Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Veröffentlichung in Absprache

Unter der Überschrift „Bayern-Star Deisler – Sein Leben in der Psycho-Klinik“ beschreibt eine Boulevardzeitung Aufenthalt und Behandlung des Fußballspielers Sebastian Deisler in einer Psychiatrischen Klinik. In einer Schlagzeile zu einem Foto, das den 23-jährigen Bayern-Spieler während eines Bundesligaspiels zeigt, wird die Frage gestellt: „Wann sehen wir ihn wieder so?“. Der Beitrag ist reich illustriert, u.a. mit einem Foto der schwangeren Deisler-Freundin. Eine Leserin des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie sieht die Persönlichkeitsrechte Deislers und die seiner Freundin verletzt. Laut Richtlinie 8.2 genieße der Aufenthalt in einer Klinik einen besonderen Schutz. Im vorliegenden Fall sei nicht der Fußballspieler, sondern der Mensch Sebastian Deisler von einer Krankheit betroffen. Zudem sei „Psycho-Klinik“ eindeutig eine abwertende Bezeichnung. In ihrer Stellungnahme teilt die Rechtsabteilung des Verlages mit, dass die Veröffentlichung in Absprache mit dem Fußballspieler und dessen Rechtsanwalt erfolgt sei. (2003)

Weiterlesen

Internetseite kritisiert

Unter der Rubrik „Passiert – notiert – glossiert“ beschäftigt sich eine Regionalzeitung mit einer mittlerweile geschlossenen Internetseite, auf der „Hasstiraden“ u. a. gegen einen Rechtsanwalt und ehemaligen Kommunalpolitiker veröffentlicht worden seien. Der Autor spekuliert, ob die „Forenmasterin“ dabei ihr eigenes, persönliches Süppchen koche oder (auch) als Strohfrau für jemand anderen diene. Die Interna aus nichtöffentlichen Sitzungen kommunaler Gremien und die Kenntnisse über so genannte „Vorkommnisse“ in der Stadtverwaltung, die man als „Skandal“ hinstelle, ließen darauf schließen. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt die genannte „Forenmasterin“, dass sie durch die Vielzahl detaillierter Angaben in dem Artikel für die Leser identifizierbar geworden sei. Für die Seite sei nicht sie, sondern ein anderer verantwortlich gewesen. Sie fühle sich in ihrer Ehre verletzt, da sie für angebliche Hasstiraden verantwortlich gemacht und ihr unterstellt werde, sie könnte als „Strohfrau“ für einen anderen gedient haben. Weiterhin werde suggeriert, dass ihr Lebensgefährte Kenntnisse aus nichtöffentlichen Sitzungen des Finanzausschusses, dem er als Gemeinderat angehöre, in dem Forum veröffentlicht habe. Der Redaktionsleiter der Zeitung ist der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin in der Glosse nur für einen internen Kreis von Kennern der heimischen Kommunalpolitik erkennbar werde. Die Zeitung habe Informationen, welche die in der Glosse vertretene Meinung unterstützten, auch wenn die Betroffene dies nicht so sehe. Nach Erscheinen der Glosse sei der Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährten die Möglichkeit zu Gesprächen mit der Redaktion gegeben worden. In zwei Artikeln sei danach über die Sicht der beiden berichtet worden. (2003)

Weiterlesen

Falsche Bildunterzeile

„Israels Armee rückt mit Panzern in Nablus ein“ meldet eine Tageszeitung. Dem Artikel ist ein Foto mit folgender Unterzeile beigestellt: „Falsch verstandener Beweis der Männlichkeit: Ein jugendlicher Palästinenser bewirft vor Publikum im Tränengasnebel einen israelischen Panzer mit Steinen“. Ein Leser des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Bildunterzeile falsch sei. Der Junge werfe nicht mit Steinen, sondern habe eine Tränengasgranate aufgehoben, um sie zurückzuwerfen. Die Unterzeile sei zudem diskriminierend, da suggeriert werde, dass palästinensische Jugendliche Steine werfen. Der Ressortleiter Außenpolitik der Zeitung räumt ein, dass die Bildunterzeile in der Tat nicht korrekt sei. Dies beruhe auf einem Versehen. Man habe vor Produktionsschluss ein anderes Bild durch dieses ersetzen müssen. Dadurch sei offenbar der Fehler passiert. Dies bedauere man. Ein Schreiben gleichen Inhalts habe man an den Beschwerdeführer geschickt. (2003)

