Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
6739 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung informiert ihre Leserinnen und Leser, dass der sogenannte “Satansmörder von Sondershausen” eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis beantragt habe. Der Betroffene wird mit vollem Namen genannt. Der Artikel erinnert daran, dass der heute 29-Jährige 1993 einen 15-jährigen Mitschüler erdrosselt habe. Die Jugendstrafe von acht Jahren sei vorzeitig zur Bewährung ausgesetzt worden. Nach zwei weiteren Verurteilungen, u.a. wegen Zeigens des Hitlergrußes und der Verhöhnung seines Mordopfers, sei die Bewährung wieder aufgehoben worden. Als Quelle weist der Beitrag die Meldung einer Nachrichtenagentur aus. Der Vater des jungen Mannes beschwert sich, auch im Namen seines Sohnes, beim Deutschen Presserat. Durch die Nennung des vollen Namens würden die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt. Dessen Interesse an einer Resozialisierung würden nicht berücksichtigt. Ein öffentliches Interesse an seiner Person bestehe auch nicht. Es sei allenfalls durch die Dauerberichterstattung hervorgerufen. Die Chefredaktion der Zeitung betont, sie habe sich bei der Aufnahme der bemängelten Meldung auf das gestützt, was renommierte und zuverlässige Agenturen zur Verwendung verbreitet hätten. Die Redaktion sei davon ausgegangen, dass der Inhalt der Meldung, also auch die Namensnennung, sorgfältig recherchiert und “abgeklopft” worden seien. Es entspreche auch nicht der gewöhnlichen Übung, Meldungen namhafter deutscher Presseagenturen nachzurecherchieren, solange diese nicht erkennbar diffamierende oder unwahre Inhalte enthielten. Die Redaktion bedauere die Auswirkungen der in gutem Glauben und im Vertrauen auf die Richtigkeit abgedruckten Agenturmeldung. Sie versichere, dass mit der Namensnennung keinesfalls die Resozialisierung des Beschwerdeführers gestört oder beeinträchtigt werden sollte. Auf Bitte um Aufklärung zu Herkunft und Verwendung der Agenturmeldung erläutert die Redaktion, dass zwei der von der Redaktion bezogenen Agenturen am Produktionstag über den Vorgang berichtet hätten, aber nur eine den vollen Namen des Betroffenen genannt habe. In den Artikel sei Material aus beiden Agenturmeldungen eingeflossen, durch ein Versehen aber nur eine der Agenturen genannt worden. (2005)
Weiterlesen
Wegen Amtsanmaßung hat sich ein Jurastudent vor Gericht zu verantworten. Die Zeitung am Ort berichtet über die Verhandlung. Als verschmähter Liebhaber habe der 25-Jährige versucht, seine frühere Freundin zurück zu erobern. Auf einem Computer der Universität habe er ein Schreiben mit dem Briefkopf “Kriminalpsychologischer Dienst beim Polizeipräsidenten Würzburg” verfasst und dieses seiner Angebeteten zugesandt. Im Brief sei sinngemäß zu lesen gewesen, dass ihr Verflossener von dieser Dienststelle als Opfer eines Gewaltverbrechens betreut werde. Um das traumatische Erlebnis besser aufarbeiten zu können, sei es sinnvoll, dass die Empfängerin sich mit Herrn W. “in lockerer Atmosphäre” zu einem Gespräch treffen würde. Den Brief habe der Student mit einem erfundenen Namen unterschrieben und diesen mit dem Zusatz “Diplom-Psychologe” versehen. Der Versuch sei wohl doch zu plump gewesen, denn die junge Frau sei nicht darauf herein gefallen. “Sie haben ja ´nen Knall”, habe der Vorsitzende des Gerichts festgestellt und das Verfahren im Einvernehmen mit der Staatsanwältin und mit dem Angeklagten wegen Geringfügigkeit gegen Zahlung einer Geldbuße von 150 Euro eingestellt. Der Artikel nennt den Namen des Angeklagten nicht, umschreibt ihn allerdings als “Konrad W. (Name geändert)”. Sein Alter wird genannt, er wird