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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Fotos von Terroropfern

„Wird die Welt jetzt sicherer?“ fragt eine Boulevardzeitung in ihrer Schlagzeile zu einem Artikel über den Bombenterror in Bagdad. Dem Beitrag sind einige Fotos beigestellt, die u.a. zwei Leichen sowie einen vor Schmerzen schreienden Menschen zeigen. In der Unterzeile heißt es: „Die blutüberströmten Leichen eines Mannes und eines Kindes liegen vor einer Polizeiwache bei Bagdad. Auf dem Foto links schreit ein Mann vor Schmerzen. 17 Menschen wurden getötet, als ein Selbstmord-Attentäter wenige Stunden nach der Festnahme Saddams eine Bombe zündete“. Ein Leser des Blattes stellt in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat fest, dass die beiden Toten gut zu erkennen seien. Solche Fotos gehörten seiner Meinung nach nicht in die Zeitung. Die Angehörigen der verstorbenen Personen wollten sicherlich nicht solche Fotos sehen. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet, da der Abdruck der Fotos im Rahmen der Berichterstattung über die Eskalation des Irak-Krieges nicht gegen Ziffer 11 des Pressekodex verstoße. Weder die Platzierung auf Seite 4 noch die schwarzweißen und äußerst grobkörnigen Aufnahmen in ihrer verpixelten, detailfreien „Qualität“ hätten irgendeine reißerische oder sensationelle Konnotation. Sie seien lediglich eine Bestandsaufnahme des täglichen Sterbens in der irakischen Hauptstadt. Der Chefredakteur verweist darauf, dass die Verhaftung Saddam Husseins die Hauptschlagzeile des Tages gewesen sei und seine Zeitung sich zu diesem Thema auf vier Seiten geäußert habe. Der Nahostexperte Peter Scholl-Latour habe im Blatt vor der Hoffnung gewarnt, dass die Verhaftung zur sofortigen Befriedung des Iraks führen würde. Genau diese Einschätzung illustrierten die Fotos vom Bombenanschlag wenige Stunden nach der Verhaftung. Sie machten auf einen Blick deutlich, dass der Krieg gegen Saddam zwar gewonnen worden, die Zukunft des Iraks aber ungewiss sei und dass weiterhin Menschen sterben würden. Die Reduzierung eines Sachverhalts auf seine Essenz – in diesem Fall: das Sterben im Irak dauere trotz Saddams Verhaftung an – gelinge nur durch Fotos. Eine bloße Meldung über die neuen Bombenopfer hätte nicht einmal ansatzweise vergleichbare Wirkung gehabt. Angesichts der Bedeutung des Irak-Konflikts für die Golfregion, aber auch für die gesamte westliche Welt sei daher der Abdruck der beanstandeten Aufnahmen notwendig, um das Ausmaß der Gewalt im Irak und dessen Entwicklung klar und angemessen zu dokumentieren. Demgegenüber sei auch der weitere Vorwurf der mangelnden Pietät journalistisch ohne Belang. Entscheidend sei allein, ob der Informations- und Verdichtungsgehalt eines Fotos das öffentliche Interesse an seinem Abdruck rechtfertige. Beides sei im Fall der beanstandeten Aufnahmen gegeben. (2003)

