Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Umfrage über verkaufsoffenen Sonntag

Ein verkaufsoffener Sonntag veranlasst die Zeitung am Ort zu einer Bilanz. Unter der Überschrift „Händler ziehen lange Gesichter“ berichtet sie, dass viele Einzelhändler nach dem verkaufsoffenen Sonntag frustriert nach Hause gegangen seien. Die Kunden hätten zwar gebummelt, doch gekauft hätten nur wenige. Belegt wird diese Einschätzung durch eine Umfrage unter Geschäftsleuten und Straßenpassanten. Dem örtlichen Gewerbeverein missfällt diese Berichterstattung. Er hält sie für einseitig bzw. falsch und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Dem Leser werde suggeriert, dass alle Händler unzufrieden seien und sich auf diese Weise auch noch bei den Kunden beschwerten. Die Überschrift bringe nicht zum Ausdruck, dass es unter den Gewerbetreibenden der Stadt nicht nur negative Stimmen gegeben habe. Zufriedene Händler, die auf Grund ihres umfangreichen Angebotes eine höhere Kundenfrequenz gehabt hätten, seien einfach nicht berücksichtigt worden. Zudem sei das Zitat „Noch einmal kommt das für mich nicht in Frage“, das einer Ladeninhaberin zugeschrieben wurde, nicht richtig. Die Geschäftsfrau habe der Autorin des Artikels vielmehr mitgeteilt, dass sie sich bei Regelungen zur Sonntagsöffnung der Gemeinschaft anschließen und ihr Geschäft auch am kommenden Sonntag wieder öffnen werde. Letztlich sei der Artikel unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu Stande gekommen. Die Verfasserin, die früher für einen privaten Rundfunksender gearbeitet habe, habe trotz einer Nachfrage nach ihrer Tätigkeit bei dem Sender nicht klar gestellt, dass sie jetzt für die örtliche Zeitung recherchiere. Die Chefredaktion der Zeitung versichert, dass in dem Beitrag alle wesentlichen Sachverhalte korrekt wiedergegeben worden seien. Der verkaufsoffene Sonntag habe zwar viele Neugierige in die Stadt gelockt, aber längst nicht alle Erwartungen der Händler erfüllt. Die Autorin gebe in ihrem Artikel die unterschiedlichen Erfahrungen wieder. Auch der Gewerbeverein komme mit seiner positiven Sicht zu Wort. Eine einseitige Recherche liege nicht vor. Die Autorin habe ihre Umfrage bewusst an Straßen, die zu den touristischen Brennpunkten der Stadt gehörten und stark frequentiert seien, vorgenommen. Auch der Vorwurf, eine Händlerin sei falsch zitiert worden, wird zurückgewiesen. Die Autorin habe diesbezüglich notiert: „Lohnt sich nicht, jemanden noch zu bezahlen. Problem kommt nicht noch mal in Frage“. Es sei richtig, dass die Geschäftsfrau später in der Redaktion angerufen und sich beschwert habe, dass sie falsch zitiert worden sei. Sie habe allerdings keine Richtigstellung verlangt. Die Redaktion sei bemüht, in einem Gespräch mit dem Gewerbeverein die atmosphärischen Störungen zu beheben. (2004)

