Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

In die Nähe des Rechtsextremismus gerückt

„Das sind fanatische Hardliner“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um Vorwürfe gegen eine Erzieherin, die angeblich aus einem nationalsozialistisch geprägten Umfeld stammt. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Familie der Frau. Nach Informationen einer „Antifaschistischen Aktion“ arbeiten zwei Schwestern mit Kindern und Jugendlichen – eine davon als Lehrerin. Diese sei jedoch nach Auskunft der zuständigen Schulbehörde „bisher nicht auffällig geworden“. Ob die Behörde den Fall weiter prüfen wolle, habe sie offen gelassen. Die Zeitung zitiert eine kinder- und jugendpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, die hinter der Berufswahl eine Strategie vermutet. In rechten Publikationen würden Rechtsextreme aufgefordert, in die Erzieherberufe zu drängen, um nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten. Die Schwester der genannten Erzieherin beschwert sich beim Presserat. Die Behauptung, diese gehöre radikalen rechtsextremen Kreisen und fanatischen Hardlinern an, sei falsch. Der Artikel suggeriere zu Unrecht, dass die Schwester bei der Schulbehörde unter Beobachtung stehe und versuche, in der Schule nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten. Die Beschwerdeführerin bemängelt, von der Zeitung nicht gefragt worden zu sein. Die Rechtsvertretung der Zeitung meint, die Beschwerdeführerin werde im Bericht nur am Rand und ohne Namen erwähnt. In erster Linie gehe es um ihre Schwester. Auch ihr Name werde nicht genannt. Die kritisierte Passage sei aus der Online-Berichterstattung entfernt worden, nachdem sich die Beschwerdeführerin gemeldet habe. Inzwischen habe die Redaktion den Artikel vollständig aus dem Online-Archiv gelöscht. (2010)

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Der „Experte“ ist Entwickler des Produkts

Eine Frauenzeitschrift berichtet über die Wirkung einer Anti-Aging-Creme unter der Überschrift „Verbraucherinnen berichten: So kriegen sie die Falten klein“. Sie zitiert Frauen, die sich begeistert über das Produkt äußern. In einem Interview berichtet ein „Experte“ von Untersuchungen, die die Wirksamkeit der Creme belegen sollen. Die Zeitschrift druckt auch einen Rabattcoupon mit dem Firmenlogo ab. Der Kunde, der diesen in einer Apotheke vorlege, bekomme das Produkt billiger. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitschrift – sieht Ziffer 7 des Pressekodex (Schleichwerbung und Trennungsgebot) verletzt und hier vor allem die Richtlinien 7.1 und 7.2. Der als „Experte“ vorgestellte Interviewpartner sei in Wirklichkeit der Entwickler der Anti-Aging-Creme. Dies gehe eindeutig aus der Website des Herstellers hervor. Der Leser werde über den Hintergrund des „Experten“ nicht informiert. Darüber hinaus fänden sich wörtliche Zitate der im Beitrag zu Wort kommenden Verbraucherinnen auf der Hersteller-Website wieder. Der Beschwerdeführer erkennt in der Veröffentlichung eine nicht als Werbung gekennzeichnete Anzeige. Damit sei die Grenze von der sachlichen Berichterstattung zur Schleichwerbung überschritten. Der werbliche Eindruck werde durch den Abdruck des Coupons mit dem Produktlogo noch verstärkt. Bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine Anzeige, wie die Rechtsvertretung der Zeitschrift mitteilt. Derartige Beiträge werde man künftig als Anzeigen kennzeich-nen. Vor dem Hintergrund, dass sich der Streitgegenstand damit erledigt habe, liege es – so der Verlag – auf der Hand, dass die Beschwerde zurückgezogen werde. (2010)

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Name eines Schülers darf nicht genannt werden

