Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
“Der perverse Mosi-Mörder”, “Mörder” und “Killer von Rudolph Moshammer” schreibt eine Boulevardzeitung, als sie über den Mord an dem Münchner “Modezaren” Rudolph Moshammer”, die Ermittlungen der Polizei und die Festnahme des Verdächtigen Herisch A. berichtet. Die Zeitung und ihre Online-Version berichten laufend über das Ereignis und bezeichnen den Verdächtigen in der oben genannten Weise. Ein Leser des Blattes sieht in der Berichterstattung eine Vorverurteilung des Tatverdächtigen. Es gebe noch kein gerichtliches Urteil. Es möge zwar wahrscheinlich sein, dass der Verdächtige als Mörder verurteilt werde, da er ja der Polizei zufolge ein Geständnis abgelegt habe. Dennoch sei es ohne entsprechendes Urteil nicht vereinbar mit dem Pressekodex, den Tatverdächtigen in präjudizierender Weise als Mörder zu bezeichnen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung verneint die ihr zum Vorwurf gemachte Vorverurteilung. Wegen der spektakulären Umstände der Tat sei der mutmaßliche Täter eine relative Person der Zeitgeschichte. Zum anderen sei er geständig und anhand klarer Beweise unzweifelhaft überführt. Der Begriff “Mörder” werde zudem nicht im rechtstechnischen Sinn benutzt, sondern sei allein umgangssprachlich so zu verstehen, dass es sich um einen überführten Täter handelt. Die Zeitung beruft sich auch auf “sämtliche deutsche Medien”, die den Ausdruck “Mörder” in diesem Fall benutzt hätten. (2005)
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“Abzocke im Freien – Bizets Carmen auf dem … -Platz” titelt eine Großstadt-Zeitung. Die Autorin äußert sich kritisch über die Aufführung und schreibt unter anderem: “Das, was der in Afrika, Asien und Europa aufgewachsene Produzent …, der die Klassikaufführungen auch selbst inszeniert, den … auf einem ihrer schönsten Plätze zumutete, war wirklich eine Unverschämtheit.” Sie wirft dem Produzenten “Abzocke im Freien” vor und hält die Aufführung insgesamt für unter dem Niveau der Stadt. In dem Artikel werden nach Auffassung des Beschwerdeführers “bessere” deutsche Künstler gegen italienische Darsteller und ein in “Afrika, Europa und Asien aufgewachsener Produzent” gegen einen einheimischen, potentiellen Produzenten gestellt. Er stellt die Frage, seit wann Herkunft und Nationalität Kriterien einer Kunstkritik seien. Bei den Äußerungen der Zeitung handle es sich um ausländerfeindliche Ausführungen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung äußert sich mit den Worten: “Wer sich mit künstlerischen oder so genannten künstlerischen Produktionen an die Öffentlichkeit begibt und sich damit einer öffentlichen Beurteilung stellt, muss auch die negativste Kritik aushalten.” (2005)
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Unter der Überschrift “Geisel vor laufender Kamera erschossen” berichtet eine Boulevardzeitung im Zusammenhang mit der Freilassung von Susanne Osthoff über das tragische Ende eines US-Bürgers im Irak. Die beigefügte Fotostrecke umfasst vier Bilder, die die Phasen der Ermordung zeigen. