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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Identifizierbarkeit bei Giftanschlag

Unter der Überschrift „Der Mann geht durch die Hölle“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Giftanschlag auf einen Arzt und die Folgen für den Betroffenen. Ein Unbekannter habe Anfang März in eine Mineralwasserflasche des Mediziners Gift geschüttet und laufe immer noch frei herum. Der Kardiologe habe mehrere Tage in Lebensgefahr geschwebt und sei jetzt in den Süden geflüchtet. Das Haus, in dem er zur Miete wohne, sei verwaist. Das Blatt lässt einen Diplom-Psychologen zu Wort kommen, der mutmaßt, der arme Mann müsse mit den Nerven am Ende sein. Für ein potenzielles Mordopfer sei die Tatsache, dass der Täter immer noch nicht gefasst sei, eine unerträgliche Situation, denn der Unbekannte könne jederzeit wieder zuschlagen. Er vermute ganz stark, dass es eine Frau sei, denn Giftmorde seien typisch für Frauen. Der Beitrag enthält verschiedene personenbezogene Informationen über den mit vollem Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannten Arzt: seine vollständige Adresse, seine berufliche Tätigkeit als Kardiologe, der Name der Klinik, an der er arbeitet, seine Eigenschaft als ruhiger, sympathischer Familienvater, sein Alter sowie diverse Details der gesundheitlichen Auswirkungen des Giftanschlages. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet der Betroffene, dass in dem Artikel eine genaue Ortsbeschreibung seines Wohnhauses angegeben sei. Dies halte er vor dem Hintergrund, dass bislang kein Täter gefunden worden sei, für unverantwortlich. Die Nennung der Straße und des Stadtbezirks ermöglichten eine leichte Zuordnung und täten in der Berichterstattung nichts zur Sache. Besonders perfide sei dies im Zusammenhang mit der in dem Artikel geäußerten Einschätzung des Psychologen, dass die Situation für ein potenzielles Mordopfer, den Täter noch frei herumlaufen zu wissen, unerträglich sei. Eine Stellungnahme der Zeitung liegt dem Presserat nicht vor. (2004)

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Foto einer Enthauptung

Unter der Überschrift “Entführter Amerikaner im Irak geköpft” veröffentlicht eine Boulevardzeitung in ihrer Print- und Onlineausgabe drei Fotos aus dem Videofilm der Terroristen, die den Amerikaner Nick Berg enthauptet haben. Auf einem Foto sitzt das gefesselte Opfer vor fünf vermummten Gestalten. Auf einem anderen Foto ist, wenn auch unscharf, zu erkennen, wie dem Amerikaner ein Messer an die Kehle gesetzt wird. Auf dem dritten Foto schließlich hält einer der Terroristen den abgetrennten Kopf Bergs vor die Kamera. Eine Leserin des Blattes ist geschockt. Sie schreibt an den Deutschen Presserat: “Ich kann nicht den Hauch einer journalistischen Rechtfertigung dieser Darstellung erkennen und möchte das nicht einfach hinnehmen”. Bereits auf der Übersichtsseite im Internet werde das Foto des Geköpften gewissermaßen ohne jede Vorwarnung veröffentlicht, so dass keiner der Internetnutzer die Möglichkeit habe, sich entweder auf den Anblick einzustellen oder ihm auszuweichen. Zudem diene das Bild nicht der Information, sondern solle möglicherweise eher aufreizend und schockierend wirken, um das Interesse der Leser auf den Artikel zu lenken. Die Beschwerdeführerin findet es pietätlos, das Opfer der Gewalttat derart auszustellen, nur um Sensationsgelüste zu befriedigen. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und verweist darauf, dass das beanstandete Foto die Größe einer Visitenkarte habe. Das Foto von der Enthauptung des Amerikaners sei ein Zeitdokument. Zunächst weil hier nur deshalb getötet worden sei, um schockierende Fotos zu erhalten. Damit sei eine neue Qualität der medialen Auseinandersetzung erreicht: Die Vernichtung eines Menschen als bloßes Mittel für Propagandazwecke. Außerdem dokumentiere das Foto, dass der Terrorismus keinen Unterschied mache zwischen Kombattanten und Zivilisten und buchstäblich jeder zum Opfer werden könne. Vorwürfe mangelnder Pietät oder fehlender Zugangsbeschränkung im Internet seien journalistisch ohne Belang. Entscheidend sei allein der Informations- und Verdichtungsgehalt eines Fotos. In diesem Zusammenhang verweist der Chefredakteur auf das seinerzeit weltweit veröffentlichte und später sogar prämiierte Foto des gefesselten Vietkong, das aufgenommen worden ist, kurz bevor er von einem südvietnamesischen Polizeichef erschossen wurde. Auch dieses Foto gelte völlig zu Recht als zeitgeschichtliches Dokument. (2004)

