Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Großstadtzeitung berichtet gedruckt und online über den Tod eines Obdachlosen. Dieser hatte auf dem Gelände einer Katholischen Hochschulgemeinde gelebt. Der neue Leiter dieser Einrichtung habe dem Mann kurz zuvor ein Ultimatum gestellt, das Gelände zu verlassen. Mitarbeiter vermuten, dass dies der Grund für den Mann war, sich das Leben zu nehmen. Ein Leser der Zeitung kritisiert einen ethischen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz sowohl des Verstorbenen als auch des namentlich genannten Leiters der Hochschulgemeinde. Der Verstorbene sei keine Person des öffentlichen Interesses gewesen, was eine Suizid-Berichterstattung rechtfertigen würde. Der Leiter werde zudem persönlich für den Tod eines Menschen gemacht und an den Pranger gestellt. Der Beschwerdeführer verweist auf Richtlinie 8.7 des Pressekodex sowie auf Richtlinie 13.1, da in diesem Fall ein namentlich Genannter moralisch vorverurteilt werde. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung und übermittelt auch die Haltung des Autors. Die presseethisch vorgegebene Zurückhaltung über die Selbsttötung sei gewahrt worden. Kernaussage des Autors: „Mir waren durch die Recherchen und Gespräche mit Augenzeugen die Umstände des Suizids im Detail bekannt. Ich habe in der Darstellung bewusst auf sämtliche Beschreibungen und Einzelheiten verzichtet. Wir haben außerdem weder Fotos aus dem Innenraum gebracht, etwa vom Fundort der Leiche, noch Fotos des Verstorbenen zu Lebzeiten oder Bilder aus der Privatsphäre des Verstorbenen.“ Den Vorwurf der Vorverurteilung durch die Berichterstattung weist die Redaktion zurück. Vielmehr hätten der Tod des Mannes und die Todesumstände auf dem Gelände in der Region für Aufsehen gesorgt. Wie die am Abend abgehaltene Mahnwache gezeigt habe, seien auch hier die Umstände – für jedermann hörbar und sichtbar – thematisiert worden.
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Die Opfer des Amoklaufes an einer Grundschule im texanischen Uvalde sind Thema eines Online-Berichts in einer Boulevardzeitung. Unter der Überschrift „Als Amerie den Notruf wählte, drückte der Killer ab“ zeigt die Redaktion unverpixelte Fotos der getöteten Kinder und der Lehrerin. Als Fotoquelle werden Twitter bzw. in einem Fall Facebook angegeben. Ein Leser der Zeitung sieht einen gravierenden Verstoß gegen Richtlinie 8.3 des Pressekodex. Dort heißt es, dass über Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Regel nicht identifizierbar berichtet werden darf. In diesem Fall würden drei der Opfer ohne die gebotene Unkenntlichmachung gezeigt. Der Beschwerdeführer sieht auch einen Verstoß gegen Richtlinie 11.1 (Unangemessene Darstellung). Die Überschrift sei sensationsheischend. Die reißerische Darstellung sei nicht durch das öffentliche Interesse gedeckt. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Eine Zeitschrift berichtet über die angebliche Trennung von Prinz William und seiner Frau Catherine. In dem Beitrag finden sich diese Passagen: „Bei Prinz William (39) und seiner Ehefrau Kate (40) scheint der Haussegen nicht schief zu hängen, sondern krachend heruntergefallen und zerborsten zu sein“ und „Es spielt sich ein wahres Ehedrama ab! Ein Drama von dem eigentlich niemand etwas mitkriegen sollte.“ Die Redaktion schreibt unter anderem weiter: „Aber vor seinen engsten Mitarbeitern im Kensington Palace kann sich das Paar nicht verstecken. Sie sehen Kate mit den Kindern George (8), Charlotte (7) und Luis (4) und gepackten Koffern ins Auto steigen. Sie fuhr zu ihren Eltern nach Berkshire, weil ihr einfach alles zu viel wurde. So vermuten jedenfalls die Palastangestellten.“ Der Beschwerdeführer ist Betreiber des Formats Übermedien.de. Er sieht die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex (Glaubwürdigkeit und journalistische Sorgfalt) verletzt. Der beanstandete Artikel sei auch als „Gastbeitrag“ von anderen Formaten übernommen worden, dann aber gelöscht worden. Ein Online-Magazin habe den Beitrag als falsch bezeichnet und sich bei seinen Leserinnen und Lesern entschuldigt. Die Zeitschrift teilt mit, zu der Beschwerde nicht Stellung nehmen zu wollen.