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Ermittlungsverfahren

In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat wehrt sich der ehemalige Vorsitzende des Aufsichtsrates eines deutschen Bundesligavereins gegen seine Vorverurteilung durch die Zeitung am Ort. Das Blatt hatte über die Festnahme des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden berichtet und in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die Staatsanwaltschaft Anfang nächsten Jahres auch den Beschwerdeführer wegen Untreue und Steuerhinterziehung anklagen wolle. Vorstandsvorsitzender, Aufsichtsratsvorsitzender und ein weiteres Vorstandsmitglied hätten jeweils mehrere dieser Taten begangen. In einem Kommentar zu diesem Beitrag im Regionalteil des Blattes war festgestellt worden, dass die drei Betroffenen seit der Ankündigung der Staatsanwaltschaft, dass Anklage erhoben werde, als mutmaßliche (Wirtschafts-) Kriminelle gelten. In einem weiteren Beitrag hatte die Zeitung den zuständigen Oberstaatsanwalt mit der Mitteilung zitiert, Mitte Januar lägen die Ermittlungen des Landeskriminalamtes und der Steuerbehörden vor. Danach erfolge die Anklage wegen Untreue und Steuerhinterziehung. Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende beklagt, dass er in dieser Berichterstattung bereits als Schuldiger hingestellt worden sei, obwohl es noch keine Gerichtsverhandlung gegeben habe und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen keinen der drei Beschuldigten abgeschlossen seien. Der Beschwerdeführer fügt seiner Beschwerde eine Stellungnahme der zuständigen Staatsanwaltschaft bei, in der diese mitteilt, dass sie entgegen der Berichterstattung der Zeitung nicht die Auskunft erteilt habe, dass die Beschuldigten nach Abschluss der Ermittlungen angeklagt würden. Die Staatsanwaltschaft habe auch nicht behauptet, dass die Beschuldigten die ihnen zum Vorwurf gemachten Taten auch begangen hätten. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Die Redaktion habe im Zusammenhang mit den Vorgängen um den Beschwerdeführer und die beiden anderen Manager des Bundesligavereins im Hinblick auf die bevorstehende Anklageerhebung nichts berichtet, was ihr – oder auch Vertretern anderer Medien – nicht von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden sei. Die Chefredakteur benennt einen Redakteur, der seinerzeit auf Anfrage von der Staatsanwaltschaft die Mitteilung erhalten habe, dass gegen die drei betroffenen Vereinsmanager Anklage erhoben werde. Der Kollege erinnere sich an diese Aussage sehr genau, weil ihn diese Äußerung aus zwei Gründen überrascht habe. Zum einen habe sich die Staatsanwaltschaft zuvor stets sehr zurückhaltend zur Frage einer möglichen Anklageerhebung verhalten. Zum anderen habe sich der Redakteur darüber gewundert, dass es bei der Frage einer eventuellen Anklageerhebung auch um den Beschwerdeführer gegangen sei, der nach dem damaligen Kenntnisstand des Mitarbeiters nicht so sehr im Kreuzfeuer der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gestanden habe. Der Redakteur erinnere sich daher sehr genau an seine ausdrückliche Nachfrage, ob sich die zu erwartende Anklage auch gegen den Beschwerdeführer richten werde. Die Staatsanwaltschaft habe dies daraufhin bejaht. Über den Verlauf dieses überraschenden Telefonats habe er auch einem Kollegen berichtet, was dieser wiederum bezeugen könne. Die Erklärung, dass die Staatsanwaltschaft in dem laufenden Ermittlungsverfahren mitgeteilt habe, gegen alle drei Herren werde Anklage erhoben, belegt die Chefredaktion mit entsprechenden Aussagen in einer Rundfunksendung und Online-Veröffentlichungen von Anfang Dezember 2003 an. Die Chefredaktion sieht darin den Beweis, dass die Berichterstattung über den Beschwerdeführer auf Informationen der Staatsanwaltschaft beruhten, damit der Wahrhaftigkeit entsprachen und keine Vorverurteilung enthalten haben. (2003)

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Bezeichnung „Aussiedler“

„Freundin starb bei Sturz aus dem Fenster“ überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Mann, der wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde. In der Unterzeile und im Text wird der Täter als „Aussiedler“ bezeichnet. Ein Leser sieht darin eine Diskriminierung, da kein begründeter Sachzusammenhang zur Tat vorliege. Daher hätte die Nennung der Zugehörigkeit des Täters zur Minderheit der Aussiedler unterbleiben müssen. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der kritisierten Zeitung verweist auf seine diversen Stellungnahmen, die er dem Presserat „aufgrund der kampagnenartigen Beschwerden des unsäglichen Uwe T. aus L.“ habe zukommen lassen. Der Standpunkt der Zeitung, „den inzwischen auch die Redaktionen zahlreicher renommierter Zeitungen und Magazine teilen und in ihrer Berichterstattung und Kommentierung dementsprechend deutlich werden lassen“, sei eindeutig. (2003)

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Geschichte eines Zeitungsverlages

