Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Aus dem Leben einer Trickdiebin

“Aus dem Leben einer erheblich vorbestraften Trickdiebin” titelt eine Lokalzeitung. In dem Bericht geht es um eine Gerichtsverhandlung gegen eine einschlägig vorbestrafte Frau, die den ihr vorgeworfenen Ladendiebstahl auf ihre strafunmündige Tochter schieben will. In dem Artikel steht der Satz: “Die einer Sinti-Gruppe angehörende Diebin war zuletzt (….) wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und Betruges zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält es aus publizistischer Sicht ausnahmsweise für gerechtfertigt, neben Tat und Verhaltensmustern zumindest vage Andeutungen zur Person der Täterin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei dem geschilderten Fall sei es nicht um eine Bagatelle gegangen. Die Angeklagte habe mit der wissentlichen Verdrehung von Tatsachen die Zukunft ihres Kindes gefährdet. Mehr noch habe sie dem Kind Verhaltensmuster signalisiert, die ihm als nachahmenswert erscheinen mussten. Daher sollte der Artikel auch einen “Warnungscharakter” erhalten. Nicht zuletzt wurde die Abstammung der Frau genannt, weil im Einzelhandel am Ort Warnungen vor Angehörigen der ethnischen Gruppe kursierten. Die Redaktion habe jedoch nicht die Absicht gehabt, die Täterin in dem Artikel zu stigmatisieren oder gar deren Verhalten auf eine ganze Personengruppe zu übertragen und diese damit zu diffamieren. (2005)

Weiterlesen

Als irakische Staatsangehörige vorgestellt

“Gegenüberstellung im Gericht: Seniorin erkennt Betrüger” – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Prozess, in dem es um einen Betrug an einer 83-jährigen Frau geht. Die beiden Angeklagten hätten sich ihr als irakische Staatsbürger vorgestellt und sie überredet, ihnen Geld für einen Devisenumtausch zu überlassen. In dem Artikel heißt es: “Angeklagt wurden Zenon D. (32) und sein Schwager Roger D. (20), Sinti und Roma aus Bremen, wegen Betruges beziehungsweise versuchten Betruges.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Einen Verstoß gegen den Pressekodex vermag sie nicht zu erkennen. Die Zugehörigkeit der beiden Angeklagten zu einer ethnischen Minderheit sei aus zweierlei Gründen für das Verständnis des Berichtes entscheidend. Zum einen bleibe ansonsten für den Leser die Frage offen, warum die Geschädigte den Angeklagten die behauptete irakische Herkunft abnahm. Zum anderen sei es im Gerichtssaal zu einer Gegenüberstellung der beiden Angeklagten und weiterer Personen aus dem Gerichtssaal gekommen, die naturgemäß ebenfalls der ethnischen Minderheit angehören mussten. Die Gegenüberstellung sei erforderlich geworden, weil die Angeklagten vorgegeben hätten, Opfer einer Verwechslung zu sein. Ohne die Erwähnung dieser Umstände und damit auch der Zugehörigkeit der Beteiligten wären die Vorgänge im Gerichtssaal unverständlich gewesen. Die Nennung der Zugehörigkeit zur Personengruppe der Sinti sei daher sachlich geboten gewesen. (2005)

Weiterlesen

Kleinkinder in Frankreich verkauft

Eine überregionale Zeitung berichtet unter der Überschrift “Verkaufte Babys in Frankreich gefunden” über eine Razzia der französischen Polizei, in deren Verlauf sieben Kleinkinder gefunden wurden, welche ein Jahr zuvor von ihren bulgarischen Müttern verkauft worden waren. Die Zeitung bezeichnet die Adoptiveltern als “Roma”. Weiter heißt es: “Die Polizei spricht von Nichtsesshaften”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung weist zunächst auf grundsätzliche Bedenken gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, hin. Dieser Teil des Pressekodex schränke die journalistische Äußerungsfreiheit ohne Rechtfertigung ein. Die Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Für die Erwähnung der Zugehörigkeit der Adoptiveltern zur Minderheit der Roma habe ein “für das Verständnis des berichteten Vorgangs begründbarer Sachbezug” bestanden. Die “Baby-Verkäufer” und der Kinderhändler-Ring stammten aus Bulgarien. Vor diesem Hintergrund hätte die Information, dass die “Baby-Käufer” den Schilderungen der Polizei zufolge “nicht sesshafte Roma” waren, dem Leser nicht vorenthalten werden können. Derartige Formulierungen benutze die Redaktion aber nicht, um bestimmte Bevölkerungsteile zu diskriminieren, sondern einzig und allein, um dem Leser ein genaueres Bild von der Tat und den mutmaßlichen Tätern zu geben. (2005)

