Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Unterlagen waren auf einmal weg

Unter der Überschrift “Visa-Affäre – Kinderschänder ließ sich Opfer aus Bulgarien kommen” berichtet eine Boulevardzeitung über einen Mann, der im Verdacht des Kindesmissbrauchs steht. Das Blatt bezeichnet ihn als “polizeibekannten, später verurteilten Kinderschänder”. Ihm wird unterstellt, in Bulgarien minderjährige Jungen ausgesucht und durch eine Einladung nach Deutschland geschleust zu haben, wo sie perversen Freiern angeboten worden seien. Gegen den Beschwerdeführer werde wegen Kindesmissbrauchs ermittelt, was den deutschen Behörden bekannt gewesen sei. In seiner Wohnung seien hunderte von Kinderfotos gefunden worden. Eine Vertraute in Bulgarien solle ihm geholfen haben, eine Reise für ein Dutzend Kinder nach Deutschland zu organisieren. Der Beschwerdeführer bezeichnet den Artikel als vorverurteilend, Ruf schädigend und Existenz vernichtend. Die Vorwürfe seien ungerechtfertigt, da es keine Einladungen oder Einschleusungen, keine Reiseorganisation und auch keine Vertraute gegeben habe. Die Kinderfotos stammten aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Organisation von Jugendferienreisen von 1991 bis 1999. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn sei eingestellt worden. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Boulevardblatts teilt mit, das für den Artikel verwendete Material sei der Redaktion aus den Akten des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Visa-Affäre überlassen worden. Leider seien die Originaldokumente nach einigen Monaten entsorgt worden. Nach Rücksprache mit den Informanten seien die Originalunterlagen auch in den Ausschussakten nicht mehr auffindbar. Es könne jedoch versichert werden, dass die berichteten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Die Rechtsabteilung regt an, der Presserat möge eine eigene Anfrage stellen, um den Wahrheitsgehalt der Tatsachenberichterstattung zu überprüfen. Es stehe außer Frage, dass das hohe Informationsinteresse der Öffentlichkeit eine Berichterstattung rechtfertige. Beigefügt werde das Manuskript eines TV-Magazins, in dem ebenfalls über den Fall berichtet worden sei. (2005)

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Verdacht und Tatsachen sauber getrennt

Unter den Überschriften “Visa für Kinderschänder?”, “Stille Post an der Botschaft in Sofia?” sowie “Erfolglose Visa-Suche in Sofia” berichtet eine Regionalzeitung über den Verdacht des Kindesmissbrauchs gegen den Beschwerdeführer. Über ihn wird berichtet, er sei in Bulgarien wegen Kindesmissbrauchs zu viereinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Dennoch habe er auf Grund von Kommunikationsproblemen an der Deutschen Botschaft in Sofia weiterhin Kinder nach Deutschland bringen können. Die Zeitung schreibt weiter, auch die Ermittler der Zentralstelle zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Halle hätten sich bereits für den Mann interessiert. Er habe im Verdacht gestanden, bei Ferienaufenthalten am Schwarzen Meer bevorzugt Jungen sexuell missbraucht zu haben. Der Beschwerdeführer, so die Zeitung, soll Bürgschaften für Visa-Anträge bulgarischer Kinder übernommen haben. Nachdem die Visapflicht für Bulgarien weggefallen sei, habe er auf dem Kinderstrich von Varna und Burgas gänzlich freie Hand gehabt. Auch nach der Enttarnung des Beschwerdeführers hätten bulgarische Kinder auf dessen Einladung Reisepapiere erhalten. Der Mann habe sowohl Verpflichtungserklärungen hinsichtlich der finanziellen Versorgung der Kinder abgegeben als auch im eigenen Namen Reiseversicherungen für die eingeladenen Minderjährigen abgeschlossen. Die bulgarischen Kinder seien daraufhin nach eigenen Angaben tatsächlich zum Beschwerdeführer nach Deutschland gereist. Der hält die Berichterstattung für vorverurteilend und Ruf schädigend. Er sieht darin eine Behauptung falscher Tatsachen, bei der die Ermittlungsergebnisse sinnentstellend gekürzt worden seien. Er sei kein Kinderschänder, habe keine Visa beantragt, sondern habe lediglich Verpflichtungserklärungen abgegeben. Es gebe keine Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs in Bulgarien, sondern lediglich eine Verurteilung wegen eines inzwischen abgeschafften Gesetzes gegen Homosexualität. Er habe keinen Kontakt zum Kinderstrich in Bulgarien. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Anwalt der Zeitung führt aus, der Beschwerdeführer habe sich bislang der Zeitung gegenüber nur pauschal über die Berichterstattung beschwert, ohne seine Kritik zu konkretisieren. In allen Artikeln handle es sich um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Der Beschwerdeführer picke sich in seiner Entgegnung nur die ihm genehmen Sachverhalte heraus. (2005)