als angehender Jurist im zehnten Semester bezeichnet, der sein Studium überwiegend durch nebenberufliche Tätigkeit bei einem Rettungsdienst finanziere. Der Betroffene wehrt sich gegen den Gerichtsbericht durch eine Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er sei so detailliert beschrieben, dass eine eindeutige Identifizierung seiner Person nicht nur möglich, sondern auch tatsächlich erfolgt sei. Die Angaben von Alter, Fachsemester, Universität, Stadt und Nebentätigkeit trügen nach seiner Ansicht nicht zum Verständnis des Vorganges bei. Mit der Veröffentlichung werde sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Eine derartige Identifizierung könne auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die Informationen in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung erörtert worden seien. In Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren eingestellt worden sei, die Verhandlung nicht einmal zehn Minuten gedauert und von der Straftat nur eine “Bagatelle” im Raum gestanden habe, habe kein öffentliches Interesse daran bestanden, seine Person derart detailgetreu und unreflektiert zu beschreiben. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, das öffentliche Verfahren gegen den Beschwerdeführer habe die Redaktion wegen seiner Besonderheit interessiert. Ein nicht ganz unerfahrener Jura-Student begehe eine ziemliche Dummheit aus Liebeskummer, die ihn vor Gericht bringe. Die Zeitung habe den Namen geändert und auf die übrigen Sachverhalte hingewiesen, soweit sie zum Verständnis des Vorganges und des Urteils notwendig gewesen seien. (2005)
Weiterlesen
Eine Nachrichtenagentur berichtet, dass der sogenannte “Satansmörder von Sondershausen” eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis beantragt habe. Der Betroffene wird mit vollem Namen genannt. Seine reguläre Haftzeit laufe bis Ende April 2007, heißt es in der Meldung. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe ein Gutachten vorgelegt, in dem vor einer vorzeitigen Entlassung des heute 29-Jährigen gewarnt werde. Die Agenturmeldung erinnert daran, dass der Betroffene 1993 einen 15-jährigen Mitschüler erdrosselt habe. Die Jugendstrafe von acht Jahren sei vorzeitig zur Bewährung ausgesetzt worden. Der junge Mann habe sich danach der Neonazi-Szene angeschlossen. Nach zwei weiteren Verurteilungen, u.a. wegen Zeigens des Hitlergrußes und der Verhöhnung seines Mordopfers, sei die Bewährung wieder aufgehoben worden. Der Mann habe versucht, sich der Haft durch Flucht in die USA zu entziehen. Er sei jedoch Mitte 2001 ausgeliefert worden. Der Vater des jungen Mannes beschwert sich, auch im Namen seines Sohnes, beim Deutschen Presserat über einen Zeitungsartikel, der unter Verwendung des Agenturmaterials erschienen ist. Durch die Nennung des vollen Namens würden die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzt. Dessen Interesse an einer Resozialisierung würden nicht berücksichtigt. Ein öffentliches Interesse an seiner Person bestehe auch nicht. Es sei allenfalls durch die Dauerberichterstattung hervorgerufen. Der Presserat schließt in das Beschwerdeverfahren auch die Nachrichtenagentur ein. Deren Chefredaktion erklärt in ihrer Stellungnahme, der Fall rage in eine Grauzone hinein, die immer dann entstehe, wenn der Betroffene sich bewusst und in der Absicht, Publizität zu erlangen, zuerst in die Öffentlichkeit stelle, um sich dann später reuig daraus zurückzuziehen. Dies sei bei dem Betroffenen der Fall. Die Dokumente, die über ihn im Internet aufzufinden seien und die ihn in ein rechtsextremes Umfeld setzten, datierten allerdings einige Jahre zurück. Nur weil ihm seine eigene, selbst geschaffene Publizität