Weiterlesen

Homepage kritisiert

In mehreren Artikeln berichtet eine Boulevardzeitung über pädophile Tendenzen auf der Homepage einer sogen. Jugendselbsthilfe. In dem ersten Beitrag heißt es, auf der Homepage werde über freie Liebe aufgeklärt. Sie sei über ein bekanntes Pädophilen-Portal leicht zu finden. In dem zweiten Artikel wird mitgeteilt, dass auf der Homepage zu Sex mit Kindern aufgerufen werde. In der dritten Veröffentlichung wird ein Professor, der für die Jugendselbsthilfe verantwortlich zeichnet, interviewt. Dabei wird die strittige Homepage als „Kindersex-Seite“ bezeichnet. Der betroffene Professor wendet sich an den Deutschen Presserat und beklagt eine Falschberichterstattung. Die Homepage seiner Jugendselbsthilfe sei keine „Kindersex-Seite“. Zudem sieht er eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts, da sein Foto aus der Internetseite seiner Fachhochschule kopiert und ohne sein Wissen in den Beitrag eingeklinkt worden sei. Zwei Mitglieder der Jugendselbsthilfe beschweren sich gleichfalls. Sie kritisieren ebenfalls falsche und ehrverletzende Aussagen in den Artikeln. So würde auf der Homepage nicht über freie Liebe aufgeklärt. Die Seite enthalte auch keinen Aufruf zu Sex mit Kindern. Weiterhin sei sie auch nicht über ein Pädophilen-Portal leicht zu finden. Die Rechtsabteilung des Verlages weist darauf hin, dass die Beschwerdeführer auf den durch sie publizierten Internetseiten das freie Selbstbestimmungsrecht der Kinder ab 12, u. a. auch „das Recht auf Liebe, gewaltfreien Sex und Zärtlichkeit nach eigenen Vorstellungen und freien Vereinbarungen wie und mit wem auch immer“ forderten. Dies sei eine gesellschaftlich nicht vorherrschende Auffassung, die den Gesetzen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zuwiderlaufe. Der Vorgang sei um so brisanter, als zumindest der beschwerdeführende Professor in seiner Funktion als Hochschullehrer eine Vorbildfunktion habe. Verfasser solcher provokativer Mindermeinungen müssten gerade in der heutigen Zeit, in der eine Verstärkung des Jugendschutzes immer wieder öffentlich diskutiert werde, auch öffentliche Kritik hinnehmen. Die Rechtsabteilung betont, dass die Beschwerdeführer durch die Redaktion vor der Berichterstattung mit den darin geäußerten Vorwürfen konfrontiert und später auch entsprechend zitiert worden seien. (2003)

