Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
“Drogenrausch an … Schulen” unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über Drogenprobleme an den Schulen einer Großstadt. Aufhänger des Beitrages ist eine Studie, über die in einem beigestellten Kasten berichtet wird. Demnach wurden 3000 Schüler zum Drogenkonsum befragt. Unter der Überschrift “Rauchen, Kiffen, Saufen” lässt die Zeitung eine 17-jährige zu Wort kommen. Der gesamte Artikel besteht aus Zitaten dieser Elftklässlerin aus einem der “besseren Viertel der Stadt”. Die Schülerin beschreibt, wie leicht man an Drogen komme, was alles von Schülern konsumiert werde und dass die Lehrer der Schule nichts dagegen unternähmen. Der Beschwerdeführer ist der Schulleiter eines Gymnasiums. Er sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex und ruft den Deutschen Presserat an. Der monierte Bericht erwecke vor allem bei unkritischen Jugendlichen den Eindruck, dass Drogenkonsum an Schulen leicht, normal und ohne Konsequenzen sei. Er sieht auch einen Verstoß gegen die Ziffern 2 und 9 des Pressekodex, da die Aussagen der Schülerin unhaltbar und aufgebauscht seien. Sie seien dazu geeignet, die Ehre der pauschal inkriminierten Schüler zu verletzen. Die Darstellung werde von Stufen- und Schülersprechern der Schule nachdrücklich bestritten und durch eidesstattliche Erklärungen der großen Mehrheit der Schüler widerlegt. Der Artikel verstoße gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht, da die Autorin nicht die Aussage einer einzigen Schülerin für solche verallgemeinernden Behauptungen nutzen dürfe. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, der beanstandete Artikel sei der Auftakt zu einer Reihe von Beiträgen, die sich mit dem Drogenkonsum Jugendlicher an Schulen in der Stadt und in ihrer Umgebung beschäftigen würden. Der Beschwerdegegner legt Beiträge der geplanten Reihe vor. Die Gesamtschau der Berichte mache deutlich, dass sich die Redaktion bei weitem nicht nur auf die Aussage einer Schülerin verlassen habe. So seien weitere Jugendliche befragt worden wie auch die Polizei, Drogenberatungsstellen, das Schulamt, die Bezirksregierung, Lehrer und Schulpflegschaftsmitglieder. Das Ergebnis: Das Beispiel der im ersten Bericht genannten Schule sei kein Einzelfall. Anlass der Berichterstattung sei es, Leser, Eltern und Lehrer in der Stadt und in ihrer Umgebung aufzurütteln und ihr Bewusstsein für die Drogenproblematik bei Jugendlichen zu schärfen. (2005)
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Unter der Überschrift “Pflichtuntersuchungen für alle Kinder” veröffentlicht eine Boulevardzeitung einen Beitrag über den Vorschlag, Kleinkinder künftig regelmäßig Pflichtuntersuchungen zu unterziehen. Anlass waren einige Fälle von Misshandlungen und Vernachlässigungen an Kindern. Dem Beitrag beigestellt sind das Porträtfoto eines kleinen Jungen (Tim) sowie die Zeichnung der Leiche eines völlig abgemagerten Mädchens namens Jessica. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Bild der verstorbenen Jessica einen Verstoß gegen die Ziffern 1 und 11 des Pressekodex. Die Veröffentlichung des Leichenbildes hätte unterbleiben müssen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass es sich bei dem veröffentlichten Bild der kleinen Jessica nicht um ein Foto, sondern um eine Zeichnung handle. Diese Zeichnung sei der Redaktion von den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt worden, um die Öffentlichkeit über den Grad der Vernachlässigung zu informieren. Die Redaktion habe die Fälle zum Anlass genommen, um eindringlich auf die Notwendigkeit von Pflichtuntersuchungen für Kinder hinzuweisen. Es habe nach ihrer Auffassung ausgereicht, das Foto von Tim und die Zeichnung von Jessica zu veröffentlichen, um dem Leser anhand dieser Aufsehen erregenden Fälle zu verdeutlichen, was der Anlass für die Berichterstattung war. Ein gleichzeitig veröffentlichter Kommentar habe nochmals deutlich die Intention der Berichterstattung unterstrichen. Es gehe nicht um die sensationelle Darstellung von Gewalt an Kindern, sondern darum, wie diese zu verhindern sei. (2005)