plötzlich unangenehm werde, könne er nicht darauf bestehen, dass umgehend und automatisch auch die Medien zum Schweigen kommen. Die äußeren Umstände des Falles hätten dazu geführt, dass die Bezeichnung “Satansmörder” gebräuchlich geworden sei. Die Agentur bedauert dennoch lebhaft, das “Etikett” und den Namen des Täters zusammen verwendet zu haben. Sie wolle daher künftig nur noch über den “so genannten ‚Satansmord‘-Fall” schreiben oder eine ähnlich “weiche” Formulierung verwenden und den Täter auch anonymisiert nicht mehr direkt als “Satansmörder” bezeichnen. Was die Namensnennung im Zusammenhang mit dem sogen. “Satansmord”-Fall betreffe, genieße der Sohn des Beschwerdeführers als relative Persönlichkeit der Zeitgeschichte nach angemessener Zeit ein Recht auf Schutz vor beständiger Öffentlichkeit, die einem “Medien-Pranger” gleich komme. Daran will sich die Nachrichtenagentur halten in der Hoffnung, dass der 29-Jährige die Chance auf Resozialisierung entsprechend nutze. (2005)
Weiterlesen
Ein Anzeigenblatt berichtet auf seinen Seiten 1 und 3 über angebliche Tätlichkeiten eines Lehrers während einer Klassenfahrt seiner Hauptschule nach Borkum. Am Abend vor der Heimreise hätten drei 15-jährige Jungen eine Art Mutprobe ausgeheckt, schreibt das Wochenblatt. Einer von ihnen habe den Lehrer, der mit Vornamen Rudolf heiße, laut “Rudi” genannt. Daraufhin solle der Klassenleiter ins Zimmer gestürmt sein, dem Übeltäter eine Ohrfeige verpasst und ihn als “Saukrüppel” beschimpft haben. Anschließend solle der wütende Pädagoge den Jungen sogar noch aus dem Bett gezerrt und mehrere Male getreten haben. Das mutmaßliche Opfer wird zusammen mit einem der beteiligten Klassenkameraden zweimal im Foto gezeigt. Beide werden wie ihr Lehrer mit vollem Namen genannt. Ausführlich schildert das Blatt die Auswirkungen des Vorfalls. Mütter von Schülern werden zitiert, die Rektorin der Schule wird erwähnt. Der Pressesprecher der zuständigen Bezirksregierung habe mitgeteilt, dass Vorermittlungen angeordnet seien. Der Sprecher der zuständigen Kriminalpolizei habe bestätigt, dass gegen den Lehrer drei Anzeigen laufen, eine wegen Beleidigung und zwei wegen Körperverletzung. Inzwischen hätten auch andere Eltern Anzeige erstattet, meldet das Blatt. Einmal wegen andauernder Beschimpfung einer Schülerin, zum anderen wegen eines weiteren tätlichen Angriffs gegen einen Siebtklässler vor drei Jahren. Die Eltern wollten, dass der Mann suspendiert werde. Der Beschuldigte habe es auf Anraten seines Anwalts abgelehnt, im Wochenblatt zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen: “Es ist ein laufendes Ermittlungsverfahren. Anklage ist bis dato nicht erhoben. Deshalb werde ich dazu nichts sagen.” Der dbb beamtenbund und tarifunion beantragt in Wahrnehmung der Interessen des Hauptschullehrers beim Deutschen Presserat, dem Anzeigenblatt eine Rüge zu erteilen. Der Betroffene werde vorverurteilt, und zwar zu einem Zeitpunkt des Verfahrens, zu dem die Verteidigung noch nicht einmal Einsicht in die Ermittlungsakte habe nehmen können. Durch die Nennung des vollen Namens werde der Lehrer in seinem Privatleben und in der Ausübung seines Berufs beeinträchtigt. Allein die Art und Weise der Aufmachung des Presseartikels unter Abbildung der vermeintlichen Opfer dürften im Ergebnis als sensationelle Darstellung bezeichnet werden. Der Redaktionsleiter des Anzeigenblatts räumt ein, einen schwerwiegenden Fehler gemacht zu haben. Die zuständige Redakteurin habe ihn am Tag nach dem Druck der Ausgabe angerufen und gesagt, sie wisse selbst nicht, wie ihr das habe passieren können. Die Redaktion habe den Lehrer unmittelbar nach dem Vertrieb der Ausgabe ein Entschuldigungsschreiben geschickt. Er, der Redaktionsleiter, habe mit ihm selbst telefoniert und ihm größtmögliches Entgegenkommen zugesichert. Außerdem habe das Anzeigenblatt in den folgenden Ausgaben ausführlich über Schüler berichtet, die sich hinter den Betroffenen stellen. Auch habe es zahlreiche gegen die Berichterstattung gerichtete Leserbriefe abgedruckt. In der Sache selbst habe man mit dem betroffenen Lehrer vereinbart, nicht mehr weiter zu berichten. (2005)