Eine Regionalzeitung berichtet unter dem Titel „Leben wie Hanni und Nanni“ über das Leben in einem Internat. Geschildert wird unter anderem die Geschichte eines 13-Jährigen, der Drogen konsumiert habe, von der Schule geflogen und von seinen Eltern ins Internat gesteckt worden sei. Der Vater des Jungen ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Sein Sohn sei von der Redaktion ohne Einwilligung der Eltern interviewt worden. Die Berichterstattung sei überdies falsch. Der Junge sei nicht von der Schule geflogen, nehme keine Drogen und sei freiwillig im Internat. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der Besuch der Autorin sei mit der Internatsleiterin abgestimmt gewesen, der bekannt gewesen sei, dass die Redaktion eine Reportage zum Thema „Leben im Internat“ habe bringen wollen. In einem späteren Telefonat habe die Redakteurin die Internatsleiterin darauf hingewiesen, dass eine Genehmigung der Eltern vorliegen müsse. Dies sei kein Problem, so die Leitung des Internats. Die Redaktion habe eine freie Mitarbeiterin und einen Fotografen geschickt. Es sei vereinbart worden, dass nur die Kinder in der Berichterstattung auftauchen dürften, deren Eltern ihr schriftliches Einverständnis gegeben hätten. Hierzu habe der Junge gehört, der sich im Interview so geäußert habe, wie im Bericht beschrieben. Ungenau sei der Passus gewesen, bei dem es um den Rausschmiss aus der Schule gegangen sei. Hier habe er einen Schulverweis erwähnt, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Die verantwortliche Redakteurin habe – als die Reportage fertig gewesen sei – nochmals die Internatsleiterin angerufen und um die Telefonnummern der Eltern der interviewten Kinder gebeten. Die Leiterin habe diese Nummern nicht herausgegeben, die Bedenken der Journalisten jedoch zerstreut. Bei dem Gespräch habe die Schulleiterin die von der Zeitung wiedergegebenen Einzelheiten, den Schüler betreffend, wiederholt. Der Chefredakteur kommt zu dem Schluss, dass die im Artikel wiedergegebenen Informationen nicht ohne Erlaubnis oder durch verdeckte Recherchen erlangt worden seien. Sowohl die Redakteurin als auch die freie Mitar-beiterin hätten sich korrekt verhalten und nicht gegen die journalistische Sorgfalts-pflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen. Die Redaktion habe – so der Chef-redakteur abschließend – mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufgenommen und sich um eine gütliche Einigung bemüht. Außerdem habe sie den kritisierten Artikel von der Website genommen. (2010)

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Nicht einer, sondern fünf Richter sprachen Urteil

„Justiz-Schande – Dieser Richter ließ einen Sex-Täter laufen“ titelt eine Boulevardzeitung in ihrer Print-Ausgabe. In Innenteil der Zeitung steht ein Beitrag unter der Überschrift „Warum hat der Richter diesen Sex-Verbrecher laufen lassen?“ Es geht um einen rückfälligen Sex-Täter. Der Mann war trotz der Warnung von Gutachtern nicht verurteilt worden und vergewaltigte 61 Tage nach seiner Entlassung eine junge Frau. Der Artikel ist mit einem Foto des Richters bebildert. Die Bildunterschrift lautet: „Er ließ den Sex-Täter frei.“ Die Umstände der Vergewaltigung werden im Beitrag geschildert. Außerdem blickt die Redaktion auf einen früheren Bericht zurück, in dem es um nachträgliche Sicherungsverwahrung gegangen war. Zitiert wird die Urteilsbegründung durch den genannten Richter: „Die 12. Strafkammer hat unter Anwendung der Rechtsprechung des BGH die Voraussetzung auf die Anordnung der nachträglichen Sicherheitsverwahrung verneint.“ Der Artikel erscheint mit geringen Änderungen auch in der Online-Ausgabe. Beschwerdeführer ist in diesem Fall der Präsident des Landgerichts. Er betont, dass es keine rechtliche Handhabe gegeben habe, die nachträgliche Sicherungsverwahrung anzuordnen, obwohl auch die Kammer von einer hohen Gefährlichkeit des Täters ausgegangen sei. Die Berichterstattung erwecke den Eindruck, dass der Richter die Entscheidung allein getroffen habe. Tatsächlich hätten jedoch drei Berufsrichter und zwei Schöffen entschieden. Die Zeitung mache den Richter persönlich für die spätere Straftat verantwortlich und stelle ihn an den Pranger. Die Redaktion verschweige zudem, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei. Der Richter werde mit vollem Namen genannt. Zudem werde von diesem das Bild eines verantwortungslosen und inkompetenten Richters vermittelt, der eine fatale Entscheidung getroffen habe. Die Zeitung suggeriere, dass der Jurist sich blindlings über die Warnungen der Gutachter hinweggesetzt habe. Die Rechtsabteilung des Blattes verweist auf mehrere frühere Verfahren gegen den Angeklagten. Diese Vorgeschichte verdeutliche, auf welche Anhaltspunkte sich der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Sicherheitsverwahrung beim Landgericht Darmstadt gestützt habe. Die Rechtsvertretung spricht von einer zulässigen Justizkritik. Im Mittelpunkt stehe nicht die persönliche Herabwürdigung des Richters, sondern die Empörung darüber, dass eine Entscheidung des Landgerichts kausal für das Begehen einer schrecklichen Straftat gewesen sei. Bei der Entscheidung der Strafkammer unter Vorsitz des genannten Richters handele es sich um eine abweichende rechtliche Bewertung. Die Rechtsabteilung sieht auch keine Persönlichkeitsrechte verletzt. Über den Richter sei nicht als Privatperson, sondern im Zusammenhang mit seiner öffentlichen Tätigkeit als Richter berichtet worden. Als Richter spreche er Urteile im Namen des Volkes. Er müsse vor diesem Hintergrund hinnehmen, dass über seine Tätigkeit auch personalisierend berichtet werde. Derartige Justizkritik sei für eine funktionierende Demokratie schlicht unentbehrlich. (2010)

