen Gruppe erwähnt werde. Im Sinne einer umfassenden Unterrichtung der Leserschaft, so die Rechtsvertretung weiter, sei es auch notwendig gewesen, die Nationalität zu nennen.

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Ein Mann ersticht sich selbst

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „(…) Tödlicher Messerstich war Suizid. Leiche durch eine Spaziergängerin gefunden“. Es geht um einen Mann, der in einem Wald tot aufgefunden worden sei. In der Nachbarschaft habe sich die Vermutung verbreitet, dass der Mann einem Kapitalverbrechen zum Opfer gefallen sei. Die Zeitung zitiert auch die Polizei, der zufolge es keine Hinweise auf Fremdverschulden gebe. Nach Informationen der Zeitung habe sich der Mann mit einem Messer selbst erstochen. Ein Leser der Zeitung – er ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie – ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er ist der Auffassung, dass die in Richtlinie 8.7 des Pressekodex gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Suizide nicht beachtet worden sei. Die Beschreibung der genauen Umstände des Auffindens des Toten gehe zu weit. Dem widerspricht der Redaktionsleiter. Die Redaktion habe im Beitrag weder Namen genannt noch Fotos veröffentlicht. Auch seien keine näheren Begleitumstände mitgeteilt worden. Wegen der aufkommenden Gerüchte habe es die Redaktion für erforderlich gehalten, die Öffentlichkeit umgehend durch eine Meldung über die tatsächlichen Hintergründe des Leichenfundes aufzuklären. Die Schilderung der Tatsachen sei von öffentlichem Interesse gewesen.

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Nicht von einem öffentlichen Interesse gedeckt

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Eine Frage der Gerechtigkeit“. Sie informiert über einen Verein, der sich gegen doppelte Abgaben bei Betriebsrenten wendet. Die Redaktion hat zu diesem Thema ein Gespräch mit einem Vertreter des Vereins geführt. In den Artikel eingeklinkt ist eine Anzeige dieses Vereins. Ein Leser der Zeitung hält dieser vor, der Beitrag sei werblicher Natur und hätte mit dem Hinweis auf den Anzeigencharakter gekennzeichnet werden müssen. Der Chefredakteur Newsdesk hält die Beschwerdegründe nicht für stichhaltig. Der Text sei nicht von der Anzeige beeinflusst. Er schildere nüchtern einen Fall, der seit einiger Zeit politisch diskutiert wird. Zu Wort käme nicht nur die Person, die die Anzeige geschaltet habe, sondern auch mehrere andere Ansprechpartner. Zudem werde auf einschlägige Urteile des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Es handele sich eindeutig nicht um einen Werbetext. Außerdem – so der Chefredakteur weiter – handele es sich hier um die Anzeige eines Vereins. Es sei also keinerlei Gewinn- oder klassische Werbeabsicht zu unterstellen, die ein Artikel unterstützen könnte. In einem solchen Text wäre es ohnehin üblich und sinnvoll, die Kontaktdaten des Vereins als Service etwa in einem Hinweiskasten zu veröffentlichen. Die Beschwerde sei eindeutig unbegründet.

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Ein Sohn, der nicht mehr Mama sagt

Eine Lokalzeitung veröffentlicht eine Kolumne unter der Überschrift „Meinung des Tages“. Darein warnt eine namentlich genannte Leserin vor einer Betrugsmasche. Sie habe jemandem, der sich als ihr Sohn David ausgegeben habe, 1950,12 Euro überweisen sollen. Sie erstattet Anzeige. Anlass war, dass die Mutter sich über die Telefon-Nachricht zu einer neuen Nummer wunderte. Ihr Sohn nenne sie im Übrigen nicht mehr Mama. Beschwerdeführer ist der Adoptivsohn der im Beitrag genannten Frau. Er sieht durch die Namensnennung seine Privatsphäre verletzt. Es bestehe kein fester Kontakt zu seiner Adoptivmutter. Es gebe durchaus Gründe, warum er sie nicht Mama nenne. Der Autor des Artikels nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die im Beitrag genannte Frau sei in die Redaktion mit dem Wunsch gekommen, ihren Fall an die Öffentlichkeit zu bringen. Ihr sei daran gelegen, andere vor der Betrugsmasche zu warnen. Dass ihr Sohn namentlich nicht erwähnt werden dürfe, habe sie nicht gesagt, auch nicht in einem späteren Telefongespräch, in dem er – der Autor – die Fakten überprüft habe. Im ersten Gespräch habe sie hingegen auch ihre Schwiegertochter namentlich erwähnt und gebeten, diese nicht mit Namen zu nennen. Daran habe sich der Redakteur gehalten. Der Beschwerdeführer behauptet, dass in dem Artikel sein Name genannt werde. Auch da widerspricht der Autor. Im Artikel tauche der volle Name nicht auf. Die Redaktion ändert den Artikel in der Online-Version.

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