Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Identifizierbare Berichterstattung 2

„Tod auf der Autobahn gibt Rätsel auf“ lautet die Überschrift eines Artikels in einer Regionalzeitung. Berichtet wird über einen Mann, der auf der Autobahn zu Fuß unterwegs war und von einem Lastwagen erfasst und getötet wurde. Der Beitrag enthält ein Foto des Mannes sowie seinen vollen Namen und weitere identifizierbare Angaben zu seiner Person. Die Schwägerin des Getöteten sieht dessen Persönlichkeitsrecht verletzt. Des Weiteren sei nicht bewiesen, dass er angetrunken gewesen sei. Sie schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe einer Pressemitteilung der Autobahnpolizei entnommen, der Verunglückte sei „offensichtlich angetrunken“ gewesen. Dies habe man in die Berichterstattung übernommen, und zwar in einer der Polizeimeldung entsprechenden distanzierenden Form. Da der Verstorbene in seinem Heimatort nicht nur sehr beliebt, sondern auf Grund seiner zahlreichen Ämter auch sehr bekannt gewesen sei, sei auch die Veröffentlichung der Fotografie und auch des Namens nicht zu beanstanden. (2001)

Weiterlesen

Menschenwürde

Eine 65-jährige Frau mit dem Nachnamen Schweinebraten stirbt. Die Familie schaltet in der Lokalzeitung eine Traueranzeige. Eine Tageszeitung veröffentlicht die Familienanzeige einige Tage später wortwörtlich auf ihrer Satireseite unter der Überschrift „zerrissen das familienband der schönen schweinebraten“. In einem Kommentar dazu heißt es, Mutter Schweinebraten sei die beinahe letzte ihres großen Namens gewesen. Nur ihr Sohn möchte weiter ein Schweinebraten sein. Alle anderen geborenen Schweinebraten hätten das schöne Familienband zerrissen und seien zu gewöhnlichen ... (eingefügt sind die Namen der weiteren Hinterbliebenen) geworden. Auf dass keiner mehr Scherze treibe mit ihrem Namen. Der Bratenrest sei Schweigen. Der Ehemann der Verstorbenen lässt durch seinen Anwalt Beschwerde einlegen beim Deutschen Presserat. Es bedürfe sicherlich keiner vielen Worte, um zu erklären, wie geschmacklos die Hinterbliebenen der Verstorbenen diese Veröffentlichung empfinden, betont der Beschwerdeführer. Offensichtlich habe der Familienname „Schweinebraten“, für den jeder Mensch letztlich nichts könne, den verantwortlichen Redakteur dazu veranlasst, den Todesfall ins Lächerliche und Beleidigende zu ziehen. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, dass sie den Abdruck des Beitrages bedauere. Es handele sich um eine Fehlleistung. Die Entschuldigung und das Bedauern habe man gegenüber der Familie der Verstorbenen zum Ausdruck gebracht. (2001)

Weiterlesen

Religiöses Empfinden

Eine Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Silvester-Party: Alles aus dem Internet“ eine mit halbnackten weiblichen Models nachgestellte Szene des letzten Abendmahls Christi. Dem Foto beigestellt sind Hinweise auf verschiedene Homepages, auf denen Dienstleistungen und Produkte angeboten werden. Zu den Tipps im Web zählen Kleider und Accessoires, Spirituosen, MP3-Songs, Geheimrezepte von Meisterköchen, Babysitter-Vermittlung, Überraschungsgäste und Anti-Kater-Mittel. Ein Leser sieht durch die „blasphemische und pornografische“ Darstellung der Abendmahl-Szene seinen Glauben verhöhnt und sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt. Er legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Rechtsabteilung des Verlages ist der Meinung, dass die Darstellung als eine von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckte Interpretation eines religiösen Themas einzustufen sei. Unter dem Gesichtspunkt der künstlerischen Freiheit des Fotografen und der Meinungsfreiheit der Presse sei sie nicht zu beanstanden. Eine blasphemische Darstellung müsste absichtlich darauf abzielen, die religiösen Gefühle der Leser und Betrachter zu verletzen. Ein derart niederer Beweggrund auf Seiten des Künstlers bzw. auf Seiten der Redaktion liege jedoch nicht vor. Auf keinen Fall sei die Darstellung pornografisch, da sie als solche erst dann einzustufen sei, wenn sie erkennbar reißerisch und aufstachelnd sexuelle Handlungen zum Inhalt habe. (2002)