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Satire

Namensnennung bei Ermittlungen

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Hat Ratsherr Pornografie verbreitet?“ über ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ein namentlich genanntes Ratsmitglied einer Gemeinde in der Region, dem Verleumdung, Besitz pornografischer Schriften sowie Beihilfe zu deren Verbreitung vorgeworfen werde. Die Anzeige habe ein Vorstandsmitglied des Vereins „Hilfe für Kinder in ...“ erstattet, bei dem die Polizei zwei Computer beschlagnahmt habe, weil er über seine Homepage Kinderpornobilder verbreitet haben solle. Der dermaßen Beschuldigte werfe dem Ratsherrn vor, er habe den Adressaten von E-Mails seine Internet-Adresse mit dem Hinweis „Bei der Vergrößerung erscheint ein pornografisches Bild mit einem jungen Mädchen“ genannt. Der betroffene Kommunalpolitiker wehrt sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die Nennung seines Namens. Er werde in dem Artikel vorverurteilt und damit öffentlich diffamiert. Ein öffentliches Interesse könne in dem großen Verbreitungsgebiet der Zeitung außerhalb seiner Heimatgemeinde, wo er als Kommunalpolitiker weder Einfluss noch Bekanntheit habe, nicht vorliegen. Die Eingabe wird vom Presserat im Vorverfahren als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Das Ermittlungsverfahren liegt gerade auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer als Ratsherr seiner Heimatgemeinde ein öffentliches Amt bekleidet, im Interesse der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund ist es auch gerechtfertigt, den vollen Namen des Betroffenen zu erwähnen. An keiner Stelle des Artikels wird eine Vorverurteilung vorgenommen. Die Leserschaft wird vielmehr objektiv und zutreffend über den Stand der Ermittlungen informiert. Der Beschwerdeführer gibt sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und hält seine Beschwerde aufrecht. (2004)

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Kommentierende Bewertung

Unter der Überschrift „Hohmann-Affäre – Lupenreiner Goebbels“ äußert sich eine Zeitschrift zu der Kritik an einer Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann in dessen Heimatgemeinde. Mit seiner Attacke auf die Juden als „Tätervolk“ habe der Politiker das Tabu gebrochen, dass Antisemitismus in demokratischen Parteien keinen Platz habe, heißt es im Vorspann. Der Artikel wird eingeleitet mit einem Zitat von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels im September 1941: „Juden waren es, die den Marxismus erfanden, Juden sind es, die mit ihm die Welt zu revolutionieren versuchen“. Ein Leser der Zeitschrift bittet den Deutschen Presserat, diese Veröffentlichung zu rügen. Er hält die Überschrift mit dem Goebbels-Vergleich für eine schwere Beleidigung und einen Rufmord gegenüber dem Abgeordneten Hohmann, sieht in diesem Fall die Ziffern 1, 2 und 9 des Pressekodex verletzt. Zudem weist er auf den Beschluss des OLG Frankfurt vom 10. März 2004 hin, wonach Martin Hohmann gegen den Verlag eine Unterlassungsverfügung erwirkt habe. Nach der im Verfahren der Einstweiligen Verfügung ergangenen Entscheidung dürfe der Verlag nicht behaupten, Hohmann habe in seiner Rede die Juden als „Tätervolk“ bezeichnet. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde dagegen für unbegründet. Nach vielfältigen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Abgeordneten bleibe im Ergebnis darauf hinzuweisen, dass der Zeitschrift keineswegs verboten worden sei zu äußern, Hohmann habe die Juden als „Tätervolk“ bezeichnet. Die Zeitschrift müsse bei einer künftigen Wiederholung lediglich deutlich machen, dass es sich dabei um ihre Bewertung der Rede handele. Der vom Beschwerdeführer zitierte Beschluss des OLG Frankfurt vom 10. März 2004 enthalte keinerlei juristische Rehabilitierung von Hohmann im Hinblick auf dessen Rede am 3. Oktober 2003. (2003)

