Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Eine Wochenzeitung berichtet über einen irrtümlich als Vergewaltiger verurteilten Mann, der später freigesprochen wurde. Überschrift: “Erwiesene Unschuld”. In der Nachbetrachtung des Vorgangs geht die Autorin sehr kritisch mit dem Gericht um und äußert dabei die Ansicht, es habe bei der Verurteilung “Rechtsbeugung” begangen. Die Autorin zählt aus ihrer Sicht diverse gerichtliche Fehler auf. Ein Leser der Zeitung kritisiert den Vorwurf der Rechtsbeugung. Dieser bedeute, dass das Gericht bewusst einen unschuldigen Angeklagten verurteilt habe. Dies sei eine nicht haltbare und ehrverletzende Beschuldigung. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Zeitung betont, dass die Passage zu den Fehlern des Gerichts korrekt dargestellt sei. Bei der Formulierung “Rechtsbeugung” handle es sich um eine zulässige Meinungsäußerung der Autorin, die den erwiesenermaßen wahren Sachverhalt zusammengefasst und mit der Bewertung der “Rechtsbeugung” belegt habe. Dabei habe sie sich insbesondere darauf gestützt, dass Ergebnisse aus der Hauptverhandlung, die gegen eine Verurteilung sprachen, in der Urteilsbegründung verschwiegen oder auf den Kopf gestellt worden seien. Mit dem Vorwurf der Rechtsbeugung – so die Rechtsvertretung – werde die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten. (2005)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “12 Jahre alt – 163 Straftaten” über einen Zwölfjährigen, der immer wieder Einbrüche und Diebstähle begeht. In dem Artikel steht der Satz: “Angestiftet wird er von seinen Eltern, die einer Sinti-Gruppe angehören”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Sie stellt klar, dass es sich in dieser Angelegenheit um denselben Jugendlichen handelt, zu dem bereits eine Entscheidung in einer früheren Beschwerdesache ergangen ist (BK1-178/05). Die Berichterstattung lasse einen begründeten Sachbezug erkennen, der den Hinweis auf die Zugehörigkeit des Tatverdächtigen zur Gruppe der Sinti rechtfertige. Diese Bevölkerungsgruppe beschäftige laut einer polizeilichen Untersuchung seit Jahrzehnten die Behörden überproportional. In die dabei erhobenen statistischen Fallzahlen sei auch der vorliegende Fall einzuordnen, was den Sachbezug zur Berichterstattung herstelle. (2005)
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet unter der Überschrift “Verkaufte Babys in Frankreich gefunden” über eine Razzia der französischen Polizei. Dabei seien sieben Kleinkinder gefunden worden, die im Jahr zuvor von ihren bulgarischen Müttern verkauft worden seien. In der Meldung, die auf Informationen einer französischen Nachrichtenagentur basierte, heißt es: ”Die Roma sollen jeweils 5000 bis 6000 Euro bezahlt haben, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)
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“Weißwurst zu teuer! Gast schlug mit dem Hammer zu” – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über den Streit zwischen einem Gast und einem Gastwirt, bei dem es als Höhepunkt der Auseinandersetzung zu dem erwähnten Hammerschlag gegen den Wirt kam. Mit dem Vorfall hatte später das Gericht zu tun. Der Beschwerdeführer, der sich wegen Mordversuchs zu verantworten hatte, wurde in der Berichterstattung mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen sowie mit identifizierenden Fotos dargestellt. Er hält den Bericht für vorverurteilend, da die Verhandlung zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht beendet war. Er sei als Mörder vorverurteilt worden, obwohl es später nur eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags gegeben habe. Zudem stelle die Zeitung das Geschehen falsch dar. Nicht der Wurst-Preis, sondern die Tätlichkeiten des Wirtes seien für seinen Ausbruch ausschlaggebend gewesen. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Foto-Veröffentlichung, die ihn angesichts einer äußerst belastenden Situation im Gerichtssaal in seiner Menschenwürde verletze. Das Bild sei überdies – entgegen anders lautender Zusagen – ungepixelt veröffentlicht worden. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Rechtsanwalt der Zeitung ist der Auffassung, dass der Artikel den Rahmen der Straftat in der Überschrift in zulässiger Weise verkürzt darstellt. Die Kausalität des Würstchenstreits für die Straftat sei unzweifelhaft. Die Berichterstattung in identifizierender Weise sei zulässig gewesen, da es sich bei dem Angeklagten um eine relative Person der Zeitgeschichte handle. Zum einen sei schon “versuchter Totschlag” ein hinreichend schweres Verbrechen. Hinzu komme, dass die Entwicklung des Verbrechens auch innerhalb der sonst üblichen Fälle eine Besonderheit darstelle. Es sei darzustellen gewesen, aus welch nichtigen Anlässen über verschiedene Eskalationsstufen eine Auseinandersetzung bis zu extremen Verbrechen mit hochgradig gefährlichen Situationen für die Beteiligten führen könne. (2005)
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Unter der Überschrift “Sinti und Roma wollen Disko stürmen” berichtet eine Regionalzeitung über eine Massenschlägerei vor einer Diskothek. In dem Artikel heißt es: “In … haben am zweiten Feiertag 30 Sinti und Roma versucht, an dem libanesischen Türsteher vorbei in eine Disko zu gelangen.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Nachricht nicht von der Redaktion, sondern von einer Nachrichtenagentur stamme. Auch hierbei gelte selbstverständlich die Ziffer 12.1 des Pressekodex, wobei möglicherweise bei der Themenauswahl Agenturnachrichten “unkritischer” übernommen würden. Als unabhängige und überparteiliche Zeitung wende sich sein Blatt gegen alle rechts- und linksextremen Tendenzen in der Gesellschaft und trete für die Menschen- und Grundrechte ein. Die Chefredaktion wird den Fall in der Redaktion zu deren Sensibilisierung zum Thema machen. (2004)
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“30 Sinti und Roma hätten versucht, an dem libanesischen Türsteher vorbei in die Disko zu gelangen, so die Polizei.” Dieser Satz steht im Bericht einer Regionalzeitung über eine Massenschlägerei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung merkt an, dass eine rechtzeitige Eingabe der Beschwerde die Aufklärung des Sachverhalts erheblich vereinfacht hätte, zumal es sich um eine übernommene Agenturmeldung gehandelt habe. Die Entscheidung der Redaktion, die ethnische Zugehörigkeit der Angreifergruppe erkennbar zu machen, beruhe auf der Tatsache, dass es sich bei dem Türsteher um einen Libanesen gehandelt habe. Dieser habe offenbar seine eigenen Vorbehalte gegen andere Minderheiten in Deutschland zum Anlass für seine Entscheidung genommen, der Gruppe den Eintritt zu verweigern. Es handle sich also nicht um einen ausländerfeindlichen Akt deutscher Beteiligter, sondern um eine Auseinandersetzung unter ethnischen bzw. ausländischen Minderheiten. Dies darzustellen, ohne die Zugehörigkeit der Beteiligten zu ethnischen bzw. ausländischen Minderheiten zu erwähnen, ergäbe keinen Sinn, sondern würde vielmehr Spekulationen Tür und Tor öffnen. (2004)
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Eine Regionalzeitung berichtet über eine Schießerei in einer Kleinstadt unter der Überschrift “Schießerei in …: Zwei verletzt”. Im Text heißt es: “Ein Streit zwischen zwei Familien der als Minderheit anerkannten Sinti war nach … Informationen die Ursache für die Schießerei.” In einem weiteren Artikel der Zeitung unter der Überschrift “Schüsse reißen Nachbarn aus dem Schlaf” wird diese Aussage wiederholt. Weiter heißt es: “Der Leitende Oberstaatsanwalt bestätigte gestern auf Anfrage, dass sich ein Vertreter des Landesverbandes … der Sinti und Roma in den Fall eingeschaltet hat”. Später berichtet die gleiche Zeitung unter der Überschrift “Schweigen der Sinti verhindert Anklage” über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach der Schießerei. Es wird berichtet, dass “bei einer wilden Schießerei zwischen Mitgliedern zweier Sinti-Familien Anfang Juli in … zwei Menschen leicht verletzt worden seien”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in den Artikeln einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerden für unbegründet. Im Rahmen eines ebenfalls in der Zeitung veröffentlichten Interviews mit dem ermittelnden Oberstaatsanwalt sei dem Fall weiter journalistisch nachgegangen worden. Die mangelnde Aussagebereitschaft der Beteiligten führt der Jurist auf das völlig andere Rechtsverständnis der Sinti zurück. Dem Interview beigestellt sei ein Kasten gewesen, in dem auf die Geschichte von Verfolgung und Leid der Sinti hingewiesen wurde. Der offensichtliche Konflikt zwischen dem Rechtsverständnis der Staatsanwaltschaft und den Sinti wäre nicht darstellbar gewesen, ohne die Zugehörigkeit der Betroffenen zur Minderheit der Sinti und Roma zu benennen. (2005)