Aus Anlass ihres 200jährigen Bestehens veröffentlicht eine Regionalzeitung eine Jubiläumsausgabe. Darin nimmt der Herausgeber des Blattes unter der Überschrift „Eine gute Zeitung fällt nicht vom Himmel“ unter anderem zu der Situation des Verlags in der NS-Zeit Stellung. In einem der weiteren Beiträge wird die Recherche der Zeitung beschrieben, die den Skandal um den Bau der städtischen Müllverbrennungsanlage aufgedeckt habe. Was zuerst in der eigenen Zeitung gestanden habe, heißt es in der Unterzeile zu den Fotos der drei Rechercheure, sei bundesweit zu einem Thema geworden. Im folgenden Jahr veröffentlicht das Verlagshaus eine kostenlose Sonderausgabe ihres Boulevardblattes zum 70. Jahrestag der Machtergreifung durch die Nazis. Die 16-seitige Publikation enthält verschiedene kritische Artikel über das Leben im Verlagsort während des Nationalsozialismus. In einem Beitrag unter der Überschrift „Mut zur Demokratie – zum Wohle der Mehrheit“ äußert sich der Herausgeber zu Nachwirkung und Bedeutung der Zeit zwischen 1933 und 1945. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Zeitung moniert in einer umfänglichen Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass beide Publikationen gegen den Pressekodex verstoßen. In der Sonderausgabe zum 70. Jahrestag der Machtergreifung durch die Nazis werde teilweise detailliert das Verhalten der Stadtprominenz während des Dritten Reiches beschrieben. Der Beschwerdeführer zählt viele Beispiele dafür auf, dass die Rolle des Zeitungshauses in dieser Zeit unerwähnt bleibt. So werfe die Zeitung heute dem damaligen Bürgermeister der Stadt zu Recht vor, als „Wendehals“ durch Eintritt in die NSDAP Karriere gemacht zu haben, sie unterschlage aber, dass auch der Vater des jetzigen Herausgebers 1937 in die NSDAP eingetreten sei und dies im Entnazifizierungsverfahren verschwiegen habe. In der Jubiläumsausgabe erkläre der Herausgeber und Verleger nicht, warum der Verlag nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten keinen Lizenzvertrag erhalten habe. In dem Beitrag über den Skandal um die Müllverbrennung der Stadt sei nicht erwähnt, dass der Mitarbeiter einer Stadtzeitung bereits im Oktober 1995 die typisch korruptive Situation vor der Genehmigung des Milliardenprojektes detailliert geschildert habe. Das redaktionelle Engagement des Zeitungshauses in dieser Sache werde demnach zu Unrecht mit dem Wächter-Preis der Stiftung Freiheit der Presse ausgezeichnet. Die Chefredaktion der Regionalzeitung erklärt, ihr Haus habe sich immer wieder und mit großem Ernst der eigenen Geschichte gestellt. Die Zeitung habe in einer Serie, in Beiträgen und Interviews dargelegt, wie der Verleger Zeitung und Verlag durch die Jahre des Nationalsozialismus habe erhalten können. „Doch war diese Zeit ein ständiger Drahtseilakt, fast unvorstellbar in der Gegenwart und nicht zu vergleichen mit der Lebenspraxis in einem freien demokratischen Staatswesen“, habe der Sohn und jetzige Herausgeber dazu in der vom Beschwerdeführer angeprangerten Jubiläumsschrift geschrieben. Diesem grundlegenden Spannungsverhältnis stelle sich der Beschwerdeführer nicht, sei es aus fehlendem Wissen um die Geschichte, sei es aus mangelndem Willen. Er missbrauche dieses bittere Kapitel deutscher Geschichte, um einen billigen Schlagabtausch mit dem Verlagshaus zu führen. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers zur Berichterstattung der Zeitung über den Spenden-Skandal wirkten fast schon grotesk. Als einzigen Beleg führe er ein 2002 – also post festum – erschienenes Buch an. Man wolle nicht darüber streiten, ob und in welchem Umfang dessen Autor dafür Veröffentlichungen der Zeitung verwertet habe. Ansonsten zitiere der Beschwerdeführer lediglich einige Schlagzeilen, die in ihrer Allgemeinheit auf viele Bauvorhaben in Deutschland und in der Welt zutreffen. Mit diesem Taschenspielertrick versuche er zu vertuschen, dass der Spendenskandal tatsächlich erst im März 2002 öffentlich geworden sei. Die Rechtsabteilung des Verlages ergänzt die Ausführungen der Chefredaktion durch Verweise auf entsprechende Veröffentlichungen über die Verlagsgeschichte in der NS-Zeit. (2002/2003)