Weiterlesen

Gerichtsberichterstattung

Unter der Überschrift „Das Geschäft mit dem Suizid“ berichtet eine Tageszeitung über einen gerichtlichen Streit zwischen der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben und der Hospiz Stiftung. Die Sterbehilfe-Gesellschaft habe der Hospiz Stiftung per einstweiliger Verfügung die weitere Verbreitung eines so genannten Weißbuchs mit dem Titel „Sterbehelfer in Deutschland“ untersagen wollen. In ihrem Buch habe die Hospiz Stiftung dargelegt, dass die meisten Sterbehelfer und besonders die DGHS stark profitorientiert seien. Die Zeitung nennt ein Beispiel: „Den Erstickungsbeutel namens Exit-Bag gibt es für 85 DM, die Gebrauchsanweisung dazu für 22,30 bis 44 DM. Voraussetzung für den Kauf: zwei Jahre Mitgliedschaft für weitere 160 DM. Eine lebenslängliche Mitgliedschaft kostet gar 1500 DM. Gesamtpreis für den Erstickungstod demnach 267,30 bis 1629 DM.“ Bei dem Eilverfahren sei es vordergründig eigentlich nur um Urheberrechte, nämlich um die Frage gegangen, ob die Stiftung in ihrer Dokumentation ohne Erlaubnis der Autoren aus öffentlichen und nichtöffentlichen Quellen der DGHS zitieren durfte. Im Hintergrund habe natürlich ein ideologischer Zwist gestanden. Der Antrag auf einstweilige Verfügung sei aus rein formalen Gründen abgelehnt worden. Der nominelle Antragsteller, die Druckerei der DGHS, sei – wie es im Juristendeutsch heiße – zum Antrag „nicht aktiv legitimiert“. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben sieht in dem Beitrag mehrere falsche Behauptungen und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. So seien weder sie noch Funktionsträger der Gesellschaft bei Gericht geladen gewesen. Die DGHS habe auch keinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen die Hospiz Stiftung gestellt. Suizid-Infos der DGHS gebe es schon seit 1993 nicht mehr. Schließlich weist die Gesellschaft darauf hin, dass sie keine eigene Druckerei besitze und niemals an einem „Exit-Bag“ verdient habe. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, der Geschäftsführer der DGHS habe nicht selbst den Rechtsweg gegen die Hospiz Stiftung gehen wollen, sondern die Druckerei bzw. das Versandbüro vorgeschoben. Das Gericht habe jedoch den Stellvertreterkrieg nicht mitmachen wollen und die Aktivlegitimation der Druckerei verneint. Gleichzeitig sei die Urheberschaft des DGHS-Geschäftsführers an der Loseblattsammlung unmissverständlich festgestellt worden. Dass die Druckerei, das Versandbüro und die DGHS eng zusammenhingen, lasse sich dem Urteil des Landgerichts entnehmen. (2001)

Weiterlesen

Kürzung eines Leserbriefes

In einer Regionalzeitung erscheint ein Leserbrief, dessen Autor der Ansicht ist, dass sein Beitrag sinnentstellend gekürzt veröffentlicht worden sei. Er kritisiert auch, dass die Zeitung keinen ständigen Hinweis auf eine Umfangsbegrenzung und den redaktionellen Kürzungsvorbehalt bringe. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chef vom Dienst teilt mit, dass seine Zeitung regelmäßig Hinweise veröffentliche, wonach Leserbriefe maximal 70 Druckzeilen lang sein dürften und die Redaktion sich das Recht auf Kürzung und Auswahl vorbehalte. Ein vom Beschwerdeführer nachträglicher Hinweis auf Kürzungen des Leserbriefes sei nicht nur bei dieser Zeitung unüblich. (2001)