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Als “Alex” von Kindern gefürchtet

“Horrortrip zum Schwarzmeerstrand” – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über eine Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Kindesmissbrauchs. Der Artikel ist auch jetzt noch online abrufbar. Der Beschwerdeführer wird dabei mit vollem Vornamen und abgekürztem Familiennamen und zudem als Vorsitzender eines Kindervereins angegeben. Es wird auf vorangegangene Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs und eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in Bulgarien hingewiesen. Geschildert wird der Verdacht, der Beschwerdeführer zähle zur Pädophilenszene und sei als “Alex” von Kindern des Straßenstrichs von Varna und Burgas gefürchtet. Der Mann beanstandet, die Vorwürfe seien falsch, der Artikel vorverurteilend, Ruf schädigend und Existenz vernichtend. Er sei nur bis 1999 Vorsitzender des Kindervereins gewesen. Die Verurteilung in Bulgarien sei nicht wegen Kindesmissbrauchs erfolgt, sondern wegen seiner Homosexualität, die dort zu der Zeit noch strafbar gewesen sei. Er habe keine sexuellen Kontakte mit Minderjährigen gehabt und die Ermittlungsergebnisse des BKA würden unter Verwendung des BKA-Logos durch den Artikel für ihn nachteilig unvollständig dargestellt. Der Anwalt der Zeitung führt aus, der Beschwerdeführer habe sich bislang der Zeitung gegenüber nur pauschal über die Berichterstattung beschwert, ohne seine Kritik zu konkretisieren. In dem Artikel handle es sich um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Der Beschwerdeführer picke sich in seiner Entgegnung nur die ihm genehmen Stellen heraus. (2002)

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Polizeibericht unverändert übernommen

Eine Lokalzeitung berichtet online unter der Überschrift “…: – Dreiste Kfz-Diebe” über den Diebstahl eines Fahrzeugs bei einem Autohändler. Es handelt sich um eine nicht redaktionell bearbeitete Meldung aus dem Polizeibericht. Darin heißt es: “Die dunkelhaarigen Personen sind laut Angaben des Kfz-Händlers der Sinti-Roma-Volksgruppe zuzuordnen.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1 und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Verlagsleitung der Zeitung teilt mit, dass diese in ihrer Printausgabe mit dem Artikel “Dreister Autodiebstahl” zwar den Nachrichteninhalt, nicht aber eine Minderheiten diskriminierende Darstellung veröffentlicht habe. Im Internet sei sie einem Dienst angeschlossen, der Original-Pressemitteilungen der Polizei übernehme. Die Redaktion habe die Polizeidienststelle am Ort gebeten, mit der angesprochenen Thematik künftig sorgfältiger umzugehen. (2005)

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Arbeitsloser Drängler verurteilt

“Drängler zahlt 900 Euro Strafe” – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen “nicht vorbestraften, arbeitslosen Mann, der zur Zeit einen 165-Euro-Job als Krankenfahrer ausübt” und den das Amtsgericht wegen Nötigung am Steuer verurteilt hat. Eine Leserin beanstandet, dass aus dem Text nicht hervorgehe, wieso die Arbeitslosigkeit des Verurteilten etwas mit dem Drängeln zu tun hatte. Arbeitslose seien eine schutzbedürftige soziale Gruppe, die durch den Artikel diskriminiert werde. Es existiere kein begründeter Sachbezug zwischen der Arbeitslosigkeit und der Tat. Außerdem werde der Täter arbeitslos genannt, obwohl er einen 165-Euro-Job habe. Die Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung ist nicht der Meinung, dass man Arbeitslose diskriminiert habe. Der betreffende Hinweis komme nur in einem einführenden Satz vor und diene der kurzen Beschreibung der handelnden Person, die im Übrigen hinreichend verfremdend dargestellt werde, um eine Wiedererkennung zu verhindern. Die Zeitung schüre keine Vorurteile gegen Erwerbslose, die sie zu einem großen Teil zu ihren Lesern zähle. (2005)