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Identifizierbarkeit bei Giftanschlag

Unter der Überschrift „Giftattacke im Labor“ berichtet eine Tageszeitung über einen mysteriösen Mordanschlag auf einen Forscher im Labor eines Großkrankenhauses. Der Kardiologe habe arglos aus seiner Wasserflasche getrunken und sei Stunden nach dem verhängnisvollen Schluck mit schweren Vergiftungssymptomen zusammengebrochen. Die Chemikalie habe sein zentrales Nervensystem und innere Organe angegriffen. Tagelang hätten die Kollegen auf der Intensivstation um sein Leben gekämpft. Der Polizei stellten sich viele Rätsel. War es Kollegenneid, private Eifersucht oder die Tat eines Psychopathen? Das Opfer des Mordanschlags hoffe jetzt, bald wieder arbeiten zu können. Der Arzt und seine Familie seien zur Zeit in Urlaub. Der Beitrag enthält verschiedene personenbezogene Informationen über den mit vollem Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannten Arzt: seine vollständige Adresse, seine berufliche Tätigkeit als Kardiologe, der Name der Klinik, an der er arbeitet, seine Eigenschaft als sympathischer Kollege, sein Alter sowie diverse Details der gesundheitlichen Auswirkungen des Giftanschlages. Schließlich erfährt der Leser, dass das Opfer der Tat mit einer Ärztin verheiratet ist, zwei Kinder hat und in einer Doppelhaushälfte wohnt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet der Betroffene, dass in dem Artikel eine genaue Ortsbeschreibung seines Wohnhauses angegeben sei. Dies halte er vor dem Hintergrund, dass bislang kein Täter gefunden worden sei, für unverantwortlich. Die Nennung der Straße und des Stadtbezirks ermöglichten eine leichte Zuordnung und täten in der Berichterstattung nichts zur Sache. Der Chefredakteur einer Zeitung, gegen welche die gleiche Beschwerde läuft (B2-15/2004), nimmt offenbar stellvertretend auch für die Chefredaktion der in diesem Fall kritisierten Zeitung zu der Beschwerde Stellung. Er betont, dass im Vordergrund der Berichterstattung die Tat und die Folgen für das Opfer, der Stand der polizeilichen Ermittlungen und die aufgestellten Mutmaßungen zum Tathergang stehen. Als Abrundung zu der Thematik habe man in wenigen Zeilen das private Umfeld des Opfers skizziert, um auch die Auswirkungen auf die Person zu veranschaulichen. Das Opfer werde in seiner Anonymität belassen. Der Name werde lediglich abgekürzt wiedergegeben. Auch auf die Nennung der Hausnummer sei verzichtet worden. Zudem habe man aus Gründen des Opferschutzes auch eine genaue Ortsbeschreibung unterlassen. Die Bezeichnung des Wohnhauses als Doppelhaushälfte sei nicht geeignet, den Ort zu identifizieren. Bei der Straße handele es sich um eine typische, von Einzel- und Doppelhäusern geprägte bürgerliche Wohngegend. Vor diesem Hintergrund sei die Beschwerde unbegründet. (2004)

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Identifizierbarkeit bei Giftanschlag