Weiterlesen
Eine Lokalzeitung berichtet, dass das private Insolvenzverfahren gegen den ehemaligen Besitzer mehrerer Kaufhäuser in der Region vor dem Abschluss stehe. Sie teilt ihren Leserinnen und Lesern mit, das zuständige Amtsgericht habe mangels Privateigentums die Schlussverteilung der pfändbaren Barschaft beschlossen. Der Kaufmann sei nach Einschätzung des Insolvenzgerichts pleite. Ein neues Gewerbegebiet habe ihn in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht und Millionen-Umsätze gekostet. Im Detail wird darüber informiert, dass der Geschäftsmann als persönlich haftender Gesellschafter nach der Insolvenz der Kaufhäuser auch privat Insolvenz habe anmelden müssen. Er verfüge jetzt lediglich noch über 2.700 Euro, von denen auch die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen seien. Die Insolvenzforderungen der Gläubiger in Höhe von 2,922 Millionen Euro könnten damit nicht befriedigt werden. In den nächsten sechs Jahren müsse der ehemalige Manager nur die Summe auf ein Treuhandkonto überweisen, die über der Pfändungsgrenze liege. Danach werde die Restschuld erlassen. Der betroffene Geschäftsmann trägt dem Deutschen Presserat vor, dass er durch die Veröffentlichung sein Persönlichkeitsrecht und insbesondere sein Recht auf Datenschutz verletzt sieht. Durch die Darstellung seiner privaten finanziellen Situation und die Wiedergabe der Verhaltensmaßregeln für die nächsten sechs Jahre würden sein Privatleben und seine Intimsphäre missachtet. Die immensen Auswirkungen auf Familie und Beruf blieben unreflektiert, seine derzeitige, ohnehin fast unerträgliche Situation bleibe unberücksichtigt. Der Artikel sei Rufmord. Die Veröffentlichung sei unzulässig, da nicht über die Geschäftsinsolvenz, sondern über seine private Insolvenz berichtet werde. Daran bestehe aber kein öffentliches Interesse. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, der Beschwerdeführer sei eine lokale Person der Zeitgeschichte, über die in den letzten Jahren immer wieder ausführlich berichtet worden sei. So habe sich der Betroffene in der von der Stadt initiierten Arbeitsgruppe “Stadtmarketing” als einer der Sprecher engagiert. Unzweifelhaft sei die Berichterstattung über mehrere Geschäftsinsolvenzen von öffentlichem Interesse, da diese insbesondere Auswirkungen auf die Belegschaft, deren Familien und die Gläubiger hätten. Die Redaktion halte nach der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht des Betroffenen die Berichterstattung über die Privatinsolvenz des Beschwerdeführers für zulässig. Der Beschwerdeführer hafte auf Grund entsprechender Vereinbarungen mit den Banken als Geschäftsführer auch mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten seiner Kaufhäuser. Aus diesem Grund stehe sein persönliches Insolvenzverfahren in direktem Zusammenhang mit den Insolvenzen seiner Kaufhäuser. Die Öffentlichkeit sei davon insofern betroffen, als die örtliche Sparkasse neben anderen Gläubigern einen nicht unerheblichen Forderungsverlust erleide. Insoweit handele es sich nach Auffassung der Redaktion um eine zulässige Darstellung des Falles, die weder reißerisch noch in tendenziöser Form aufgemacht sei. Der verantwortliche Redakteur habe die Informationen einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen. Es handele sich um die offizielle Website des Justizministeriums des Landes, auf der über eine Suchfunktion sämtliche Insolvenzgerichte – soweit sie dort eingestellt seien – abgefragt werden könnten. (2004)