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Vorwurf: Irreführende Berichterstattung

“Die Atomlobby wittert Morgenluft” – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Artikel über Energiepolitik, das Gesetz über Erneuerbare Energien und die Ökosteuer. Wörtlich heißt es: “Die Kehrseite der Medaille: Die massive Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie die Ökosteuer haben die Strompreise nach oben getrieben. Aufgrund der von der EU erzwungenen Liberalisierung des Marktes waren diese zunächst gefallen. Jetzt haben sie aber wieder das alte Niveau erreicht oder liegen sogar darüber.” Der Beschwerdeführer sieht eine irreführende Berichterstattung im Bundestagswahlkampf 2005. Es sei richtig, dass die Ökosteuer mit etwa zehn Prozent einen erheblichen Teil des Strompreises ausmache. Der von der Zeitung veröffentlichte Satz jedoch erwecke den Eindruck, als ob es hier einen Zusammenhang mit der Förderung der Erneuerbaren Energien durch die garantierte Mindestvergütung gebe. Das sei aber nicht der Fall. Die Ökosteuer diene überwiegend der Senkung der Lohnnebenkosten. Im folgenden Satz werde gesagt, dass die Strompreise so hoch oder höher seien als vor der Liberalisierung. Der Leser müsse den Eindruck gewinnen, dass die deutlichen Strompreiserhöhungen komplett durch die Förderung der Erneuerbaren Energien bewirkt würden. Dies treffe nicht zu. (2005)

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Trennungsgrundsatz wurde beachtet

Eine Regionalzeitung berichtet, eine große Geschäftsbank habe am Ort ein Finanzberater-Büro eröffnet. Die dort arbeitenden Personen werden vorgestellt. Auch über die angebotenen Leistungen der Bank wird berichtet. Eine Leserin sieht in der Berichterstattung einen Fall von Schleichwerbung. In dem Beitrag würden die Leistungen zweier selbständiger Finanzberater angepriesen. Ein öffentliches Interesse liege nicht vor. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Auffassung, dass es sich bei dem fraglichen Beitrag nicht um Schleichwerbung handle. Es gehe lediglich um die Information für die Leser, dass eine derartige Einrichtung eröffnet worden sei. Geschäftseröffnungen würden hin und wieder mit kurzen Darstellungen veröffentlicht. Dies sei zulässig, zumal im Text keine Produkte oder Leistungen angepriesen würden. Es handle sich um eine nüchterne Information. Ergänzend dazu weist die Chefredaktion darauf hin, dass es nicht Sinn von Artikeln sein könne, Preise und Leistungen von Mitbewerbern zu vergleichen. Das sei nicht üblich und in der Kürze der Zeit nicht machbar. Der Vergleich von Preisen und Leistungen sei dann notwendig, wenn es sich um Beiträge mit Ratgebercharakter handle. (2005)

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Tochter eines Ministers vergewaltigt

Die Vergewaltigung einer Frau beschäftigt eine Boulevardzeitung über mehrere Tage hinweg. In der Berichterstattung ist immer wieder die Rede von dem Opfer als Tochter eines Landesministers. Deren Name wird in keinem der Berichte genannt. Der Minister jedoch wird mit vollem Namen und im Bild dargestellt. Die Überschriften lauten “(…)-Minister-Tochter vergewaltigt?”, “Sex-Prozess – Minister-Tochter unglaubwürdig?” Die Berichte stützen sich zum Teil auf Angaben des Politikers und außerdem auf Beobachtungen im laufenden Strafprozess. Die Betroffene, die sich von einem Anwalt vertreten lässt, sieht in der Berichterstattung einen Eingriff in ihr Privatleben und in ihre Intimsphäre. Allein wegen der Prominenz ihres Vaters sei sie aus der Anonymität gerissen worden. Sie selbst wollte zu keinem Zeitpunkt, dass ihr soziales Umfeld von der Tat erfahre. Die Frau sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass an dem Strafprozess ein grundsätzliches öffentliches Berichterstattungsinteresse bestanden habe. Im Anschluss an den Prozessauftakt habe die Frau einen Mitarbeiter der Zeitung in ihrer Wohnung empfangen. Dabei habe sie weder ihren Unmut über die bereits erfolgte Berichterstattung zum Ausdruck gebracht, noch habe sie darum gebeten, von weiteren Berichten abzusehen. Der Vater der Beschwerdeführerin sei fotografiert worden, nachdem er der Zeitung ein Interview gegeben und gegen eine Berichterstattung keinen Einwand erhoben habe. In keinem der Artikel seien Name, Vorname oder Wohnort der Frau oder der Tatort genannt worden. Eine Identifizierung der Beschwerdeführerin ohne Angabe ihres Wohnorts und ihres Vornamens sei allein durch die Nennung des Familiennamens und der Position des Vaters nicht möglich gewesen. Auf eine Veröffentlichung der “auf dem Markt” angebotenen Fotos der Frau sei – so die Rechtsabteilung des Blattes – bewusst verzichtet worden. (2005)