Weiterlesen

Kannibalismus

Unter der Schlagzeile „Der irre Kannibale – Wird er jetzt auch noch reich?“ berichtet ein Boulevardblatt über den dritten Prozesstag im Verfahren gegen einen 42-jährigen Computertechniker, dem die Anklage vorwirft, einen 43-jährigen Diplomingenieur erstochen, zerstückelt und teilweise gegessen zu haben. Der „Menschenfresser“ sitze in seiner Einzelzelle im Gefängnis und schreibe an seinem Buch über die „Schlachtung“, meldet die Zeitung. Das Blatt zitiert den Anwalt des Angeklagten, wonach dieser Angebote erhalten habe, seine Geschichte zu verfilmen. Dabei solle es um Millionen gehen. In dem Bericht wird über die Tat selbst u. a. wie folgt berichtet: „Danach schlachtete der Kannibale sein Opfer bewusst bei lebendigem Leibe“. Per Foto wird ein Vergleich des Täters mit dem Kannibalen in dem Film „Das Schweigen der Lämmer“, Hannibal Lecter, dargestellt von Anthony Hopkins, hergestellt. Dieselbe Darstellung findet sich auch im Online-Angebot der Zeitung. Eine Leserin nimmt die Veröffentlichungen zum Anlass einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Darstellung sei unangemessen sensationell und berücksichtige auch nicht den Schutz der Jugend. Einzelheiten der Ermordung des Opfers, z. B. die Amputation von Gliedmaßen und die Tötung bei lebendigem Leib, werde mit reißerischen Begriffen wie z. B. Menschenfressern und Schlachtung in Zusammenhang gebracht. Der übertrieben sensationelle Charakter des Artikels werde durch die zusätzliche Fotogalerie „Das sind die blutigsten Menschenfresser der Welt – klicken Sie hier“ noch untermauert. Zudem stelle der Vergleich des Täters mit dem Filmkannibalen Hannibal Lecter in ihren Augen eine Jugendgefährdung dar, da er Realität und Film miteinander in Verbindung bringe und somit eine gewaltverherrlichende Wirkung besonders bei Jugendlichen hervorrufe. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Indem sie sich über die Worte „Schlachtung“ und „Menschenfresser“ beschwere, verkenne die Beschwerdeführerin, dass die Wortwahl zutreffend das außergewöhnliche und einmalige grausame Wirken des „Kannibalen“ wiedergebe, ohne hierbei zu übertreiben. Für die Tat gebe es keine andere Begriffswahl. Im Zusammenhang mit dem Prozess sei in der Öffentlichkeit auch über die „Vorbildfunktion“ von Horrorfilmen diskutiert worden. Vor diesem Hintergrund sei die kritische Auseinandersetzung mit dem erfolgreichen Horrorfilm „Das Schweigen der Lämmer“ publizistisch vertretbar. Die Zusammenfassung des in der Verhandlung vorgespielten Videos halte sich im Rahmen zulässiger Berichterstattung, da diese Aufzeichnung zu den wichtigsten Beweismitteln zähle. Die Presse müsse ihrem Informationsauftrag nachkommen. (2003)

