Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Impfung persönliche Angelegenheit

Unter der Überschrift “Das Impfen einimpfen” befasst sich eine überregionale Zeitung mit Impfungen und Impfverhalten. Zitat: “Dennoch ist die Geschichte des Impfens stets begleitet gewesen von Impfkritik, die teils religiös-ideologisch, teils publizistisch-wissenschaftlich geäußert wird. Die Zeugen Jehovas etwa lehnen jede Form des Impfens ab”. Es sei falsch, so ein Leser der Zeitung in seiner Beschwerde an den Deutschen Presserat, dass die Zeugen Jehovas jede Form des Impfens ablehnten. Sie betrachteten das Impfen als eine persönliche Angelegenheit. Er betont, dass er sich als Zeuge Jehovas regelmäßig impfen lasse und auch einen Impfpass besitze, und legt zwei Auszüge aus der Zeitschrift “Erwachet” der Glaubensgemeinschaft bei. Die Zeitung teilt mit, dass die Zeugen Jehovas die Zeitung auf Unterlassung in Anspruch genommen hätten. Man habe eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Redaktion betont, dass sich das “Fehlverhalten” der Redaktion allein auf eine ungenaue Tempus-Verwendung reduziere. Statt “lehnen” hätte es “lehnten” heißen müssen. (2006)

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Süßes als Jubiläumsgirlande

Ein weltberühmter Hersteller von Süßwaren wird 200 Jahre alt. Eine Regionalzeitung schildert die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, der Gründer wird vorgestellt und das Jubiläumsfest angekündigt. Am Ende des Artikels wird mitgeteilt, dass es sich bei der Veröffentlichung um den Teil einer Serie handelt. Demnächst sollen die heutigen Firmenchefs vorgestellt werden. Die gesamte Veröffentlichung ist umrahmt mit Abbildungen der Firmenprodukte. Zudem wird das Unternehmenslogo zum Jubiläum abgedruckt. Ein Leser, der sich an den Deutschen Presserat wendet, bittet um Prüfung, ob die Aufmachung der Seite gegen das Trennungsgebot verstößt. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass sich die Beschwerde des Lesers nicht auf den Inhalt der Seite, sondern auf die Darstellung der Firmenprodukte im Bild bezieht. Über Geschmack lasse sich streiten, so der Chefredakteur, doch sei man in der Redaktion der Meinung gewesen, dass in diesem Fall die Firmenprodukte gezeigt werden dürften. Wenn man diese dann im Rahmen einer Jubiläumsberichterstattung als Girlanden anordne, könne man über die Originalität dieses Einfalls sicherlich streiten. Ihn würde es aber wundern, wenn die Zeitung damit gegen den Pressekodex verstoßen hätte. (2006)

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Wahnvorstellungen und wirre Thesen