Weiterlesen

Veröffentlichung persönlicher Daten

In einer Berliner Obdachlosenzeitung berichtet der Verkäufer eines sog. Straßenmagazins unter der Überschrift "Den Adler gemacht", wie er beim Verkauf seiner Zeitungen auf einem Bahnhof mit Beamten des Bundesgrenzschutzes aneinander geraten war. Er schildert, dass er nach Ansicht der BGS-Beamten gegen ein Hausverbot verstoßen hatte, daher wegen Hausfriedensbruches angezeigt wurde, und in diesem Zusammenhang vom Bundesgrenzschutz ein Anhörungsschreiben erhalten hatte. Dieses Anhörungsschreiben wurde in dem Artikel der Obdachlosenzeitung als Faksimile abgedruckt. Dabei wurde zwar der Name des Zeitungsverkäufers, nicht hingegen der Name der unterzeichnenden Beamtin geschwärzt. Dem im Artikel abgebildeten Schreiben sind zudem die Amtsbezeichnung, Dienststelle, dienstliche Telefonnummer sowie der dienstlich zugewiesene Aufgabenbereich der Beamtin zu entnehmen. Sie beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat, da sie durch die Veröffentlichung dieser Daten ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sieht. Der Beschwerdegegner teilt dazu mit, es sei das Ziel des monierten Beitrages gewesen, zu dokumentieren, dass die im Auftrag der S-Bahn-GmbH tätige Wachschutzgesellschaften seit einiger Zeit verstärkt und rigider u. a. gegen Verkäufer von Berliner Straßenmagazinen vorgingen und dass sich in diesem Zusammenhang neuerdings Anzeigen wegen Hausfriedensbruches häuften. Die Abbildung des Anhörungsschreibens habe damit einen wichtigen dokumentarischen Wert, denn von Seiten der S-Bahn GmbH werde behauptet, es lägen keine Anzeigen wegen Hausfriedensbruches vor. (2001)

Weiterlesen

Sorgfaltspflicht in Kleidungsfragen

Unter der Überschrift “Zu sexy für die Schule“ schildert ein Boulevardblatt einen Vorfall in einer katholischen Privatschule. Die Schulleiterin hatte eine Zwölfjährige nach Hause geschickt, weil sie nicht warm genug angezogen sei, so die Schulleiterin, weil sie zu sexy gekleidet gewesen sei, so die Zeitung. In dem Bericht wird erwähnt, dass ein Promoter aus dem Show-Geschäft der jungen Dame eine Pop-Karriere in Aussicht gestellt habe. Laut Zeitung sei das Mädchen von der Schule verwiesen worden. Die Darstellung der Zeitung löst eine Beschwerde des Elternrats der Schule beim Deutschen Presserat aus.

