Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Unter der Schlagzeile “Sabotage ist nicht mehr auszuschließen” berichtet eine Tageszeitung, dass die Spekulation um die Ursache des ICE-Unglücks von Eschede auch aus fachlicher Sicht in eine neue Richtung gelenkt werde. Sie zitiert den Eisenbahn-Experten des Instituts für Schienenfahrzeuge an der Universität Hannover mit der Feststellung, man müsse jetzt ernsthaft davon ausgehen, dass es sich um Sabotage handeln könnte. Und in der Unterzeile zur Hauptüberschrift verkündet das Blatt: “Experte des Instituts für Schienenfahrzeuge von Fremdeinwirkung überzeugt”. Der Betroffene sieht sich falsch zitiert und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er habe nicht gesagt, er sei von Fremdeinwirkung überzeugt, sondern lediglich die Ansicht geäußert, dass Sabotage nicht auszuschließen sei. Des weiteren kritisiert er, dass die Aussage ohne seine Zustimmung veröffentlicht wurde. In einem Telefonat habe der Autor des Beitrags eingeräumt, dass die Unterzeile unglücklich formuliert sei. Zwei Gegendarstellungen habe die Zeitung jedoch nicht abgedruckt. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, es sei richtig, dass die Unterzeile dem Beschwerdeführer in dieser Form nicht zugeschrieben werden könne. Er habe zwar erklärt, dass Sabotage nicht mehr ausgeschlossen werden könne, jedoch keine absolute Feststellung getroffen. Die Rechtsabteilung des Verlags habe der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass seine Gegendarstellung veröffentlicht werde. Mittlerweile habe jedoch auch eine vom Anwalt verfasste – zweite – Gegendarstellung vorgelegen. Diese zu veröffentlichen, habe die Zeitung aus inhaltlichen Gründen abgelehnt. Die Chefredaktion ist der Ansicht, der Beschwerdeführer bzw. sein Anwalt selbst hätten den Abdruck einer Gegendarstellung verhindert. Das Angebot der Zeitung, den Text der Gegendarstellung entweder als Leserbrief zu drucken oder aus dem Inhalt eine redaktionelle Veröffentlichung zu machen, sei von der Gegenseite nicht akzeptiert worden. (1998)
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Eine Regionalzeitung berichtet in zwei Artikeln, dass ein Stationsarzt wegen fehlender beruflicher Qualifikation und sexueller Übergriffe auf Mitarbeiterinnen entlassen werden soll. In einem der Beiträge wird der Name des Betroffenen voll genannt. Der Arzt teilt dem Deutschen Presserat mit, dass in der Sache gegen ihn nicht ermittelt werde. Durch die Nennung seines Namens werde sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Zeitung ruiniere seine Zukunft, da in solchen Fällen immer etwas “hängen bleibe”. Die Chefredaktion des Blattes sieht in den Ausführungen des Beschwerdeführers Widersprüche. Einerseits beklage er sich darüber, dass sein Name in der Zeitung erscheint, andererseits habe er einer Redakteurin der Zeitung im Gespräch ein “Medienspektakel” angekündigt. Die Redaktion habe den Arzt konkret auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe angesprochen. Dieser habe die Gelegenheit genutzt, sich dazu zu äußern, und dabei keineswegs den Eindruck vermittelt, dass er etwas gegen die Veröffentlichung – auch die seines Namens – habe. Man habe aus seinem Verhalten vielmehr geschlossen, er selbst wolle an die Öffentlichkeit gehen. Zudem habe die Zeitung nur ein offenes Stadtgespräch aufgegriffen. Aus diesem Grund habe es die Redaktion für vertretbar gehalten, den Namen des Arztes zu nennen, auch um mögliche Verwechslungen mit anderen Ärzten auszuschließen. (1998)
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Zwei Blätter einer Zeitungsgruppe berichten über Gerüchte um einen Hotelbau. Hinter der Firma, welche die Hotelanlage bauen wolle, stecke eine Sekte. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Projekts sei Anwaltskreisen zufolge dem Umfeld von Scientology zuzuordnen. Der Steuerberater und Rechtsbeistand, so der Bericht in einer der Zeitungen, sei dafür bekannt, dass er Gesellschaften erwerbe und weiter veräußere. Der Betroffene wehrt sich gegen diese Unterstellung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er sei weder dafür bekannt, dass er Gesellschaften erwerbe und weiter veräußere, noch sei er Aufsichtsratsvorsitzender der genannten Firma. Zudem sei er nicht dem Umfeld von Scientology zuzuordnen. Die Chefredaktion des einen Blattes weist darauf hin, dass sie nicht den vollen Namen des Betroffenen genannt habe, sondern nur den Vornamen und den Anfangsbuchstaben des Familiennamens, so dass nichteingeweihte