Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Anfrage bei einer Zeitung

Eine Lokalzeitung erhält einen Brief aus den USA. Der Absender berichtet von einer deutschen Frau, die seit zwölf Monaten krank geschrieben sei und monatelang auf Kosten ihrer Krankenkasse Übersee-Urlaube mache. Er fragt, ob die ganze Sache legal sei, und bittet, etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen. Die Frau ist Angestellte eines Regierungspräsidiums. Die Zeitung recherchiert dort den Wahrheitsgehalt des Briefes mit dem Ergebnis. dass er in die Personalakte aufgenommen wird. Der Anwalt der Betroffenen schaltet den Deutschen Presserat mit dem Vorwurf an die Zeitung ein, der Brief hätte nicht an den Arbeitgeber weitergereicht werden dürfen. Die Rechtsabteilung des Verlages kann nicht erkennen, welchen Schaden die Weitergabe des Briefes letztendlich angerichtet haben soll. Wenn die in dem Brief enthaltenen Vorwürfe korrekt gewesen sein sollten, so hätte sich die Frau die sich daraus ergebenden Konsequenzen selbst zuzurechnen. Seien die Vorwürfe jedoch unberechtigt, so könne man davon ausgehen, dass ihr Arbeitgeber das Schreiben als gegenstandslos betrachtet. Im übrigen vertrete man die Auffassung, dass eine Rüge des Presserats letztlich kontraproduktiv für die Interessen der betroffenen Frau wäre, da eine Rüge eine Veröffentlichung nach sich ziehen würde und die Leser somit über den Sachverhalt informiert werden müssten. Eine solche Publizität würde sich die Beschwerdeführerin jedoch vermutlich nicht wünschen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung übersendet dem Presserat die Kopie eines Schreibens an die Beschwerdeführerin, in dem er sich für die Weitergabe des streitbefangenen Schreibens an das Regierungspräsidium entschuldigt und einräumt, dass sie aus heutiger Sicht vermeidbar gewesen wäre. Gleichzeitig äußert er die Hoffnung, dass die Frau die Entschuldigung annimmt und die Beschwerde damit erledigt sei. Die Rechtsabteilung teilt schließlich mit, dass man dem Anwalt angeboten habe, seiner Mandantin ein zeitlich begrenztes Freiabonnement zu gewähren. Dieses Angebot sei jedoch abgelehnt worden. (1998)

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Karikatur eines Ostereies

Eine Karikatur in einer Regionalzeitung veranlasst einen Leser des Blattes zu einem Protest beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Darstellung eine Diskriminierung aller Frauen. Die Karikatur zeigt ein Ei, in das – stark stilisiert – eine nackte Frau gezeichnet ist. Der Zeichnung beigestellt ist eine Sprechblase, die folgenden Text enthält: “Wir sind (fast alle) auch käuflich!” Die Zeichnung gehört zu einem Beitrag in Reimform, der sich mit dem Ostereiermarkt am Ort beschäftigt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Karikatur sei Teil einer Glosse über eine Verkaufsausstellung von Ostereiern. Der Zeichner glossiere und bedichte bereits seit 40 Jahren auf humorvolle bis satirische Weise das Stadtgeschehen. (1998)

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Karikatur von Flüchtlingen

Eine Tageszeitung veröffentlicht eine Karikatur, die einen mit Menschen vollgestopften Dampfer zeigt. Alle singen lauthals “Deutschland, Deutschland über alles...”. Die Unterzeile der Karikatur lautet: “Neue kurdische National-Hymne”. Ein Lehrer schreibt an den Deutschen Presserat. Die Karikatur schüre fremdenfeindliche Vorurteile gegen hilflose Menschen. Zudem spreche die verbotene erste Strophe des Deutschlandliedes Neonazis an. Die Chefredaktion der Zeitung spricht in ihrer Stellungnahme von einer in satirische Form gegossenen Meinungsäußerung, die durch das Stilmittel der Übertreibung und Verfremdung Missstände aus der Sicht des Äußernden aufzeigen wolle. Die Karikatur beinhalte weder eine Schmähung noch eine Formalbeleidigung. (1998)

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Fotos eines küssenden Sportlers