Unter der Überschrift „Wer ist der feige Giftmischer ?“ berichtet eine Boulevardzeitung über einen Mordanschlag auf einen Arzt des örtlichen Großkrankenhauses. Dem Kardiologen sei eine harmlos aussehende Wasserflasche zum Verhängnis geworden. Denn in der Flüssigkeit habe sich ein hoch wirksames Gift befunden. Der Mediziner sei wenige Stunden, nachdem er davon getrunken habe, in seiner Wohnung mit schwersten Vergiftungserscheinungen zusammengebrochen. Nur eine sofortige intensivmedizinische Behandlung habe den Mann retten können. Bisher tappten die Ermittler im Dunkeln. Die Tat lasse Spekulationen über das Motiv blühen: Eifersucht, verschmähte Liebe oder Konkurrenz unter Wissenschaftlern ? Der Beitrag enthält verschiedene personenbezogene Informationen über den mit vollem Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannten Arzt: seine vollständige Adresse, seine berufliche Tätigkeit als Kardiologe, der Name der Klinik, an der er arbeitet, sein Alter sowie diverse Details der gesundheitlichen Auswirkungen des Giftanschlages. Schließlich erfährt der Leser, dass das Opfer der Tat zwei Kinder hat, in einer Doppelhaushälfte wohnt und vorher in einem anderen Stadtbezirk gelebt hat. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet der Betroffene, dass in dem Artikel eine genaue Ortsbeschreibung seines Wohnhauses angegeben sei. Dies halte er vor dem Hintergrund, dass bislang kein Täter gefunden worden sei, für unverantwortlich. Die Nennung der Straße und des Stadtbezirks ermöglichten eine leichte Zuordnung und täten in der Berichterstattung nichts zur Sache. Der Chefredakteur der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, dass im Vordergrund der Berichterstattung die Tat und die Folgen für das Opfer, der Stand der polizeilichen Ermittlungen und die aufgestellten Mutmaßungen zum Tathergang stehen. Als Abrundung zu der Thematik habe man in wenigen Zeilen das private Umfeld des Opfers skizziert, um auch die Auswirkungen auf die Person zu veranschaulichen. Das Opfer werde in seiner Anonymität belassen. Der Name werde lediglich abgekürzt wiedergegeben. Auch auf die Nennung der Hausnummer sei verzichtet worden. Zudem habe man aus Gründen des Opferschutzes auch eine genaue Ortsbeschreibung unterlassen. Die Bezeichnung des Wohnhauses als Doppelhaushälfte sei nicht geeignet, den Ort zu identifizieren. Bei der Straße handele es sich um eine typische, von Einzel- und Doppelhäusern geprägte bürgerliche Wohngegend. Vor diesem Hintergrund sei die Beschwerde unbegründet. (2004)

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Pensionsbezüge veröffentlicht

Unter der Überschrift „Brutto oder netto ? Die Pensionen und die Abzüge“ berichtet eine Regionalzeitung über die explodierenden Versorgungsausgaben bei Beamtenpensionen. Sie zitiert dabei u.a. unter Nennung des vollständigen Namens einen früheren Schulleiter mit der Besoldungsgruppe A 13, dem nach eigenem Bekunden von 2.970 Euro nur noch 2.321 Euro bleiben. Diese Zahlen hatte der Leser der Redaktion als Reaktion auf einen vorherigen Artikel unter der Überschrift „Land schüttet Füllhorn über seine Pensionäre aus“ in einem Brief an den Chefredakteur mitgeteilt. Diese Mitteilung hatte er nicht als Leserbrief gekennzeichnet. In einem Antwortschreiben hatte ihm der Chefredakteur mitgeteilt, dass er das Schreiben leider nicht als Leserbrief veröffentlichen könne, da die Zeitung ausschließlich Leserbriefe zu lokalen Themen drucke. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat, dass die Zeitung jetzt ohne weitere Rückfrage der Öffentlichkeit seine konkreten Pensionsbezüge mitteile. Er sehe sich dadurch in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Der Chefredakteur bedauert zutiefst, dass auf Grund eines individuellen Fehlverhaltens die persönlichen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers Bestandteil der Berichterstattung geworden seien. Dies verstoße gegen die Prinzipien des Hauses, sich mit Informanten noch einmal in Verbindung zu setzen und eine schriftliche Erlaubnis einzuholen, wenn es um die Nennung sehr privater Details gehe. In besonders heiklen Fragen werde selbst bei einer Einwilligung auf die Veröffentlichung verzichtet, weil sich die Betroffenen nicht über die Konsequenzen im klaren seien. Es habe sich daher nicht um eine bewußte Hinwegsetzung über Belange des Pressekodex, sondern um eine höchst bedauerliche Betriebspanne singulärer Art gehandelt. Eine Entschuldigung bei dem Beschwerdeführer sei sofort und in aller Form erfolgt. (2004)