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto ohne Augenbalken, das zu Lebzeiten des Opfers gemacht wurde, und seinen vollständigen Namen. Eine Leserin ist der Auffassung, der Abdruck der Bilder sei nicht gerechtfertigt und unangemessen. Die Berichterstattung sei nicht sachlich. Die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Opfers sei zulasten des letzteren Rechtsgutes ausgegangen. Die Darstellung sei überdies unangemessen sensationell. Die Beschwerdeführerin wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlags weist darauf hin, dass die Veröffentlichung im Zusammenhang mit der Freilassung von Susanne Osthoff gestanden habe. Die Ereignisse um sie hätten das Augenmerk der Öffentlichkeit sehr eindrücklich auf die Gefahr gelenkt, in der Ausländer schwebten, die sich im Irak oder anderen Krisengebieten aufhielten. Sowohl die Freilassung von Frau Osthoff, als auch die bildliche Dokumentation der Ermordung des Amerikaners seien Ausdruck der Realität im Nachkriegs- und Krisengebiet Irak. Dies sollte dem Leser eindringlich vor Augen geführt werden. Die Fotos seien unscharf und verzerrt. Das Opfer sei nicht identifizierbar, so dass seine Würde nicht verletzt worden sei. Selbst der eigentliche Vorgang sei weniger zu sehen als zu erahnen und damit nur im Zusammenhang mit dem Text verständlich. Der ausführlichen Berichterstattung sei es zu verdanken, dass wesentlich weniger Menschen in Krisengebiete führen. (2005)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “Deutsche Geisel: Sie will nicht nach Hause” über die Rückkehr der deutschen Geisel Susanne Osthoff und in dem selben Artikel unter dem Titel “Amerikanische Geisel: Er musste sterben” über die Ermordung eines US-Bürgers im Irak. Beigefügt ist ein schwer erkennbares Porträt der Geisel, sowie das Foto einer Person, der die Augen verbunden sind und die kniend und von hinten fotografiert wurde. Im Innern des Blattes werden neben einem Artikel mit der Überschrift “Neuer Schock. US-Bürger hingerichtet” zwei Bilder von der Erschießung abgedruckt. Eine Leserin der Zeitung hält es für unnötig und unangemessen, im Rahmen einer Fotostrecke zu zeigen, wie der Amerikaner erschossen wurde. Sie prangert die Namensnennung des Opfers an und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Veröffentlichung für zulässig. Das Foto von der Erschießung sei zwar schockierend, unterstreiche jedoch den Inhalt des dazugehörenden Artikels und führe dem Leser nachdrücklich vor Augen, wie grausam Terroristen im Irak mit ihren Geiseln umgehen. Damit werde die Grenze der unangemessen sensationellen Darstellung nicht überschritten. Durch die Veröffentlichung des Fotos werde dem in Ziffer 1 des Pressekodex enthaltenen Gebots der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit Genüge getan. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das sittliche Empfinden einzelner. (2005)
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Eine Boulevardzeitung titelt “Mosis Mörder – Die Geliebte spricht über die Tatnacht”. Die Zeitung berichtet über den Auftritt der Frau vor Gericht und schreibt: “Gestern sagte im Mosi-Prozess die Freundin Maria G. des Mörders Herisch A. aus”. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – moniert eine Verletzung der Ziffer 13 des Pressekodex. Auch wenn der Angeklagte ein Geständnis abgelegt habe, bestehe noch keine rechtskräftige Verurteilung. Somit liege eine Vorverurteilung vor. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung hat zu dieser Beschwerde keine Stellungnahme abgeben. (2005)
