Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
6738 Entscheidungen
Eine Illustrierte berichtet in der Rubrik „Extra Ostern“ über Kulinarisches für die Festtage. Unter der Überschrift „Dreimal würzig“ stellt sie drei Weine vor, beurteilt sie positiv und nennt jeweils Weinkellerei und Preis. Zwei Seiten weiter werden – ebenfalls im Hinblick auf Ostern – Produkte präsentiert, mit denen der Genuss-Frühling einziehe. Vorgestellt werden eine Eis-Marke, ein Rapsöl, ein Rezeptbuch, ein Weißwein, ein Kaffee, ein „Prosecco“, ein Bio-Riegel, Pulver-Milch und ein veganer Osterhase. In der Regel werden Preise und Bezugsquellen genannt. Ein Leser der Illustrierten kritisiert, dass die Redaktion einzelne Produkte mit Preisen und Bezugsquellen vorstelle. Nirgends sei zu erkennen, weshalb ausgerechnet diese Produkte angepriesen würden. Es gebe sicher vergleichbare Produkte, die jedoch nicht erwähnt würden. Der fehlende Hinweis auf Werbung lasse den Verdacht auf Schleichwerbung aufkommen. Der Bereich Recht des Verlages weist den Vorwurf der Schleichwerbung zurück. Es handele sich hier um eine rein redaktionelle Veröffentlichung und gerade nicht um eine bezahlte Veröffentlichung. Weder der Verlag noch die Autorin erhielten für die Veröffentlichungen Geld oder geldwerte Vorteile. Dass die Produkte überhaupt, wie vom Beschwerdeführer beanstandet, beschrieben würden, gehöre zweifelsfrei zu den ureigensten Aufgaben einer Redaktion. Diese entspreche damit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Weiterlesen
Eine lokale Boulevardzeitung berichtet online und gedruckt unter der Überschrift „Messerstecherei am Maximiliansplatz: Drei Männer in Haft!“ über Ermittlungen nach einer Messerstecherei in der Münchener Innenstadt mit tödlichem Ausgang. Die Zeitung schreibt u.a.: „Mit Messern und Macheten sind am Donnerstagabend zwei rumänische Großfamilienaufeinander losgegangen“. Nach dem „Clan-Krieg“ rätselten die Ermittler über das Mordmotiv. Die Polizisten suchen Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben. Die Redaktion schreibt: „Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen handelt es sich bei dem Clan-Krieg auf der Maximilianstraße um zwei Großfamilien, die wohl aus der Roma-Sinti-Gemeinschaft stammen.“ Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Landesverband Bayern vom Verband Deutscher Sinti und Roma. Dessen Vorsitzender kritisiert, dass die Zeitung die Minderheitenzugehörigkeit hervorhebe, ohne dass dies für das Verständnis des Sachzusammenhangs erforderlich wäre. Der Verband sieht die Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierungen) verletzt. In Bayern lebten 12.000 Sinti und Roma. Diese würden durch die Berichterstattung öffentlich stigmatisiert. Betroffen mache den Verband, dass der Pressebericht erneut von zahlreichen Hasskommentaren aus der rechten Szene in sozialen Netzwerken begleitet worden sei. Der Chefredakteur der Zeitung schreibt, die mutmaßliche Minderheitenzughörigkeit der Tatverdächtigen sei im vorliegenden Fall für das Verständnis des Beitrages nicht von entscheidender Bedeutung. Die Nennung hätte unter journalistischen Gesichtspunkten besser unterbleiben sollen. Die Redaktion werde in Zukunft genauer hinschauen und diesen Vorgang zum Anlass nehmen, um die Kolleginnen und Kollegen nochmals für das Thema zu sensibilisieren. Den Online-Beitrag habe die Redaktion überarbeitet.
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Endlich wieder besser hören“ berichtet eine Programm-Zeitschrift auf zwei Seiten über Diagnose und Behandlung von Hörproblemen. Unter anderem wird auf die Potenziale von Hörgeräten („winzige Hightechwunder“) verwiesen. Auf der zweiten Seite ist unterhalb des Artikels eine Anzeige für Mini-Hörgeräte platziert. Ein Leser der Zeitschrift teilt innerhalb seiner Beschwerde mit, dass die Zeitschrift schon öfters vom Presserat darauf hingewiesen worden sei, dass Werbung und redaktionelle Artikel auf einer Seite in der Zeitschrift nichts zu suchen hätten. Die Rechtsvertretung des Verlages stellt fest, die Anzeige sei bereits durch ihre Aufmachung zweifelsfrei als solche zu erkennen und hebe sich deutlich vom Artikel ab. Der redaktionelle Artikel selbst enthalte keinerlei werbende Angaben.