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„Ärztlicher Experte“ ist der Creme-Entwickler

Eine Zeitschrift macht ein Kosmetikmittel unter der Überschrift „Sensationelle Fußcreme macht trockene Füße wieder neu: So werden Sie Schwielen, Risse und Hornhaut los“ zum Thema. Im Text heißt es, das Präparat bringe „phantastische Ergebnisse“. Verbraucherinnen werden zitiert. Jetzt sei alles wieder okay. Das habe die Super-Creme geschafft. Der vollständige Name des Präparats wird im Beitrag mehrfach genannt. Auch ein ärztlicher Experte kommt zu Wort, der den Lesern das Kosmetikmittel empfiehlt. Der Artikel ist mit einem Foto der Verpackung des Produkts illustriert. Ein Leser der Zeitschrift sieht mit dem Beitrag Ziffer 7, Richtlinie 7.1 (Trennungsgebot bzw. Kennzeichnung als Werbung) verletzt und damit einen Fall von Schleichwerbung. Die Redaktion verschweige, dass der zitierte „ärztliche Experte“ in Wirklichkeit der Entwickler der Fußcreme ist. Das sei der Website der Kosmetik-Firma zu entnehmen. Auch die Aussagen der im Artikel zitierten Anwenderinnen stünden auf der Website des Produktherstellers. Für den Beschwerdeführer handelt es sich in diesem Fall um eine nicht als Werbung gekennzeichnete Anzeige. Das Produkt werde in werbender Sprache beschrieben. Damit sei die Grenze zur Schleichwerbung überschritten. Die Rechtsvertretung des Verlages teilt mit, dass derartige Beiträge künftig eindeutig gekennzeichnet würden. Damit sei der Streitgegenstand nunmehr erledigt. Vor diesem Hintergrund erwartet der Verlag, dass der Leser seine Beschwerde zurückzieht. (2010)

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„Da gerät mein Mann in Verzückung“

Eine Frauenzeitschrift titelt „Die Super-Creme gegen trockene Fersen und Füße: So kriegen Sie Hornhaut und Risse weg!“ Im Text werden ausführlich die Vorzüge einer namentlich genannten Fußcreme beschrieben. Anwenderinnen, die sich begeistert äußern, werden zitiert. Eine schreibt: „Und jetzt fühlen sich meine Fersen und Füße so seidenweich an, dass mein Mann geradezu in Verzückung gerät.“ Zu Wort kommt auch ein als solcher bezeichneter Experte, der von der Fersen- und Fußcreme absolut begeistert ist. Nach der Anwendung „…ist sofort alles okay und die Haut sieht wunderbar gepflegt aus“. Ein Leser der Zeitschrift hält den Beitrag für eine nicht als Werbung gekennzeichnete Anzeigenkampagne des Herstellers. Diese Auffassung werde durch nahezu identische Veröffentlichungen in anderen Zeitschriften belegt. Das Produkt werde in werbender Sprache beschrieben. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bedauert, dass die Kennzeichnung als „Anzeige“ versehentlich unterblieben sei. Es sei jedoch für die Zukunft sichergestellt, dass sich derartiges nicht wiederhole. Das Blatt spricht von einem Einzelfall. (2010)

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Wie fühlt man sich beim Ritzen?