Ein geständiger und verurteilter Frauenmörder arbeitet heute als Pfarrer. Unter der Überschrift “Pfarrer sollen Vorbilder sein” druckt eine Regionalzeitung den Leserbrief des Predigers einer “Bekennenden Evangelischen Gemeinde”. Dort steht der folgende Satz: “Der schlimmste Sünder, der Frauenmörder, der Homosexuelle, der Abtreibungsarzt, der Vergewaltiger – jeder ist eingeladen, seine Sünde zu erkennen und Gott um Vergebung zu bitten”. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Gleichsetzung von Homosexuellen und Abtreibungsärzten mit Frauenmördern und Vergewaltigern. Zudem sei dem Leserbriefschreiber schon häufiger Gelegenheit gegeben worden, seine wirren Thesen und religiösen Wahnvorstellungen unters Volk zu bringen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion teilt mit, man habe den Brief nicht leichtfertig, sondern nach Abwägung abgedruckt. Zum Thema – verurteilter Frauenmörder als evangelischer Pfarrer im Amt – habe die Redaktion eine Reihe von Leserbriefen erhalten, die von Zustimmung bis zu krasser Ablehnung reichten. Fünf Briefe seien veröffentlicht worden, darunter auch der kritisierte, um die ganze Bandbreite der Meinungsäußerungen deutlich zu machen. Die beanstandete Passage habe man nicht gestrichen, weil darin deutlich werde, dass der Leserbriefschreiber Homosexualität für eine Sünde halte. Dies habe man zwar als eine extreme, aber aufschlussreiche Meinungsäußerung bewertet. Hätte der Prediger geschrieben, dass Homosexuelle für ihn abartig und krank seien, wäre diese Passage gestrichen worden. Seine Einschätzung, Homosexualität sei eine Sünde, habe eine andere Qualität. Im Übrigen habe die Zeitung einen Einsender zu Wort kommen lassen, der den monierten Leserbrief hart kritisiert habe. Dies entspreche dem Konzept der Zeitung, in den Leserbriefspalten kontroverse Diskurse der Leser zu aktuellen gesellschaftlichen Themen in großer Bandbreite zuzulassen. Dieser Prozess werde selbstverständlich moderiert und redaktionell begleitet: Ein großer Teil der eingesandten Leserbriefe werde aus inhaltlichen Gründen nicht zur Veröffentlichung freigegeben und alle zu veröffentlichenden Briefe würden aufmerksam redigiert. (2006)

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Zwei Strände in einer Stadt verwechselt

Im Zweifel türkische Täter-Namen

“Mörder des Friedhofsgärtners gefasst!” titelt eine Boulevardzeitung. In dem Bericht heißt es, der Gärtner sei erstochen worden, weil er seine Freundin verlassen hatte. Der neue Freund wird als der “19-jährige Murat” bezeichnet, dessen Kompagnon, mit dem er die Tat begangen habe, als “Nasir L.”. Der Beschwerdeführer legt den Bericht einer anderen Zeitung vor, die sich unter der Überschrift “Der Mörder ist immer der Türke” kritisch mit dem Boulevardblatt auseinandersetzt. Entgegen dessen Darstellung handle es sich bei den beiden Tätern um Deutsche ohne so genannten Migrationshintergrund und mit typisch deutschen Namen. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft ausdrücklich. Im Boulevardblatt fehle der Hinweis, dass die Namen zum Schutz der Jugendlichen geändert worden seien. Durch die Berichterstattung würden Vorurteile bedient und geschürt. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass mit der kritisierten Meldung keine Stimmungsmache gegen türkische Mitbürger betrieben worden sei. Die Redaktion habe versucht, die Namen der Beteiligten herauszubekommen, habe aber damit an diesem Tag keinen Erfolg gehabt. Wegen eines redaktionellen Versehens seien dann die Phantasienamen nicht mit dem üblichen Zusatz “Name geändert” versehen worden. Bereits beim nächsten Bericht über den Fall sei dies korrigiert worden. Die Zeitung habe die Namen Steven K. und Benjamin T. gedruckt. Dies belege, dass es der Zeitung selbstverständlich nicht darum gehe, türkische Mitbürger zu diskreditieren und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu beeinträchtigen. Die Zeitung legt eine Pressemitteilung der Polizei bei, in der von “Tätern südländischer Herkunft” die Rede ist. (2006)

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Rückkehr eines vermissten Mädchens