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Unter dem Titel „Wand aus Wasser“ beschreibt ein Nachrichtenmagazin die Jahrhundertkatastrophe rund um den Indischen Ozean. Der Beitrag ist mit verschiedenen Fotos aus dem Katastrophengebiet illustriert. Ein Foto zeigt 17 aufgedunsene, teilweise nackte Leichen am Strand von Khao Lak. Persönliche Merkmale sind nicht zu erkennen. Die Unterzeile lautet: „Szenen aus der biblischen Endzeit“. Auf einem anderen Bild sind Thailänder mit Mundschutz zu sehen, die in Takua Pa bei der Identifizierung von Angehörigen durch ein Labyrinth von Särgen gehen. Die Leichen sind allesamt nicht erkennbar. Es sind lediglich herausragende Extremitäten zu erkennen. Das Bild trägt den Vermerk „Tote und Tote, überall Tote“. Eine Leserin des Magazins wendet sich an den Deutschen Presserat. Mit der Wiedergabe der Bilder werde eindeutig gegen die Würde des Menschen verstoßen. In Gesprächen mit zahlreichen Personen habe sie erfahren, dass ihre Empörung über die unangemessene sensationelle Darstellung der Opfer von vielen Menschen geteilt werde. Dass es angemessenere Möglichkeiten gäbe, das unermessliche Leid der Opfer der Flutkatastrophe deutlich zu machen, ohne die Würde der Getöteten zu verletzen, beweise die Zeitschrift in der selben Ausgabe mit dem Foto einer Inderin, die mit ausgestreckten Händen im Sand des Strandes kauert. Neben der Trauernden ragt der Arm eines Toten ins Bild. (Diese Foto wurde inzwischen als „Welt-Presse-Foto“ des Jahres 2004 ausgezeichnet.) Das Justitiariat des Magazins rechtfertigt in seiner Stellungnahme die Veröffentlichung der Fotos mit einem außergewöhnlichen Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ein Jahrhundertereignis. Das Phänomen des Tsunami sei bis dahin außer in Fachkreisen weitestgehend unbekannt gewesen, sodass jeder entsprechenden Bildberichterstattung eine überragende nachrichtliche, informative und dokumentarische Bedeutung zukomme. Das Foto von Khao Lak zeige eindringlich die bisher nicht gekannte, unvorstellbare Kraft einer Flutwelle, die alles zu Spülmaterial gemacht habe, was sie erfasst habe. Das Bild erlaube weder eine Identifizierung noch sei es sensationslüsternd oder herabwürdigend. Das Foto aus Takua Pa habe vorwiegend nachrichtlichen Charakter. Es zeige die verzweifelte Aufgabe der Überlebenden, ihre toten Verwandten zu finden und zu identifizieren. Der direkte Blick aus der Nähe auf die Opfer in den Särgen sei vom Fotografen vermieden worden. Solche Bilder führten dem Betrachter eindringlich vor Augen, dass bei der Suche und Bergung von Opfern keiner der bisher normalen Maßstäbe galt. Dem Verständnis von Traumatisierungen und schweren psychischen Schäden von Heimgekehrten seien entsprechende Bilder sicher förderlich. Insgesamt, so das Justitiariat, hätten solche Bilder auch zu einer bislang einzigartigen Welle der Solidarität und Spendenbereitschaft geführt. (2005)
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Ein Zeitungsleser in Süddeutschland schickt per E-Mail einen Leserbrief an eine Zeitung in der Landeshauptstadt. Er hat in der Presse gelesen, dass dem Ministerpräsidenten aus Anlass seines 70. Geburtstages eine wunderschöne Armbanduhr geschenkt worden sei. Jetzt fragt er, ob der so Beschenkte die Uhr seinem Staat zurückgegeben oder aber den Wertausgleich versteuert habe. Der Leserbrief wird nicht veröffentlicht. Der Absender erhält aber einen persönlichen Brief des ehemaligen Ministerpräsidenten, in dem dieser die “Unruhe” des Leserbriefschreibers “zerstreut”, die Steuerbehörden könnten vier Jahre nach seinem 70. Geburtstag das Geschenk nicht ausreichend geprüft haben. Mitarbeiter des Unternehmens hätten die Uhr in ihrer Freizeit hergestellt, um ihm für seinen Einsatz zum Erhalt des Standortes und ihres Unternehmens zu danken. Den Materialwert habe er der Firma erstattet. Für die Arbeitsleistung der Mitarbeiter habe er sich mit einem Abendessen bedankt. Der Leserbriefschreiber recherchiert