Weiterlesen
Eine Lokalzeitung veröffentlicht in ihrer Immobilienbeilage den Artikel “Bloß kein Weiß – Ein Architekt zeigt, dass Räume auch kräftige Farben vertragen”. In dem Beitrag wird ausführlich der Um- und Innenausbau sowie die farbliche Gestaltung eines privaten Wohnhauses beschrieben. Auf einem dreispaltigen Bild ist die geöffnete Fenstertür zum Garten zu sehen, die von der Straßenfront nicht fotografiert werden kann. Im Text ist die vollständige Adresse angegeben. In einem Ausschnitt aus dem Stadtplan zeigt ein Pfeil auf den Standort des Hauses. Die beiden Eigentümer des Hauses beschweren sich beim Deutschen Presserat darüber, dass der Artikel weder mit ihrem Wissen, ihrer Mithilfe noch mit ihrem Einverständnis verfasst und veröffentlicht worden sei. Das Gebäude sei ein schlichtes 30er-Jahre-Einfamilienhaus, wie es in der Stadt Tausende gebe. Es sei weder von historischem noch von bedeutendem künstlerischen Wert. Das Haus stehe, wie es das Erscheinen in der Immobilienbeilage der Zeitung suggerieren könnte, auch nicht zum Verkauf. Ein öffentliches Interesse existiere nicht. Die Beschwerdeführer weisen zudem auf ihr Interesse an dem Schutz der Privatsphäre ihrer Wohnbedingungen hin und halten die Veröffentlichung für ein nicht zu kalkulierendes Sicherheitsrisiko. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Artikel im Rahmen einer Serie über interessante Immobilien in der Stadt veröffentlicht worden sei. Die Eigentümer der Häuser sowie deren private Lebenssituation seien in diesem Zusammenhang von keinerlei Interesse und daher im vorliegenden Artikel überhaupt nicht erwähnt worden. Der Autor des Beitrages sei durch ein Fachblatt für Maler und Lackierer auf das Haus aufmerksam geworden. Er habe sich darauf mit dem Architekten in Verbindung gesetzt. Dieser habe ihm bereitwillig Auskünfte über die Gestaltung des Hauses erteilt und dabei auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er mit den Hauseigentümern in regem Kontakt stehe. Fotos des Hauses befänden sich zudem auch auf der Internetseite des Architekten, der dem Redakteur erlaubt habe, das veröffentliche Foto zu verwenden. Der Mitarbeiter der Zeitung habe daher keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Eigentümer mit der Veröffentlichung nicht einverstanden sein könnten. Erst am Tag vor der Veröffentlichung des Artikels, einem Freitagnachmittag, habe die Zeitung durch den Anruf eines der Beschwerdeführer erfahren, dass diese mit dem Abdruck des Fotos und des Artikels nicht einverstanden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die komplette Immobilienbeilage für die Samstagsausgabe bereits gedruckt gewesen. Die Zeitung habe sich selbstverständlich für die Verfahrensweise in aller Form entschuldigt. Ein besonders großes Interesse an der Geheimhaltung, wie es die Beschwerdeführer auf Grund ihrer “exponierten Berufe” für sich beanspruchten, könne im Hinblick auf die Veröffentlichung nicht unbedingt anerkannt werden. Auch sei es höchst unwahrscheinlich, dass ein Zeitungsartikel zu einem Einbruchsdiebstahl animiere. Weder im Foto noch im Artikel seien Informationen über vorhandene oder nicht vorhandene Sicherheiten enthalten. Schließlich werde durch den Artikel auch nicht suggeriert, dass das Haus der Beschwerdeführer zum Verkauf stehe. (2005)
Weiterlesen