Weiterlesen

Intimsphäre einer Kranken verletzt

Unter der Überschrift „Mann mit Herz“ stellt eine Zeitschrift fest, dass ein bekannter deutscher Fernsehmoderator auch in punkto Mitgefühl ein Ass sei. In dem Beitrag wird positiv über das soziale Engagement des TV-Unterhalters berichtet und hervorgehoben, dass er sich auch liebevoll und besorgt um seine Mutter kümmere. Diese habe in den letzten Jahren immer öfter geistige Aussetzer gehabt. Schließlich habe sich die Befürchtung zur Gewissheit verdichtet, dass sie an Alzheimer leide. Irgendwann habe sie ihren Sohn nicht mehr erkannt. Der Showmaster habe das Unmögliche möglich machen und seine Mutter zu sich nehmen wollen. Doch Ärzte und Freunde hätten ihn umgestimmt. So habe er seine Mama in eine Pflegegruppe gegeben, in die sie sogar ihre Möbel habe mitbringen können. Er besuche sie dort ganz oft. Denn von ihm zu ihr seien es nur 24 Minuten, habe er gestoppt. Dem Artikel beigestellt sind zwei Bilder. Beide zeigen den Moderator, einmal zusammen mit seiner Lebensgefährtin, dann in jungen Jahren mit seinen Eltern auf der Gartenterrasse. Der Anwalt von Mutter und Sohn beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Verletzungen des Privat- und Intimlebens. Die detaillierte Schilderung der Alzheimer-Erkrankung der Mutter und deren Unterbringung verstoße gegen die Richtlinien 8.2 und 8.4, wonach Pflege-, Kur- und Rehabilitationsorte besonderen Schutz genießen und Krankheiten in die Geheimsphäre des Betroffenen gehören. Die Berichterstattung darüber sei auch nicht durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt, denn die Mutter des Showmasters sei keine Person der Zeitgeschichte. Das Fotomaterial sei Anfang der 80er-Jahre allein zur einmaligen Veröffentlichung in einer Publikumszeitschrift freigegeben worden. Vor diesem Hintergrund verletze die Veröffentlichung des Artikels und der Bilder auch Ziffer 4 des Pressekodex. Der Anwalt sieht auch die Intimsphäre des Sohnes massiv verletzt. Es sei klar, dass über die Erkrankung der Frau niemals berichtet worden wäre, wenn es sich bei deren Sohn nicht um eine außerordentlich bekannte Persönlichkeit des deutschen Fernsehens handeln würde. Das Ziel der Auflagensteigerung sei unter dem Deckmantel des Mitleides mit dem TV-Star und dessen Mutter verfolgt worden. Das Zitat des Sohnes bezüglich der Entfernung zwischen seinem Haus und dem Heim seiner Mutter sei völlig frei erfunden. Die Beziehung eines Sohnes zu seiner Mutter, insbesondere im Fall der schweren Erkrankung der Mutter, gehöre eindeutig zur Intimsphäre auch des Sohnes. Obwohl es sich bei dem Moderator um eine Person der Zeitgeschichte handeln möge, sei nicht ersichtlich, in welcher Weise die Erkrankung der Mutter die öffentlichen Interessen berühre. Die Rechtsvertretung des Verlages gesteht ein, dass die Zeitschrift bei ihrer Berichterstattung auf die Zulässigkeit der Vorberichterstattung in anderen Publikationen vertraut habe. Das Terrassenfoto sei regulär von einer Bildagentur in der üblichen Art und Weise angeboten worden. Es habe keinen Hinweis darauf gegeben, dass dieses Bildmaterial gesperrt sei oder die Rechtssituation unsicher erscheine. Für die Berichterstattung seien Informationen aus vorangegangenen Zeitungsberichten übernommen worden. Diese Informationen seien unbestritten richtig mit Ausnahme des in dem Artikel wiedergegebenen Zitats des TV-Stars „Von uns zu ihr sind es nur 24 Minuten“. Diesbezüglich seien bereits eine Gegendarstellung sowie ein freiwilliger Widerruf gedruckt worden. Da Verlag und Redaktion von Beginn des Konfliktes an darum bemüht gewesen seien, die von dem Moderator zum Ausdruck gebrachte Betroffenheit über die Berichterstattung auszugleichen, seien mehrere Unterlassungserklärungen und Entschuldigungen ausgesprochen worden. Der Anwalt sieht das Motiv der Beschwerde in der Weigerung des Verlages, im Rahmen eines Vergleiches sämtliche geltend gemachten Anwaltskosten des Beschwerdeführers zu erstatten. Diese Anwaltskosten seien neben einem für einen sozialen Zweck zu leistenden Spendenbetrag Bestandteil eines Vergleichsangebots des Beschwerdeführers gewesen. Da die geltend gemachten Anwaltskosten vom Anwalt des Verlages für überhöht gehalten wurden, sei ein Gegenangebot gemacht worden, das einen geringeren Betrag an Anwaltsgebühren, dafür aber einen höheren Spendenbetrag enthielt. Die Summe beider Angebote seien damit wirtschaftlich in etwa gleichwertig gewesen. Der Beschwerdeführer habe diesen Vergleich jedoch abgelehnt. (2003)

Weiterlesen

Ausbreitung privater Streitigkeiten mit Namensnennung

Eine Lokalzeitung berichtet über eine Kontroverse zwischen zwei heimischen Fußballtrainern. Der eine hatte vom anderen Geld geliehen und dieses nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgezahlt. Gegen einen Strafbefehl hatte der säumige Sportsfreund Einspruch eingelegt und war in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren von dem Vorwurf des Betrugs freigesprochen worden. Da der Betroffene beim Empfang der erbetenen Summe in Höhe von 15.000 Mark seine schlechte finanzielle Situation nicht verschwiegen hatte, konnte der Richter keine Täuschung und somit auch keinen Betrug erkennen. Die Zeitung nennt beide Kontrahenten mit vollem Namen und behauptet in ihrer Überschrift, dass der Gläubiger vor Gericht ins Abseits gelaufen sei. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht sich durch die Nennung seines vollständigen Namens in Überschrift und Text in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, zumal er in dem gerichtlichen Verfahren weder Beschuldigter noch Angeklagter gewesen sei. Die Redaktion der Zeitung ist anderer Ansicht. Beide Trainer seien zwei im Landkreis und darüber hinaus bekannte Größen des regionalen Fußballsports. Die Elf des Beschwerdeführers werde in jedem Spielbericht der lokalen Presse in Verbindung mit dem Namen ihres Trainers genannt. Der Spielertrainer stehe als entscheidende Figur innerhalb der Mannschaft im Blickpunkt der am Sport interessierten Leserschaft. Eine finanzielle Transaktion zwischen zwei derart bekannten Persönlichkeiten des regionalen Sports, die zu einem Strafverfahren gegen einen der Beteiligten geführt habe, sei genauso wie die sportlichen Ereignisse von großem öffentlichen Interesse. Daher sei es auch legitim, den Zeugen beim Namen zu nennen. Die Redaktion räumt allerdings ein, dass die Überschrift nicht unbedingt glücklich formuliert worden sei. Sie könne unter Umständen auch missverstanden werden, da sich allein aus ihr nicht ableiten lasse, welcher Sachverhalt mit dieser Formulierung umschrieben werden solle. Der Tatbestand einer Entstellung oder Verfälschung des Textinhalts werde durch die gewählte Überschrift jedoch nicht verwirklicht. (2003)