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Ein aus dem Jahr 2002 stammendes, damals im Zusammenhang mit einer Spendenaktion anlässlich des Weltkindertages veröffentlichtes Foto einer Grundschulklasse und ihrer Lehrerin wurde von einer Boulevardzeitung Jahre später erneut verwendet. In der letzten Veröffentlichung ist das Foto einem halbseitigen Bericht über Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studien beigestellt. Der Bericht ist überschrieben mit “Pisa-Schock – So dumm sind unsere Kinder”. Im Bildtext heißt es: “Kinder in der Grundschule der …-Schule hoffen, dass Niedersachsens Bildung besser wird. Im Pisa-Test landete das Land im Mittelfeld”. Der Elternbeirat der genannten Schule ruft den Deutschen Presserat an. Er bringt vor, dass die Zeitung weder die Zustimmung der Kinder bzw. deren Eltern, noch die der Lehrerin zur Veröffentlichung des alten Fotos im Zusammenhang mit dem jetzt veröffentlichten Pisa-Bericht eingeholt habe. Schon die vorherige Veröffentlichung des Fotos sei ohne das Einverständnis der Betroffenen abgedruckt und schon damals zweckentfremdet worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung räumt ein, dass es die Redaktion versäumt habe, das Einverständnis von Eltern und Schule zum Abdruck des Fotos einzuholen. Es habe nicht die Absicht bestanden, die abgebildeten Schüler als “dumm” zu bezeichnen. Obwohl der Redaktionsleiter zwischenzeitlich brieflichen Kontakt aufgenommen und um ein persönliches Gespräch mit dem Schulelternbeirat gebeten habe, habe dieser den Weg der Beschwerde beim Presserat beschritten. (2005)
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Ein Satire-Magazin veröffentlicht eine Glosse über den bekannten ZDF-Journalisten Peter Hahne, in der dieser als “Spottgeburt aus Ratte und Schmeißfliege”, “Düffel-Doffel”, “Hodentöter” und sein Gesicht als “klebrige Grinsekatzegrimasse” beschrieben wird. Der Beschwerdeführer sieht darin einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex. Durch diese Bezeichnungen sei die Menschenwürde von Peter Hahne verletzt worden. Die Redaktion der Zeitschrift teilt mit, bei den kritisierten Begriffen handle es sich um original Wehner´sche. Peter Hahne habe ausdrücklich den Wunsch nach einer Schimpfkultur im Sinne von Franz Josef Strauß und Herbert Wehner geäußert und damit “Schmeißfliege, Ratte und Spottgeburt” gewissermaßen bestellt. Die Zeitschrift habe nur “geliefert”. Es handle sich bei der kritisierten Passage um eine Stilparodie. (2005)
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Eine Regionalzeitung beschäftigt sich unter der Überschrift “Kaderschmieden der Nazis” mit nationalsozialistischen Erziehungsanstalten. In einem beigestellten Kasten “Wörtlich” wird ein Hitler-Zitat aus “Mein Kampf” wiedergegeben: “In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich.” Ein Leser ist der Auffassung, dass es dieses Zitat in “Mein Kampf” nicht gibt. Das habe er der Redaktion in zwei Briefen mitgeteilt, jedoch keine Antwort erhalten. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass sich der Autor des Artikels auf eine “Mein Kampf”-Ausgabe aus den vierziger Jahren bezogen habe. Es könne allerdings sein, dass das Zitat in einer früheren Ausgabe noch nicht enthalten gewesen sei. So heiße es in der Online-Enzyklopädie Wikipedia beispielsweise: “Der Originaltext (…) von 1925 bis 1945 zahlreiche Änderungen und Erweiterungen.” In den “Materialien für den Unterricht” zu dem Film “Napola. Elite für den Führer” werde das fragliche Zitat an zwei Stellen gebracht. Auf Seite 39 des Materials werde das Zitat eindeutig Hitlers “Mein Kampf” zugeschrieben und auf die Veröffentlichung von H. Rauschning “Gespräche mit Hitler. Bilder und Dokumente der Zeitgeschichte 1933-1945” (München 1961, S. 100 ff.) verwiesen. Auch der Schweizer Tages-Anzeiger habe 1998 innerhalb der Besprechung des Buches “Wir waren Hitlers Eliteschüler” das Zitat in einer eindeutigen Zuordnung zu “Mein Kampf” gebracht. (2005)