“Deutsche Geisel – Wird sie geköpft?” – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über die im Irak entführte Susanne Osthoff. Dem Artikel beigestellt sind ein großformatiges Bild der Frau sowie ein Foto, auf dem sie und einer ihrer Entführer zu sehen sind – sie mit einer Augenbinde, er vermummt. Beschrieben werden die Fotos mit “Das Schock-Video: Die Terroristen haben der Deutschen die Augen verbunden” und “Susanne Osthoff (43) stammt aus Bayern, arbeitet als Archäologin im Irak”. Im Text selbst heißt es: “Gott, bitte lass es nicht geschehen! Deutschland bangt um Susanne Osthoff (43), die im Irak gekidnappte Archäologin. Terroristen drohen mit ihrer Ermordung. Bundeskanzlerin Merkel verurteilt die Tat auf das Schärfste”. Die meisten der 33 Beschwerdeführer sehen in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die Ziffern 1, 8 und 11 des Pressekodex. Vor allem die Kombination von Foto und “Sensationsheischender Überschrift” wird von vielen moniert. Die Geisel werde mit dem Foto identifizierbar und zum Gegenstand bloßer Unterhaltung. Das öffentliche Informationsinteresse könne eine solche Berichterstattung nicht rechtfertigten. Die Belange der Geisel und ihrer Angehörigen würden ebenfalls nicht beachtet. Bei einigen Lesern erwecke der Beitrag den Eindruck, als “hofften” die Journalisten fast auf eine Hinrichtung. Die Zeitung habe sich in gewohnt reißerischer Manier ohne Rücksicht auf die Ängste der Beteiligten noch bei weitem selbst übertroffen. Einige Beschwerdeführer bezeichnen die Berichterstattung als unmenschlich, empörend, geschmacklos, abscheulich, menschenunwürdig und würdelos. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerden insgesamt für unbegründet. Die Entscheidung über die Beschwerden habe sich an der bisherigen Spruchpraxis und an den Grundsätzen für die Prozessberichterstattung, wie sie das Bundesverfassungsgericht vertrete, zu orientieren. Die Schlagzeile “Wird sie geköpft?” verletze weder die Menschenwürde, journalistische Sorgfaltspflichten, Persönlichkeitsrechte, noch handle es sich um eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität. Das gelte nicht nur für die Überschrift, sondern für die gesamte Aufmachung des Artikels, insbesondere für die Kombination des Textes mit den Fotos der Betroffenen. Die Zeitung habe in der Schlagzeile eine Frage formuliert und keine Tatsachen behauptet. Sie entspreche der im Irak herrschenden Realität. (2005)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Die Börse hautnah erfahren“ kündigt eine Lokalzeitung ein Anlage-ABC an, das gemeinsam mit der örtlichen Sparkasse moderne Anlageformen vermitteln wolle. Es werden der Ort und die Termine zweier jeweils siebenstündiger Veranstaltungen genannt, in denen die Teilnehmer in die Grundlagen des Börsenwissens eingeführt werden sollen. Die Teilnahme koste 69 Euro. Eine Leserin des Blattes wendet sich an den Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Veröffentlichung um Werbung für eine gemeinsame kostenpflichtige Veranstaltung der Zeitung und der Sparkasse handele. Die Werbung für die Veranstaltung werde als redaktioneller Beitrag präsentiert. Dies sei eine Verletzung des Trennungsgrundsatzes. Zudem werde den Lesern in dem Text vorgegaukelt, dass sie mit dem Besuch dieser Veranstaltung das Risiko eines eigenen Börseninvestments senken könnten. Äußerungen eines Sparkassenmitarbeiters wie „Wer sich gut informiert, kann große Profite aus diesen Anlageformen schlagen und setzt nicht leichtsinnig sein Geld aufs Spiel“ dürften nicht unkommentiert stehen bleiben. Dies sei verantwortungslos. Der Chefredakteur der Zeitung bestreitet, dass in der Veröffentlichung einseitig Werbung für die Sparkasse gemacht werde. Diesen Vorwurf weise man zurück. Veranstalter