Unter der Überschrift “Lisa wieder da” berichtet eine Regionalzeitung über die Rückkehr eines vermissten 14-jährigen Mädchens, das auf dem beigefügten Foto gut zu erkennen ist. Eine Leserin vertritt die Auffassung, dass es sich hier um einen sensationell aufgemachten Artikel handelt, der Datenschutzgesichtspunkte verletzt. Nach einem solchen Vorgehen der Zeitung sei die Wiedereingliederung des Mädchens in die Gesellschaft nicht möglich. Zwar habe die Zeitung eine Vermisstenanzeige gebracht, was diese Art der Berichterstattung nach der Rückkehr des Mädchens jedoch nicht rechtfertige. Ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung habe nicht bestanden. Die Leserin wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass der Bericht nach dem Auffinden von Lisa nicht mehr habe veröffentlicht werden dürfen. Er bedauert den Vorgang. Dies habe er auch gegenüber den Betroffenen getan. Ein entschuldigender Artikel sei nicht veröffentlicht worden, um die schutzwürdigen Interessen der Schülerin zu wahren. Man habe den Fall nicht nur in der Lokalredaktion, sondern auch in der Zentrale besprochen, um im Hinblick auf mögliche künftige Fälle ähnlicher Art auf die Einhaltung journalistischer Grundregeln hinzuweisen. Trotzdem weist der Chefredakteur den Vorwurf der Beschwerdeführerin zurück, die Redaktion habe sensationell berichtet. (2006)

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Ärger um Biergarten-Öffnungszeiten

“Feierabend, wenn die Gäste kommen…” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über das nun frühere Ende des Biergartenbetriebes in der Innenstadt. Als Grund nennt die Zeitung, dass sich eine Anwohnerin in einem Verwaltungsstreitverfahren durchgesetzt habe. Obwohl die Frau nicht namentlich genannt wird, ist die Wohnlage detailliert beschrieben. In dem Artikel heißt es weiter, die Anwohnerin lege keinen großen Wert auf nachbarschaftlichen Frieden, denn sie habe schon anderen Gewerbetreibenden das Leben schwer gemacht. In einem späteren Artikel werden diese Behauptungen als unzutreffend dargestellt. Für die Anwohnerin enthält der Artikel unrichtige Tatsachenbehauptungen und Ehrverletzungen. Sie kritisiert, dass sie durch die Berichterstattung identifizierbar sei und wendet sich durch ihren Anwalt an den Deutschen Presserat. Der Anwalt der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass diese den Pressekodex eingehalten habe. Die Darstellung sei wahrheitsgetreu. Er verweist darauf, dass der Pressrat keinesfalls die Funktion einer “Superrevisionsinstanz” einnehmen dürfe. Die Beschwerdeführerin habe einen Prozess gegen den Verlag und die verantwortlichen Redakteure geführt und verloren. In dem Urteil heiße es: “Dem Schmerzensgeldanspruch steht bereits entgegen, dass auch aufgrund des Artikels die Klägerin nicht identifiziert werden kann. Im Anwesen … wohnt nicht nur die Klägerin, sondern auch andere Mieter. Auch durch die Anordnung auf dem Klingelschild kann nicht festgestellt werden, wer denn im 2. Stock mit dem Schlafzimmer gegenüber dem Biergarten wohnt”. Die Urteilsgründe wiesen die Formulierung, dass die Nachbarin auf den Hausfrieden offenbar keinen großen Wert lege, als Werturteil aus, das keine Formalbeleidigung darstelle. (2005)

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Redaktionelle Beiträge zum Kauf angeboten

Ein Magazin für den Außendienst im Gesundheitsmarkt bietet einem Kunden ein so genanntes “Advertorial” an: Ein Firmenporträt in redaktioneller Aufmachung soll bei fertig angelieferten Texten und Bildern/Grafiken 5.900 Euro kosten. Schreibt und fertigt das Magazin den Beitrag selbst, sind 11.600 Euro fällig. Der Verlag, in dem das Magazin erscheint, wirbt in einem Newsletter für die Möglichkeit, einen redaktionellen Artikel im Rahmen eines “Advertorials” erscheinen zu lassen. Ein Leser beanstandet, dass mit dem Angebot zum Kauf redaktioneller Beiträge der Grundsatz der klaren Trennung zwischen redaktionellen und werblichen Inhalten verwischt wird. Der Ausdruck “Advertorial” reiche nicht aus, um einen PR-Text von redaktionellen Beiträgen klar abzugrenzen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung des Magazins bemerkt, dass das Angebot, ein “Advertorial” zu schalten, in vielen anderen Zeitschriften und Publikationen üblich sei. Es handle sich dabei um eine mittlerweile durchaus übliche Darstellungsweise von Veröffentlichungen bestimmter Unternehmen in der Nähe redaktioneller Beiträge. Eine solche Veröffentlichung sei mit dem Trennungsgebot vereinbar, soweit das “Advertorial” als Werbung gekennzeichnet sei. Ob die Kennzeichnung durch das Wort “Anzeige” oder den Begriff “Advertorial” geschehe, mache presserechtlich keinen relevanten Unterschied. (2005)