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Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Heiz-Kosten bis zu 650 Euro rauf!“ über Teuerungen im Winter. Im Text steht diese Passage: „Folge für den Verbraucher: Ein Durchschnittshaushalt zahlt (Preisstand August) in diesem Jahr 4.063 Euro für Energie (Heizung, Strom, Sprit). 2020 waren es 3.411 Euro. Mehrkosten: 652 Euro! Ein Anstieg um satte 19 Prozent, so die Tarifwächter von Verivox!“ Ein Leser der Zeitung kritisiert die Überschrift. Die sei nach seiner Meinung falsch. Die Kostensteigerung von 652 Euro beziehe sich nicht auf die Heizkosten eines Musterhaushalts mit drei Personen, sondern auf dessen gesamte Energiekosten. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass dem Beschwerdeausschuss verschwiegen werde, dass der „leichte Formulierungsfehler“ in der Überschrift des Artikels bereits kurz nach der Erstveröffentlichung bemerkt und unaufgefordert vor Einreichung der Beschwerde korrigiert worden sei. Wenn der Presserat die Beschwerde für zulässig halten sollte, so wäre sie in jedem Fall unbegründet. Denn allein aufgrund der frühzeitigen, freiwilligen Korrektur liege allenfalls eine leichte Ungenauigkeit vor – eine „presseethische Petitesse“.
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„Bei mir hat nur einer Corona – und der ist ungeimpft“ - im Beitrag zu dieser Überschrift informiert eine Boulevardzeitung online über eine Firma, in der alle Mitarbeiter, ob geimpft oder ungeimpft, täglich auf eine Corona-Infektion getestet würden. Ein Leser der Zeitung sieht einen Widerspruch zwischen der Aussage in der Überschrift und einer anderen im Text. In der Überschrift ist davon die Rede, dass ein in dem Unternehmen positiv getesteter Mitarbeiter ungeimpft sei. Im Text stehe aber, dass der Mann zweifach geimpft sei. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt lückenhaft präsentiere. Er verschweige die frühzeitige Änderung des beanstandeten Online-Artikels durch die Zeitung. Der Formulierungsfehler in der Überschrift („ungeimpft“ anstatt „geimpft“) sei von der Redaktion bereits kurz nach der Erstveröffentlichung bemerkt und umgehend geändert worden. Bei dem Fehler, der in der Printausgabe nicht enthalten gewesen sei, habe es sich um ein redaktionstechnisches Versehen gehandelt, das auch der Presse unterlaufen könne. Dies sei kein presseethisches Fehlverhalten, dessen sich die freiwillige Selbstregulierungsinstanz annehmen müsse, sondern vielmehr eine Petitesse ohne jedes presseethische Gewicht.
