Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6644 Entscheidungen
Ein regionales Nachrichtenportal veröffentlicht unter der Überschrift „Verträge sind einzuhalten!“ einen Leserbrief zur Kündigung von Spar- und Bausparverträgen durch Kreditinstitute. Darin heißt es unter anderem: „Die Geldinstitute können nichts dafür, dass sie den Wandel verschlafen haben und wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stehen, ihre Vertragspartner in Regress nehmen und geschlossene Verträge einseitig aufkündigen“. Der Verfasser des Leserbriefes sieht in dessen veröffentlichter Form eine völlige Sinnentstellung des Inhalts und ein merkwürdiges Verhalten der Redaktion. An der entscheidenden Stelle habe er geschrieben: „Die Geldinstitute können nicht dafür…“ Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die im Sprachgebrauch häufig verwendete Formulierung „kann nicht dafür“ werde von allen gängigen Rechtschreibredaktionen mit einem „s“ in der Form “kann nichts dafür“ empfohlen. So sei aus der eingesandten Version jene mit dem „s“ entstanden. Zu dem subjektiven Empfinden von Gesprächsinhalten nehme man keine Stellung.
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Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über den Einsatz einer Großstadt-Feuerwehr zur Rettung eines adipösen Patienten mit Hilfe von Spezialgerät. Die bewusstlose Person habe reanimiert werden müssen. Der Autor des Beitrages nennt Straße, Etage und Stadtteil. Er zeigt ein Foto des Hauses, in dem der Gerettete lebt und in dem der Notarzt-Einsatz stattgefunden hat. Aus Sicht des Beschwerdeführers, eines Lesers der Zeitung, ist die Nennung der Straße und die Abbildung des Wohnhauses ethisch fragwürdig. Es würden zudem personenbezogene Gesundheitsdaten genannt (Adipositas und Reanimation). Der Redaktionsleiter und die Autorin des Artikels nehmen zu der Beschwerde Stellung. Die Berichterstattung basiere auf entsprechenden Mitteilungen und Fotos der Feuerwehr. Diese habe als Behörde Angaben zu den Gründen des Einsatzes und dem Wohnort inklusive der Nennung der Straße geliefert. Der Redaktion sei sehr wohl bewusst, dass sie nicht ungeprüft und unredigiert alle Angaben von Behörden übernehmen könne. Sie sehe auch, dass die Nennung eines Straßennamens in Kombination mit der Schilderung der genauen Umstände des Feuerwehreinsatzes und einer Abbildung des Wohnhauses nicht unproblematisch sei. Allerdings hält die Redaktion in diesem Fall die Art ihrer Berichterstattung für vertretbar. Es sei nicht anzunehmen, dass diese zu einer Art „Katastrophen-Tourismus“ führen werde. Die Nachbarschaft werde ohnehin wissen, dass ein adipöser Mann in dem besagten Haus wohne. Schließlich bestehe ein öffentliches Interesse daran, warum es in der Straße einen längeren Feuerwehreinsatz mit schwerem Gerät gegeben habe. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht habe sich die Redaktion entschlossen, den Namen der Straße aus der online verfügbaren Berichterstattung zu entfernen und das Foto durch ein Symbolbild zu ersetzen.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift „Große Werbekampagne, nur geringes Interesse an der neuen Glasfaser-Technik“. Die Redaktion berichtet über eine Informationsveranstaltung eines Glasfaser-Anbieters, die schlecht besucht gewesen sei. Der Inhalt der Präsentation durch den referierenden Projektmanager wird wiedergegeben und positiv bewertet. Am Ende des Berichts steht ein Hinweis auf die Website des Anbieters. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für den Anbieter. Die Berichterstattung enthalte werbliche Formulierungen. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, dass die Veröffentlichung von öffentlichem Interesse sei. Die im Beitrag behandelte Internet-Anbindung sei zweifellos von großem Interesse für die Leserschaft. Sie sei auch immer wieder Gegenstand kritischer Berichterstattung und Kommentierung. Aufgrund des geringen Interesses an der Informationsveranstaltung habe die Autorin die Kernaussagen des Anbieters zusammengefasst. Die Info-Veranstaltung eines Anbieters stelle naturgemäß die Vorteile des Angebots heraus. Die veröffentlichten Informationen seien aber allesamt vom öffentlichen Interesse gedeckt. Der Chefredakteur weiter: wichtige Bestandteile des Beitrages -und hier besonders der mehrfache Hinweis auf den schlechten Besuch der Veranstaltung – sprächen gegen eine werbliche Darstellung.