Eine Sportzeitschrift zeigt Fotos eines Basketballstars in Kussszenen mit seiner halbnackten Freundin. Ein Vater von zwei Söhnen im Alter von acht und elf Jahren ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Ansicht verstößt die Veröffentlichung der Bilder gegen den Schutz der Jugend. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, ihre Zeitschrift wende sich an eine Leserschaft, die älter als 14 Jahre sei. Sie räumt ein, dass der strittige Beitrag etwas aus dem Rahmen falle. Den vom Beschwerdeführer vermeintlich entdeckten verrohenden Ansatz könne man in dem Beitrag jedoch nicht sehen. Der Sportler werde vielmehr mit den Worten zitiert, dass er nunmehr treu ist: “Sie hat mich gezähmt”. Es werde sogar von Hochzeit gemunkelt. (1998)

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Polizisten ignorieren einen Stau

Übersetzung eines Zitats

Eine Tageszeitung veröffentlicht eine Meldung über die türkische Reaktion auf die Entscheidung des deutschen Generalbundesanwalts, die PKK nicht länger als terroristische Vereinigung einzustufen. Der türkische Ministerpräsident Bulent Ecevit wird darin wie folgt zitiert: “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden”. Ein Mitarbeiter einer Tageszeitung in Istanbul trägt dem Deutschen Presserat vor, das Zitat des Ministerpräsidenten sei falsch übersetzt worden. Die genaue Übersetzung laute nicht “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden”, sondern “Die Schlange, die mich nicht beißt, soll tausend Jahre leben”. Nach Erkenntnissen des Beschwerdeführers beruht das Zitat auf einer Agenturmeldung. Der Berichterstatter dieser Agentur in Ankara habe ihm auf seine telefonische Frage, warum er das Zitat von Ecevit so übersetzt habe, folgendes gesagt: “Das ist ein Sprichwort, daher habe ich es frei übersetzt.” Die Chefredaktion des deutschen Dienstes der Agentur teilt mit, dass das Zitat “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden” sich in etwas ausführlicherer Form im englischen Text finde: “Do what ever you want in Turkey, kill women and children, but don’t carry out any attacks on our soil”. Auch das vom Beschwerdeführer erwähnte Zitat “Die Schlange, die mich nicht beißt, soll tausend Jahre leben” sei in der Nachricht ihres internationalen Dienstes enthalten: “They do not mind if the snake lives to be 1000 years old as long as it does not bite them”. Dieses Zitat sei vom deutschen Dienst allerdings nicht aufgegriffen worden, so dass es auch nicht falsch übersetzt werden konnte. (1998)

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Medienkritik

Vorverurteilung eines mutmaßlichen Raubmörders

Der Betreiber einer Lottoschein-Annahme fällt einem brutalen Raubmord zum Opfer. Seine Ehefrau wird schwer verletzt. Die Polizei fahndet nach den beiden Tätern. Einer wird gefasst, der andere ist noch flüchtig. So berichtet es ein Boulevardblatt. In seinem ersten Artikel über den Fall heißt es, der Raubmord sei jetzt geklärt. In einem Foto wird der 27jährige gezeigt, der unter Mordverdacht verhaftet wurde. Die Zeitung nennt seinen vollen Namen und erläutert, wie er seiner Freundin die Tat gestanden habe, dass er das Geständnis bei der ersten Vernehmung offenbar wiederholte, dann jedoch einen anderen bezichtigte. In der Bildunterzeile eines zweiten Artikels wird festgestellt: “Er ist einer der Täter”. Der Anwalt des Betroffenen schaltet den Deutschen Presserat ein. Namensnennung, Abbildung und die Behandlung als Täter seien angesichts des noch laufenden Ermittlungsverfahrens nicht gerechtfertigt. Die Zeitung räumt ein, ihre Veröffentlichung sei ein Vorgriff auf das demnächst stattfindende Strafverfahren. In einer Unterlassungserklärung habe sich der Verlag verpflichtet, den Beschwerdeführer im schwebenden Ermittlungs- und Gerichtsverfahren bis zur Verurteilung als Täter nicht als solchen zu bezeichnen und ihn bis zur Anklageerhebung oder anderer gleichartiger Erklärungen des Staatsanwaltschaft in der Berichterstattung nicht mit vollem Namen zu erwähnen. Damit sei der Inhalt der Beschwerde im Sinne von Ziffer 13 des Pressekodex aus der Welt geschafft. In der vorherigen Berichterstattung kann der Verlag keinen Verstoß gegen den Pressekodex erkennen. Der Verdächtige habe seine Tat der Freundin gegenüber gestanden und dieses Geständnis gegenüber der Polizei wiederholt. Die Überschrift des Artikel habe den Tatsachen entsprochen. Zudem sei in der Fotozeile von einem Mordverdacht die Rede gewesen. (1998)