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Foto verletzter Kinder

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Unfall in einer Kindertagesstätte. Eine selbstgebaute Schaukel sei vier Kindern zum Verhängnis geworden. Offenbar hätten Erzieher eine Bank mit Seilen an der Decke der Tagesstätte befestigt. Als die vier auf der Behelfsschaukel spielten, habe das Do-it-yourself-Konstrukt nachgegeben und sei zu Boden gestürzt. Wie durch ein Wunder hätten die Kinder bei dem Horror-Unfall nur Prellungen und Schürfwunden erlitten. Ein beigestelltes Foto zeigt Sanitäter, welche die weinenden Kinder in Begleitung von Polizeibeamten zu einem Rettungswagen bringen. Eine der Mütter beklagt sich beim Deutschen Presserat über dieses Foto. Die Eltern der betroffenen Kinder fänden es nicht in Ordnung, dass die weinenden Kinder auf dem Weg zum Rettungswagen fotografiert worden seien. Der Geschäftsführer und der diensthabende Chefredakteur der Zeitung weisen die Beschwerde als unbegründet zurück. Das Bild der Kinder sei in zulässiger Weise abgedruckt worden. Weder die dargestellte Situation noch die Darstellung an sich werfe ein negatives Licht auf die Verletzten. Vielmehr sei ein allgemeiner Eindruck vom Geschehen durch die Darstellung der unmittelbar Betroffenen erreicht worden. Dadurch werde auf die gefährliche Ausgangssituation hingewiesen. Erst die Darstellung aller beteiligten Personengruppen, der Polizei, der Rettungssanitäter und gerade auch der betroffenen Kinder verdeutliche die Verletzung der Sorgfaltspflicht in der Kindertagesstätte. Es sei nicht ersichtlich, wie die Darstellung der weinenden Kinder diese in ihrer Intimsphäre zu beeinträchtigen geeignet sei. Vielmehr werde das Foto sowohl ihnen als auch dem öffentlichen Informationsinteresse gerecht.

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Foto eines getöteten Hamas-Führers

Eine Boulevardzeitung zeigt auf einem großformatigen Farbfoto die auf einer Bahre liegende, von Anhängern umringte Leiche des Hamas-Führers Abdel Asis Rantisi, der in Gaza bei einem israelischen Raketenangriff getötet worden ist. Ein Leser stört sich an dieser Darstellung und legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Leider gehöre es inzwischen zur täglichen Leichen-Show aller Medien, durch die Gegend wetzende palästinensische Leichen-auf-Bahre-Träger groß und möglichst detailliert zu zeigen. Dass diese Geschmacklosigkeit noch steigerungsfähig sei, zeige das vorliegende Foto. Da die Menschenrechte auch für Palästinenser gelten, meint der Beschwerdeführer, sollte die Veröffentlichung dieses Fotos missbilligt werden. Der Leiter der Redaktion erklärt in seiner Stellungnahme, dass diese und ähnliche Bilder von internationalen Agenturen verbreitet und von ungezählten Printmedien und TV-Sendern gezeigt worden seien. Palästinensische Statements belegten eher, dass die Verbreitung der fraglichen Bilder von dieser Seite erwünscht und gerade nicht aus Gründen der Menschenrechte abgelehnt würden. Im Übrigen fühle er sich nicht berufen, gewissermaßen stellvertretend für die Weltpresse, gegen den Beschwerdeführer zu argumentieren. (2004)