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„60 Hingucker im Harzer Wunderland“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Bericht über die Eröffnung des Bürger- und Miniaturenparks Wernigerode. Ein Foto auf der Titelseite zeigt einen Mann mit einer orangefarbenen Regenjacke in Begleitung eines kleinen Jungen. Ein Leser der Zeitung teilt mit, dass es sich bei dem im Bild gezeigt Mann um einen der beiden Kandidaten bei der bevorstehenden OB-Stichwahl in Wernigerode handele. Die Platzierung des Fotos auf der Titelseite sei versteckte Wahlwerbung Bei den Lesern bestehe ein hoher Wiedererkennungseffekt, da der Lokalpolitiker die orangefarbene Jacke im Wahlkampf häufig trage. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass man ganz sicher nicht bewusst einen OB-Kandidaten mit Foto auf der Titelseite platziert habe. Ein Redakteur in der Zentrale der Zeitung habe das Agentur-Bild von der Eröffnungsveranstaltung ausgewählt, ohne dass er wusste, um wen es sich bei dem gezeigten Mann handele.
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Eine Lokalzeitung berichtet, dass ein Spaziergänger an einem Flussufer eine Leiche gefunden habe. Bei dem Toten handele es sich um einen etwa 30 Jahre alten Mann. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto, das Polizei- und Rettungskräfte mit der Leiche am Fundort zeigt. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er hält das Foto für unangemessen und herabwürdigend. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, dass das Foto nicht gegen den Pressekodex verstößt. Der Leichnam sei kaum als solcher zu erkennen. Der Tote sei keinesfalls zu identifizieren. Er sehe daher keine Missachtung der Menschenwürde. Von einer sensationellen Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid könne auch nicht die Rede sein. Der Autor des Beitrages teilt mit, dass er, nachdem er von dem Fall erfahren habe, sich auf den Weg zum Leichenfundort gemacht habe. Der Leichnam sei schon geborgen gewesen, als er dort angekommen sei. Aus der Distanz habe er fotografiert. Auf dem Bild sei schemenhaft ein menschlicher Körper zu erkennen. Das Foto lasse keine Rückschlüsse auf die Identität des Toten zu. Auch von einer sensationsheischenden oder entwürdigenden Abbildung könne keine Rede sein. Nach Eingang der Beschwerde – so der Autor – habe man das für die Folgeberichterstattung in einem anderen Lokalteil sowie im Online-Portal genutzte Foto dann gepixelt. Dies sei ohne Diskussion oder Rücksprache mit dem Beschwerdeführer geschehen. Diese Vorgehensweise zeige, dass es ihm und der Redaktion nie um die Darstellung der Leiche, sondern nur um die Gesamtszenerie gegangen sei.