Weiterlesen

Zwölfjährigen zum Klauen vermietet

Unter der Überschrift “Klau-Junge Szrecko (12) – Ganze Sippschaft verhaftet” berichtete eine Boulevardzeitung über die Festnahme einer ganzen Familie wegen des Verdachts auf organisierten Bandendiebstahl. Die Familie vermietete ihr strafunmündiges Kind als Einbrecher, Trick- und Taschendieb an die Diebes-Mafia. Die Zeitung bezeichnet das Kind als “Landfahrer-Junge”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Minderheitenbezeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Schon in einem früheren Beschwerdeverfahren sei davon die Rede gewesen, dass die fragliche Bevölkerungsgruppe seit Jahrzehnten die Behörden vergleichsweise überproportional beschäftige. In diese statistischen Fallzahlen sei auch der vorliegende Fall einzuordnen, was den Sachbezug zur Berichterstattung herstelle. (2005)

Weiterlesen

Gold von einem “Fluch” befreit

Über den Prozess gegen eine 25-jährige Frau berichtet eine Regionalzeitung unter der Überschrift “Gold mit bösem Fluch beladen”. In ihrer Nebentätigkeit als Wahrsagerin ließ sich die Angeklagte von Ihrem Opfer Gegenstände aus Gold aushändigen, um diese von einem angeblichen Fluch zu befreien. Die Frau verzog an einen unbekannten Ort und nahm das Gold mit. Sie wurde später ausfindig gemacht, so dass ihr der Prozess gemacht werden konnte. Die Zeitung bezeichnet sie in dem Artikel mehrfach als “Zigeunerin”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Bericht einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung gab zu der Beschwerde keine Erklärung ab. (2005)

Weiterlesen

Keine “normalen” Bombenanschläge

Eine Nachrichtenagentur beschäftigt sich in zwei Meldungen mit den Terroranschlägen in London und den darauf folgenden Ermittlungen. In der ersten Meldung heißt es, dass Mohammed Sadiq Khan (30) einer der Bombenattentäter gewesen sei. Er habe sich am 7. Juli 2005 in London selbst in die Luft gesprengt. Es heißt, vorher habe er in einer Art “Terroristentestament” auf einem Video-Band erklärt, die Menschen im Westen seien selbst schuld an den Anschlägen in London, Madrid und auch am Terrorakt des 11. September 2001, da sie Regierungen gewählt hätten, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Die Agentur berichtet in der zweiten Meldung, dass bei dem Londoner Anschlag 56 Menschen getötet worden seien, darunter die vier Selbstmordattentäter. Die Beschwerdeführer äußern Zweifel an der Selbstmordattentäter-Version. Dies sei nicht eindeutig erwiesen. Es gebe Anzeichen, dass es keine Selbstmordattentate, sondern “normale” Bombenanschläge gewesen seien. Die Beschwerdeführer führen weiterhin an, dass nicht erwiesen sei, dass Mohammed Sadiq Khan auf dem erwähnten Video zu sehen und zu hören sei. Das Band könne auch manipuliert sein. Sie rufen den Deutschen Presserat an. Die Agentur teilt mit, im Hinblick auf die Behauptung, Mohammed Sadiq Khan sei ein Selbstmörder, liege in der Tat noch kein offizieller Abschlussbericht der britischen Behörden vor. Streng genommen könne also nur von “mutmaßlichen Selbstmordattentätern” gesprochen wird. Ernst zu nehmende Quellen gingen jedoch von Selbstmord aus. Zu dem Video-Band teilt die Agentur mit, dass hier die Anforderungen an Wahrhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit von den Beschwerdeführern endgültig überspannt würden. Es gebe keine ernst zu nehmenden Hinweise, dass es sich bei dem Mann auf dem Band nicht um Mohammed Sadiq Khan handle. (2005)

Weiterlesen

“Probewohnen” im Fertighaus

“Probewohnen im künftigen Eigenheim” überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Fertighaushersteller, der interessierten Kunden anbietet, ein Musterhaus in der Praxis für 45 Euro pro Nacht auszuprobieren. In dem Bericht werden das Unternehmen und seine Häuser vorgestellt, wobei besonders der Baustoff “Blähton” erwähnt wird. Am Ende des Beitrages wird eine Telefonnummer veröffentlicht, unter der mehr Informationen zu erhalten sind. Eine Leserin sieht darin eine Schleichwerbung und ruft den Deutschen Presserat an. Das Probewohnen sei eine rein verkaufsfördernde Maßnahme und lediglich eine andere Form der Hausbesichtigung. Auch der Baustoff “Blähton” sei nichts Besonderes; ihn würden auch andere Hersteller verwenden. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass die Firmen in der Region ums Überleben kämpften. Da komme es auf außergewöhnliche Geschäftsideen an. Um eine solche handle es sich bei dem im Text erwähnten Probewohnen. Die Ungewöhnlichkeit des Angebots rechtfertige eine Darstellung. Der Hinweis auf den Baustoff gehe auf eine regionale Besonderheit zurück. Früher sei er in der Gegend in Mengen abgebaut worden, dann aber in Vergessenheit geraten. Jetzt erlebe “Blähton” offensichtlich eine Renaissance. Die Telefonnummer der Firma sei schließlich nicht für potentielle Hauskäufer, sondern für Handwerker veröffentlicht worden, die möglicherweise mit dem Hersteller zusammenarbeiten wollten. Dies gehe auch aus einer Aussage des Firmeninhabers hervor, der es als Verpflichtung ansehe, ausschließlich örtliche Handwerker zu integrieren. (2005)

