Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Kinderschänder und Frauenmörder sind in einer JVA auf ein und demselben Flur untergebracht – Thema für eine Boulevardzeitung, die über den Fall unter der Überschrift “Flur des Bösen” berichtet. In dem Artikel ist vom sichersten Gefängnis Deutschlands die Rede, in dem 220 Schwerverbrecher einsitzen, davon 120 “Lebenslängliche”. Schwerpunktmäßig wird über die so genannte “Station B-Ost” berichtet, in deren Zellen 14 Mörder und Kinderschänder untergebracht sind. Darunter befänden sich auch der Beschwerdeführer und zwei weitere mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und Alter genannte Straftäter. Ein Foto zeigt den Flur, von dem die Zellen der beschriebenen Häftlinge abgehen. Drei Zellen sind mit den Ziffern 1 bis 3 nummeriert, so dass die entsprechend gekennzeichneten Fotos der Häftlinge den Zellennummern zugeordnet werden können. Kein Foto ist gepixelt. Der Beschwerdeführer bemängelt Angaben der Zeitung zu seiner Bestrafung. So sei er wegen Mordes in Verdeckungsabsicht bezüglich “irgendeiner gearteten Sexualtat” zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden und habe nicht, wie der Artikel darstellt, versucht, sein Opfer zu vergewaltigen. Die Darstellung als Vergewaltiger sei beleidigend. Zudem habe die Zeitung durch die Abbildung des Zellenflurs personenbezogenes Datenmaterial veröffentlicht. Die Rechtsvertretung der Zeitung rechtfertigt die Veröffentlichung mit einem besonderen Berichterstattungsinteresse. Als sicherste JVA Deutschlands stehe dieses Gefängnis im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Dort seien schlimmste Kinderschänder und Mörder inhaftiert. Auf diesen Aspekt gehe der Bericht mit der gebotenen Distanz ein. Die Zeitung weist darauf hin, dass der Beschwerdeführer bereits aus dem Text erkennbar war. Außerdem sei der Text vom zuständigen Landesjustizministerium autorisiert worden. Mit der Bildveröffentlichung werde nicht in die Persönlichkeitsrechte des Inhaftierten eingegriffen. (2006)
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Eine Regenbogen-Zeitschrift berichtet unter der Überschrift “Stéphanie von Monaco – Also doch! Mit neuen, üppigen Formen zurück zum Ex-Mann” mit diversen Strand-Fotos über die Prinzessin. In dem Artikel heißt es: “Die Skandal-Prinzessin und Daniel Ducruet kommen sich trotz aller Dementis immer näher – und das nicht nur wegen der gemeinsamen Kinder.” Der Artikel ist mit Bade-Fotos der beiden bebildert. Auf einem Foto (“Ganz zärtlich nimmt Ducruet Tochter Pauline in die Arme”) ist das Kind Pauline (12) zu erkennen. Der Beschwerdeführer moniert, dass das Kind im Bild gezeigt wird. Dabei sei dessen Gesicht deutlich zu erkennen. “Es ist zweifelhaft, ob ein Einverständnis der Eltern vorlag, da es sich wahrscheinlich um versteckt aufgenommene Paparazzi-Bilder handelt”. En höheres Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei nicht gegeben und Personen der Zeitgeschichte dürften ohne Erlaubnis nicht in ihrem privaten Umfeld fotografiert werden, meint der Professor, der den Deutschen Presserat anruft. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, dass sie kritisch über den gemeinsamen Auftritt der Prinzessin mit ihrem geschiedenen Mann berichtet habe. Nachdem die Ehe und die anschließende Trennung der Prinzessin und Daniel Ducruets seinerzeit viel Staub aufgewirbelt hätten, sei das jetzige Wiedersehen ein zeitgeschichtliches Ereignis, über das die Zeitschrift nicht nur hatte berichten dürfen, sondern dies tun müssen. Der Verdacht, das Blatt habe auf Paparazzi-Fotos zurückgegriffen, entbehre jeder Grundlage, da sich das Geschehen an einem öffentlichen Strand abgespielt habe. (2006)
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“Kinder, das wird ein Sommer!” titelt eine TV-Zeitschrift. Im dazugehörigen Bericht wird über Aktivitäten einer Kosmetikfirma berichtet. “Mit dem Slogan ´Eincremen, fertig, los´ wirbt … (eine Marke des Unternehmens) für verlässlichen Sofortschutz für die ganze Familie”, heißt es da. Und weiter: “…die das Bild von … (die Marke wird erneut genannt) als Sonnenschutz für die ganze Familie abrunden”. Der Beschwerdeführer vermisst die klare Trennung zwischen PR und Redaktion. Vielmehr handle es sich um eine bezahlte Veröffentlichung, bei der die Grenze zur Schleichwerbung überschritten sei. Die Chefredaktion der Zeitschrift erwidert, diese würde seit Jahren unabhängig und einwandfrei über neue Kampagnen von Markenartiklern berichten. Leider seien dem Blatt im nunmehr kritisierten Fall Fehler unterlaufen, die zu Recht moniert würden. Mehrere Formulierungen im Text seien nicht in Ordnung. Die Chefredaktion hat nach eigenem Bekunden den betreffenden Redakteur sowie seine Kollegen und den Textchef informiert, aufgeklärt und verpflichtet, künftig mehr Sorgfalt zu üben. (2006)