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Patientendaten

Ein lokales Wochenblatt setzt sich unter der Überschrift „Abrechnungen mit sieben Siegeln“ kritisch mit der mangelnden Transparenz der Quartalsabrechnungen von Kassenärztlichen Vereinigungen auseinander. Der Verfasser berichtet, dass er bei seiner Recherche Einsicht in Quartalsabrechnungen von Ärzten genommen habe. Dabei habe er erfahren, dass auch Ärzte nicht wüssten, was sie für die Behandlung eines Patienten konkret bekämen. Bei der Quartalsabrechnung durch die Kassenärztliche Vereinigung kämen alle Patienten in einen Topf und würden in einem komplizierten Verfahren, dem „Punktzahlgrenzvolumen nach Honorarverteilungsmaßstab“ abgerechnet. Hinzu komme, dass der Geldwert der Punkte in jedem Quartal anders sein könne. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Landesbeauftragten für den Datenschutz aus, die dieser zuständigkeitshalber an den Deutschen Presserat weiterleitet. Ein Leser des Blattes wundert sich darüber, dass Ärzte einem Journalisten Einblick in Quartalsabrechnungen gewährten. Er gehe davon aus, dass die Zeitung auch Einblick in seine Abrechnungsunterlagen bzw. Patientendaten oder Krankengeschichten genommen haben könne. Darin sehe er einen offensichtlichen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Insbesondere habe er Interesse daran zu erfahren, bei welchen Ärzten Einblick in die Quartalsabrechnung genommen worden sei. Gleichfalls bittet er, von Amts wegen darauf Einfluss zu nehmen, dass solche Möglichkeiten des Einblicks in Quartalsabrechnungen durch Journalisten unterbunden werden, sowie die Ärzte zu ermitteln, die solches gestatten. Der Verfasser des fraglichen Artikels erläutert in seiner Stellungnahme, dass er bei seinen Recherchen von einem Arzt Einsicht in eine Quartalsabrechnung einer Kassenärztlichen Vereinigung bekommen habe. In dieser Abrechnung seien aber ausschließlich anonymisierte Abrechnungsdaten, wie Häufigkeitsstatistiken, Punktzahlgrenzvolumina usw. erschienen. Es seien keinerlei Patientendaten ersichtlich gewesen. Die Anonymität dieser Daten und die Tatsache, dass die Ärzte die Abrechnung ihrer Arbeitsleistung nicht nachvollziehen könnten, seien der Grund gewesen, ihm dieses Dokument vorzulegen. Wie aus dem zitierten Artikel eindeutig hervorgehe, sei es also nicht um die Abrechnung des Arztes, sondern um die der Kassenärztlichen Vereinigung gegangen. Der Verfasser versichert, dass ihm keinerlei Patienten- oder Krankendaten zugänglich gewesen seien. (2004)

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Daten eines Landebahngegners

