Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Meinungsäußerung nicht ehrverletzend

In einer Stadt werden zwei Büchereizweigstellen geschlossen und in private Bücherausleihen, die von ehrenamtlichen Kräften geleitet werden, umgewandelt. Die örtliche Zeitung kritisiert in mehreren Beiträgen, dass die in den Zweigstellen vorhandenen Bücher von der Zentralbibliothek zum Teil eingezogen wurden und so den privaten Ausleihen nicht mehr zur Verfügung standen. In einem Kommentar unter der Überschrift „Rückt die Bücher raus!“ heißt es, die ärgsten Feinde der beiden Zweigstellen seien städtische Angestellte, die gut bezahlte Jobs in der Zentralbibliothek hätten. Diese seien bereit, für einen billigen Triumph den Kindern die Bücher zu stehlen. Politik und Öffentlichkeit dürften nicht zulassen, dass ein derartig niederträchtiger Plan sich auszahle. In dem Kommentar heißt es weiter: Wie bei jedem Diebesgut hat´s halt hinterher nur ein anderer“. Eine Personalrätin hält die Berichterstattung für ehrenrührig. Die Beschäftigten der Zentralbibliothek würden von Bürgern mit der Frage angegangen, ob sie den Kindern Bücher klauten. Der Autor jongliere gezielt mit strafrechtlicher Terminologie und bringe die Bibliotheksangestellten dadurch in Misskredit. Die Personalrätin wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Beschwerdeführerin zweifelt die Richtigkeit der Berichterstattung nicht an, kontert die Redaktion der Zeitung. Es gehe also darum, in welcher Sprache berichtet und kommentiert worden sei. Bei der Umwandlung der Zweigbibliotheken in private Ausleihen sei der Bücherbestand verringert und zum Teil ausgetauscht worden. Das ganze habe man so verschleiert, dass die Reduzierung erst bei der Eröffnung einer der beiden Zweigstellen bekannt geworden sei. Die Beschwerdeführerin mache geltend, die Stadt könne Zuschüsse für Medien nur dann bekommen, wenn diese von Fachkräften ausgeliehen würden. Das sei so nicht richtig, meint die Zeitung. Zuschüsse gingen auch bei der Ausleihung durch ehrenamtliche Kräfte nicht verloren. (2003)

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Koppelung von Werbung und Text

Eine Fachzeitschrift bietet einem Kunden zwei einseitige Anzeigen in den Ausgaben März und Juni 2004 zum Preise von je 1.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an. Das schriftliche Angebot enthält den Hinweis, dass in der Märzausgabe kostenlos eine Reportage über das Unternehmen in einer Größe von mindestens drei Seiten veröffentlicht wird. Der Brief kommt einem Professor unter die Augen, der sich in einem Projekt mit dem Thema Qualitätsmanagement im Journalismus befasst. Er bittet den Deutschen Presserat um Prüfung, ob die hier vorliegende enge Verzahnung von Werbung und Text statthaft ist. Die Geschäftsführung des Unternehmens berichtet, dass sie mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufgenommen habe, um die Angelegenheit in beiderseitigem Einvernehmen zu lösen. Ein Mitarbeiter habe dem Kunden das Angebot versehentlich unterbreitet. Dieser habe davon keinen Gebrauch gemacht. Von daher sei auch das Angebot, eine Reportage zu veröffentlichen, entfallen. Den Mitarbeiter habe man angewiesen, die Ziffer 7 des Pressekodex künftig zu beachten. Ein solches Versehen werde sich nicht wiederholen. (2003)