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Die Geschichte vom üblichen “G´schmäckle”

Unter der Überschrift “Eiskalt erwischt” beschäftigt sich eine Programmzeitschrift mit Erkältungskrankheiten wie Sinusitis und Bronchitis sowie geeigneten Gegenmitteln. In diesem Zusammenhang geht das Blatt besonders auf die moderne Pflanzenmedizin ein und nennt als Beispiel das Arzneimittel “Umckaloabo”. Es heißt, das diese Pflanze der afrikanischen Volksheilkunde mittlerweile auch in der westlichen Medizin hohes Ansehen genieße. In der gleichen Ausgabe wird eine Anzeige für “Umckaloabo” veröffentlicht. Nach Ansicht eines Lesers ist der redaktionelle Beitrag gekauft, weil das Produkt in der gleichen Ausgabe beworben werde. Er kritisiert auch, dass das Präparat so dargestellt werde, als könne es Antibiotika ersetzen. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Redaktion betont, ihre Beiträge erschienen ohne Rücksicht auf Inserenteninteressen. Das gleichzeitige Erscheinen von Beitrag und damit in Verbindung stehender Anzeige habe zwar immer ein “G´schmäckle”, sei aber so unüblich nicht. Der redaktionelle Beitrag sei Ergebnis einer Pressekonferenz, in der eine Pharmafirma ihr Medikament als alternatives Mittel vorgestellt habe. Ärgerlich und unschön sei es, dass ausgerechnet im gleichen Heft das Medikament beworben werde. In der Disposition des Blattes tauche eine solche Anzeige bis zur Endabnahme immer nur als “Pharma” auf. Das soll künftig präziser werden. Dadurch ließen sich Überschneidungen von redaktionellen Beiträgen und parallel laufender Werbung künftig vermeiden. (2005)

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Voreilig Täter als “Mörder” bezeichnet

“Moshammer-Mörder legt volles Geständnis ab: ´Ich habe ihn getötet´” titelt eine Regionalzeitung zum Prozess-Auftakt gegen den mutmaßlichen Mörder des prominenten Münchners. Die Beschwerdeführerin – eine Leserin der Zeitung – sieht in der Überschrift eine Vorverurteilung. Bislang gebe es nur einen Verdacht gegen den Angeklagten, der noch nicht verurteilt sei. In Ziffer 13, Richtlinie 13.1, des Pressekodex heiße es: “Bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gilt die Unschuldvermutung, auch im Falle eines Geständnisses”. In dem Artikel werde der Angeklagte jedoch mehrmals als Mörder dargestellt. Dies erfolge in einer Weise, die vermuten lasse, dass das Urteil bereits feststehe. Hinzukomme, dass der mutmaßliche Täter zwar die Tötung gestanden habe, aber nicht jedes Tötungsdelikt automatisch ein Mord sei. So habe das Gericht noch nicht entschieden, ob es die Tötung Moshammers als Totschlag oder als Mord zu werten habe. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass es sich bei dem beanstandeten Bericht um einen Agentur-Text handle, der unverändert übernommen worden sei. In der Überschrift hätte es in der Tat “Täter” statt “Mörder” heißen sollen. Aus der beigelegten Berichterstattung seiner Zeitung könne der Presserat entnehmen, dass die publizistischen Grundsätze des Presserats von der Redaktion auch im Fall Moshammer ansonsten stets beachtet würden. (2005)

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