In Hamburg wehren sich vier Grundstückseigentümer gegen eine Verlängerung der Landebahn, welche den Bau und die Auslieferung der Frachtversion sowie die Produktion modifizierter Modelle des neuen Airbus A 380 in der Hansestadt ermöglichen soll. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Sachstand und stellt unter der Überschrift “Der Mann, der nicht verhandeln will” einen der Landebahngegner vor, der es bislang abgelehnt habe, seine Grundstücke für den Bau der neuen Airbus-Piste zu verkaufen. Die Zeitung nennt den vollständigen Namen und das Alter des Betroffenen, gibt seinen Beruf an und nennt sein Monatseinkommen. Außerdem wird über den vorherigen und den voraussichtlich künftigen Arbeitsplatz des Mannes berichtet, der sich ausdrücklich auch vor den Medien zurückgezogen habe und mit niemandem reden wolle. An der Auffahrt zu seinem Grundstück stehe ein an die Medien gerichtetes Schild, auf dem er mitteile, das seine gesamte Familie weder Interviews noch Foto- oder Fernsehtermine gebe. Eine Leserin des Blattes gibt dem Deutschen Presserat gegenüber zu bedenken, dass die volle namentliche Nennung des Landebahngegners gegen Ziffer 8 des Pressekodex verstoße. Gleiches gelte für die Nennung seines Arbeitgebers, seiner Besoldungsgruppe, sowie sein mutmaßliches Einkommen. Dies alles seien Informationen, an denen kein öffentliches Interesse bestehen könne. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Die Berichterstattung falle unter Ziffer 8, Satz 2, des Pressekodex, da im vorliegenden Falle das Privatverhalten öffentliche Interessen berühre. Die Vorgänge um die Airbus-Erweiterung in Hamburg würden seit vielen Jahren mit einer umfassenden Berichterstattung in seiner Zeitung begleitet. Für den Fall, dass die Airbuslandebahn nicht verlängert werden könne, weil hierfür nötige Grundstücke von der Stadt Hamburg nicht erworben werden könnten, habe Airbus Frankreich angekündigt, Teile des Projekts nach Toulouse zu verlagern. Damit stünden bereits getätigte große staatliche Investitionen und eine erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen in Frage. Die Airbus-Landebahn könne nicht verlängert werden, wenn vier Grundeigentümer ihre Grundstücke nicht zum Verkauf stellen würden. Der durch die Berichterstattung Betroffene sei einer von diesen Vieren. Das private Verhalten dieser vier Eigentümer sei also auf das engste mit der öffentlichen Angelegenheit Airbus verknüpft. Die Namen der vier seien deswegen im übrigen auch über ihr direktes persönliches Umfeld hinaus im betroffenen Süderelbe-Bereich bereits bekannt gewesen. Damit die weitere Öffentlichkeit einordnen könne, welche Beweggründe die Nichtverkäufer leiten würden, wer sie seien, zu welchem Umfeld sie gehörten, sei es zu einer wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit notwendig gewesen, die entsprechenden Informationen zu liefern. Wenn die Zeitung also den Namen des Betroffenen sowie seinen Arbeitgeber, seine Besoldungsgruppe wie auch Daten der anderen Eigentümer veröffentlicht habe, sei dies geschehen, um dem Leser die an Fakten orientierte Grundlage für eine objektive Meinungsbildung zu ermöglichen. Der Chefredakteur räumt ein, dass bei der Berechnung des Gehalts des Betroffenen, die sich an den üblichen Besoldungsgruppen orientierte, ein Berechnungsfehler unterlaufen sei. Die Adresse des Mannes sei durch dessen Verwurzelung im Vorsitz eines Vereins und die Lage seines Grundstücks vor der Landebahn in der Gemeinde einer größeren Zahl von Menschen bekannt. Es sei zudem durch das angebrachte Schild leicht erkennbar. Der Chefredakteur weist abschließend darauf hin, dass aus seiner Sicht die Presseratsbeschwerde nicht im politisch luftleeren Raum gesehen werden dürfe, sondern als ein Teil einer politischen Strategie in der zur Zeit aufgehetzten Hamburger Situation um die Airbus-Landebahn begriffen werden müsse. (2004)

