Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Recherche lückenhaft

“Jetzt ist er sein schönes Landhaus los”, berichtet eine Lokalzeitung über einen früheren Bankdirektor und Ratsherrn, der kein Glück mit Geschäften in den neuen Bundesländern gehabt habe. Mit der Nachricht über die Zwangsversteigerung des angeblich reichlich renovierungsbedürftigen Anwesens verknüpft die Zeitung “abenteuerliche Geschichten aus den 80er Jahren”. Damals habe die Steuerfahndung das Haus gestürmt und in einer Scheune einen flugunfähigen Hubschrauber gefunden, in dem sie das “Fluchtinstrument” eines mit dem ehemaligen Besitzer befreundeten Millionenbetrügers vermutet habe. Der Rechtsanwalt des ehemaligen Villenbesitzers schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Steuerfahndung habe nie das Haus betreten, geschweige es denn jemals gestürmt. Der Hubschrauber habe zu keinem Zeitpunkt für den erwähnten Mann eine Rolle gespielt. Er habe vielmehr einem damaligen Mitbewohner gehört und sei von diesem an Kaufhäuser zur Kinderunterhaltung vermietet worden. Die Chefredaktion der Zeitung nimmt zur Sache selbst nicht Stellung, sondern verweist auf einen Schriftwechsel mit dem Beschwerdeführer. Darin bietet sie eine Gegendarstellung an, die allerdings die eigenhändige Unterschrift des Betroffenen enthalten müsse. Die unterschriebene Gegendarstellung habe die Zeitung jedoch nie erreicht. (1998)

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Arzneimittel

Unter der Überschrift “Mein Leben ohne Schuppenflechte ist wie ein Wunder” berichtet eine Zeitschrift über die Erfahrungen der Ehefrau eines Schauspielers in der Behandlung der chronischen, vererbten Hautkrankheit Psoriasis. Die Frau schildert erfolglose Versuche mit Kortison bis hin zur Phototherapie mit UV-Licht. Dann geschah das Wunder: Ihr Bruder brachte von einem seiner Amerikaaufenthalte eine Creme gegen Schuppenflechte mit. Das Unglaubliche passierte: Bei einigen Hautarealen verschwand die Schuppenflechte nach Gebrauch der Creme schon nach wenigen Tagen, bei anderen einige Wochen später. Das Besondere dieser neuartigen Behandlung sei, hebt der Bericht hervor, dass das Präparat im Gegensatz zu konventionellen Psoriasis-Cremes und –Salben kein Kortison enthalte. Ein Apotheker legt den Artikel dem Deutschen Presserat vor und fügt Unterlagen bei, aus denen hervorgeht, dass bei der Untersuchung des gepriesenen (und namentlich genannten) Produktes ein nicht deklariertes Corticoid festgestellt wurde. Insofern sieht er in der Behauptung der Zeitschrift eine Falschaussage. Die Rechtsabteilung des Verlages betont, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels der Redaktion nicht bekannt gewesen sei, dass das genannte Präparat Corticoide aufweisen soll. Die Redaktion habe sich vielmehr auf die Angaben des Herstellers des in Deutschland zugelassenen Produktes verlassen. Die Unterlagen des Beschwerdeführers, darunter eine Mitteilung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und eine dringende Arzneimittel-Meldung, seien drei bis vier Monate später als der kritisierte Artikel datiert. Die Rechtsabteilung erklärt die grundsätzliche Bereitschaft der Redaktion, richtigzustellen, dass das Präparat Corticoide enthält. Jedoch liege mittlerweile ein neues Gutachten des Herstellers vor, wonach das Mittel kortisonfrei sei. Der Zeitschrift sei es nicht oder nur unter einem unvertretbarem Aufwand möglich, zu klären, ob das Mittel nun Kortison aufweist oder nicht. (1998)