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Eine lokale Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Messerstecherei in der Maximilianstraße in München“ über eine Auseinandersetzung, bei der bis zu 30 Leute aufeinander losgegangen seien. Wörtliche Passage: „Nach Polizeiangaben handelt es sich um zwei Großfamilien, die in München und Umgebung leben. Die meisten haben rumänische Wurzeln, einige bezeichnen sich als Staatenlose. Sie sollen alle der Volksgruppe der Roma und Sinti angehören.“ Beschwerdeführer ist der Landesverband Bayern des Verbandes Deutscher Sinti und Roma. Dieser kritisiert, dass die Minderheitenzugehörigkeit der Tatbeteiligten erwähnt werde, ohne dass dies für das Verständnis des berichteten Sachverhalts erforderlich sei. Der Verband kritisiert einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12,1 des Pressekodex (Diskriminierungen). Die 12.000 im Freistaat Bayern lebenden Sinti und Roma würden öffentlich stigmatisiert. Die Berichterstattung stelle die berichteten Vorkommnisse in einen ethnischen Zusammenhang, was in einem demokratischen Rechtsstaat unzulässig sei. Für die Taten seien die jeweiligen Täter allein verantwortlich. Der Rechtsstaat kenne keine Kollektivhaftung einer gesamten Volksgruppe oder Minderheit. Durch die Berichterstattung würde faktisch die gesamte Minderheit der Sinti und Roma unter Generalverdacht gestellt. Die Rechtsabteilung der Zeitung schreibt, die Redaktion sei sich der Brisanz der Nennung von Nationalität bzw. ethnischer Herkunft von Straftätern oder Verdächtigen durchaus bewusst. Sie treffe die Entscheidung darüber jeweils auf Basis einer auf den Einzelfall bezogen Abwägung. So sei es auch im vorliegenden Fall gewesen. Der Veröffentlichung sei eine redaktionsinterne Beratung vorausgegangen. Letztlich sei die Entscheidung zugunsten einer Nennung der Volksgruppe ausgefallen. Die Redaktion habe sachlich über den Vorfall berichtet. Die Formulierung „Sinti und Roma“ habe nicht in der Überschrift oder im Vorspann gestanden. Sie sei im Text einmal verwendet worden. Die Redaktion habe die Grenze zur Richtlinie 12.1 des Kodex nicht verletzt.
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Eine Illustrierte berichtet in der Rubrik „Extra Ostern“ über Kulinarisches für die Festtage. Unter der Überschrift „Dreimal würzig“ stellt sie drei Weine vor, beurteilt sie positiv und nennt jeweils Weinkellerei und Preis. Zwei Seiten weiter werden – ebenfalls im Hinblick auf Ostern – Produkte präsentiert, mit denen der Genuss-Frühling einziehe. Vorgestellt werden eine Eis-Marke, ein Rapsöl, ein Rezeptbuch, ein Weißwein, ein Kaffee, ein „Prosecco“, ein Bio-Riegel, Pulver-Milch und ein veganer Osterhase. In der Regel werden Preise und Bezugsquellen genannt. Ein Leser der Illustrierten kritisiert, dass die Redaktion einzelne Produkte mit Preisen und Bezugsquellen vorstelle. Nirgends sei zu erkennen, weshalb ausgerechnet diese Produkte angepriesen würden. Es gebe sicher vergleichbare Produkte, die jedoch nicht erwähnt würden. Der fehlende Hinweis auf Werbung lasse den Verdacht auf Schleichwerbung aufkommen. Der Bereich Recht des Verlages weist den Vorwurf der Schleichwerbung zurück. Es handele sich hier um eine rein redaktionelle Veröffentlichung und gerade nicht um eine bezahlte Veröffentlichung. Weder der Verlag noch die Autorin erhielten für die Veröffentlichungen Geld oder geldwerte Vorteile. Dass die Produkte überhaupt, wie vom Beschwerdeführer beanstandet, beschrieben würden, gehöre zweifelsfrei zu den ureigensten Aufgaben einer Redaktion. Diese entspreche damit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
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Eine lokale Boulevardzeitung berichtet online und gedruckt unter der Überschrift „Messerstecherei am Maximiliansplatz: Drei Männer in Haft!“ über Ermittlungen nach einer Messerstecherei in der Münchener Innenstadt mit tödlichem Ausgang. Die Zeitung schreibt u.a.: „Mit Messern und Macheten sind am Donnerstagabend zwei rumänische Großfamilienaufeinander losgegangen“. Nach dem „Clan-Krieg“ rätselten die Ermittler über das Mordmotiv. Die Polizisten suchen Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben. Die Redaktion schreibt: „Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen handelt es sich bei dem Clan-Krieg auf der Maximilianstraße um zwei Großfamilien, die wohl aus der Roma-Sinti-Gemeinschaft stammen.“ Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Landesverband Bayern vom Verband Deutscher Sinti und Roma. Dessen Vorsitzender kritisiert, dass die Zeitung die Minderheitenzugehörigkeit hervorhebe, ohne dass dies für das Verständnis des Sachzusammenhangs erforderlich wäre. Der Verband sieht die Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierungen) verletzt. In Bayern lebten 12.000 Sinti und Roma. Diese würden durch die Berichterstattung öffentlich stigmatisiert. Betroffen mache den Verband, dass der Pressebericht erneut von zahlreichen Hasskommentaren aus der rechten Szene in sozialen Netzwerken begleitet worden sei. Der Chefredakteur der Zeitung schreibt, die mutmaßliche Minderheitenzughörigkeit der Tatverdächtigen sei im vorliegenden Fall für das Verständnis des Beitrages nicht von entscheidender Bedeutung. Die Nennung hätte unter journalistischen Gesichtspunkten besser unterbleiben sollen. Die Redaktion werde in Zukunft genauer hinschauen und diesen Vorgang zum Anlass nehmen, um die Kolleginnen und Kollegen nochmals für das Thema zu sensibilisieren. Den Online-Beitrag habe die Redaktion überarbeitet.