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Symbol des Terrors

Unter der Schlagzeile „Terror-Bombe im Linienbus“ berichtet eine Boulevardzeitung über ein Attentat auf einen Bus voller Schüler in Jerusalem, dessen Opfer acht Tote und über 60 Verletzte sind. Dem Beitrag ist ein Farbfoto beigestellt, welches das Innere des zerstörten Fahrzeuges zeigt. Mitten im Gang liegt ein abgetrenntes, zerfetztes Bein. Sechs Leserinnen und Leser nehmen an dieser Veröffentlichung Anstoß und beschweren sich beim Deutschen Presserat. Mit diesem Foto werde eine Grenze überschritten, werde ein Menschenleben auf ein abgetrenntes Bein reduziert. Einer der Beschwerdeführer gibt zu bedenken, dass die Zeitung an den Verkaufsständen oft offen ausliege und somit auch Kinder dieses Foto mit möglichen negativen Folgen für sie betrachten könnten. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Veröffentlichung für angemessen, weil sie der medialen Verharmlosung des palästinensischen Terrors entgegenwirke. Das Foto sei nicht sensationell, weil es die blutige Realität des israelischen Alltags zeige, und es sei auch nicht unangemessen sensationell, weil das Bild in seiner trostlosen Lakonie gerade nicht auf Sensation, sondern auf Erschütterung ziele. Zudem werde nicht ein Menschenleben auf ein abgetrenntes Bein reduziert, sondern die terroristische Gewissenlosigkeit von Hamas und El Fatah. Dass das beanstandete Foto für Kinder ungeeignet sei und die Grenzen des guten Geschmacks überschreite, möge zutreffen. Aber Zeitungen seien weder Bilderbogen für Kinder und Jugendliche, noch seien sie Fibeln über Geschmacksfragen. Zeitungen seien Informationsträger, welche umfassend und wahrhaftig auch über die dunklen Seiten dieser Welt berichten müssten. Dass einige daran mitunter Anstoß nähmen, ließe sich nicht vermeiden. Wie das Bundesverfassungsgericht im Benetton-Urteil klarstelle, sei jedoch ein „vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt der Bürger kein Belang, zu dessen Schutz das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eingeschränkt werden dürfe“. (2004)

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Gewinnspiel einer Zeitung

Auf der Seite “Extra” einer Boulevardzeitung präsentiert die Lifestyle-Expertin einer Parfümeriekette unter der Rubrik “Kosmetik-News” fünf Produkte ihres Unternehmens. Es handelt sich um eine Körperlotion, eine Körpercreme, ein Haarpflegemittel, ein Hautpflegemittel sowie ein Duftwasser. Es werden Merkmale und Preise genannt. Zu Beginn und zum Schluss wird darauf verwiesen, dass Leserinnen und Leser die vorgestellten Kosmetika gewinnen können. Zu diesem Zwecke ist eine 0190er-Telefonnummer angegeben. (In Klammern wird ein Firmenname genannt und erwähnt, dass jeder Anruf aus dem deutschen Festnetz 62 Cent pro Minute kostet). Im Vorspann wird erwähnt, dass Vorstellung und Verlosung jeden Sonntag stattfinden. Die Veröffentlichung löst zwei Beschwerden aus. Ein Leser bittet den Deutschen Presserat, gegen diese Veröffentlichung schnellstens etwas zu unternehmen. Er sieht in dem Beitrag eine unfaire Werbung gegenüber anderen Parfümeriegeschäften und echten Anzeigenkunden. Das rieche geradezu nach Bestechung der Redaktion oder einzelner Redakteure. Die angegebene Telefonnummer führe weder zu der Zeitung noch zu der genannten Parfümeriekette. Der Beschwerdeführer kritisiert schließlich, dass dem Verbraucher durch die angepriesene 0190er-Nummer höhere Kosten entstehen. Auch eine Leserin findet die hier praktizierte Werbung verwerflich. Fraglich sei auch die Verwendung der 0190er-Nummer, deren Missbrauch schon in vielen Publikationen angeprangert worden sei. Da die hier präsentierte Lifestyle-Expertin laufend auch in anderen Zeitungen erscheine, mal als Lebensgefährtin eines Feinkostlieferanten, mal als Pressesprecherin der Parfümeriekette, könne man doch fast schon darauf wetten, dass hier eine Bestechung von Redakteuren vorliege. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt in ihrer Stellungnahme mit, bei der Veröffentlichung handele es sich um ein Gewinnspiel der Zeitung. Dieses finde Woche für Woche unter Verwendung einer 0190er-Nummer statt. Im konkreten Fall seien Kosmetikartikel, die von der genannten Firma vorgestellt worden seien, verlost worden. Solche Gewinnspiele dienten der Werbung des Veranstaltenden. Somit handele es sich um eine Eigenwerbung der Zeitung und nicht um einen redaktionellen Text. Auch soweit der Eigenanzeigencharakter des Gewinnspiels mit einer Werbung des Sponsors verbunden sei, komme klar zum Ausdruck, dass es sich nicht um eine redaktionelle Veröffentlichung handele. Der Gewinnspielsponsor werbe als solcher nicht verdeckt, sondern offen durch die als solche benannte Lifestyle-Expertin. Auch die Tatsache, dass das Gewinnspiel sich nicht im redaktionellen Hauptteil, sondern in einem Service-Extrateil befinde, unterstreiche den werbenden Eindruck. Das Gewinnspiel werde von einer Firma im Auftrag des Verlages durchgeführt. Dieses sei ein normaler Vorgang, da ein Verlag in der Regel seine Gewinnspiele nicht mit eigenem Personal durchführen könne. Die Rechtsabteilung räumt ein, dass 0190er-Nummern vielfach missbräuchlich eingesetzt werden. Im Gewinnspiel der Zeitung sei dies jedoch nicht der Fall. Die Telefonkosten seien auf 62 Cent pro Minute beschränkt und bewegten sich damit in der Höhe des Preises für den Versand eines Briefes. Die erforderlichen Angaben seien ohne weiteres innerhalb einer Gesprächsminute möglich, so dass keine höhere Kostenlast auf den Anrufer zukomme. (2004)