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Verbraucheraufklärung

Ein Informations-Dienst setzt sich mit dem Angebot einer Lebensversicherung auseinander. Verschiedene Risiken werden ausführlich erörtert und begründet. Das Angebot wird in pointierter Form als unseriös abgelehnt. In Nr.8/98 ist von einem dilettantisch und/oder täuschend gestalteten Provisions-Turbo-Modell sowie von schwachsinnigen Vertragsfallen die Rede. In Ausgabe Nr.9/98 wird behauptet, die Versicherungsgesellschaft arbeite mit dubiosen Täuschergruppen zusammen. Die betroffene Gesellschaft sieht ihre Geschäftstätigkeit verunglimpft. Ihr würden unlautere Methoden und sogar betrügerische Absichten unterstellt. Der Deutsche Presserat wird um eine Entscheidung gebeten. In der Vorprüfung wird die Beschwerde auf den Vorwurf der Zusammenarbeit mit Täuschergruppen beschränkt. Die übrigen Beschwerdepunkte werden dagegen als offensichtlich unbegründet angesehen. Den pointierten Bewertungen im ersten Artikel gehen nämlich ausführliche Erörterungen voraus, so dass erstere nicht unbegründet in den Raum gestellt werden. Zweifel an der Lauterkeit der Versicherung werden zudem in der Frage- bzw. Vermutungsform geäußert und aus der zuvor getroffenen Bewertung des Versicherungsangebots hergeleitet, was noch keine ehrverletzende Behauptung darstellt. Zum verbliebenen Beschwerdevorwurf räumt der Informationsdienst ein, dass die beanstandete Behauptung falsch ist. Er druckt eine Gegendarstellung des Vorstands ab und verbindet diese mit einer knappen Richtigstellung sowie einer Äußerung des Bedauerns. (1998)

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Rechtsextremismus

Eine Zeitschrift veröffentlicht eine Vorabmeldung unter der Überschrift “Neuer Nazi-Skandal um die Bundeswehr”. Die Meldung besagt, dass ein Geschichtsprofessor der Bundeswehrhochschule vor Neonazis und rechten Burschenschaftlern einen Vortrag über “Die Wehrmacht im Partisanenkrieg des Ostens” gehalten habe. Zur gleichen Thematik erscheint in der Zeitschrift selbst ein Artikel unter der Überschrift “Bundeswehr – Braune Kameraden”. In der Unterzeile steht geschrieben: “Ein Bundeswehrprofessor, ein Ex-General und ein CSU-Politiker redeten vor Neonazis und rechtsextremen Burschenschaftlern”. Ein Leser des Artikels, ehemaliger Offizier der Bundeswehr, ruft den Deutschen Presserat an. Er selbst hat besagte Veranstaltung besucht und konnte unter den etwa 100 Teilnehmern nicht einen als Neonazi erkennen. Insofern sieht er in der Behauptung eine pauschale Verunglimpfung aller Anwesenden als “Neonazis” sowie eine Falschaussage. Die Rechtsabteilung des Verlags erklärt, entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers habe die Zeitschrift keineswegs alle Anwesenden als Neonazis und rechtsextreme Burschenschaftler bezeichnet. Im Artikel heiße es lediglich “...redeten vor Neonazis und rechtsextremen Burschenschaftlern ...”. Dass sich solche unter den Zuhörern befanden, ergebe sich aus dem Umstand, dass die Veranstalter der Tagung eine Burschenschaft und die rechtsextremistische “Freie Deutsche Sommerakademie” gewesen seien. Über letztere habe der Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen in einem Bericht von 1996 geschrieben: “Diese Institution wurde von Rechtsextremisten zu Zwecken der ideologischen Schulung und Kontaktpflege initiiert”. Zudem sei anzumerken, dass die Veranstaltung nicht öffentlich war. Es seien Einladungen nur an ausgewählte Personen mit dem ausdrücklichen Vermerk geschickt worden, dass das Anmeldeformular nicht auf Dritte übertragbar sei. Der Beschwerdeführer gehöre offenbar zu einem erlesenen Zirkel. Dies liege vermutlich daran, dass Beiträge von ihm in mehreren rechtsextremen Printmedien erschienen seien. (1998)

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