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Gewalt verherrlicht

Unter der Überschrift „Vor uns zittern sogar die Jungs“ stellt eine Jugendzeitschrift eine Mädchengang vor. Der Artikel erscheint unter der neuen Rubrik „Report“, die laut Ankündigung „knallharte Reportagen aus der Welt der Jugendlichen“ bringt und die folgende Frage beantwortet: „Drogen, Gewalt, Sex – was bewegt die Kids, was geht wirklich in Schulen oder Cliquen ab?“ Girls-Gangs sind auf dem Vormarsch und kennen keine Gnade, schreibt das Blatt. In dem Beitrag werden die Untaten der Gangster-Girls in verschiedenen deutschen Städten beschrieben, darunter auch ein Überfall auf die 16-jährige Alice. Auf den beigestellten Fotos sind die in dem Artikel beschriebenen Szenen nachgestellt. Ein Bilderstreifen zeigt, wie Alice verprügelt und mit einem Messer bedroht wird. Die Bildtexte sind deutlich: „....prügelt auf sie brutal ein, während Siv Alice an den Haaren festhält“, „Alice geht blutend zu Boden und wird mit Tritten traktiert. Dann wird sie mit einem Messer bedroht. ‚Beim nächsten Mal machen wir dich richtig fertig!‘“ Auf einem großformatigen Foto im Mittelpunkt der Doppelseiten zeigen die Girls ihre Waffen: „Sie treten, sie schlagen, sie schießen!“ Eine Leserin der Zeitschrift findet die Fotos allesamt gewaltverherrlichend und beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Artikel selbst sei ihrer Ansicht nach kein kritischer Ton zu finden. Eher werde über Mittel und Art von Mädchengewalt berichtet. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass die meisten Opfer die Polizei aus Angst und Resignation nicht einschalten. Für die Beschwerdeführerin liest sich der Artikel wie eine Einladung zur Gründung einer Mädchen-Gang: Welche Waffen brauche ich, wie wende ich sie an, wie setze ich mich durch? Im Gegensatz dazu gebe es keinerlei Hinweise für Opfer solcher Taten. Besonders schlimm findet die Leserin, dass ein solcher Artikel in einer Jugendzeitschrift erscheint, die ihrer Ansicht nach eine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Lesern habe. Der Chefredakteur der Zeitschrift hält die Beschwerde für unbegründet. Erkennbare Intention des Artikels sei es, auf die Problematik von gewaltbereiten Jugendbanden hinzuweisen und die Gewaltbereitschaft dieser Gangs zu kritisieren. Auch wenn sich die kritische Aussage der Reportage aus den Fotos noch nicht eindeutig ergebe, so sei doch dem Text zu entnehmen, dass die Redaktion eine ablehnende Haltung gegenüber gewaltbereiten Jugendlichen habe. Der gesamte Text der Reportage verurteile die Brutalität unter Jugendlichen. So werde ausführlich der Fall eines „zierlichen und wehrlosen“ jungen Mädchens geschildert, das von einer Mädchengang verprügelt worden sei. Dieser Fall stehe exemplarisch für viele andere Fälle, in denen das Opfer den Übergriffen von Gleichaltrigen hilflos ausgesetzt sei. Durch die Wortwahl und die Offenlegung der durch scheinbar nichts verursachten, plötzlich ausbrechenden Brutalität gegenüber einem zierlichen Mädchen zeichne die Reportage ein trauriges Bild der Wirklichkeit nach und verurteile diese Brutalität. Der Text mache weiterhin auf das Problem aufmerksam, dass die jungen Täter auf Grund ihrer Minderjährigkeit häufig kaum Strafen zu befürchten haben und die Polizei aus Angst vor Rache häufig gar nicht erst eingeschaltet werde. Die gesamte Reportage sei der Zielgruppe entsprechend in jugendlichem Umgangston gehalten und überaus sachlich. Die Redaktion distanziere sich sehr deutlich von den geschilderten Gewalttaten, stelle diese aber weder unangemessen sensationell dar noch ergebe sich aus dem Text gar eine Bejahung solcher Umgangsformen. Die Bilder seien, wie auch aus der Bildunterschrift ersichtlich, mit Einwilligung der Mädchen sowie deren Sorgeberechtigten nachgestellt worden, so dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt worden seien. (2004)

