Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

„Machtgerangel“ in einem Fußballverein

Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt unter der Überschrift „Eintracht-Präsident Bratmann: Ich trete nicht mehr an“ über die nicht erfolgte Wiederwahl des Präsidenten von Fußball-Drittligist Eintracht Braunschweig. Ein Leser der Zeitung kritisiert den Beitrag. Dieser strotze von Unterstellungen, die nicht belegt würden. Die journalistische Sorgfaltspflicht werde missachtet. Insgesamt handele es sich um eine tendenziöse Berichterstattung, in der die Autoren Gerüchte und Mutmaßungen ohne Nennung von Quellen äußerten. Die Rechtsabteilung des Verlages widerspricht dem Beschwerdeführer. Der Verein Eintracht Braunschweig befinde sich wegen sportlicher Misserfolge und angespannter Finanzen in einer schwierigen Situation. Die Konflikte innerhalb des Vereins hätten zu einem Machtgerangel geführt. Die Autoren des Beitrags – so die Rechtsvertretung weiter – hätten an der Hauptversammlung der Eintracht teilgenommen. Sie hätten deren Verlauf und ihre dabei gewonnenen Eindrücke geschildert. Der Artikel sei Teil einer ganzen Reihe von Berichten zu den jüngsten Entwicklungen im Verein. Die Standpunkte aller Beteiligten seien von den Autoren dargelegt worden. Ein Verstoß gegen journalistische Wahrheits- und Sorgfaltspflichten sei ebenso wenig ersichtlich wie ein unzulässiger Eingriff in den Schutz der Persönlichkeit oder in die Ehre der Beteiligten. Die Redaktion habe ausgiebig recherchiert. So sei sie in der Lage gewesen s, sich ein ausgewogenes und umfassendes Bild von den geschilderten Vorfällen zu machen.

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Zeitung spricht von „Polizisten-Killer“

An zwei aufeinanderfolgenden Tagen berichtet eine Boulevardzeitung online über die Festnahme von zwei Tatverdächtigen im Fall eines Tötungsdeliktes an zwei Polizeibeamten. Ein Verdächtiger wird im Bild gezeigt. In der Überschrift ist von einem „Polizistenmörder“ die Rede. Im Text heißt es zu Beginn: „Hier wird einer der Polizisten-Killer abgeführt!“. Auch in einer Kolumne zu dem Fall nennt die Redaktion einen der Verdächtigen „Killer“. Insgesamt acht Leserinnen und Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie sehen Verstöße gegen die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten, eine Vorverurteilung und einen Verstoß gegen das Gebot zur Unschuldsvermutung bei Verdächtigen. Der Verlag lässt eine Anwältin auf die Beschwerden antworten. Diese beruft sich auf Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex. Darin ist festgehalten, dass an schweren Straftaten ein begründetes Interesse der Öffentlichkeit bestehe. Es sei Aufgabe der Presse, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten. Nach Absatz 2 der Richtlinie kann die Presse Fotos, durch die Verdächtige oder Täter identifizierbar werden könnten, dann veröffentlichen, wenn das öffentliche Interesse die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiege. Im vorliegenden Fall gehe es – so die Anwältin weiter – um eine außergewöhnlich schwere und in ihrer Art und Dimension besondere Straftat. Dass gleich zwei Polizisten bei einer Routine-Verkehrskontrolle erschossen würden, passiere in Deutschland äußerst selten. Darüber hinaus habe die Tat in aller Öffentlichkeit stattgefunden. Was die persönlichkeitsrelevanten Informationen über den im Bild gezeigten mutmaßlichen Täter betreffe, sei die Berichterstattung nicht über das hinausgegangen, was von den Behörden im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsfahndung zur Verfügung gestellt worden sei. Im Übrigen habe die Redaktion innerhalb von 50 Minuten das Gesicht des im Bild gezeigten Mannes mit einem anonymisierenden Balken versehen. Die Art der Berichterstattung mache dem durchschnittlich verständigen Leser klar, dass noch lange keine rechtskräftige Verurteilung des Verdächtigen vorliege. Es sei im Text immer von Verdächtigen die Rede. Nach alledem könne von einem Verstoß gegen die Presseethik nicht die Rede sein.