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Diskriminierung der Schiiten

Auf ihrer Seite „Politik und Kommentar“ veröffentlicht eine Lokalzeitung eine Karikatur mit der Unterzeile „Dankeschön auf schiitisch“. Zu sehen ist ein amerikanischer Soldat, der mit einer Säge die Fußfessel eines Schiiten durchtrennt, derweil dieser mit seiner Maschinenpistole auf den Amerikaner schießt. Auf einer Riesenkugel am Ende der Fußfessel befindet sich die Aufschrift "Saddam-Regime". Ein Leser des Blattes moniert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die religionsverhetzende Aussage der Zeichnung. Alle Schiiten würden damit als undankbar und hinterhältig dargestellt. Hätte die aus dem Hinterhalt schießende Person Züge des Fanatikers El Sadr bzw. wäre durch die Bildunterschrift eine Eingrenzung auf eine bestimmte gewalttätige Gruppierung erfolgt, wäre die hier getroffene Aussage seines Erachtens noch nachvollziehbar. Angesichts der Notwendigkeit, die Gräben zwischen Kultur und Religion zu überwinden, Verständnis füreinander zu wecken, um so zu einem friedlichen Miteinander zu kommen, hält der Beschwerdeführer die gewählte Darstellung jedoch für nicht akzeptabel. Der Chefredakteur der Zeitung bedauert, dass in einem Gespräch mit dem Leser die unterschiedlichen Auffassungen über die Karikatur nicht ausgeräumt werden konnten. Er selbst könne die Veröffentlichung nicht beanstanden. Er könne auch eine Diskriminierung einer religiösen Gruppe nicht entdecken. Bei der Karikatur handele es sich um eine zugespitzte Meinungsäußerung. Sie sei in der vorliegenden Form hart, aber zulässig. Dass der Karikaturist auf eine bestimmte Gruppe im Irak verweise, sei geradezu unvermeidlich. Die Schiiten seien in der von ihnen kontrollierten Region als klar definierbare Gruppierung politisch und militärisch aktiv. Die Kritik an gewalttätigen Übergriffen sei also keine Abwertung wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe. Dies werde auch durch die gesamte begleitende Berichterstattung erkennbar. (2004)

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