daraufhin. In einem Telefongespräch mit der Leserbriefredaktion der Zeitung erfährt er, dass “von oben” angeordnet worden sei, die E-Mail an die Staatskanzlei der Landesregierung zu übersenden. Da diese seine Anschrift nicht hatte, habe man sich von der Leserbriefredaktion seine vollständige Adresse übermitteln lassen. Der Autor geht davon aus, dass die Staatskanzlei Brief und Anschrift an den ehemaligen Ministerpräsidenten weitergereicht hat. Ob die Staatskanzlei den Brief auch der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung übergeben habe, entziehe sich seiner Kenntnis, schreibt er dem Deutschen Presserat. In der Weiterleitung seines Briefes an die Staatskanzlei sieht er einen Verstoß gegen die Ziffer 6 des Pressekodex. Er beantragt, die Zeitung zu rügen. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, das Schreiben des Beschwerdeführers bedürfe einiger Klarstellung. Er habe nämlich keinen Leserbrief an die Zeitung geschickt, sondern sich im Februar 2004 per E-Mail an deren Onlineforum gewandt. Bei diesem Forum handele es sich um ein für jedermann zugängliches und einsehbares öffentliches Diskussionsforum. Im Rahmen der Diskussion über eine Spendenaffäre habe der Beschwerdeführer einen Verdacht gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten geäußert. Weiterhin habe er sich in seiner Mail mit der Veröffentlichung in der Printausgabe einverstanden erklärt. Im Internet sei der Beitrag des Beschwerdeführers ohne Anschrift, aber mit Angaben zu Namen, Vornamen, E-Mail-Adresse und Wohnort erschienen. Bereits aus diesen Gründen sei eine etwa in Betracht kommende Verletzung des Berufsgeheimnisses bzw. die Preisgabe eines Informanten auszuschließen. Da der Beschwerdeführer sich mit der Veröffentlichung seiner Zeilen als Leserbrief einverstanden erklärt habe, sei die Zuschrift an das zuständige Ressort weitergeleitet worden. Da man allerdings die gegenüber dem früheren Ministerpräsidenten erhobenen Anschuldigungen nicht ohne weiteres habe abdrucken wollen, habe man sich – um der publizistischen Sorgfaltspflicht zu genügen – zur Überprüfung der Anschuldigungen an die Staatskanzlei gewandt. Dies auch, weil der Beitrag des Beschwerdeführers als Frage formuliert gewesen sei. Man habe dieses Vorgehen dem Beschwerdeführer mitgeteilt. Die Redaktion sei davon ausgegangen, dass der Vorgang in der Staatskanzlei bekannt gewesen sei. Diese habe dann keine Stellungnahme abgegeben, sondern das Schreiben an den Politiker weitergeleitet. In diesem Zusammenhang weist die Chefredaktion darauf hin, dass der Beschwerdeführer, Ex-Chef eines Liegenschaftsamtes, und der ehemalige Regierungschef seit vielen Jahren miteinander bekannt seien. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen eines Untersuchungsausschusses des Landtages sowohl den Ministerpräsidenten als auch dessen Ehefrau schwerwiegend belastet. Er habe seinerzeit auch Strafanzeige gegen die Frau des MP wegen Beleidigung gestellt. Im März 2004 habe sich der Beschwerdeführer nochmals an das Onlineforum gewandt und mitgeteilt, dass sein Schreiben bislang nicht als Leserbrief abgedruckt worden sei und er sich nun an die Steuerfahndung wenden werde. Schließlich habe er seinen Fall auch einer Boulevardzeitung zugetragen, die darüber berichtet habe. Abschließend resümiert die Chefredaktion, dass kein Verstoß insbesondere gegen Ziffer 6 des Pressekodex vorliegen könne, wenn ein in der Öffentlichkeit hinlänglich bekannter ehemaliger leitender Beamter in einem öffentlichen Internetforum schwerwiegende Vorwürfe gegen einen ehemaligen Ministerpräsidenten erhebe. Da beide Männer sich seit vielen Jahren kennen, hätte ein brieflicher Kontakt auch unmittelbar zustande kommen können, ohne dass damit das Berufsgeheimnis verletzt worden wäre. (2004)