Weiterlesen

Esoteriker beim Namen genannt

Unter der Überschrift „Gutbürgerliche im Dämmerlicht“ veröffentlicht eine Lokalzeitung einen kritischen Bericht über einen Verein und dessen esoterisches Zentrum in einer Ortschaft der Region. Sie erwähnt, dass sich die Vereinsmitglieder dort treffen, um die Stimme „Boaos“ zu hören, der eine apokalyptische Zukunft verheiße. Beispielhaft werden einige Vorhersagen „Boaos“ dargestellt und es wird berichtet, dass diese als Prognosen des „Instituts für Mediale Zukunftsforschung“ dokumentiert werden. Zitiert werden sowohl positive Äußerungen von Mitgliedern des Vereins als auch skeptische Meinungen von Außenstehenden. Unter vollständiger Nennung der Namen und unter Angabe hauptberuflicher Tätigkeiten werden der Leiter des esoterischen Zentrums und andere in verantwortlicher Position dort tätige Personen erwähnt. Drei der Betroffenen beanstanden in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht und eine Diffamierung ihrer Bekenntnisse. Die Reporter der Zeitung hätten ihrer Bitte, auf Namensnennungen zu verzichten, nicht entsprochen. Zitate aus Veröffentlichungen von Prognosen des Vereins seien sinnentstellend wiedergegeben worden. Durch das Unterlassen eines Hinweises darauf, wie wenig genau kurzfristige Voraussagen sein könnten, gebe die Zeitung den von ihr zitierten Prognosen einen völlig anderen Sinngehalt und verfälsche deren Aussage. Eine Beschwerdeführerin, die in dem Zentrum Kindererziehung lehrt und Eltern berät, sieht insbesondere ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Ihre persönlichen Daten seien marktreißerisch und sensationslüstern bekannt gegeben worden. Durch die Bezeichnung „Anhänger“ werde das Zentrum mit Sekten in Verbindung gebracht. Es handele sich dabei jedoch um einen Verein, der ein Seminarhaus betreibe und verschiedenen Referenten die Möglichkeit biete, Seminare in eigener Verantwortung durchzuführen. Insgesamt handele es sich bei der Veröffentlichung um eine Diffamierung von Personen und Institutionen, Täuschung der Öffentlichkeit und Verletzung der Menschenwürde in erheblichem und besorgniserregendem Ausmaße. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe mit ihrem Beitrag nicht für das „Zentrum“ werben, vielmehr den Leserinnen und Lesern aus gebotener Distanz eine Einordnung ermöglichen wollen. Die Namen der genannten Mitglieder des Vereins seien in einem Prospekt mit der Überschrift "Wir hören die Botschaften der geistigen Welt" nachzulesen. Mit diesem Flyer würden die Betroffenen unter Angabe ihres vollen Namens und ihrer beruflichen Tätigkeit werben. Aus den „Boao“-Botschaften sei eine repräsentative Auswahl getroffen worden, die Veröffentlichung aller 167 Prognosen entspreche nicht journalistischen Gepflogenheiten. Die Darstellung der Berufe sei auch nicht „marktreißerisch-sensationslüstern“. Sie dokumentiere vielmehr, aus welcher gesellschaftlichen Schicht die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft kommen. (2003)