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Ausländischer Student

Im Leitartikel einer Regionalzeitung unter der Überschrift „Die Bürger blicken sehr gut durch“ heißt es unter anderem: „Apropos Gerechtigkeit. Ein mittelloser Afrikaner kommt als Student nach (Bundesland in Deutschland), erhält staatliche Unterstützung und heiratet eine Sekretärin einer hiesigen Hochschule. Die adoptiert die Schwester ihres Ehemannes, die daraufhin nach Deutschland übersiedeln darf. Im Zuge der Familienzusammenführung kann sie ihren Ehemann aus Afrika nachkommen lassen. Inzwischen haben die beiden vier Kinder, und alle sechs leben von deutscher Sozialhilfe – Generationengerechtigkeit 2003.“ Ein Leser der Zeitung hält dieses Szenario nicht für möglich. Bevor sich ein Student aus einem Nicht-EU-Staat in Deutschland immatrikulieren darf, müsse er den Nachweis erbringen, dass er in finanzieller und materieller Hinsicht selbst für sein Studium aufkommen kann. Ein mittelloser Student aus Afrika würde nie zu einem Studium in der Bundesrepublik zugelassen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung bekräftigt, dass sich der Fall wie geschildert zugetragen habe, obwohl die Gesetzeslage dies eigentlich nicht zulasse. Die Fakten seien belegt, doch sowohl Informanten- als auch Persönlichkeitsschutz geböten es, zu der Quelle keine detaillierten Angaben zu machen. Auch nach Zusicherung absoluter Vertraulichkeit ist die Chefredaktion nicht bereit, den Informantenschutz zu lockern. (2003)

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Überschrift unzutreffend

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „US-Panzer legt Hotel der Journalisten in Schutt und Asche“, dass im Irak-Krieg eine Granate das Hotel „Palestine“ im Zentrum von Bagdad getroffen habe. In besagtem Hotel seien vor allem Journalisten untergebracht. Ein Leser der Zeitung schreibt dem Deutschen Presserat, dass er die Überschrift für falsch hält. Nach seiner Kenntnis sei in dem Hotel eine einzige Panzergranate eingeschlagen. Deshalb könne man nicht behaupten, das Hotel sei in Schutt und Asche gelegt worden. Die Chefredaktion der Zeitung räumt den Fehler ein. Er habe eine ganze Reihe weiterer berechtigter Beschwerden aus der Leserschaft ausgelöst. Man habe den Fehler eingestanden und sich dafür entschuldigt. Dies sei allerdings nicht öffentlich geschehen, was man besser getan hätte. Die Redaktion habe geglaubt, den Sachverhalt durch die nachfolgende Berichterstattung ausreichend aufgeklärt zu haben. (2003)