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Ehre eines Lehrers verletzt

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Lieber Lehrer, bist Du zu faul für die Klassenfahrt?“ über einen Lehrer, der wie viele andere seiner Kollegen aus Protest gegen ein neues Arbeitszeitmodell des Senats eine Reise seiner Schulklasse abgesagt und ein Gerichtsverfahren angestrengt hatte. Der Mann, durch ein Foto und Nennung des Vornamens, des abgekürzten Nachnamens sowie des Alters klar identifizierbar, wird in dem Beitrag dreimal als „Lehrer Faul“ bezeichnet. Der Betroffene wehrt sich durch eine Beschwerde beim Deutschen Presserat. In der Bezeichnung „Lehrer Faul“ sieht er eine ehrverletzende Behauptung. In der Veröffentlichung werde ein völlig falscher Prozessgegenstand geschildert. Die Behauptung, er wolle seine Überstunden bezahlt bekommen, sei falsch. Diese Forderung habe er nie erhoben. Er habe vielmehr, stellvertretend für weitere Betroffene, durch eine Klage beim Oberverwaltungsgericht die Frage klären lassen wollen, ob eine Klassenfahrt, unabhängig davon, wie weit die Planung dafür gediehen sei, noch abgesagt werden dürfe. Die Rechtsabteilung des Verlages betont, die Berichterstattung über den Beschwerdeführer und den von ihm angestrebten Rechtsstreit sei von öffentlichem Interesse. Die Diskussion über das neue Arbeitszeitmodell für Lehrer habe in der ganzen Bundesrepublik Aufsehen erregt. Die Einführung des Modells sei im Ergebnis mit einer Mehrbelastung für die Lehrer verbunden. Dies habe zu vielfältigen Protesten von Seiten der Lehrerschaft, der Gewerkschaften und der Schulbehörden geführt. Die Weigerung des Beschwerdeführers, an einer bereits lange geplanten Klassenreise teilzunehmen, sei auch Teil dieser Protestaktion gegen das Modell gewesen. So weit der Beschwerdeführer einwende, die Berichterstattung würde den Eindruck vermitteln, Lehrer seien faul, würden viel verdienen und wenig leisten sowie sich ständig über ihren Job beschweren, könne man dem nicht zustimmen. Die Überschrift des Artikels lasse bewusst offen, ob es sich bei dem Beschwerdeführer um einen faulen Menschen handele. Auf Grund der Diskussion über das Modell der Lehrerarbeitszeit sei es gerechtfertigt, die Frage zu stellen, wie viel ein Lehrer leisten müsse und was ihm zugemutet werden könne. (2003)

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Sorgfalt missachtet

„Blumen der Erinnerung“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über die Gedenkfeier anlässlich des Erfurter Schulattentats. In dem Artikel heißt es, während der Feier habe die Schuldirektorin als erste und als letzter ein Vertreter der Angehörigen gesprochen. Ein Leser wendet sich Monate nach Erscheinen des Berichts an den Deutschen Presserat. Er moniert, dass seinerzeit die Angabe der zeitlichen Reihenfolge der Redner falsch gewesen sei. Der Vertreter der Angehörigen habe als erster, die Schuldirektorin jedoch als letzte gesprochen. In ihrer Stellungnahme räumt die Chefredaktion der Zeitung ein, dass die Reihenfolge der Namen leider tatsächlich nicht korrekt wiedergegeben worden sei. Den Vorwurf der Geschichtsfälschung, den der Beschwerdeführer erhebt, kann die Redaktion jedoch nicht nachvollziehen. (2003)

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Interpretation einer Studie in einer Fachzeitschrift

Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Agenturmeldung, in der die folgende Passage enthalten ist: „Das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, sei für Frauen mit Hormontherapie, egal ob mit einem oder mehreren Wirkstoffen, um 22 Prozent höher als bei Frauen, die sich einer solchen Behandlung nicht unterzögen.“ Eine Frauenärztin teilt mit, dass diese Interpretation einer in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichten Studie falsch sei. In der Meldung sei das genannte Relativ Risk von 1.00 zu 1.22 unter laufender Hormonanwendung eigenmächtig umgewandelt worden in die Aussage, das Risiko, aufgrund einer Hormonersatztherapie an Brustkrebs zu sterben, läge um 22 Prozent höher. Diese Aussage sei aber nicht statthaft. Die Ärztin wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Agentur teilt mit, sie habe nach dem Hinweis der Beschwerdeführerin die Berichterstattung in ihrer Datenbank gesperrt. Ihr Wissenschaftsredakteur teilt mit, dass der Vorwurf einer Falschmeldung nicht aufrechterhalten werden könne. Die von der Beschwerdeführerin beanstandete Passage liege genau in der Zufallswahrscheinlichkeit von 5 Prozent, also der Grenze zwischen einem statistisch signifikanten und nicht signifikanten Ergebnis. Es sei daher fragwürdig, ob die Passage überhaupt aus der Datenbank gestrichen werden musste. (2003)