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“Arzt: ´Sie sind gesund´ - Frau starb” titelt eine Boulevardzeitung über den Tod einer 49-jährigen Frau und zwei Gutachten einer Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes, die eine Einstufung der Frau in die Pflegestufe 2 ablehnte. In dem Artikel heißt es, dass die Gutachterin dokumentiert habe, dass nach der Frau “keiner mehr gucken braucht”. Weiterhin wird aus einem Gutachten zitiert: “…bei Rumpfbeugen kann sie die Fersen erreichen, ist freihändig stehfähig.” In dem Beitrag kommt auch der Sprecher einer Krankenkasse zu Wort, wonach es bei Pflegefall-Entscheidungen schon häufiger Probleme mit den Gutachtern gegeben habe. Der Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes beanstandet die Berichterstattung und ruft den Deutschen Presserat an. Die genannten Formulierungen seien in dem Gutachten nicht enthalten und auch sinngemäß nicht zu rechtfertigen. Im Gegenteil sei im Zweitgutachten beschrieben worden, dass die Frau nach wie vor einer Hilfe in der Grundpflege bedürfe. Weder im Erst- noch im Zweitgutachten sei das Zitat von den Rumpfbeugen enthalten. Schließlich sei dem Medizinischen Dienst bzw. der Gutachterin von der Zeitung keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt worden. Der Geschäftsführer erklärt abschließend, die Behauptung der Redaktion, die Ablehnung der Pflegestufe 2 sei Ursache für den Tod der Frau, sei völlig aus der Luft gegriffen. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermisst in der Beschwerde des Medizinischen Dienstes eine avisierte Erklärung der Gutachterin, dass sie die ihr zugeschriebenen Äußerungen so nicht gemacht habe. Die Angehörigen der begutachteten Frau blieben hingegen bei den Darstellungen, die gegenüber der Autorin des Beitrags gemacht worden seien. Die Autorin sei sich nach wie vor sicher, dass sie die Informationen ihrer Informanten, so auch des Pressesprechers der Krankenkasse, korrekt wiedergegeben habe. (2005)
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Die türkische Zeitung “Hürriyet” (“Freiheit”) setzt sich in sieben Artikeln mit dem Appell von 140 prominenten Europäern auseinander, in dem die Unterzeichner des Aufrufs die türkische Regierung zu einer politischen Lösung der Kurdenfrage auffordern. In einem der Beiträge heißt es unter dem (deutschen) Titel “Das nennen sie Dialog…”, dass das eigentliche Ziel des Appells die “Legalisierung des Terrors” sei. Tags darauf stellt die Zeitung unter der Überschrift “Schock – Namen des angeblichen Dialogs” fest, dass die Mehrheit der Unterzeichner Priester seien. In mehreren Artikeln wird zudem behauptet, dass die niedersächsische Landtagsabgeordnete Filiz Polat den Appell zunächst unterschrieben, ihre Unterschrift jedoch später zurückgezogen hätte. Ein türkischer Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass es sich bei der Berichterstattung um eine Diffamierungskampagne gegen die Unterzeichner des Appells handle. Ihnen werde “Legalisierung des Terrors” vorgeworfen. Die in dem Blatt aufgestellte Behauptung, bei der Mehrheit der Unterzeichner handle es sich um Priester, sei falsch. Auch sei es nicht korrekt, dass die Landtagsabgeordnete ihre Unterschrift mittlerweile zurückgezogen habe. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur von “Hürriyjet” teilt mit, dass die Beschwerde zwar von dem Leser unterschrieben, aber teilweise wortgleich sei mit den Vorwürfen, die der Koordinator des Dialogkreises im Internet verbreite. Die Beschwerde sei damit offensichtlich ein Teil der Kampagne des Dialogkreises, die dieser gegen die Zeitung führe. Die Behauptung, die Zeitung habe berichtet, die Hälfte der Appell-Unterzeichner seien Priester, sei völlig absurd. Im Originaltext heiße es, “eine Vielzahl von Priestern” habe unterschrieben. Es sei abwegig, so der Chefredakteur, dass “Hürriyet” mit dieser Aussage suggerieren wolle, bei dem Appell handle es sich um einen Angriff des christlichen Abendlandes gegen die Türkei. Korrekt sei, dass die Landtagsabgeordnete Polat den Appell nicht mehr mit ihrer Unterschrift unterstützen wolle. (2005)