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Ein Schreiben aus dem Schulzentrum sorgt für Aufregung im Rathaus. Die Rektoren des Gymnasiums und der Realschule werfen Fragen nach einer Nazi-Vergangenheit des von der Stadt gewünschten Namenspatrons und Alt-Oberbürgermeisters auf. Der derzeitige Oberbürgermeister ist entsetzt über die Bedenken der Gesamtlehrerkonferenzen, informiert die Fraktionen des Gemeinderates und bezieht in einem Antwortschreiben Stellung. Eine Spruchkammer habe 1947 alle Anschuldigungen einer Nazi-Vergangenheit seines Vorgängers im Amt zurückgewiesen. Die Zeitung am Ort berichtet über den Namensstreit und kommentiert ihn auch. Das Verhalten der Lehrer sei „absolut unerträglich“. Es stelle sich die Frage, was diese Lehrer eigentlich den Kindern beibringen wollten, wo sie doch selbst nichts verstanden hätten. Am Ende des Kommentars heißt es, das Kultusministerium wäre gut beraten, diesem Treiben ein Ende zu setzen, und sei es durch Nachhilfe in Ethik und Staatsbürgerkunde. Der Personalrat des Gymnasiums legt nach Erscheinen beider Artikel Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, dass die betroffenen Schulleiter und die Kollegien durch verschiedene Formulierungen in ihrer Ehre verletzt werden. Die Chefredaktion der Zeitung legt in ihrer Stellungnahme dar, dass das Problem längst Stadtgespräch gewesen sei, ehe die Zeitung es aufgegriffen habe. Die Lehrerkollegien hätten sich nicht darum bemüht, beim Stadtarchiv nach Belegen für ihre Gerüchte zu fragen. Vielmehr werde der große berufliche Aufstieg eines Oberreichsbahnrats mit seiner angeblichen NSDAP-Mitgliedschaft in Zusammenhang gebracht. Der zugegeben scharfe Kommentar wende sich dagegen, dass Lehrerkollegien bei aller pädagogischen Verantwortung Gerüchte wiederaufleben ließen, die durch Dokumente bereits widerlegt seien. Sie hätten bereits im OB-Wahlkampf eine Rolle gespielt und seien daraufhin vom Stadtarchivar zurückgewiesen worden. So wie der Kommentator und Berichterstatter habe auch der Oberbürgermeister die Stellungnahme der Lehrerkollegien verstanden, nämlich als Äußerung eines „Nazi-Verdachts“ und als unverständliche Argumentation mit Gerüchten. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, die Debatte über die Haltung der Lehrerkollegien habe sich fortgesetzt und die Zeitung habe darüber weiter berichtet. Es habe auch ein Aussöhnungsgespräch mit dem Oberbürgermeister gegeben, über das gleichfalls berichtet worden sei. Es sei der Redaktion allerdings nicht gelungen, eine nachträgliche Stellungnahme der Lehrerkollegien zu erhalten. (2004)
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Eine Tageszeitung berichtet in ihrem Lokalteil über die Entscheidung des örtlichen Verwaltungsgerichts: Der Kampfhund „Poe“ einer 39-jährigen Journalistin müsse auch fortan an der Leine geführt werden. Das Ordnungsamt der Gemeinde hatte zuvor zum Verdruss der Hundehalterin die selbe Auflage gemacht. In dem Bericht werden die Gründe für diese Entscheidung aufgeführt. Der Rhodesian Ridgeback habe den Rauhaardackel einer 75-jährigen Rentnerin angegriffen und in den Oberarm der Senioren gebissen. Die Hundehalterin habe daraufhin einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erhalten. Insgesamt vier Hunde habe „Poe“ attackiert. Dabei