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Überschrift falsch

Vorverurteilung eines Supermarktkunden

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen 64jährigen Rentner, der in einem Supermarkt eine Schlagersängerin verprügelt haben soll. Es sei ein Kampf um den besten Platz an der Kasse gewesen. Die Zeitung lässt beide Kontrahenten zu Wort kommen. Die Sängerin behaupte, der Mann leide unter Realitätsverlust. Er habe ihr den Einkaufswagen mehrfach in den Unterleib gerammt. Auch der Rentner fühle sich als Opfer. Als eine zweite Kasse eröffnet worden sei, habe er dort einen Platz für seine Frau freigehalten. Die Sängerin habe ihm daraufhin gegen das Schienbein getreten. Die Zeitung veröffentlicht zwei Fotos des Schlagerstars, bringt auch ein Foto des Rentners, jedoch mit Augenbalken. Sie nennt seinen Vornamen, den Anfangsbuchstaben seines Familiennamens und sein Alter. In den Überschriften stellt sie fest: „Supermarkt-Prügler verhöhnt sie“ und „Jetzt prügelt der Supermarkt-Rowdy mit Worten weiter“. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Überschriften machen seiner Meinung nach den Rentner bereits zum Täter, ohne dass eine Entscheidung ergangen sei. Die Rechtsabteilung des Verlages weist den Vorwurf der Vorverurteilung zurück. Die Redaktion habe eine wertende Überschrift benutzt. Sie habe den Rentner als „Supermarkt-Rowdy“ bezeichnet. „Rowdy“ sei ein Synonym für Rabauke, Flegel, Halbstarker, aber auch Schläger, Schlagetot und Raufbold. Mit Worten weiterprügeln bedeute, dass der Rentner die Frau, wie sich dann aus der folgenden Berichterstattung ergebe, mit Verbalinjurien belegt habe. So habe er sie als „Furie“ und „völlig hysterisch“ bezeichnet. Wenn man die Überschrift interpretiere als „der Flegel beschimpft Frau ... weiter“, dann könne hierin keine Vorverurteilung gesehen werden. Sollte der Presserat die Zeilen anders interpretieren, so verweise man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen „Soldaten sind Mörder“, in der es um die Auslegung von Meinungsäußerungen gehe. Das Bundesverfassungsgericht habe dabei festgestellt, dass einer Äußerung keine Bedeutung beigelegt werden dürfe, die sie objektiv nicht habe. Sei eine Äußerung mehrdeutig, so dürfe von einer (gewollten und/oder präferierten) Interpretation in Wirklichkeit nur dann ausgegangen werden, wenn andere Auslegungen mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen seien (2003)

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Aussage gegen Aussage

Eine Regionalzeitung berichtet über die geplante Umwidmung eines Friedhofes, auf dem sich auch Kriegsverbrechergräber befinden. In dem Bericht wird der Vorsitzende einer Bürgervereinigung mit den Worten zitiert: „Diesen Friedhof bringe ich noch weg“. Der teilt mit, dass er sich in dieser Weise weder gegenüber dem Autor noch gegenüber der Zeitung geäußert habe. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass das Zitat so gefallen sei. Dass der Beschwerdeführer, wie er selbst behaupte, seit Jahren keinen Kontakt mehr zur Zeitung gehabt habe, sei falsch. Das Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer und dem Autor hätte kurz vor der Veröffentlichung des Berichts stattgefunden. (2002)

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Namensnennung bei Nachbarschaftsstreit

Ein Rentner lebt in einem Dorf und widmet sich mit Leidenschaft der Hühnerhaltung. Er füttert sein Federvieh im Freien. Das hat sich bei den Spatzen im Umkreis herumgesprochen, die eine wahre Invasion starten, um an dem Futter teilzuhaben. Bis zu 75 sitzen oft auf dem Dach der Nachbarn, denen das Vogeltreiben ein Dorn im Auge ist. Es kommt zu einem handfesten Streit der Nachbarn, der bald schon in zahlreichen Medien seinen Widerhall findet. Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Gericht entscheidet: Hühner bleiben leben“ und nennt die klagenden Nachbarn des Rentners – ein Ehepaar – mit vollem Namen. Darin sehen sie eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Weiterhin sei die Überschrift „…Hühner bleiben leben“ falsch. Sie insinuiere, dass sie verlangt hätten, die Hühner zu töten. Tatsächlich sei es aber so, dass die Gegenseite in erster und zweiter Instanz dazu verurteilt worden sei, die offene Hühnerhaltung zu beseitigen bzw. zu unterlassen. So beschäftigt der dörfliche Hühner- und Spatzenstreit nicht nur Medien und Gerichte, sondern auch den Deutschen Presserat. Der Anwalt der Zeitung teilt mit, der Name der klagenden Eheleute sei schon Monate vor Erscheinen des fraglichen Artikels durch Berichte in zahlreichen Medien bekannt gewesen. Die Zeitung habe über einen langen Zeitraum hinweg berichtet, ohne die Namen der Beteiligten zu nennen. Der Name sei erst später und dann nur einmal genannt worden, als er – unter anderem in einem Aushang im Gemeinde-Informationskasten – längst bekannt gewesen sei. Ergänzend teilt die Rechtsvertretung der Zeitung mit, dass sie sich nicht mehr mit den Argumenten der Eheleute befassen werde, da sich diese als Querulanten disqualifiziert hätten. Auch als die Redaktion bei den Klägern wegen eines Prozessergebnisses angerufen habe, sei keine Rede davon gewesen, dass die Namensnennung unerwünscht sei. (2003)

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