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Verleihung eines Preises für Zivilcourage durch den Landesinnenminister. Unter anderem heißt es, eine 45-jährige Frau habe den Preis dafür erhalten, dass sie eine Vergewaltigung verhindert habe. Die Anwältin des der Tat Verdächtigten hält diese Darstellung für falsch. Von einem Vergewaltigungsversuch gehe nicht einmal die Staatsanwaltschaft aus. Es gehe ausschließlich um den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Die Behauptung der Zeitung sei daher falsch. Überdies habe die Redaktion ihren Mandanten identifizierbar dargestellt. Das Innenministerium habe, so die Anwältin, in einer Pressemitteilung erklärt, dass das Tatopfer von schlimmeren Misshandlungen verschont worden sei. Von einer Vergewaltigung sei dort nicht die Rede. Die Anwältin schaltete den Deutschen Presserat ein. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, dass die fehlerhafte Formulierung – Vergewaltigung statt Misshandlung – von einer Nachrichtenagentur stamme, auf deren Meldung die Berichterstattung aufgebaut worden sei. Bei hunderten bis tausenden Agenturmeldungen täglich müsse sich eine Redaktion auf eine etablierte Nachrichtenagentur verlassen können. Eine Überprüfung einzelner Aussagen in den Agenturtexten sei nicht möglich, vor allem dann nicht, wenn – wie im konkreten Fall – kein begründeter Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung bestehe. (2005)
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Eine Programmzeitschrift veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift “Vital-Kur für die Gefäße”. Sie beschäftigt sich darin mit einem Buch, in dem ein Heilpraktiker eine “besonders wirksame Vitalkur für die Gefäße” vorstellt. Die Kur – so die Zeitschrift – sei “geradezu lebensrettend” für Menschen mit ernsten Durchblutungsstörungen. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung einen bezahlten Beitrag, der nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Weiterhin kritisiert er die positive Darstellung des Buches und der darin dargestellten Kur ohne Angaben dazu, wodurch der gesundheitliche Effekt der Gefäßentkalkung erzielt werde. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handle es sich tatsächlich um eine Anzeige. Leider sei die klare Kennzeichnung unterblieben. Dies sei eine Panne bei der Herstellung gewesen. Dafür habe er sich bei dem Beschwerdeführer ausdrücklich entschuldigt. Die Redaktion sei darauf hingewiesen worden, Anzeigen auch künftig stets als solche zu kennzeichnen. (2005)
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“Zehn Prozent Irre” überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über den Zusammenschluss von PDS und WASG. Im Text ist die folgende Passage enthalten: “Viele in der Parteispitze erinnern sich angesichts der Chaosbilder an Gysis Hinweis, dass jede Partei fünf bis zehn Prozent Irre habe. Sie dürfen, lautete seine Mahnung, nur nicht das Sagen bekommen”. Ein Leser des Magazins ist der Meinung, dass durch die Überschrift Menschen mit psychischen Krankheiten diskriminiert würden. Selbst wenn es ein korrektes Zitat von Gregor Gysi sei, das im Text wiedergegeben wurde, hätte es nicht als Überschrift benutzt werden dürfen. Es sei nicht ersichtlich, was der Inhalt des Artikels mit Menschen zu tun habe, die von einer psychischen Erkrankung betroffen seien. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)
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