Weiterlesen
Eine Großstadtzeitung berichtet online über eine Gewalttat, bei der eine sechsfache Mutter auf offener Straße erstochen worden sei. Die Redaktion schreibt, dass die Polizei eine Beziehungstat vermute. Der geflohene Täter, 42 Jahre alt, habe sich in Begleitung von Mitarbeitern einer Flüchtlingsunterkunft drei Stunden nach der Tat der Polizei gestellt. Bewohner des Flüchtlingsheims hätten an ihm Blut gesehen. Die Zeitung schreibt: „Das Opfer soll seine Frau, Mutter von sechs Kindern sein. Laut Mitarbeitern der Flüchtlingsunterkunft soll der Mann zuvor bereits mehrfach Taten gegen seine Frau angedroht haben. Opfer und Täter stammen aus Afghanistan.“ Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten). Bereits im ersten Satz werde erwähnt, dass es sich laut Polizei vermutlich um eine Beziehungstat handele. Daraus, so der Beschwerdeführer, sei zu folgern, dass die Herkunft des Täters für die Berichterstattung keine Rolle spielen sollte, sofern nicht andere Hinweise auf deren Relevanz vorliegen. Aus dem Artikel gehe kein Hinweis hervor, dass die Herkunft des Mannes relevant sein könne. Der Verstoß sei umso erheblicher, als er sich nicht nur auf das Herkunftsland des Täters beziehe, sondern auch erwähne, dass der mutmaßliche Täter zuvor in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt habe. Der Beitrag sei geeignet, Ressentiments gegen beide Minderheiten (Afghanen und Flüchtlinge) zu schüren. Ein Beauftragter der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Mutmaßlicher Täter und das Opfer stammten beide aus Afghanistan. Die Nennung der ethnischen Herkunft sei durch ein öffentliches Interesse begründet. Der Mann habe die Frau – ihre Ehe war kurz zuvor aufgelöst worden - in aller Öffentlichkeit vor den Augen zahlreicher Zeugen brutal ermordet.
Weiterlesen
Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Stadt richtet runden Tisch ein“ über ein Projekt der Stadt Münster. Die Dachzeile lautet: „Ratten- und Obdachlosenproblem am Hauptbahnhof“. Der Beitrag beschreibt die Situation am Hauptbahnhof und enthält Lösungsvorschläge. Zwei Leserinnen der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisieren die Dachzeile und den Beitrag. Die Redaktion habe gegen die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde bzw. journalistische Sorgfaltspflicht) verstoßen. Es sei unangemessen, menschenfeindlich und unsensibel, einen Zusammenhang zwischen einer Rattenplage und einem Obdachlosenproblem herzustellen. Die Chefredakteurin der Zeitung stimmt den Beschwerdeführrinnen in vollem Umfang zu. Die Dachzeile sei komplett inakzeptabel. Das ärgere die Redaktion sehr, weil es der Autorin völlig ferngelegen habe, den Umgang mit Obdachlosen in einen Kontext mit einem Rattenproblem zu setzen. Die Redaktion habe ausführlich über das Thema gesprochen und in der folgenden Ausgabe redaktionell zu dem Fehler Stellung bezogen.
Weiterlesen
Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „75 Jahre NRW: NRW von A bis Z“ über das Bundesland. Unter anderem heißt es im Text: „In Leverkusen kam das Aspirin zur Welt.“ Ein Leser der Zeitung sieht in dieser Feststellung einen Grund für seine Beschwerde beim Presserat. Der Autor wolle allen Ernstes die Erfindung des Aspirins im „kleinen Ableger-Städtchen Leverkusen“ anstatt im echten Bayer-Stammwerk in Wuppertal-Elberfeld verorten. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, er nutze gern die Möglichkeit zur Stellungnahme: Der Hinweis des Lesers sei zutreffend. Die Redaktion habe eine Korrektur veranlasst und auch umgesetzt. Für die Printausgabe habe es unmittelbar nach Veröffentlichung eine Korrektur mit einem Leserbrief gegeben. Es habe der Redaktion ferngelegen, den Ruhm der Stadt Wuppertal zu schmälern.