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Vorwurf: Berichterstattung pietätlos

Eine Boulevardzeitung berichtet online über einen Verkehrsunfall, bei dem eine Frau ums Leben gekommen ist. Die Redaktion zeigt Fotos der Frau, des Unfallorts und des Unfallwagens. Ein SUV-Fahrer habe die Frau, sowie deren Sohn und Enkel bei einem Spaziergang erfasst. Für die Frau sei jede Hilfe zu spät gekommen. Sohn und Enkel seien verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Ein Angehöriger der Familie ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er bezeichnet die Berichterstattung wegen der Nennung der Namen und des Fotos der Verstorbenen als reißerisch und pietätlos. Das Foto sei offensichtlich ohne Autorisierung einer Website entnommen worden. Ein Nachbar der Familie berichtet, ein Mann habe das Grundstück der Verstorbenen fotografiert, ohne sich als Pressevertreter vorzustellen. Die Justiziarin des Verlages teilt mit, der zuständige Redakteur habe vor Ort recherchiert, mit Nachbarn gesprochen und sich als Mitarbeiter der Zeitung ausgewiesen. Den Vorwurf des Beschwerdeführers im Hinblick auf das Foto der Toten weist die Justiziarin zurück. Sie weist auf das „anerkennenswerte Berichterstattungsinteresse“ im Sinne des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts hin. An dieser berufsethischen Grundüberzeugung halte die Redaktion auch in diesem Fall fest. Ein Verstoß gegen die Presseethik liege nicht vor.

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„Kind zur Auflagensteigerung instrumentalisiert“

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Videoclip, der zeigt, wie ein vollständig verpixelter Mann in der Türkei sein drei Monate altes Baby schlägt. Die Zeitung schreibt, dass das furchtbare Video für großes Entsetzen gesorgt habe. Der Mann sei laut der türkischen Regierung verhaftet worden. Die Aufnahmen stammten – so die Redaktion – von einer versteckten Kamera, die die Mutter des Sohnes im Zimmer installiert habe. Das Video zeigt, wie die Mutter dem Vater das Kind abnimmt. Es ist mit einem Warnhinweis versehen: „Achtung, das Video enthält verstörende Szenen“. Die Prügelszene wird am Ende des Videos wiederholt. Eine Leserin der Zeitung sieht mehrere presseethische Grundsätze (Ziffern 1, 4 und 8) verletzt. Das Video der Misshandlung eines Säuglings widerspreche dem Pressekodex und jeglicher Menschlichkeit, auch wenn es verpixelt und mit einem Warnhinweis versehen sei. Das Video – so die Beschwerdeführerin – diene in keiner Weise der journalistischen Berichterstattung und instrumentalisiere das Kind zur Auflagensteigerung. Der Presserat erweitert die Beschwerde auf die Kodex-Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung). Die Justiziarin des Verlages nimmt Stellung zu der Beschwerde. Es handele sich um eine redaktionelle Veröffentlichung über ein zugegebenermaßen tragisches Geschehnis von zeitgeschichtlicher Bedeutung, über das auch andere Medien berichtet hätten. Die Redaktion habe insbesondere den Opferschutz nach Ziffer 8 des Pressekodex beachtet und eine vollständige Verpixelung vorgenommen. Die Justiziarin steht auf dem Standpunkt, dass ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht zu erkennen sei.