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Unter der Überschrift „Endlich wieder besser hören“ berichtet eine Programm-Zeitschrift auf zwei Seiten über Diagnose und Behandlung von Hörproblemen. Unter anderem wird auf die Potenziale von Hörgeräten („winzige Hightechwunder“) verwiesen. Auf der zweiten Seite ist unterhalb des Artikels eine Anzeige für Mini-Hörgeräte platziert. Ein Leser der Zeitschrift teilt innerhalb seiner Beschwerde mit, dass die Zeitschrift schon öfters vom Presserat darauf hingewiesen worden sei, dass Werbung und redaktionelle Artikel auf einer Seite in der Zeitschrift nichts zu suchen hätten. Die Rechtsvertretung des Verlages stellt fest, die Anzeige sei bereits durch ihre Aufmachung zweifelsfrei als solche zu erkennen und hebe sich deutlich vom Artikel ab. Der redaktionelle Artikel selbst enthalte keinerlei werbende Angaben.
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Eine Großstadtzeitung berichtet online über eine Gewalttat, bei der eine sechsfache Mutter auf offener Straße erstochen worden sei. Die Redaktion schreibt, dass die Polizei eine Beziehungstat vermute. Der geflohene Täter, 42 Jahre alt, habe sich in Begleitung von Mitarbeitern einer Flüchtlingsunterkunft drei Stunden nach der Tat der Polizei gestellt. Bewohner des Flüchtlingsheims hätten an ihm Blut gesehen. Die Zeitung schreibt: „Das Opfer soll seine Frau, Mutter von sechs Kindern sein. Laut Mitarbeitern der Flüchtlingsunterkunft soll der Mann zuvor bereits mehrfach Taten gegen seine Frau angedroht haben. Opfer und Täter stammen aus Afghanistan.“ Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten). Bereits im ersten Satz werde erwähnt, dass es sich laut Polizei vermutlich um eine Beziehungstat handele. Daraus, so der Beschwerdeführer, sei zu folgern, dass die Herkunft des Täters für die Berichterstattung keine Rolle spielen sollte, sofern nicht andere Hinweise auf deren Relevanz vorliegen. Aus dem Artikel gehe kein Hinweis hervor, dass die Herkunft des Mannes relevant sein könne. Der Verstoß sei umso erheblicher, als er sich nicht nur auf das Herkunftsland des Täters beziehe, sondern auch erwähne, dass der mutmaßliche Täter zuvor in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt habe. Der Beitrag sei geeignet, Ressentiments gegen beide Minderheiten (Afghanen und Flüchtlinge) zu schüren. Ein Beauftragter der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Mutmaßlicher Täter und das Opfer stammten beide aus Afghanistan. Die Nennung der ethnischen Herkunft sei durch ein öffentliches Interesse begründet. Der Mann habe die Frau – ihre Ehe war kurz zuvor aufgelöst worden - in aller Öffentlichkeit vor den Augen zahlreicher Zeugen brutal ermordet.
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