Eine Lifestyle-Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Wie fühlt es sich an … sich zu ritzen“ einen Beitrag aus der Perspektive einer jungen Frau, die sich regelmäßig ritzt. Sie erzählt detailliert, wie und in welchen Situationen sie das macht und wie sie sich dabei fühlt. Der Beitrag ist bebildert mit Fotos von Prominenten, die sich zu gleichem Tun bekennen. Einer wird mit den Worten zitiert: „Ich habe immer ein Klappmesser dabei. Dieses Aus- und Einklappen entspannt mich“. Eine Leserin der Zeitschrift beschwert sich über den Beitrag. Sie sieht die Gefahr von Nachahmung. Wer solche Bilder und positive Beschreibungen über das Ritzen sieht und liest, werde möglicherweise dazu animiert, sich selbst zu verletzen. Die Beschwerdeführerin hält den Beitrag für verharmlosend und jugendgefährdend. Ritzen werde von dem Blatt als „hippe Teenie-Macke“ dargestellt. Der Text wirke auf Betroffene in Verbindung mit den Fotos wie ein Schlüsselreiz. Die Rechtsabteilung des Verlages weist auf das Konzept der kritisierten Rubrik hin. Dies bestehe darin, dass anonyme Leser einen bestimmten Aspekt aus ihrem Leben in eigenen Worten schildern und dadurch den Leser zum Nachdenken bringen. Gute Ratschläge von Experten würden meistens ignoriert. Deshalb enthalte der Beitrag keine Stellungnahme eines Psychologen oder andere medizinische Erklärungen. Die Betroffenen wüssten selbst, das Ritzen nicht normal sei. Das sage die Frau im Beitrag selbst. Sie ziehe daraus nur die falschen Schlüsse. Der Leser merke auch, dass die „Teenie-Macke“ in die falsche Richtung gehe. Die Fotos – so die Rechtsabteilung – hätten eine abschreckende Wirkung. Sie zeigten die Narben und damit den Teufelskreislauf dieser Krankheit. Auch prominente Narben seien keine schönen Narben. Man könne darüber streiten, ob Leser das Konzept gut finden oder nicht. Entscheidend sei jedoch, dass wichtige Themen unterschiedlich vermittelt werden müssten, um auf gesellschaftlich relevante Sachverhalte aufmerksam zu machen. (2010)

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Opfern nicht den Identitätsschutz gewährt

„Unternehmer-Sohn rast sich und Freundin tot“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über den Unfalltod von zwei jungen Menschen. Der Fahrer, 20-jähriger Sohn eines Unternehmers, habe den Wagen gefahren, in dem er und seine 18-jährige Freundin gegen einen Baum geprallt und verbrannt seien. Die Verunglückten werden im Bild gezeigt. Auch das ausgebrannte Auto ist zu sehen. Der Unfall wird im Detail geschildert. Der junge Fahrer habe die Geschwindigkeit geliebt, soll einer seiner Bekannten gesagt haben. Die Zeitung vermutet, dass diese Leidenschaft die beiden jungen Menschen das Leben gekostet habe. Die Eltern des verstorbenen Mädchens lassen sich bei ihrer Presseratsbeschwerde von einem Rechtsanwalt vertreten. Sie sehen seine Persönlichkeitsrechte durch die identifizierende Berichterstattung verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, dieser Unfall belege erneut, dass junge Menschen offensichtlich die Gefahr zu schnellen Fahrens unterschätzten. Dass der Umstand, der junge Mann habe zu schnellem Fahren geneigt, im Text deutlich gemacht werde, habe nichts mit Effekthascherei zu tun. Ziel der Berichterstattung sei es auch, einen Beitrag zur Vermeidung derart tragischer Unfälle zu leisten. Die Veröffentlichung sei durch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Auch der Abdruck des Fotos der jungen Frau sei nicht zu beanstanden, fährt die Rechtsvertretung fort. Sie habe ihr Bild zu Lebzeiten selbst ins Netz gestellt. Der Zeitung könne nicht vorgeworfen werden, dass sie das Bild, das einem Millionenpublikum zugänglich gemacht worden sei, veröffentlicht habe. Die Zeitung argumentiert weiter: Wenn junge Menschen nachhaltig zu defensivem Fahren angehalten werden sollten, sei angesichts der heutigen Reizüberflutung nicht zu beanstanden, wenn auch die jungen Menschen im Bild gezeigt würden, die auf so tragische Weise ihr Leben verloren hätten. (2010)