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Zahlende Griechen einfach weggelassen

„Schockaussage von Ex-Griechen-Minister kurz vor Merkel-Besuch: ´Die Deutschen werden leider zahlen und zahlen und zahlen…´“. Finanzminister Varoufakis der radikal-linken Syriza-Regierung auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise im Jahr 2015 rechne jetzt knallhart ab und prophezeie den deutschen Arbeitern und Mittelständlern schlimme Zeiten. Profiteure der Krise seien dagegen Deutsche und griechische Oligarchen, die laut Varoufakis immens vom Rettungspaket des griechischen Staates profitiert hätten. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Redaktion. Sie habe den Finanzminister falsch bzw. unvollständig zitiert. Er zitiert die Varoufakis-Aussage im englischen Original. Anders als die Redaktion es darstelle, gehe es Yanis Varoufakis offensichtlich nicht um einen vermeintlichen Konflikt zwischen den zahlenden Deutschen und den kassierenden Griechen, sondern um die deutschen oder griechischen Oligarchen – also die Profiteure – auf der einen Seite und die deutschen oder griechischen Arbeiter und Mitglieder der Mittelschicht, - also die Zahlenden – auf der anderen. Die Griechen, die laut Varoufakis ebenfalls „zahlen und zahlen und zahlen“, habe die Redaktion einfach weggelassen.

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Vorwurf gegen Magazin: Lügen verbreitet

Ein deutsch- und englischsprachiges Meinungsmagazin berichtet über eine Studie der britischen Gesundheitsbehörde. Diese habe eingeräumt, dass Geimpfte dauerhaft weniger Antikörper haben. Nicht geimpfte Menschen hingegen erlangten eine dauerhafte, ja sogar permanente Immunität gegen alle Stämme des angeblichen Corona-Virus, nachdem sie sich auf natürliche Weise auch nur einmal infiziert hätten. Ein Leser der Zeitschrift wirft der Redaktion vor, sie interpretiere eine Studie realitätsfremd und verbreite Lügen über die Wirkung von Covid-19-Impfungen. Er verweist auf einen Faktencheck des ZDF. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Autor des Beitrags – er sei inzwischen aus der Redaktion ausgeschieden - habe sich bei der Arbeit an dem Beitrag auf eine Website des britischen Gesundheitsministeriums, also einer offiziellen Quelle, gestützt. Er sei von der Glaubhaftigkeit der Seite ausgegangen. Der Autor habe noch einmal recherchiert und die Redaktion gebeten, den Text zu löschen. Dies sei mittlerweile geschehen.

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Angeklagter identifizierbar dargestellt

Eine Regionalzeitung berichtet über den Prozess gegen einen 45-jährigen Mann aus dem Verbreitungsgebiet. Er steht unter dem Vorwurf, seine Stieftochter missbraucht zu haben. Der Beitrag ist mit einem Bild des Mannes illustriert, das im Gerichtssaal aufgenommen worden ist. Das Gesicht ist teilweise verpixelt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Veröffentlichung. Bild und Text ließen sofort auf die Identität der betroffenen Personen schließen. Das durch die Taten traumatisierte Mädchen sei nach dem Erscheinen des Artikels in der Schule gemobbt worden. Es gehe nicht mehr in den Unterricht, sondern in eine Therapie. Mutter und Tochter würden wahrscheinlich an einen anderen Ort umziehen. Der Chefredakteur rechtfertigt die Veröffentlichung. Es handele sich um eine nichtidentifizierende wahrheitsgemäße Berichterstattung aus einer öffentlichen Gerichtsverhandlung. Es treffe nicht zu, dass – wie von der Beschwerdeführerin angenommen – Bild und Text auf die betroffenen Personen schließen ließen. Diese sei ausreichend anonymisiert worden. Für einige wenige Leserinnen und Leser, die die familiären Hintergründe ohnehin kennen würden, vermittle der Artikel nichts Neues. Die Chefredaktion bezweifle, dass die Berichterstattung ursächlich für das behauptete Mobbing des Mädchens gewesen sein könnte. Die Redaktion achte penibel auf die Wahrung der Persönlichkeit. Dies gelte for allem für Missbrauchsopfer im Kindesalter.