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“Das ist der Rotkohl-Killer – Er hat das Baby seiner Freundin zu Tode gefüttert” – unter dieser Überschrift berichtet am 14. Januar 2006 eine Boulevardzeitung über einen 17 Monate alten Jungen, der an Überfütterung mit Rotkohl gestorben ist. Die Mutter und ihr Ex-Freund sitzen in U-Haft. Der Mann wird als “Killer Marcus V. (23)” mit Foto vorgestellt. Der Name der Mutter ist verfremdet. In dem Artikel heißt es: “Er presste dem kleinen Justin Rotkohl in den Mund. So lange, bis das Kind keine Luft mehr bekam. Es starb später im Krankenhaus. (…) Wer ist dieser junge Mann, der zum Kinder-Killer wurde?” Durch die Kombination von Foto, Überschriften, Bildtexten und Artikel hat die Zeitung nach Ansicht einer Blogger-Initiative massiv gegen das Vorverurteilungsverbot nach Ziffer 13 des Pressekodex verstoßen. Der Täter habe kein Geständnis abgelegt, sondern bestreite die Vorwürfe. Die Initiative wendet sich an den Deutschen Presserat. Unter Hinweis auf mehrere Agenturmeldungen hält sie die Berichterstattung für falsch, da die Staatsanwaltschaft Marcus V. nicht vorwerfe, das Kind in der geschilderten Weise gefüttert zu haben. Diese Tat lege die Anklagebehörde allein der Mutter zur Last. Der Lebensgefährte soll demnach der tödlichen Misshandlung tatenlos zugesehen haben. Die Darstellung der Zeitung sei vermutlich frei erfunden, in jedem Fall jedoch unzutreffend. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde wegen Wiedergutmachung für erledigt, da das Blatt in seiner Ausgabe vom 3. November 2006 den Sachverhalt richtig gestellt habe. Den Anlass dazu bot das einen Tag zuvor ergangene Gerichtsurteil. Die Rechtsabteilung wirft dem Beschwerdeführer vor, selbst unlauter und sorgfaltswidrig gehandelt zu haben, indem er dem Presserat Agenturmeldungen vorgelegt habe, die Monate nach der Erstveröffentlichung erschienen seien und somit keinesfalls den Stand der Fakten zum Zeitpunkt der Berichterstattung Mitte Januar 2006 wiedergegeben hätten. Bei Erscheinen des ersten Artikels sei von einer “Täterschaft durch Unterlassen” noch nicht die Rede gewesen. (2006)
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„Ab heute! WM-Knaller von … - 6 Flaschen Bier + eine Tüte Erdnuß-Flips + 1 Deutschland-Fahne nur 99 Cents!“ steht als Aufmacher auf der Titelseite einer Boulevardzeitung, die die Aktion gemeinsam mit einem Discounter startet. Gegen einen Coupon, den die Zeitung abdruckt, bekommt man die angepriesenen Gegenstände im Laden. In Innenteil der Ausgabe steht ein weiterer Beitrag unter dem Titel „Das WM-Fan-Paket von … - Feiern wie die Weltmeister“. Auch dort wird darauf hingewiesen, dass man nur mit einem Coupon aus der Zeitung zum Discounter gehen müsse, um das Angebot zu bekommen. Dabei nennt die Zeitung auch die Biermarke, wobei von einem „köstlichen Pils“ die Rede ist. Zwei Leser der Zeitung sehen in diesen Veröffentlichungen einen krassen Fall von unlauterer Werbung. Die Beiträge seien nicht mit dem Hinweis „Anzeige“ gekennzeichnet worden. Damit verstoße die Redaktion gegen das in Ziffer 7 des Pressekodex definierte Trennungsgebot zwischen redaktionellen und werblichen Inhalten. Die Rechtsabteilung der Boulevardzeitung vertritt die Auffassung, durch die Veröffentlichung erschließe sich ohne weiteres, dass es sich um eine Aktion im Sinne einer Werbemaßnahme handele. Der durchschnittlich informierte Verbraucher könne nur schwerlich zu der Überzeugung gelangen, dass es sich hier um einen redaktionellen Beitrag gehandelt habe. (2006)
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Eine Wochenzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Plump auf Pump” einen Beitrag über die wirtschaftliche Entwicklung in diversen Ländern durch die Politik ihrer Staatschefs. In einer Passage über Venezuela heißt es, dort wachse seit der Machtübernahme durch Präsident Chavez die Wirtschaft nicht mehr. Das Pro-Kopf-Einkommen in dem südamerikanischen Land sei seither gar um 45 Prozent gesunken. Der Beschwerdeführer kritisiert eine falsche Behauptung. Aktuelle Daten zum Zeitpunkt der Berichterstattung zeigten für Venezuela ein positives Wachstum der Wirtschaft und des Einkommens der Menschen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Zeitung äußert die Vermutung, der Beschwerdeführer betreibe eine öffentliche Kampagne, um die Politik der venezolanischen Regierung zu unterstützen. Der Artikel kritisiere u. a. eine politische Entwicklung, konkret die Verstaatlichung von Öl und Gas ohne Auswirkungen auf das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung. Der Autor habe sich auf die bis dahin aktuellen Zahlen der Vereinten Nationen gestützt. Danach ist das Bevölkerungseinkommen seit dem Jahr 1999 (Machtantritt von Präsident Chavez) bis 2003 – dem Jahr der zuletzt zur Verfügung stehenden Vergleichszahl – von 8000 auf 4800 Dollar gefallen. Ob die exakte Zahl von 45 Prozent rechnerisch richtig sei, sei dahingestellt. Die Tendenz sei entscheidend. Fest stehe, dass die venezolanische Wirtschaft in der Regierungszeit von Chavez drastisch gelitten habe. (2006)