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Verdacht einer Stasi-Mitarbeit

Die PDS-Fraktion der Stadt habe sich seit Beginn der neuen Legislaturperiode geweigert, die eigenen Abgeordneten auf frühere Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit überprüfen zu lassen, schreibt die Zeitung am Ort. Das Blatt teilt seinen Leserinnen und Lesern in zwei Beiträgen mit, es seien Papiere aufgetaucht, die eine PDS-Stadträtin der wissentlichen oder unwissentlichen Arbeit für die Stasi verdächtigten. Die Außenstelle der Birthler-Behörde in Dresden besitze eine “Handakte für GMS” mit der Archivnummer 237/74, die als handschriftlichen Zusatz den Namen der arbeitslosen Ingenieurin trage, die als Parteilose in der zweiten Legislaturperiode für die PDS im Stadtrat und erstmals auch im Kreistag sitze. Nach den Aufzeichnungen solle die Betroffene von 1971 bis 1974 als so genannter “Gesellschaftlicher Mitarbeiter Sicherheit (GMS)” für die Stasi gearbeitet haben. Im Detail erwähnt das Blatt, die heutige Kommunalpolitikerin sei vor allem im Rahmen der 10. Weltfestspiele 1973 in Berlin für das MfS tätig geworden, räumt aber ein, dass Unterlagen eines Geheimdienstes nicht den letzten Beweis für eine bewusste Zusammenarbeit liefern. Die 56-Jährige bestreite eine solche wissentliche Tätigkeit. Daran könne sie sich nicht erinnern. Der Fall habe eine zweite, eine tragische Dimension, schreibt der Autor. Der Ehemann der Betroffenen arbeite heute als geachteter Geschichtslehrer und sei Mitbegründer des Geschichtslehrerverbandes im Land. Er habe in Zeiten von Gorbatschow und Perestroika häufiger Nein gesagt. Am Ende habe er arbeitslos mit einer strengen Parteirüge zu Hause gesessen, zitiert das Blatt den Mann. Seiner Frau habe er immer geraten, offensiv mit dem Stasi-Verdacht umzugehen. Warum sollte ich, frage diese heute. Das sei doch 35 Jahre her. In ihrem Bericht über eine Sondersitzung des Stadtrates gibt die Zeitung eine Stellungnahme der Stadträtin zu den Vorwürfen ausführlich wieder. Richtig sei, dass sie 1971 für das MfS geworben werden sollte, dies aber abgelehnt habe. Die jetzt aufgetauchten Akten hätten dem Prüfungsausschuss der Stadt vorgelegen und seien als unbedenklich befunden worden. Sie selbst und ihr Mann hätten in ihrer Jugend die Ideale des Sozialismus vertreten, wären aber in einem Reifeprozess später zu anderen Ansichten gelangt. Das betroffene Ehepaar wendet sich an den Deutschen Presserat und beklagt, dass die Zeitung mit Halbwahrheiten und sensationsgestalteten Verleumdungen die Arbeit des Stadtrates erschwere. Zudem handele es sich bei dem ersten Beitrag über angebliche Stasi-Verwicklungen um Rufmord. Der Artikel sei aus Indiskretionen unter Missachtung der Schweigepflicht und längst geprüften Unterlagen gespeist worden. Die Zeitung hält, anwaltlich vertreten, die Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses zum Redaktionsdatenschutzes für nicht gegeben. Soweit die Berichterstattung den Beschwerdeführer betreffe, so gehe diese auf dessen eigene, freiwillige Einlassungen zurück. Bei der Beschwerdeführerin handele es sich um eine Mandatsträgerin im Sinne der Richtlinie 8.1, Absatz 6, des Pressekodex. Weil sich die PDS der Stadt geweigert habe, sich einer Überprüfung auf Mitarbeit für die Stasi zu stellen, habe der Autor der Artikel bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Stasi zu Zwecken der journalistischen Berichterstattung Einsicht in eine etwaige Täterakte u.a. der Beschwerdeführerin beantragt. Die BStU habe dem Antrag erst im Jahre 2005 stattgegeben und Einsicht in die Täterakte der Beschwerdeführerin gewährt. Die Beschwerde sei unbegründet, stellt der Anwalt der Zeitung fest. Sie stelle nach Ansicht der Redaktion einen weiteren Versuch einer “stasi”-belasteten PDS-Amtsträgerin dar, die Justiz und den Presserat zu missbrauchen. Die Berichterstattung über eine Stasi-Verstrickung eines Lokal- und Regionalpolitikers umfasse auch die Mitteilung derjenigen Umstände, die für oder gegen eine Verstrickung sprechen, ebenso wie die Mitteilung derjenigen Umstände, die den Grad, die Intensität und die Dauer der etwaigen Verstrickung beurteilen lassen. Der Beitrag enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass die Stasi-Tätigkeit der Beschwerdeführerin keineswegs als erwiesen gelten kann. Die Begründung, mit der die Beschwerdeführerin diesen Verdacht zu entkräften versuche, habe die Redaktion ohne entwertende Zusätze ebenfalls wiedergegeben. Im Ergebnis liege hier also eine rechtlich wie publizistisch zulässige Verdachtsberichterstattung vor. Dabei sei die Nennung des Namens der Politikern nicht nur erforderlich, sondern auch zulässig gewesen. (2005)