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Identifizierbarkeit einer vergewaltigten Frau

In zwei Beiträgen innerhalb einer Woche berichtet eine Lokalzeitung über einen 49jährigen Mann, der wegen der zweifachen Vergewaltigung einer Frau zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden ist. In beiden Artikeln wird erwähnt, dass das Opfer, eine Bekannte des Täters, 46 Jahre alt und von Beruf Kinderärztin sei, zum Zeitpunkt der Tat mit einem ukrainischen Bildhauer verheiratet gewesen sei und selbst auch aus der Ukraine stamme. Zudem sei ihre Abschiebung in die Ukraine auf Grund eines Kirchenasyls verhindert worden. In dem Bericht über den Verlauf der Gerichtsverhandlung wird auch der 12jährige Sohn der betroffenen Frau, der die erste Vergewaltigung miterlebt hatte, mit Details seiner Beobachtungen zitiert. Ein Ehepaar, mit dem Opfer bekannt, legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es ist der Ansicht, dass die Frau durch die Veröffentlichung identifizierbar wird. Sie fühle sich nun zum zweiten Male gedemütigt. Die Beschwerdeführer fragen sich, welche Frau nach Erscheinen dieses Artikels noch den Mut aufbringe, sich gegen den Übergriff eines Mannes juristisch zu wehren. Die Rechtsabteilung des Verlages betont in ihrer Stellungnahme, dass die Entwicklung, die dem Strafverfahren zu Grunde gelegen habe, in der erschienenen Form dargestellt werden musste. Dies gelte insbesondere für die Tatsache, das dem Opfer und seiner Familie seinerzeit Kirchenasyl gewährt worden sei, auch wenn dieser Vorgang mehr als sechs Jahre zurückliege. Nur so werde der Öffentlichkeit der Hintergrund für die skrupellosen und menschenverachtenden Erpressungen der Frau durch den Angeklagten deutlich. Auf Grund der existenziellen Angst des Opfers, dem eine Abschiebung drohte, sei auch nur zu erklären, dass die Frau sich nach der ersten Vergewaltigung ein zweites Mal mit dem Angeklagten in einem Hotel getroffen habe. Eine namentliche Nennung sei ausdrücklich nicht erfolgt, dies gelte auch für eventuelle Abkürzungen. Eine offensichtliche Erkennbarkeit sei daher nicht gegeben. Alleiniger Anknüpfungspunkt könne allenfalls der Vorfall um das Kirchenasyl sein.

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Menschenwürde Behinderter verletzt

Bezeichnung „Arschwarze“

Auf ihrer Satireseite „die wahrheit“ bezeichnet eine Tageszeitung den Leadsänger der Gruppe Pur als einen der hässlichsten Männer der Welt und als „schwäbische Arschwarze“. Wenn das Kotzen einen neuen Namen bräuchte, könnte es Englern heißen. Ein Leser des Blattes schreibt dem Deutschen Presserat, die Formulierung „schwäbische Arschwarze“ verletze die Menschenwürde des Sängers. Die Chefredaktion der Zeitung erläutert, auf ihrer Seite „die wahrheit“ werde mit ironischen und satirischen Seitenhieben das Tagesgeschehen kommentiert. Der Text sei als Reaktion auf ein Interview des Sängers entstanden. Gerade er trete wie wenige Prominente mit privaten Befindlichkeiten an die Öffentlichkeit heran. Daher seien auch andere Anforderungen an den Schutz seiner Privatsphäre zu stellen. Selbst seriöse Nachrichtenagenturen würden in Zusammenhang mit der Gruppe und deren Sänger Attribute wie „tränenrührig“, „seicht“ und „gefühlsduselig“ gebrauchen. Der Sänger ziehe daraus die einzig vernünftige Konsequenz und ignoriere derartige Kritik an seiner Person. (2003)

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Schlagzeile nicht vom Text gedeckt