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“3000 Euro für Schleifarbeiten” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über Beschwerden von Bürgern, die von Durchreisenden aufgesucht und bedroht worden seien. Von der Polizei hätten sie keine Hilfe erhalten. In dem Artikel werden die Durchreisenden durchweg als “Roma” bezeichnet. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion hält die Beschwerde für unbegründet. Eine diskriminierende Darstellung einer ethnischen oder nationalen Gruppe im Sinne von Ziffer 12 des Pressekodex sei nicht erkennbar. Der begründbare Sachbezug für die Erwähnung der Bezeichnung “französische Roma” habe darin bestanden, dass die Polizei eine Ermittlung der mutmaßlichen Straftäter für aussichtslos gehalten habe, da die Gruppe mit unbekanntem Ziel weiter gezogen sei. Zentraler Anknüpfungspunkt der Berichterstattung seien somit nicht die Straftaten gewesen, sondern vielmehr die Tatsache, dass die mutmaßlichen Täter nicht mehr erreichbar waren. Deshalb sei die Nennung der ethnischen Herkunft in diesem Fall sogar zwingend erforderlich gewesen. (2005)
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“Gefangen in den Fesseln der Tradition” – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Prozessbericht. Dabei geht es um einen 25-jährigen, der wegen Raubes und Körperverletzung angeklagt ist. Der in dem Bericht als “Roma” bezeichnete Angeklagte wurde auf Geheiß seiner Familie zwangsverheiratet, womit er – so sein Strafverteidiger – nie fertig geworden ist. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Auch sei die Kennzeichnung des angeklagten jungen Mannes als “Roma” nicht mit den angeblichen “Fesseln der Tradition” seiner Familie zu rechtfertigen. Eine Einflussnahme von Eltern auf die Partnerwahl ihrer Kinder gebe es auch in anderen Teilen der europäischen Bevölkerung in unterschiedlicher Form. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass sie in vollkommener Übereinstimmung mit den publizistischen Grundsätzen des Presserats berichtet habe. Die Berichterstattung basiere auf den Ausführungen des Strafverteidigers. Der familiäre Hintergrund des Angeklagten sei von seinem Anwalt in den Mittelpunkt des Verfahrens gestellt worden. Das konnte in dem Bericht nicht unerwähnt bleiben. Im Übrigen seien die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten beachtet worden. Dies sei daran zu erkennen gewesen, dass über den Angeklagten nicht identifizierend berichtet worden sei. (2005)
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Unter der Überschrift “Raubüberfall mit Macheten” berichtet eine überregionale Zeitung über einen Überfall auf ein Schmuckgeschäft bei Barcelona, bei dem der Eigentümer, seine Frau und ihr 24 Jahre alter Sohn ermordet wurden. In dem Artikel heißt es: “Die Täter, zwei angeblich vorbestrafte spanische Zigeuner, wurden noch im Besitz von Macheten und einer Schusswaffenattrappe von der Polizei festgenommen.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Beauftragte der Zeitung weist zunächst auf grundsätzliche Bedenken gegen Ziffer 12 des Pressekodex und die Richtlinie 12.1 hin. In der Sache hält er die Beschwerde für unbegründet. Für die Erwähnung der Zugehörigkeit der beiden Roma zu einer ethnischen Minderheit habe ein “für das Verständnis des berichteten Vorgangs begründbarer Sachbezug” bestanden. Zum Zeitpunkt des Macheten-Überfalls habe es in der Region Barcelona häufig Zwischenfälle gegeben, in die nach Lage der Dinge vorwiegend “Zigeuner” verwickelt gewesen seien. Daher seien diese auch genannt worden. Habe die Herkunft der Täter einen besonderen regionalen oder anderswie relevanten Bezug, dann sei ein entsprechender Hinweis Teil einer kompletten Information des Lesers. In einem solchen Fall würde die Herkunft krimineller Banden aus anderen Bevölkerungsgruppen auch genannt. Eine Diskriminierung sei in derartigen Formulierungen nicht zu sehen. (2005)
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