Weiterlesen

Bezeichnung „Miethai“

Eine in einer deutschen Großstadt erscheinende Stadtteilzeitung greift unter der Überschrift „Miethai des Monats“ den Besitzer und Verwalter zahlreicher Wohnungen an. In einigen der Räume sollen Chemikalien gelagert worden sein, die eine zweifelhafte Nähe zu Drogengeschäften erkennen ließen. Die Zeitung erhebt den Vorwurf, die Wohnungen würden zweckentfremdet genutzt. Sie verweist auf eine große Polizeiaktion, in deren Verlauf Fässer mit weißem Pulver sichergestellt worden seien. Angeblich handele es sich dabei um ein Schmerzmittel, das zum Strecken von Drogen gedient habe. Der angebliche „Miethai“ sieht in dem Artikel einen persönlichen Angriff und schaltet den Deutschen Presserat ein. Vor allem wehrt er sich gegen den Vorwurf, Wohnungen gewerblich genutzt zu haben. Die Räume seien vielmehr als Gewerbeflächen ausgewiesen. Des weiteren beklagt er die in dem Artikel aufgestellte Behauptung, er sei von „Profitgier besessen“. Datenschutzrechtlich geschützte Informationen über das Eigentum an verschiedenen Grundstücken seien in dem Beitrag genannt worden, so dass er seine persönliche Sicherheit gefährdet sehe. Warum, sagt er nicht. Die Stadtteilzeitung steht auf dem Standpunkt, die geschilderten Missstände seien von mehreren Mietern bestätigt worden und durch bloßen Augenschein erkennbar. Außerdem bleibe unklar, welche Fakten der Wohnungsverwalter überhaupt beanstande. Die Zeitung räumt ein, dass die Formulierungen in dem Artikel und vor allem in der Überschrift zwar drastisch, aber gerechtfertigt seien. (2001)

Weiterlesen

Recherche ohne Sorgfalt

Recherche ohne Gegenrecherche

Eine Lokalzeitung berichtet ausführlich über einen Nachbarschaftsstreit in der Ferienanlage einer Gemeinde. Obwohl nach einer Bauvorschrift Zäune nicht höher sein dürfen als 30 Zentimeter, haben die Zäune in den Jahren an Höhe zugenommen, ohne dass sich jemand daran störte. Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Hundehalterin und einem Nachbarn seien jetzt in einer Sitzung des Ortschaftsrates angesprochen worden, schreibt die Zeitung. Das könnte schon bald dafür sorgen, meint sie, dass über 40 Grundstückseigentümer ihre Zäune gemäß der geltenden Vorschrift zurückbauen müssten. Die Hundehalterin wird in dem Bericht dahingehend zitiert, dass sie sich von ihrem Nachbarn bedroht fühle. Dieser sei bereits einmal mit einem Totschläger auf sie zugegangen und habe mit einem dicken Knüppel einen Hund verletzt. Der Nachbar lässt durch seinen Anwalt den Deutschen Presserat anrufen. Der Artikel stelle den Sachverhalt einseitig und falsch dar. Die Angaben der Nachbarin seien kritiklos ohne Rückfrage bei seinem Mandaten übernommen worden. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe in dem Artikel über eine öffentliche Sitzung des Ortschaftsrates berichtet. In dieser Sitzung sei der Nachbarschaftsstreit ein Thema gewesen. Der Beschwerdeführer sei darin zu Wort gekommen und seine Aussagen seien in der Berichterstattung entsprechend berücksichtigt worden. Da seine Kontrahentin nicht anwesend war, habe eine Mitarbeiterin diese gesondert zu den Vorgängen und den Anschuldigungen des Beschwerdeführers befragt. Die Frau habe dabei wiederum schwere Vorwürfe gegen den Nachbarn erhoben. Am Tage der Veröffentlichung habe der Beschwerdeführer in der Lokalredaktion angerufen und kritisiert, dass seine Argumente nicht genügend zum Ausdruck gekommen seien. Gleich am nächsten Tag habe man dann unter der Überschrift „Uns geht’s nur um die Wohnqualität“ einen weiteren Bericht veröffentlicht, der sich ausschließlich mit den Argumenten des Beschwerdeführers beschäftigte. Der Beschwerdeführer sei also in zwei Veröffentlichungen ausreichend zu Wort gekommen. Auch seine Kontrahentin sei zu den erhobenen Vorwürfen gehört worden. Damit habe die Zeitung ihrer Sorgfaltspflicht Genüge getan, da man ja nicht ständig jede Aussage hin und her gegenprüfen könne. Irgendwann müsse ja einmal der Artikel geschrieben werden, in dem dann Aussage gegen Aussage stehe. (2001)

Weiterlesen