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Resozialisierung gefährdet

Eine Boulevardzeitung berichtet in verschiedenen Artikeln unter voller namentlicher Nennung über die so genannte „Satansbraut“, eine 25-jährige Frau, die Anfang 2002 wegen eines satanistischen Ritualmordes zu 13 Jahren Haft verurteilt worden ist. Sie hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Freund mit Messerstichen und Hammerhieben getötet, weil „Satan es ihnen befohlen“ habe. In einem Artikel unter der Überschrift „Satans-Braut zeichnet ihre kranke Seele“ werden Fotos der Betroffenen und Zeichnungen gezeigt, welche die Frau von sich selbst angefertigt hat und die sie nach den Bildbeschriftungen als „erotische Fledermausfrau“ und „sinnliche Nackte“ zeigen. In einem weiteren Beitrag unter der Schlagzeile „Beim Sex biss sie mich blutig“ wird darüber berichtet, dass der damalige Mittäter und Ehemann nun ein Buch über ihr früheres Zusammenleben und den „bizarren Vampirsex“ veröffentliche. Auch dieser Artikel ist mit Fotos von Frau und Mann illustriert. Die Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie sieht in den Veröffentlichungen eine unzulässige Dauerberichterstattung, die im Widerspruch zu ihrem Anrecht auf Resozialisierung stehe. Ihre Position und Lebenseinstellung seien inzwischen nicht mehr mit derjenigen zur Zeit der Hauptverhandlung zu vergleichen. Dennoch werde sie nach wie vor an ihrem damaligen Auftreten vor Gericht gemessen. So werde sie durch Begriffe wie „Satansmörderin“ und „Teufels-Braut“ auf das damalige Delikt reduziert. Die Art, wie die damaligen Ereignisse aufgegriffen würden, werte sie als eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität, die einen Nachahmungseffekt bewirke, gegen den sie sich verwahre. Insbesondere wendet sie sich dagegen, dass wiederholt die Station genannt werde, in der sie untergebracht sei. Dies habe zahlreiche Menschen dazu gebracht, sie in Form von Briefen und Anrufen zu belästigen. Außerdem wende sie sich dagegen, dass noch immer, über zwei Jahre nach der Tat, unverpixelte Bilder von ihr veröffentlicht würden. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf, mit ihren Beiträgen gegen Ziffer 11 des Pressekodex verstoßen zu haben, zurück. Die Berichterstattung sei bei Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin auf der einen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der anderen Seite gerechtfertigt gewesen. Die Beschwerdeführerin sei Täterin eines besonders grausamen, noch nicht lange zurückliegenden Mordes und damit relative Person der Zeitgeschichte. Sie müsse sich auch noch rund zwei Jahre nach Verurteilung gefallen lassen, dass weiterhin ein öffentliches Interesse an dem Geschehen und an ihrer Person bestehe. Dass dieser Mordprozess auf Grund der außergewöhnlichen Tatumstände und des abnormen Tatmilieus für ganz erhebliches öffentliches Interesse gesorgt habe, liege auf der Hand. Ein Anspruch der Frau, mit ihrer Tat etwas mehr als zwei Jahre nach der Verurteilung bereits in Ruhe gelassen zu werden, bestehe daher nicht. Ihre Mitinsassen und Angehörigen wüssten im Zweifel um den Grund der Inhaftierung, andere Personen würden in absehbarer Zeit den Lebensweg der Beschwerdeführerin nicht kreuzen. Die Chefredaktion beruft sich schließlich auf den erst kürzlich wieder eingetretenen aktuellen Bezug, da der Ex-Mann der Beschwerdeführerin und Mittäter ein Buch über das Tatgeschehen geschrieben und herausgegeben habe. Die Bezeichnung als „Satans-Mörderin“ oder „Teufels-Braut“ müsse sich die Beschwerdeführerin als rein beschreibend gefallen lassen, da sie unbestritten eine Mörderin sei und ebenso unbestritten der Satansszene angehörte. Die Darstellung in der Zeitung sei daher nicht unangemessen sensationell, vielmehr sei es die Beschwerdeführerin selbst, die durch ihre grausame, blutige und vorsätzliche Tat eine Wirklichkeit geschaffen habe, die von der Zeitung lediglich wahrheitsgemäß und in zurückhaltender Art und Weise abgebildet worden sei. Das Blatt habe sich im übrigen mehr auf das Tatmotiv, das Tatmilieu und die Täter und weniger auf die Tat selbst konzentriert. (2003/2004)