Unter der Überschrift „Lindhs Mörder – Es war ein Neonazi“ meldet eine Boulevardzeitung die Festnahme des mutmaßlichen Mörders der schwedischen Außenministerin Anna Lindh. Dem Text beigestellt ist ein Foto eines Mannes, der am Tatort von einer Videokamera erfasst worden ist und bei dem es sich angeblich um den Festgenommenen handele. Im Innern des Blattes wird die Berichterstattung unter der Überschrift „Lindh-Mörder – ein Neonazi“ mit der Unterzeile „Die Polizei schnappt den Killer aus dem Kaufhaus / 35-jähriger stammt aus dem rechtsradikalen Milieu“ fortgesetzt. Im Text wird durchgehend von einem „mutmaßlichen Mörder“ gesprochen, dem politische Motive unterstellt werden. Er solle Kontakte zu führenden Neonazis haben. Eine Woche später teilt die Zeitung unter der Überschrift „Lindh-Mord: Plötzliche Wende“ mit, dass der bisher Verdächtigte frei sei. Diesmal nennt sie den vollen Namen des Mannes, zeigt sein wirkliches Foto und zitiert die zuständige Staatsanwältin: „Er ist von jedem Verdacht frei“. Von einer neuen Festnahme ist die Rede. Wiederum wird der Mann auf dem Videoband gezeigt. Ein Rechtsanwalt sieht die grundlegenden Prinzipien einer verantwortlichen, korrekten Berichterstattung missachtet und trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Ohne Einschränkung werde die Person, die am Tatort auf Video aufgenommen worden sei, durch die plakative Überschrift als überführter Täter und Neonazi dargestellt. In dem Bericht werde verschwiegen, dass es keine konkreten Beweise gebe. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Meinung, dass sie in zulässiger Weise über den Tatverdächtigen berichtet habe. Der Betreffende sei nicht identifizierbar. Es werde kein Name genannt, sondern lediglich von einem 35jährigen Mann gesprochen. Die Überschrift des Beitrags dürfe man nicht losgelöst vom Text betrachten, sondern im Zusammenhang mit dem Artikel. Die Verwendung des Konjunktivs im Vorspann mache deutlich, dass es sich um einen Tatverdächtigen handele, der Kontakt zu Neonazis haben solle. Auch in der Fortsetzung des Artikels auf den Seiten 4 und 5 sei von einem „mutmaßlichen Mörder“ die Rede. Man habe zudem sofort, als es einen neuen Hauptverdächtigen gab, über diese plötzliche Wende berichtet. Dabei sei klargestellt worden, dass der bisherige Tatverdächtige von jedem Verdacht frei sei. (2003)

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Werbung für Medikamente

Eine Wochenzeitung, Programmbeilage von Tageszeitungen, veröffentlicht in einer Folge von Ausgaben Gesundheitstipps eines Arztes. Dieser empfiehlt in seinen Kolumnen ein bestimmtes Anti-Aging-Mittel, ein Nasenspray, ein Impulshomöopathikum, Dragees gegen Vitalstoff-Mangelzustände oder ein Medikament gegen Sinusitis-Beschwerden. In einer der Ausgaben ist eine komplette Seite mit dem Titel „Gesundheit“ enthalten, auf der auf bestimmte Pharma-Produkte wie Thermalwasser, Schlafmittel, Kakaogetränk bzw. eine Wirkstoffkombination für Magen- und Darmprobleme hingewiesen wird. Ein Leser sieht in den Beiträgen Werbung für konkrete Arzneimittel und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Texte hätten seiner Meinung nach als Anzeigen gekennzeichnet werden müssen. Er habe sich bereits 1988 über eine ähnliche Vorgehensweise des Blattes beschwert. Damals habe der Beschwerdeausschuss des Presserats eine Rüge ausgesprochen. Die Chefredakteurin der Zeitung erklärt, ihre Redaktion verwerte Nachrichten aus dem Pharmabereich dann, wenn sie neu seien oder es eine neue Studie dazu gebe. Nach diesen Gesichtspunkten würden auch die Kolumnen des Arztes ausgewählt. Die Chefredaktion halte diese Form der Berichterstattung für ein wichtiges Service-Element im Blatt, um die Leser schnell, hilfreich und zeitnah – auch über Pharmathemen – zu informieren. (2003)

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