Weiterlesen

Namensgleiche Leserbriefschreiber

Eine Männerzeitschrift veröffentlicht unter der Rubrik „Sexfrage des Monats“ eine Leserfrage. Als Verfasser dieser Leserfrage wird der volle Name sowie der Wohnort des Beschwerdeführers angegeben. Dieser beschwert sich darüber, dass die Zeitschrift den Leserbrief mit seinem Namen und seinem Wohnort gekennzeichnet habe, obwohl er niemals einen Leserbrief an die Redaktion geschickt habe. Auf telefonische und schriftliche Anfrage sei ihm erklärt worden, dass via Internet ein Kontaktformular ausgefüllt worden sei, wobei sein Name und die komplette Adresse sowie Telefonnummer und E-Mail-Adresse ganz offenbar von einem ihm unbekannten Scherzbold eingegeben worden seien. Der Beschwerdeführer fühlt sich durch die Veröffentlichung in seinem Persönlichkeitsrecht und in seiner Privat- und Intimsphäre verletzt, da diese Angelegenheit - hervorgehoben durch die „Sexfrage des Monats“ - unter die Gürtellinie gehe. Die Redaktion teilt mit, dass sie bei der ersten telefonischen Nachfrage des Beschwerdeführers noch davon ausgegangen sei, es habe sich um einen Scherz eines Freundes gehandelt. Hinterher habe sich jedoch herausgestellt, dass es sich um einen Fall von Namens- und Wohnortgleichheit gehandelt habe. Die von der Zeitschrift abgedruckte Frage sei wirklich von einem Mann mit identischem Namen aus derselben Stadt an sie gerichtet worden mit der Bitte, sie im Heft auch unter Nennung seines Namens zu beantworten. Dieser Mann habe den Sachverhalt sowie sein Einverständnis mit Veröffentlichung auch schriftlich bestätigt. Diese Bestätigung habe die Redaktion dem Anwalt des Beschwerdeführers in Kopie zukommen lassen und gleichzeitig ihr bereits zuvor gemachtes Angebot aufrecht erhalten, durch den Abdruck eines von dem Beschwerdeführer geschriebenen Leserbriefes die Verwechslung aufzudecken. Hierauf habe der Beschwerdeführer nicht reagiert. (2003)

Weiterlesen

Vorverurteilung

Der Bürgermeister einer Gemeinde hat Krach mit dem Feuerwehrchef. Eines Nachts gibt es eine tätliche Auseinandersetzung. Die örtliche Zeitung berichtet unter der Überschrift „Im Griff des Würgermeisters“. In der Unterzeile heißt es: „Ortsbürgermeister tritt und würgt Feuerwehrchef“. Eine im Beitrag veröffentlichte Zwischenzeile lautet: „Wer wird das nächste Opfer sein?“ Der betroffene Bürgermeister sieht sich durch diesen Artikel sowie die nachfolgende Berichterstattung an den Pranger gestellt. Sie sei einseitig und ehrverletzend. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass es unstrittig sei, dass der Bürgermeister den Feuerwehrchef attackiert habe. Nach abschließender, auch vom Beschwerdeführer akzeptierter Wertung der Staatsanwaltschaft habe der Kommunalpolitiker seinen Kontrahenten „angefasst, umgeworfen und gewürgt“. Als die Zeitung berichtet habe, sei der Vorfall schon längst Ortsgespräch gewesen. Der Begriff „Würgermeister“ beruhe auf öffentlichen Korrespondenzen im Internet. Zudem sei er als Zitat in Anführungszeichen gesetzt gewesen. Die Redaktion habe versucht, den Beteiligten eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese habe der Bürgermeister jedoch nicht wahrgenommen, wohl aber der Feuerwehrchef. Dessen Stellungnahme sei veröffentlicht worden. In der Folge sei sachgerecht über den Stand des Ermittlungsverfahrens gegen den Bürgermeister berichtet worden. In diesem Zusammenhang sei auch eine Erklärung von ihm ausführlich und umfassend aufgegriffen worden. Insgesamt, so die Chefredaktion, habe die Zeitung ein plurales Bild der Einschätzungen und Geschehnisse gezeichnet. (2003)

Weiterlesen