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Recherche in einem sozialen Netzwerk

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Strandfeier wurde ihr zum Verhängnis“ über die Vergewaltigung einer jungen Frau in der Türkei. Die Zeitung berichtet, dass das 17-jährige Opfer aus einem kleinen Ort im Verbreitungsgebiet stamme und eine Ausbildung zur Justizangestellten absolviere. Sie habe auf der Seite eines sozialen Netzwerks folgenden Statusbericht abgegeben: „Stimmung: geliebt. Zwei Tage später: Stimmung: zugeknallt“. Wenige Wochen später sei sie an die türkische Riviera gereist, um dort Urlaub zu machen. Zum Thema Alkohol gebe sie im Internet ein klares Bekenntnis ab: „Nein“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion für den Artikel in einem sozialen Netzwerk recherchiert habe. Dies verstoße gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Bei einem sozialen Netzwerk handele es sich um einen geschützten Bereich, in dem sich auch Minderjährige frei äußern können. Es sei keine Datenbank für Journalisten. Durch die Recherche sei die Privatsphäre der jungen Frau verletzt worden. Der stellvertretende Chefredakteur bestätigt, dass der Redakteur bei der Recherche zu dem Fall tatsächlich auch auf Einträge der jungen Frau in sozialen Netzwerken zurückgegriffen habe. Dafür sei keine Anmeldung oder Verwendung eines Passwortes erforderlich gewesen. Die betreffenden Internetseiten seien für jedermann zugänglich gewesen. Es gehöre heute fraglos zum journalistischen Handwerk, auch im Internet zu recherchieren. Der Sorgfaltspflicht sei der Autor nachgekommen, indem er sich durch Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft vergewissert habe, dass der Name der Betroffenen von ihm korrekt recherchiert und der Eintrag im Internet zweifelsfrei dieser Person zuzuordnen sei. Im Übrigen habe die Redaktion die Anonymität des Opfers gewahrt, indem bei der Berichterstattung zu dem Fall kein Foto des Mädchens gezeigt und der Nachname abgekürzt worden sei. (2010)

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Angepriesene Produkte aus einem Konzern

Unter der Überschrift „Sommerliche Braten“ veröffentlicht eine Fernsehzeitschrift drei Rezepte. Alle enthalten genaue Informationen über die Zubereitung sowie eine Zutatenliste. Dort finden sich Produkthinweise. Wenn es um Soßenbinder, Würze oder Keimöl geht, werden als Beispiele bestimmte Waren mit Namen genannt. Ein Leser beklagt sich darüber, dass in den drei Rezepten auf Produkte hingewiesen wird, die obendrein alle aus dem gleichen Konzern stammen. Er sieht darin Schleichwerbung. In einem ähnlich gelagerten Fall habe die Zeitschrift vor gar nicht langer Zeit eine Presseratsrüge kassiert. Die Rechtsabteilung des Blattes teilt mit, dass die Redaktion seit einiger Zeit auf jegliche Produktnennung bei Rezepten verzichte. Obwohl zuweilen Leser nunmehr das Fehlen von Produkthinweisen vermissten, werde das Blatt wegen der bekannten Bewertung durch den Presserat auch künftig an dieser Handhabung festhalten. Die Rechtsvertretung geht davon aus, dass der Presserat vor diesem Hintergrund auf eine Sanktionierung verzichten werde. (2010)

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