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Daten von Altersjubilaren

Eine Deutsche, Ehefrau eines inzwischen verstorbenen Tschechen, die im nördlichsten Zipfel Tschechiens, im früheren Sudentengau, lebt, ärgert sich darüber, dass ihr die Zeitschrift der Heimatvertriebenen aus Nordböhmen unter Angabe ihrer Daten zum 65. Geburtstag gratuliert. Auf Anraten des tschechischen Datenschutzamtes wendet sie sich an den Deutschen Presserat und bittet diesen um Hilfe, dass “solche Sachen” in Zukunft unterbleiben. Im Jahre 2000 habe man ihr in dem Blatt schon einmal gratuliert. Die Folge seien verschiedene “Liquidationsschreiben” von Personen gewesen, die schon ihre Eltern und deren politische Einstellung gekannt hätten. Sie habe sich in einem Schreiben an den Chefredakteur künftige Gratulationen verbeten und fünf Jahre sei dann Ruhe gewesen. Nun sei eine neuerliche Veröffentlichung mit genauer Adressenangabe erfolgt. Daraufhin habe sie den Anruf eines Mannes erhalten, der ihr gedroht habe, sie gehöre nicht unter die Landsleute. Es wäre besser gewesen, so der Anrufer, man hätte sie mit dem ersten Badewasser in den Dorfbach geschüttet. Reden dieser Art seien in ihrer Gegend gebräuchlich, jedoch nur für sehr schlechte Leute. Fragt die Beschwerdeführerin: “Bin ich etwa ein Verbrecher ?” Der Leiter des Verlags erklärt in seiner Stellungnahme, die Beschwerdeführerin sei ihm persönlich bekannt. Sie erhalte die Zeitschrift im Geschenkabonnement und habe die Redaktion über einen längeren Zeitraum mit Nachrichten aus ihrer Region versorgt. Ihren Geburtstag und den ihres inzwischen verstorbenen Ehemannes habe sie der Zeitschrift wohl selbst kundgetan. Sie habe aber erst in einem Brief vom 6. Juni 2005 dem Verlag mitgeteilt, dass sie nicht mehr ihren Geburtstag erwähnt haben und die Zeitschrift nicht mehr beziehen möchte. Nach Ansicht des Verlagsleiters handelt es sich bei der Beschwerde um eine unbedachte und absolut nicht nachvollziehbare Aktion der Beschwerdeführerin. (2005)

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