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Anwalt auf der Anklagebank

Supermarkt

“Ein neues Paradies für reale Kunden” nennt ein Boulevardblatt ein neues Warenhaus im Industriepark der Landeshauptstadt. Die Zeitung berichtet, dass sich in den Regalen auf 13.000 Quadratmetern Verkaufsfläche mehr als 40.000 Artikel stapeln, dass die neueste Filiale der Marktkette mit Leistungen wie Kinderkino, Ruhezone und Taxiruf um Kunden werbe und dass den Besuchern über 1.100 Parkplätze zur Verfügung stehen. Zwei Fotos illustrieren den Bericht. Sie zeigen das Haus sowie eine Innenansicht mit dem Geschäftsleiter und dem Vertriebschef im Vordergrund. Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält die Veröffentlichung für Schleichwerbung, weil ihr jede journalistische Distanz fehle und ein öffentliches Interesse an der Warenhauseröffnung nicht gegeben sei. Die Chefredaktion des Blattes widerspricht: Die Berichterstattung über die Eröffnung eines Kaufhauses in dieser Größe entspreche dem Informationsauftrag der Presse. Der Artikel enthalte auch keine Lobhudeleien, sondern beschränke sich auf eine Beschreibung der hier angebotenen Leistungen. (1998)

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Fotos vom Straßenbahn-Surfen

Eine Lokalzeitung kritisiert das “Straßenbahn-Surfen”. Dies sei ein gefährlicher Zeitvertreib der Kinder in der Stadt. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto, das zwei Kinder zeigt, die auf der Anhängerkupplung einer fahrenden Straßenbahn stehen. Der Leitende Oberstaatsanwalt der Stadt teilt dem Deutschen Presserat in einer Beschwerde mit, dass Polizeibeamte bei einem Fotografen zur Beweissicherung einen Film sichergestellt haben, der zwei 13 Jahre alte Jungen zeigt, die sich auf der Anhängerkupplung einer fahrenden Straßenbahn befinden. Grund dafür sei der Verdacht, der Fotograf habe strafunmündigen Kindern 100 D-Mark dafür bezahlt hat, dass sie die Szene zum Fotografieren gestellt hätten. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der besagte Fotograf sei gelegentlich als freier Mitarbeiter für sie tätig. Er habe den strittigen Beitrag in der Redaktion mit dem Hinweis abgeliefert, die schlechte Qualität der Fotos resultiere daraus, dass er sich versteckt gehalten habe und nicht dicht genug an die Jugendlichen herangekommen sei. Nach den Erkenntnissen der Zeitung habe der Mann die Kinder nicht animiert, auf die Anhängerkupplung der Straßenbahn zu steigen. Er habe versichert, dass beim Zustandekommen der Fotos kein Geld geflossen sei, wie es vom Beschwerdeführer behauptet werde. Zwei Tage nach dem Erscheinen des Beitrages habe die Polizei bei dem Mitarbeiter eine Kassette mit Filmmaterial beschlagnahmt, das jedoch nicht für die Zeitung, sondern für ein anderes Medium bestimmt gewesen sei. Der Stellungnahme der Chefredaktion ist eine Erklärung des Fotografen beigefügt, dass er für das Zustandekommen der Bilder kein Geld gezahlt habe. Die Fotos seien zufällig entstanden. Der Staatsanwalt teilt dem Presserat auf Anfrage mit, dass er die Kassette mit den Filmaufnahmen zur Prüfung der Verfolgung der Tat unter dem Gesichtspunkt der Ordnungswidrigkeit an die zuständige Bußgeldbehörde, das Wirtschaftsministerium des Landes, weitergereicht habe. Der Verdacht, dass der Fotograf die Kinder entlohnt habe, beruhe darauf, dass in einer anderen Stadt zwei 13jährige Jungen aufgegriffen worden seien, die berichteten, sie hätten von einem Fotografen dieses Namens 200 D-Mark dafür erhalten, dass sie ihm von ihren Straftaten erzählen. Einer der Jungen habe nach Polizeierkenntnissen einen 14jährigen aufgefordert, mit ihm in die betreffende Stadt zu fahren, um sich für 100 D-Mark dort beim Straßenbahnsurfen filmen zu lassen. Das Wirtschaftsministerium überlässt dem Presserat die Kassette mit den kritisierten Filmaufnahmen. Gleichzeitig teilt es mit, dass gegen den Fotografen in dieser Angelegenheit ein Bußgeldbescheid erlassen worden sei, gegen den er keinen Einspruch eingelegt habe. Der Film zeigt zwei Jungen beim S-Bahn-Surfen. In einer Szene werden der fahrende S-Bahn-Zug und die auf der Anhängerkupplung stehenden Jugendlichen von außen gezeigt, während in einer zweiten Einstellung die Szene aus dem Innern des Zuges gefilmt wird. Weiter zeigt der Film den stehenden Zug und die beiden Jungen, die auf die Anhängerkupplung klettern. In dieser Sequenz ist der Satz zu hören: “...wenn was ist, sag’ ich euch Bescheid...”. Mit diesen Fakten konfrontiert, erklärt die Chefredaktion, dass die Staatsanwaltschaft hier offenbar zwei verschiedene Fälle anspreche, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Dies wäre zum einen der Beitrag zum Straßenbahn-Surfen in der Zeitung, zum anderen der Filmbeitrag eines Privatsenders über zwei “Crashkids”, welche die Reeperbahn unsicher machten. Der zuständige Redakteur des Privatsenders erklärt, der Fotograf habe ihm geholfen, zum Zwecke eines Interviews Kontakt mit den beiden Jungen aufzunehmen. Dabei hätten die Kinder kein Geld erhalten. Lediglich Essen und Trinken habe er finanziert. Der Fotograf sei nur assistierend tätig gewesen. Auch der Fernsehredakteur betont, dass es sich um zwei grundverschiedene Sachverhalte handele. (1998)