Weiterlesen
Eine Lokalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Hochwasserschutz bei Wussegel: Lies soll Baubeginn ermöglichen“ und einen Tag später in der gedruckten Ausgabe unter der Überschrift „Lies soll Baubeginn ermöglichen“ über die in einem Brief an den Landesumweltminister geäußerte Forderung eines Deichverbandes nach einer Genehmigung für den Baubeginn für den lokalen Hochwasserschutz. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er teilt mit, der Redakteur der die Beiträge geschrieben habe, sei gleichzeitig Deichhauptmann und habe mit dem Beitrag eine Presseerklärung des Deichverbandes wiedergegeben. Diese lege einerseits ein Anliegen des Verbandes dar und stelle andererseits durch die medienwirksame Präsentation des CDU-Kandidaten eine recht unverblümte Wahlwerbung dar. Der Autor nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er teilt mit, es sei richtig, dass er im Ehrenamt das Amt des Deichhauptmanns bekleide. Es gebe zwei Deichverbände. Bei einem sei er tätig, bei dem anderen nicht. Themen, die „seinen“ Verband beträfen, würden von ihm nicht bearbeitet. Auf diese Trennung werde in der Redaktion großer Wert gelegt. Es bestehe demnach keine Doppelfunktion im Verband und bei der Zeitung. Deshalb halte er die Beschwerde für unbegründet.
Weiterlesen
Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über die Kritik eines Oberbürgermeisters an der Leitung des örtlichen Klinikums und seinen Vorstoß für die Einsetzung eines ärztlichen Direktors. Kritische Reaktionen aus dem regionalpolitischen Umfeld werden von der Zeitung aufgegriffen. Die Autorin der Berichte schreibt einen Kommentar. Darin setzt sie sich kritisch mit dem Vorstoß des Oberbürgermeisters auseinander. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen das Gebot zur strikten Trennung von Tätigkeiten nach Richtlinie 6.1 des Pressekodex. Für die Leserschaft sei nicht erkennbar, dass die Autorin der Beiträge seit mindestens zehn Jahren gleichzeitig auch als Redaktionsleiterin für die Patientenzeitung des Klinikums tätig sei. In dem Kommentar habe die Autorin den Standpunkt der Klinikleitung vertreten. Über die Doppelfunktion ihrer Autorin habe die Zeitung ihre Leserschaft nicht informiert. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Sie vertritt den Standpunkt, dass es für eine freie Autorin nicht unüblich sei, dass sie für mehrere Publikationen schreibe. Die Glaubwürdigkeit der Presse werde dadurch nicht in Frage gestellt. Die Autorin der Beiträge stellt fest, dass niemand versucht habe, auf ihre Berichterstattung Einfluss zu nehmen.
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Überflüssige Kilos einfach pulverisieren?“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über Formulardiäten zur Gewichtsreduzierung. Eine Ernährungswissenschaftlerin in den Diensten eines namentlich genannten Herstellers kommt in dem Beitrag ausführlich zu Wort. Sie nennt die Vorzüge ihres Produkts und verspricht Erfolge schon gleich am Anfang der Diät. Ein Leser des Magazins kritisiert, dass der redaktionell aufgemachte Artikel ein konkretes Produkt positiv herausstelle. Der stellvertretende Chefredakteur des Magazins stellt fest, dass der Beitrag von hohem Nutzwert sei, der auf die Informationsbedürfnisse der Leserschaft. ausgerichtet sei. Gerade weil es eine Vielzahl vermeintlicher „Wundermittel“ auf dem Markt gebe, die müheloses Abnehmen versprächen, gehöre es zu den journalistischen Aufgaben der Redaktion, hier für Klarheit zu sorgen. Die Redaktion vertritt die Auffassung, dass der fragliche Beitrag nicht gegen das Gebot zur strikten Trennung von Werbung und Redaktion verstoße.
Weiterlesen
Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Hier kommen vier Kegelbrüder frei!“ in einem Video-Beitrag über Männer einer Kegelmannschaft, die im Verdacht stehen, einen Brand auf Mallorca verursacht zu haben. Vier von ihnen dürfen das Gefängnis auf der Insel verlassen. Bei Facebook wird der Beitrag mit dem Teaser eingeleitet: „Nach 19 Tagen in Gefangenschaft auf der spanischen Ferien-Insel Mallorca. Hier kommen die Brandstifter aus dem Knast!“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Männer ohne rechtsgültige Verurteilung als Brandstifter bezeichnet würden. Das sei hetzerisch. Er sieht die Ziffer 13, Richtlinie 13.1, des Kodex (Unschuldsvermutung/Vorverurteilung) verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Die Berichterstattung verstoße nicht gegen den presseethischen Grundsatz des Vorverurteilungsverbots. Lediglich im Teaser eines Facebook-Beitrags – mithin wie in einer Überschrift – sei von „Brandstiftern“ die Rede. Im Text selbst tauche der Begriff nicht auf. Die Rechtsabteilung beruft sich auf die gängige Spruchpraxis des Presserats, wonach Überschriften in verkürzender und pointierter, zuspitzender Form grundsätzlich zulässig seien. Wer den beanstandeten Beitrag in Gänze lese, werde feststellen, dass die Tat der Kegelbrüder als bloßer Verdacht dargestellt werde.
Weiterlesen