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Menschen werden ein zweites Mal zu Opfern

„Feuerdrama in Stuttgart: ´Meine Frau brennt auf dem Sofa´. Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Wohnungsbrand. Die Redaktion zeigt das Bild eines älteren Mannes, der mit dem Rücken zur Kamera auf seinem Balkon steht. Er blickt zur Balkontür, aus der Flammen und Rauch kommen. Die Bildunterschrift lautet: „Der Rentner (89) steht verzweifelt auf dem Balkon. Seine Ehefrau ist im Wohnzimmer.“ Auf einem weiteren Foto ist das Gesicht des Mannes erkennbar. Drei Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Auf einem Bild sei deutlich das Gesicht eines Betroffenen zu sehen, der – wie die Redaktion schreibe – gerade hilflos miterleben müsse, wie seine Ehefrau verbrenne. Die Beschwerdeführer sehen die Würde des Mannes durch diese Darstellung verletzt. Nach ihrer Auffassung habe die Zeitung mehrere Kodexziffern verletzt. Die Justiziarin des Verlages hält die Beschwerden für unbegründet, da keine presseethischen Belange des Opferschutzes oder der Menschenwürde berührt seien. Die Beschwerdeführer würden nicht berücksichtigen, dass die Redaktion den beanstandeten Beitrag frühzeitig geändert habe. Das habe sie getan, obwohl das kritisierte Bild den Mann aus größerer Distanz zeige und derart unscharf sei, dass eine Identifizierung ohnehin kaum möglich sei. Die Juristin sieht in der Veröffentlichung auch keine Ehrverletzung, da der Betroffene in keiner Weise herabgewürdigt worden sei.

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Schwer verletzten Menschen im Bild gezeigt

Widersprüchliches unkommentiert wiedergegeben

Unter der Überschrift „Gefahr oder Chance für die Demokratie?“ berichtet eine Regionalzeitung über „Montagsspaziergänge“ im Zusammenhang mit der Corona-Politik. Zahlreiche Fachleute aus dem Verbreitungsgebiet der Zeitung hätten die Redaktion kontaktiert. Der Autor zitiert drei Ärzte und eine Apothekerin, die sie namentlich vorstellt. Sie äußern unter anderem Zweifel an der Sicherheit der Vakzine und berichten von Nebenwirkungen der Impfstoffe. Einer der Experten wird mit der Aussage zitiert, die Wahrscheinlichkeit, dass sich Tumore bilden, steige mit der Impfung. Der Beschwerdeführer sieht einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 und die Vorgaben der Medizinberichterstattung nach Ziffer 14 des Pressekodex. Es seien diverse falsche Aussagen zu den Impfstoffen ohne jegliche Richtigstellung oder Einordnung abgedruckt worden. Die Zeitung erwecke den Eindruck, bei den Aussagen handele es sich um Expertenwissen und nicht einfach nur eine Minderheits-Meinung. Durch die falsche Aussage, mRNA-Impfstoffe förderten die Bildung von Tumoren, würden bei unwissenden Lesern unbegründete Befürchtungen geweckt. Die stellvertretende Chefredakteurin berichtet, die Redaktion habe Tatsachenbehauptungen unkommentiert wiedergegeben, die dem widersprächen, was man sonst – gestützt auf Informationen des Bundesgesundheitsministeriums und der zuständigen Institute – veröffentlicht habe. Eine einordnende und an den notwendigen Stellen die Fakten korrigierende Darstellung sei der Berichterstattung gefolgt. Die Chefredaktion berichtet, die Redaktion habe eine komplette Seite mit Leserreaktionen veröffentlicht. Außerdem seien in der Redaktion kontroverse Diskussionen gefolgt, sowie Personalgespräche mit den verantwortlichen Redakteuren. Auch sei eine Klarstellung der Position der Redaktionsleitung zum Thema Impfen, Umgang mit Impfgegnern und notwendigem Faktencheck veröffentlicht worden.

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