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Begriff “arbeitswütig”

Verdeckte Recherche

Unter der Überschrift “Die Stunde der Patrioten” veröffentlicht eine Zeitschrift den Wortlaut eines telefonisch geführten Interviews mit dem Bundesvorsitzenden der “Vereinigten Rechten”. Anlass des Interviews war eine Anzeige in einer Lokalzeitung, in der die “Vereinigte Rechte” zur Vereinigung aller deutschen Rechtsparteien aufruft. Aus dem Abdruck des Interviews geht hervor, dass der Anrufer im Laufe des Gesprächs suggerierte, dass er selber der Rechtsradikalenszene nahe stehe. Die “Vereinigte Rechte” hält das Vorgehen der Zeitschrift für illegal und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, dass sie ihre Stellung zu der “Vereinigten Rechten” mit dem Abdruck des Artikels zum Ausdruck gebracht und dem nichts hinzuzufügen hat. (1998)

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Begriff “Wurzelrasse”

Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift “Ozeane der Weisheit” über buddhistische Strömungen. Der Beitrag enthält die folgende Passage: “Die Bewegung der Theosophen am Ende des 19. Jahrhunderts, eine Revolte gegen den wissenschaftlichen Positivismus, machte Tibet endgültig zum Traumland, zum spirituellen Zentrum jenseits von Raum und Zeit. Dem Mythos einen Namen gab der Autor James Hilton 1933 in seinem Buch ‘Lost Horizon’: Shangri-La. Er war – wie so viele Schwärmer – nie in Tibet.” Im darin anschließenden Absatz des Textes heißt es weiter: “Zwei Jahre später gründete in Nazi-Deutschland Heinrich Himmler die SS-Forschungsstätte ‘Ahnenerbe’; seine Berater, wie der Wissenschaftler Ernst Schäfer, glaubten, Tibet sei die Wiege der Menschheit, Zufluchtsort einer ‘arischen Wurzelrasse’....”. Das Theosophische Centralarchiv sieht den theosophischen Begriff der “Wurzelrasse” durch diese Ausführungen als diskreditiert an und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Der theosophische Wurzelrassen-Begriff habe keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit dem nationalsozialistischen Rassenwahn. Bei der “Wurzelrasse” handele es sich um eine chronologische Rasseneinteilung, die Menschen aller anthropologischen Rassen durchlaufen hätten. Eine Einteilung in “bessere” und “schlechtere” Rassen liege dem nicht zugrunde. Im übrigen weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die im Artikel erwähnte Reise Schäfers nach Tibet keinen politischen Grund gehabt habe. Die Unterstützung durch die SS sei aus rein formalen und verwaltungstechnischen Gründen erfolgt, da die SS alle Auslandsreisen zu genehmigen und zu überwachen gehabt habe. Der Chefredakteur der Zeitschrift betont in seiner Stellungnahme, in dem Artikel werde darauf hingewiesen, dass die Bewegung der Theosophen vom Ende des 19. Jahrhunderts stamme. Eine Analogie zwischen Theosophen und Nazi-Theorien werde nicht einmal angedeutet. Unter Hinweis auf verschiedene Publikationen weist er ferner darauf hin, dass die Verbindung der SS zur Reise Schäfers entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht nur formale und verwaltungstechnische Gründe gehabt habe. Vielmehr hätten vier SS-Leute Schäfer begleitet, darunter auch der Rassenkundler Bruno Beger. Schäfer selbst habe im August 1939 Ehrenzeichen der SS erhalten. (1998)