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Mit der Frage, woran man eigentlich einen guten Zwei-Tages-Rucksack erkenne, befasst sich eine Zeitschrift. Am Beispiel des Modells eines bestimmten Herstellers wird beschrieben, welcher Kriterien es dazu bedarf. Dem Artikel sind Fotos beigefügt, auf denen das Modell und das Logo des Herstellers zu erkennen sind. Auch Preise sind genannt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers handle es sich in diesem Fall um Schleichwerbung, da der Rucksack der erwähnten Firma großzügig abgebildet und mit all seinen angeblichen Vorteilen beschrieben sei. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, ein Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex liege nicht vor, weil es sich nicht um eine bezahlte Veröffentlichung gehandelt habe. Die Rucksack-Firma sei in keiner Weise involviert; erst recht sei kein Geld geflossen. Im Hinblick auf den Vorwurf der Schleichwerbung meint die Rechtsabteilung, dass der abgebildete Rucksack keinesfalls beworben werde. Der abgebildete Rucksack stehe symbolisch für gute Produkte. Der Leser habe ein berechtigtes Interesse, zusammen mit einer Bewertung auch ein Foto mitgeliefert zu bekommen. Die Abbildung zu dem Beitrag sei nur deshalb zustande gekommen, weil der Autor sich in einigen Fachgeschäften habe beraten lassen. Mehrere Verkäufer hätten das erwähnte Modell unabhängig von einander als “gut” bezeichnet. (2006)
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Das Wochenend-Magazin einer überregionalen Zeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Spaß im Gras” Hinweise auf diverse Produkte, die bei keinem Festival fehlen sollten. Dem Beitrag sind Fotos der Produkte, Angaben zur Bezugsquelle und die jeweiligen Preise beigefügt. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag Schleichwerbung. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung antwortet, die Konsumseite im Wochenendmagazin wolle eine intelligente, genussbetonte und amüsante Form von Service und Leser-Blatt-Bindung bieten. Aus der bunten und überbordenden Warenwelt würden nützliche oder skurrile Konsumgüter ausgewählt und mit kurzen, auch humorvollen Texten vorgestellt. Wenn man so wolle, läge eine subtile Form von Konsum- und Konsumentenreflektion vor. Die Redaktion sieht in dem Beitrag einen ironisch-nutzwertigen Tangenten-Artikel zur Sittengeschichte des Rock-Festivals. Die journalistische Distanz werde zum Teil durch die Überschriften (Für Angeber) und den jeweils gefetteten Bewertungsbegriff (Sonderbar) gewahrt. Dadurch werde dezent zum Ausdruck gebracht, dass es manchmal einen Unterschied zwischen Schein und Sein gebe. (2006)
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Eine Programmzeitschrift veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift “Ein Team, das um den Titel spielt”. Angelehnt an die Aufstellung einer Fußballmannschaft werden im Umfeld der WM diverse Käsesorten vorgestellt. Auf Seite 2 oben enthält der Beitrag das Logo “CMA – Bestes vom Bauern”. Am Ende der Veröffentlichung wird ein Gewinnspiel vorgestellt, das die Zeitschrift gemeinsam mit dem “Informationsbüro Deutscher Käse”, einer CMA-Tochter, veranstaltet. Der Beschwerdeführer vermutet in der Veröffentlichung Werbung, die von der CMA bezahlt wurde. Die Werbung sei aber nicht als solche kenntlich gemacht. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitschrift konstatiert, dass der Versuch, den Überschwang der “Fußballbesoffenheit” in Deutschland bei der WM nach Strich und Faden zu veräppeln, wohl schief gelaufen sei und man sich jetzt eine Nachfrage wegen angeblicher Schleichwerbung eingehandelt habe. Es sei allerdings so, dass die Veröffentlichung nicht von der CMA bezahlt worden sei. Auch habe man dem Thema entsprechend gleich elf Käsesorten erwähnt, von denen nicht einmal die Hälfte unter die Vermarktungshoheit der CMA falle. In der weiteren Stellungnahme der Chefredaktion kommt zum Ausdruck, dass die CMA bei der Wahl der Einzelheiten der Veröffentlichung mit im Boot gesessen habe. (2006)
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