der Aktion sei der Zeitungsverlag. In dem Text werde niemandem etwas vorgegaukelt. Es solle mittels professionellen Rats an die Leser verhindert werden, dass diese auf falsche Versprechungen hereinfallen und leichtsinnig Investitionen tätigen. Die Zeitung habe einen Stamm von Experten, u.a. aus Banken und Sparkassen, Versicherungen, Krankenkassen, Verbraucherberatung und Hochschulen, verpflichtet, die für Telefonaktionen, Chatrooms, Seminare und Tagesveranstaltungen zur Verfügung stünden. Die Veranstaltung mit der Sparkasse sei nur ein Teil dieses Spektrums. Der Preis in Höhe von 69 Euro decke die entstehenden Kosten. Es werde also nicht für eine Veranstaltung geworben, bei der kommerzielle Gewinne erzielt würden. Diese Serviceangebote seien von den Lesern mit großer Resonanz und hoher Zufriedenheit aufgenommen worden. Ein Verzicht auf solche Angebote würde die Ratgeberfunktion der Zeitung erheblich einschränken und einen spürbaren Qualitätsverlust der Leser-Blatt-Bindung nach sich ziehen. (2005)
Weiterlesen
Unter der Überschrift “Wir sind mit Problemen zu lax umgegangen” berichtete eine Tageszeitung über eine Diskussion bei den Grünen. Es geht um ein Interview, das eine grüne Politikerin der Zeitschrift “Junge Welt” gegeben hat. Diese wird in der Veröffentlichung als “anrüchige Postille” bezeichnet. Der Beschwerdeführer sieht in der Formulierung eine Schmähkritik. Weiterhin werde in dem Beitrag dazu aufgefordert, der Zeitschrift keine Interviews zu geben. Dies sei ein Eingriff in die Meinungsfreiheit aller potentiellen Interviewpartner sowie der Pressefreiheit der “Jungen Freiheit”. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Im Rahmen der Vorprüfung wurde die Eingabe als offensichtlich unbegründet beurteilt und zurückgewiesen. Bei dem Begriff “anrüchige Postille” – so die Begründung – handele es sich nicht um eine Schmähkritik, sondern um eine zulässige redaktionelle Meinungsäußerung. Weiterhin liege keine Aufforderung der Redaktion vor, der “Jungen Freiheit” keine Interviews mehr zu geben. Es werde ausschließlich sachlich über das Interview der Grünen-Politikerin und die nachfolgende Diskussion innerhalb der grünen Partei berichtet. Gegen die Presseratsentscheidung erhebt der Beschwerdeführer Einspruch. Sein Standpunkt: Mit der Bezeichnung “anrüchige Postille” werde eine unzulässig scharfe Kritik auf politischer Ebene geübt. Er sieht in dem fraglichen Beitrag nach wie vor eine Aufforderung zu einem Eingriff in die Pressefreiheit. (2005)
Weiterlesen
“Üble Nachrede: Ex-Politiker vor Gericht”, “Freispruch für (….) Anwalt” sowie “Anwalt bekommt Recht, aber kein Geld” berichtet eine Regionalzeitung über die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt. Dieser ruft den Deutschen Presserat an, der im Vorverfahren die Beschwerde als offensichtlich unbegründet ablehnt. Insbesondere wegen der Formulierungen in einem der beanstandeten Beiträge wendet sich der Anwalt mit der Bitte um nochmalige Überprüfung an den Presserat. Dort heißt es: “Gegen die, die nicht ihrer Meinung sind, teilen beide gern grob aus, beim Einstecken dagegen sind sie empfindlich. Auf kritische Artikel folgen Schmähungen der sich beleidigt Fühlenden gegen die Zeitung und ihre Autoren sowie juristische Auseinandersetzungen.” Im Vorverfahren wurden diese Formulierungen als presseethisch unbedenklich angesehen, da es sich dabei um Meinungsäußerungen des Autors handle, die von der Pressefreiheit gedeckt seien. Der Beschwerdeführer hingegen vertritt die Auffassung, dass es sich um Tatsachenbehauptungen handle. Die Feststellung, er würde grob austeilen und auf kritische Artikel folgten Schmähungen, sei unwahr. (2005)
Weiterlesen