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„Apotheker (35) mit Schlagstock attackiert“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Bericht über die Auseinandersetzung eines Apothekers mit Polizeibeamten vor dessen Apotheke. Im Beitrag lässt die Redaktion den Apotheker ausführlich mit seiner Sicht des Vorfalls zu Wort kommen. Sie zitiert auch ausführlich aus dem tags darauf veröffentlichten Polizeibericht. Eine Anfrage der Redaktion bei der Polizei sei nicht beantwortet worden. Zum Artikel gestellt sind private Videoaufnahmen eines Augenzeugen. Sie zeigen einen Polizeibeamten mit Schlagstock. Seine Augen sind mit einem Balken überdeckt. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Polizeibeamter. Er kritisiert, dass der im Bild gezeigte Kollege nicht ausreichend unkenntlich gemacht worden sei. Die Zeitung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Persönlichkeitsrechte des Polizisten seien durch den Gesichtsbalken gewahrt worden.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief zum Thema Finanzhilfen und Klimawandel. Der Einsender des Briefes ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er kritisiert, dass sein Leserbrief teilweise umgeschrieben worden sei. Die Chefredakteurin der Zeitung schreibt, dass es offenbar zu einem Missverständnis zwischen dem Beschwerdeführer und der bearbeitenden Redakteurin gekommen sei. Diese habe versucht, mit dem Einsender Kontakt aufzunehmen. Sie habe sich vor der Veröffentlichung schriftlich an den Einsender gewandt, um ihn über die beabsichtigte Änderung zu informieren. Sie habe angenommen, dass der Einsender sich melden werde, wenn er nicht einverstanden sei. Die Redaktion lege großen Wert darauf, Leserbriefe – so oft es gehe – vollständig im Original zu veröffentlichen. Dies sei nicht immer möglich, meistens wegen des Umfangs. Deshalb behalte die Redaktion sich sinnwahrende Kürzungen vor. Beim Kürzen gebe sie sich die größte Mühe, die geschilderte Meinung vollständig, exakt und selbstverständlich wahrheitsgemäß wiederzugeben. In Zweifelsfällen werde mit den Autoren Rücksprache gehalten. In diesem Fall sei auch der Leserbrief des Beschwerdeführers bearbeitet worden. Dabei sei es offensichtlich zu einem Missverständnis gekommen, für das die Redaktion sich entschuldige.
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Eine Boulevardzeitung titelt: „Putin, das ist DEIN WERK!“ und zeigt das Gesicht einer schwer verletzten Frau. „Eine Rakete zerriss ihre linke Gesichtshälfte, zerstörte die Haut rund ums Auge und die Nase“, heißt es in der Bildunterschrift. Die betroffenen Gesichtshälfte ist verpixelt, die andere ebenfalls verwundete Seite wird gezeigt. Nur einen Tag vor dem Anschlag habe ein Reporter sie zum Interview getroffen, am Tag darauf habe ein Raketeneinschlag sie lebensgefährlich verletzt. Irinas Ehemann sei Abgeordneter der Partei von Vitali Klitschko, komme gebürtig von der Krim. Um zu zeigen, wie sehr Zivilisten unter dem Krieg litten, habe er die Redaktion gebeten, das Foto nach der grausamen Explosion zu zeigen.
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Im Rahmen einer Serie, in der sich Rechtsanwälte zu bestimmten juristischen Themen äußern, veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Beitrag unter der Überschrift „Kredit widerrufen“. Dabei geht es um das Widerrufsrecht im Hinblick auf Verbraucherdarlehen. Am Ende des Beitrages wird der Anwalt als Autor vorgestellt. Die Zeitung nennt auch die Kontaktdaten seiner Kanzlei. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag eine Schleichwerbung für die genannte Kanzlei. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass für die Veröffentlichung keinerlei finanzielle Gegenleistung erfolgt sei. Der Rechtsanwalt weise an keiner Stelle darauf hin, dass seine Kanzlei in dem beschriebenen Rechtsgebiet über besondere Expertise verfüge. Im Beitrag sei auch nicht von seiner Anwaltstätigkeit die Rede. Der Artikel widme sich ausschließlich dem Thema Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen. Seines Erachtens, so der Chefredakteur, habe der Artikel einen signifikanten Nachrichtenwert. Die Informationen seien von öffentlichem Interesse. Dieser besondere Nachrichtenwert werde durch eine zum Zeitpunkt der Veröffentlichung neue Entscheidung des europäischen Gerichtshofs begründet. Der Beitrag enthalte keine Hinweise auf die berufliche Tätigkeit des Autors als Anwalt und überschreite daher auch nicht die Grenze zur Schleichwerbung.
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