Weiterlesen

Werbung muss klar erkennbar sein

Auf sechs Seiten berichtet eine Regionalzeitung über das Thema Geld. Sieben von 16 Beiträgen beschäftigen sich mit einem Finanzdienstleister, dessen Mitarbeiter die Artikel selbst produziert haben. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung und ruft den Deutschen Presserat an. Er moniert auch, dass die Beilage eine Anzeige des Unternehmens enthalte. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass er die Beschwerde zuständigkeitshalber an die Beilagenredaktion weitergeleitet habe. Diese wiederum arbeite eigenverantwortlich. Deshalb habe die Chefredaktion keinerlei Einfluss auf den Beilageninhalt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, bei der kritisierten Veröffentlichung handle es sich um ein Sonderthema, das als eigenes Buch in der Zeitung erschienen sei. Die Beilage sei eindeutig Werbung, was für den Leser klar erkennbar sei. Ein Hinweis im Impressum der Zeitung, das Impressum der Beilage und ein eigens für solche Fälle entwickeltes Layout sprächen dafür, dass die Zuordnung zum Werbebereich klar sei. Die Rechtsvertretung weist darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof 1996 entschieden habe, dass Maßstab für die Beurteilung von Werbung die Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen “Durchschnittsumworbenen” sei. Auch der BGH habe dieses Verbraucherleitbild mittlerweile übernommen. Es sei daher nicht mehr zeitgemäß, auf den uninformierten und flüchtigen Verbraucher “abzustellen”, der naturgemäß sehr einfach irrezuführen gewesen sei. (2005)

Weiterlesen

Anleitung zum Klau von Raubkopien

Ein Computer-Magazin veröffentlicht mehrere Beiträge zum Thema Herunterladen und Kopieren von Musik, Filmen etc. aus dem Internet. Es werden auch Tipps gegeben, wie man kopierte Dateien auf der Festplatte verstecken und wie man sich bei Durchsuchungen verhalten solle. Angerissen wird das Thema auf der Titelseite mit “Raubkopien (k)eine Chance”. Das “k” ist durchgestrichen. Weiter heißt es: “Anonym aus dem Netz saugen” und “Gesaugte Daten polizeisicher verstecken und verschlüsseln”. Die Rechtsvertretung mehrerer Musikunternehmen ist der Ansicht, dass die Zeitschrift mit den Beiträgen aktiv die Herstellung von Raubkopien fördere. Sie informiere darüber, wie Raubkopien sicher ohne Spuren hergestellt und versteckt werden können. Die Beschwerdeführer rufen den Deutschen Presserat an. (2005)

Weiterlesen

Überspitzte Überschrift ist zulässig

Unter der Überschrift “Sudetenland als ´mustergültiger´ Nazi-Gau” berichtet eine Regionalzeitung über eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zum Thema “Frieden mit Tschechien”. Ein Referent äußert die Ansicht, “das Sudentenland ist in mehrfacher Hinsicht ´mustergültig´ gewesen. Sowohl bei der Vertreibung der dort ansässigen Juden als auch bei den NS-Mitgliederzahlen ist man weit über dem Durchschnitt ´erfolgreich´ gewesen. Dies gilt auch für ´die Befreiung des Volkskörpers´ von Behinderten durch Zwangssterilisation und Euthanasie”. Die Überschrift ist reißerisch und falsch, meint ein Leser, der sich an den Deutschen Presserat wendet. Die Sudetendeutschen würden dadurch diskriminiert. In einem Offenen Brief an die Zeitung habe er den Sachverhalt revidieren wollen. Die Veröffentlichung des Briefes sei jedoch verweigert worden. Die Chefredaktion der Zeitung, teilt mit, der Bericht gebe die Aussagen eines GEW-Referenten wieder, die in der Zeitung sehr gewissenhaft dargestellt worden seien. Dennoch sei klar gewesen, dass die Aussage Reaktionen nach sich ziehen werde. Die Zeitung habe bereits mehrere kritische Stimmen in Leserbriefen zu Wort kommen lassen. Mit den Vertriebenen vor Ort sei abgesprochen worden, dass sie im Rahmen ihrer Hauptversammlung ebenfalls zu der Veranstaltung noch einmal Stellung nehmen könnten. Die dabei geäußerte Haltung sei mittlerweile ausführlich wiedergegeben worden. (2005)

Weiterlesen