Kreise keinerlei Zusammenhang mit dem Beschwerdeführer herstellen könnten. Die Behauptung, der Jurist sei Aufsichtsratsvorsitzender des Projektträgers, belegt die Zeitung mit Unterlagen zum Raumordnungsverfahren, in denen der Beschwerdeführer in entsprechender Funktion namentlich genannt wird. Die Äußerung, er sei dem Umfeld von Scientology zuzuordnen, sei ausdrücklich als Gerücht gekennzeichnet, das in Anwaltskreisen kursiere. Der Hinweis auf Scientology resultiere mit Sicherheit auch aus der Beschreibung des Bauvorhabens in den Unterlagen für das Raumordnungsverfahren. Darin sei von einer Reihe kleinerer Räume mit modernster Technik für Seminare, Fortbildungskurse und Vorträge, von einem Konzertraum sowie von einem Geistigen Zentrum mit Kirche und einigen Meditationsräumen die Rede. Selbstverständlich habe der Autor des Beitrags versucht, den Beschwerdeführer vorab zu befragen. Trotz mehrmaliger telefonischer Bemühungen sei dieser jedoch nicht zu einer Stellungnahme bereit gewesen bzw. habe zugesagte Rückrufe nicht vorgenommen. Die Redaktionsleitung des zweiten Blattes schließt sich der Stellungnahme der Kollegen an. Die Behauptung, der Betroffene handele mit Gesellschaften, sei nicht ehrverletzend. Sie basiere auf Äußerungen einer Anwaltskanzlei. (1998)
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Ein Leser schreibt einen Brief an seine Zeitung. Darin beklagt er sich über spekulative Bauvorhaben in der Stadt und nennt dabei eine Firma, die einen Briefkasten in Liechtenstein und einen Strohmann in Köln sitzen haben soll. Als stille Teilhaberin dieses zwielichtigen Unternehmens benennt der Leserbriefschreiber u.a. eine Frau, die mit Hilfe ihres gleichfalls genannten Ehegatten dafür sorge, dass die erforderlichen Bebauungspläne möglichst bald rechtskräftig werden. Wenige Tage später erscheint im Blatt ein zweiter Leserbrief desselben Autors, in dem dieser darauf hinweist, dass im Originaltext des erstveröffentlichten Briefes Namen nicht genannt worden seien. Eine schriftliche Einwilligung zur Änderung seines Briefes liege der Zeitung nicht vor. Dem Brief folgt eine Anmerkung der Redaktion, in der es heißt, dass die Redaktion den Briefschreiber gebeten habe, doch Ross und Reiter zu nennen, und dieser daraufhin Namen genannt habe. Die Redaktion habe ihn gefragt, ob sie seinen Leserbrief um die Namen ergänzen dürfe, woraufhin er geantwortet habe, dass er damit keine Probleme habe. Der in dem Leserbrief erwähnte Rechtsanwalt kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung seines Namens und des Namens seiner Ehefrau. Der Redakteur habe sich nicht die geringste Mühe gemacht, nachzuforschen, ob die Behauptungen des Leserbriefschreibers zutreffend seien oder nicht. In diesem Zusammenhang weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass seine Ehefrau nie Teilhaberin oder Gesellschafterin der genannten Firma gewesen sei. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, man habe den Schreiber des Leserbriefes darauf hingewiesen, sein Text könne nicht veröffentlicht werden, wenn er darin nicht auch Ross und Reiter nenne. Der Autor habe daraufhin die erbetenen Namen genannt und sich mit deren Veröffentlichung einverstanden erklärt. Inzwischen habe die Zeitung eine Gegendarstellung des Betroffenen veröffentlicht und eine Unterlassungserklärung abgegeben. Auch den zweiten Text des Leserbriefschreibers habe man abgedruckt. Die Redaktion vermute, dass er unter massivem Druck gehandelt habe. (1998)
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Ein 46-jähriger Mann steht wegen sexuellen Missbrauchs eines fünfjährigen Jungen vor Gericht. Die Zeitung am Ort berichtet darüber, schildert die Umstände der Tat. Sie erwähnt, dass die Mutter zur Zeit der Tat einen Verkaufsstand auf einem Flohmarkt hatte. Sie nennt das Alter der Mutter, die Zahl ihrer Kinder und ihren Wohnort. Die Rechtsvertretung der Frau macht in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat geltend, dass durch die Vielzahl der detaillierten Angaben Mandantin und Sohn identifizierbar werden. Dies sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, man habe im Sinne einer umfassenden und klaren Berichterstattung den Ort des Missbrauchs nennen müssen. Ob es notwendig war, auch den Wohnort der Betroffenen zu nennen, könne man aus heutiger Sicht verneinen. Da aber der Wohnort außerhalb des Verbreitungsgebiets der Zeitung liege, müsse man bezweifeln, dass der Familie durch die Ortsnennung ein Schaden entstanden sei. (1997)