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Kopfpartie gepixelt

Unter der Überschrift „1000 Euro Strafe für Sex-Polizisten!“ berichtet eine Boulevardzeitung über das Gerichtsverfahren gegen einen Polizeihauptmeister, dem vorgeworfen wurde, eine Kollegin mit Sex-Sprüchen belästigt zu haben. Die Dachzeile der Überschrift lautet: „Weil er seine Kollegin im Streifenwagen anmachte“. Die Veröffentlichung enthält auch ein Foto des Beschuldigten, dessen Gesicht jedoch vollständig gepixelt ist. Der Betroffene wird mit Vornamen, Anfangsbuchstaben des Nachnamens, Dienstrang und Alter benannt. Vertreten durch den Beamtenbund, beschwert sich der Polizeibeamte beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichung. Das mit dem Artikel abgedruckte Foto sei ohne seine Zustimmung und ohne sein Wissen angefertigt worden. Er gehe davon aus, dass das Bild mit einer versteckten Kamera aufgenommen worden sei. Darin sieht er einen Verstoß gegen Ziffer 4 des Pressekodex. Die Bezeichnung „Sex-Polizist“ verstoße zudem gegen Ziffer 8 des Pressekodex. Die Fotoredaktion der Zeitung mailt dem Presserat, das besagte Foto sei mit einer normalen Digitalkamera, Abmessung ca. 15x15x20 cm, gefertigt worden. Der Angeklagte habe in der Aufregung wohl übersehen, dass er eben mit dieser Kamera fotografiert worden sei. Anscheinend habe der Fotograf die Körpersprache des Angeklagten missdeutet, also als Zustimmung verstanden. (2004)

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Foto eines entführten Mädchens

In zwei Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das 40 Stunden dauernde Martyrium und die unblutige Befreiung eines entführten 13-jährigen Mädchens. „Kidnapper zum Aufgeben überredet“ und „Das Kind wird wohl noch lange leiden“ lauten die beiden Überschriften. Und in einer Unterzeile sowie im Text wird erwähnt, dass der Täter sein Opfer zuvor sexuell missbraucht habe. Dem Beitrag ist u.a. ein Foto des Mädchens beigestellt. Zudem werden der volle Name der Betroffenen und ihr Heimatort genannt. Eine Leserin des Blattes sieht die Persönlichkeitsrechte des Kindes mit Füßen getreten und erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Sie findet, dass die Zeitung die Grenze des Nochzumutbaren an Sensationslust weit überschritten habe. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass es auch nach ihrer Meinung nicht in Ordnung war, Name und Foto des Opfers zu veröffentlichen. Ohne sich aus der Verantwortung stehlen zu wollen, weise sie jedoch darauf hin, dass eine Nachrichtenagentur nach Beendigung der Geiselnahme das Foto gesendet und in dem Begleittext geschrieben habe, mit diesem Foto suche die Polizei nach dem entführten chinesischstämmigen Mädchen. Offenbar habe dieser Hinweis auf das Fahndungsfoto bei dem zuständigen Redakteur die irrige Auffassung begründet, dass mit dem Hinweis auf die amtliche Quelle auch eine Veröffentlichung gestattet sei. Nach Ende der Geiselnahme sei dies unter dem Gesichtspunkt des Opferschutzes aber nicht mehr gerechtfertigt gewesen. In einer korrigierenden Stellungnahme teilt die Chefredaktion eine Woche später mit, einer Mail der Agentur sei zu entnehmen, dass diese das Foto erst zu einem Zeitpunkt gesendet habe, nachdem die Eltern des Mädchens mit ihrer befreiten Tochter vor die Presse gegangen seien und damit ganz bewusst auch Foto- und Filmaufnahmen zugelassen hätten. Damit sei das Einverständnis für die Verwendung eines Fotos des Opfers gegeben gewesen. In einer dritten Stellungnahme erklärt die Chefredaktion schließlich, dass das Foto bei der Rückkehr der Familie in ihre Heimatstadt entstanden sei. Das Kind sei dort von seinen Mitschülern begrüßt worden. Die Eltern hätten vor ihrem Haus die Aufnahmen der Fotografen und Kameraleute zugelassen und sich auch für Interviews zur Verfügung gestellt. Die beteiligten Medienagenturen hätten dies als eindeutige Einverständniserklärung zur Verbreitung der Bilder gewertet. Ähnlich äußert sich die Agentur selbst. Das Foto sei erst gesendet worden, als klar gewesen sei, dass die Eltern zusammen mit dem Mädchen in ihrer Heimatstadt vor die Presse gehen würden. Die Heimkehr des Mädchens sei mit Wissen der Eltern von zahlreichen TV-Kameraleuten und Fotografen begleitet worden. Deshalb könne der Vorwurf der Missachtung des Opferschutzes nicht mehr greifen. (2004)

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