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Anzeigenseite redaktionell gestaltet

Eine Lokalzeitung veröffentlicht eine ganzseitige Anzeige einer Braunkohlegesellschaft, die redaktionell gestaltet ist und einer Textseite gleicht. Die Seite trägt den Vermerk “Aus dem Revier” sowie links und rechts in kleiner Schrift den Hinweis “Anzeige”. Ein Publizist nimmt Anstoß daran und führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Hier werde bezahlte Werbung als journalistisches Produkt getarnt. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass der Anzeigencharakter aus der Gesamtanordnung auf den ersten Blick nicht zu erkennen sei. Man habe den Artikel zum Anlass genommen, mit der Anzeigenleitung für die Zukunft eine deutlichere Kennzeichnung solcher Anzeigenseiten zu verabreden. (1998)

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Berlin-Reise auf Kosten der Steuerzahler

“Puren Luxus” nennt eine Regionalzeitung die “Berlin-Tagung” eines Bundestagsabgeordneten der Bündnis-Grünen. Der Politiker habe 50 “politisch Interessierte” zu einer Fahrt nach Berlin eingeladen, der Steuerzahler “blute” dafür. Die Zeitung legt das Programm dar und verweist dabei auf die Unterbringung der Teilnehmer in einem Fünf-Sterne-Hotel. In einem Kommentar zu dem Bericht wird diese staatlich subventionierte “Kostgängerfahrt” als Geldverschwendung bezeichnet. Eine Mitarbeiterin des Abgeordneten in dessen Wahlkreisbüro erklärt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, nicht der Abgeordnete, sondern das Bundespresseamt habe zu dieser Reise eingeladen. Das Amt buche auch die Unterkünfte und sei verantwortlich für das Programm. Jeder Abgeordnete könne pro Jahr eine solche Reise durchführen lassen. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass es kein Beschwerdegrund sein könne, wenn sich Zeitungen kritisch mit Berlinreisen befassen, die vom Steuerzahler finanziert werden. Im vorliegenden Fall lege die Unterbringung in einem Nobelhotel den Verdacht nahe, dass mit dem Gebot der Sparsamkeit etwas großzügig umgegangen worden sei. Zur Behauptung des Abgeordneten, nicht er habe eingeladen, sondern die Bundesregierung, erklärt die Zeitung, dies lese sich in den Einladungen anders. Gleichzeitig räumt die Chefredaktion aber auch ein, dass sie sich die stilistische Behandlung des Themas etwas anders gewünscht hätte. Schließlich betont sie, hätten ihr Informationen über Berlin-Reisen von Abgeordneten anderer Parteien vorgelegen, auch diese als Beispiele für politischen Tourismus aufgegriffen worden wären. Dem Beschwerdeführer sei inzwischen Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben worden. (1998)

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