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Zwei Wohnungsgesellschaften sollen zusammengeführt werden. Vier Aktionäre erheben Anfechtungsklage mit dem Vorwurf, vor allem die Kleinaktionäre würden durch die entsprechenden Beschlüsse finanziell erheblich geschädigt. So berichtet die Zeitung am Ort. Sie erwähnt, dass Versuche der Kläger, ihre Anteile im Rahmen eines Vergleichs über dem auf der Hauptversammlung festgelegten Wert an die Gesellschaft zu verkaufen, gescheitert seien. Einer der vier Aktionäre hält die letztere Behauptung für falsch. Er habe seine Anteile zu keiner Zeit zum Kauf angeboten, trägt er dem Deutschen Presserat in einer Beschwerde vor. Der Autor des Beitrags weist in einer persönlichen Stellungnahme darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer kritisierte Passage seines Textes auf Informationen beruhe, die er von einem Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft erhalten habe. Diesen Informanten kenne er seit Jahren und er habe keine Zweifel an dessen Integrität. Bisher hätten sich alle Informationen aus dieser Quelle als völlig korrekt erwiesen. (1997)
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“Terroristen-Sohn will in Bundestag” lautet die Schlagzeile eines Boulevardblattes. Die Zeitung schildert ausführlich den Lebensweg des Mannes und seine politischen Ziele. Der Sohn einer RAF-Terroristin bewirbt sich um ein Grünen-Mandat und wird mit dem Slogan zitiert: “Reformen statt Revolution”. Einen Leser des Blattes erinnert dieser Beitrag an die Praxis der “Sippenhaft” während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Er legt ihn dem Deutschen Presserat zur Begutachtung vor. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, dass der Betroffene dem Wortlaut des Artikels und insbesondere der Wahl der Überschrift ausdrücklich zugestimmt habe, ja dass er an der Formulierung der Schlagzeile aktiv beteiligt gewesen sei. Die mit ihm abgestimmte Überschrift sei im Gesamtkontext mit dem Inhalt des Artikels zu sehen. Dieser beschäftige sich in positiver Weise mit der Person des Betroffenen und seiner Kandidatur. Bereits der zweite Satz des Textes laute: “Zwanzig Jahre später setzt der Sohn auf Reformen statt Revolution”. Dem Sohn würden gerade nicht die Taten seiner Mutter zugerechnet, wie dies bei “Sippenhaft” der Fall wäre. Statt dessen werde betont, dass er als Organ des Staates, nämlich als Bundestagsabgeordneter, also in grundsätzlicher Anerkennung des Staates, an der politischen Reform arbeiten wolle. Der Vorwurf der “Sippenhaft” sei damit nicht berechtigt. Ein Telefongespräch des Presserats mit dem Betroffenen ergibt, dass er nicht an dem Zustandekommen der Überschrift beteiligt war und diese vor der Veröffentlichung des Artikels auch nicht kannte. Nach seiner Aussage wurden lediglich die in dem Text enthaltenen Zitate mit ihm abgestimmt. Nach seiner Meinung sollte man jedoch die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. (1997)
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Eine Regionalzeitung berichtet, dass der Sohn eines ehemaligen Fußballprofis, der seinen Bruder angeschossen haben soll, weiterhin in Haft ist. Sie teilt ihren Lesern mit, dass sie bei der Erstberichterstattung die Namen der Beteiligten nicht genannt habe, weil sie in einer für die Familie tragischen Situation die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes höher eingestuft habe als das Interesse der Öffentlichkeit an der Nennung des Namens. Die Zeitung gibt diese Zurückhaltung auf, weil andere Medien die Namen inzwischen bundesweit verbreiten. Ein Leser des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Veröffentlichung des Namens. Schließlich habe der Vater mit der Tat selbst nichts zu tun. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, warum sie ihren Verzicht auf die Namensnennung aufgegeben habe. Zahlreiche Leser hätten sich unter Verweis auf andere Medien beschwert, dass die Zeitung “mal wieder nichts wisse”. Diese Leser hätten nicht erkannt, dass die anonymisierte Berichterstattung den ihnen aus anderen Medien bekannten Fall betraf. Die Redaktionskonferenz habe angesichts dieser Situation beschlossen, die Namen zu nennen. Diese Entscheidung habe sich jedoch ausschließlich auf den Text und nicht auf die Überschrift bezogen. Diese sei erst später hinzugefügt worden, Anlass für einen Hinweis an die Redaktion, dass in vergleichbaren Fällen auf die Verwendung von Namen in Überschriften verzichtet werden soll. (1998)
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