habe er einem Golden Retriever das Ohr abgebissen. Wie die Zeitung erläutert, zeichnet sich der Rhodesian Ridgeback durch stattliche Statur und Muskulatur aus. Die Rasse stamme aus Südafrika und sei dort früher für die Löwenjagd gehalten worden. Der Beitrag der Zeitung löst eine Beschwerde der betroffenen Hundehalterin beim Deutschen Presserat aus. Ihr Hund, so schreibt sie, sei kein Kampfhund. Rhodesian Ridgebacks seien in der bayerischen Kampfhundeliste nicht enthalten. In dem Artikel heiße es, dass sich „Poe“ laut einem Sachverständigengutachten durch ein „sehr starkes Dominanz-Verhalten“ auszeichne. Dies sei nicht zutreffend. In mehreren Gutachten werde festgestellt, dass „Poe“ nicht gesteigert aggressiv und gefährlich sei. Zudem habe ihr Hund nie einem Golden Retriever das Ohr abgebissen. Sie habe in der Gerichtsverhandlung auch nicht gesagt, dass „Poe“ bereits einen „Leinenkoller“ habe. Sie habe lediglich ausgeführt, dass jeder Hund auf Dauer irgendwann einen „Leinenkoller“ bekommen könne. Zu Gunsten der Polemik werde in dem Beitrag die journalistische Sorgfaltspflicht grob verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass der Rhodesian Ridgeback mittlerweile nicht mehr auf der Kampfhundeliste stehe. Dies sei allerdings erst neuerdings der Fall. Zum Zeitpunkt der Vorfälle, um die es in der Verhandlung gegangen sei, habe diese Hundeart sehr wohl auf der Liste gestanden. Der Vorsitzende habe der Hundehalterin vorgeworfen, dass sich ihr Hund dominant aufführe. Dabei habe er das Gutachten eines Experten zitiert. Dass „Poe“ einem Golden Retriever das Ohr abgebissen habe, beruhe auf der Aussage der Halterin dieses Hundes, die ein Redakteur am Rande der Verhandlung gemeinsam mit einer Kollegin befragt habe. Während der Verhandlung habe sich die Beschwerdeführerin darüber entrüstet, dass sie ihren Hund ständig anleinen müsse. Sie habe dabei ausdrücklich gesagt, dass ihr Hund einen „Leinenkoller“ habe.
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Unter der Überschrift „Was auf die Ohren“ berichtet eine Zeitschrift über ein Internetportal, mit dessen Hilfe man Musik herunterladen kann „so viel du willst“. Die ausführliche Beschreibung der Handhabung enthält Formulierungen wie „einfach, komfortabel, günstig“, „Der Preis ? Ein Schnäppchen“, „supergünstig“, „Ein bisher einmaliges Angebot“ und „Einfach, komfortabler und günstiger geht echt gar nicht“. Auch die beteiligten Firmen werden genannt. Ein Leser reicht die Veröffentlichung beim Deutschen Presserat mit der Bitte um Prüfung ein. Nach seiner Ansicht handelt es sich bei dem Artikel nicht um einen redaktionellen Text, sondern um Werbung, die nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Wortwahl und einseitige Darstellung eines Anbieters überschreiten die Grenze zur Schleichwerbung, heißt es in der Beschwerde. Der Verlag erklärt, seine Zeitschrift gebe Kauf-, Produkt- und Ausgehtipps. Diese Konsumenteninformationen würden gezielt für die Zielgruppe, nämlich Studenten, ausgewählt. Die besagte Download-Plattform werde im Hinblick auf die gerade in Studentenkreisen kontrovers geführten Diskussionen um Musik-Downloads vorgestellt. Der Bericht habe keinen Anspruch auf ein komplettes Ausleuchten des Marktes erhoben, sondern verstehe sich als Verbraucherinformation. Dieser Maßgabe entspreche der Text genauso wie beispielsweise das Vorstellen einer Nachtbar unter der Rubrik „Nachtleben“ oder auch eines MP3-Players oder eines PC-Spiels. (2004)
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