Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Das Online-Portal einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Pole schlägt seiner Ex-Freundin den Schädel ein“. Auch im Text wird zweimal erwähnt, dass es sich bei dem Täter um einen Polen handelt. Als Motiv vermutet die Zeitung, dass die Frau die Beziehung zu dem Mann beendet habe. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten) verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, die Redaktion habe die Beschwerde zum Anlass genommen, den Beitrag kritisch zu prüfen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Nennung der Nationalität tatsächlich nicht erforderlich gewesen sei. Der kritisierte Beitrag sei sofort abgeändert worden und nur noch ohne die beanstandete Angabe abrufbar.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über die Bombenanschläge während des Boston-Marathons 2013. Die Überschrift lautet: „Jetzt spricht der tapfere Marathon-Opi (78)“. Im Mittelpunkt des Beitrages steht das persönliche Schicksal von Bill Iffrig, einem 78-jährigen Läufer. Es gibt Bilder von dem Moment, in dem eine der Bomben explodiert und der Mann von der Druckwelle zu Boden gerissen wird. Zum Beitrag gestellt ist eine 21-teilige Fotostrecke, die unter der Überschrift „Explosionen erschüttern Boston-Marathon“ die Auswirkungen des schrecklichen Geschehens dokumentieren. Zu sehen sind chaotische Szenen unmittelbar nach dem Anschlag und die anschließenden Rettungsaktionen. Die Fotostrecke enthält auch Aufnahmen, die zeigen, wie einzelne Opfer im Rollstuhl sitzend oder auf einer Trage liegend abtransportiert werden. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Fotostrecke. Die gezeigten Bilder dokumentierten das Geschehen in aller Deutlichkeit. Die Zeitung nehme keine Rücksicht darauf, dass Bilder von blutverschmierten und verletzten Menschen gezeigt würden. Diese Bilder seien für Kinder und Jugendliche im Internet frei zugänglich. Derart sensationelle Fotos dürften nach seiner – des Beschwerdeführers – Meinung nicht so zur Schau gestellt werden. Die Rechtsabteilung des Verlages spricht vom schwersten Attentat in den USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Es sei gut nachvollziehbar, dass bei einem so sensiblen Thema, welches mit Trauer, Wut und Unverständnis belegt sei, Kritik an der Berichterstattung aufkomme. Die Redaktion habe sich vor der Veröffentlichung gewissenhaft mit der Frage befasst, ob die Bilder presseethisch zu beanstanden seien. Das Geschehen sei von besonderem öffentlichen Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Die Presse habe in einem solchen Fall eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Die Berichterstattung über ein so schreckliches Ereignis bedeute für den Journalisten immer wieder eine Gratwanderung zwischen zurückhaltender, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. Die Redaktion habe sich bewusst dafür entschieden, keine Fotos von schwerverletzten oder mit dem Tod ringenden Menschen zu zeigen.
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Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Der Bomben-Horror von Boston“ über den Anschlag auf den Marathon-Lauf in der amerikanischen Stadt. Schwerpunkt des Textbeitrages sind die Folgen der Explosionen und die Ermittlungsarbeit der Polizei. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke, die unter der Überschrift „Explosionen erschüttern Boston-Marathon“ die Auswirkungen des schrecklichen Geschehens dokumentieren. Auf zwei Bildern ist zu sehen, wie Verletzte in Rollstühlen abtransportiert werden. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen ethischen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Vor allem das Bild, das einen Mann im Rollstuhl und den verstümmelten Rest seines Beines zeigt, sei zu brutal, um es zu veröffentlichen. Für ihn ist die Darstellung unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält es für nachvollziehbar, das bei einem so sensiblen Thema, das mit Trauer, Wut und Unverständnis belegt sei, Kritik an der Beichterstattung aufkomme. Die Redaktion habe sich mit der geplanten Darstellung unter presseethischen Gesichtspunkten verantwortungsbewusst auseinandergesetzt. Das besondere öffentliche Interesse und die herausragende zeitgeschichtliche Bedeutung des Geschehens hätten dann den Ausschlag für die letztlich gewählte Art der Präsentation gegeben. Die Berichterstattung über ein so schreckliches Ereignis bedeute für Journalisten immer wieder eine Gratwanderung zwischen zurückhaltender, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. Die Redaktion habe sich bewusst entschieden, keine Fotos von Schwerverletzten oder mit dem Tod ringenden Menschen zu zeigen. Zu dem konkret kritisierten Foto mit dem schwer verletzten Mann im Rollstuhl teilt die Rechtsvertretung mit, es habe sich um ein bedauerliches Versehen gehandelt, dass es in die Fotostrecke genommen worden sei. Für den verantwortlichen Redakteur sei nicht zu erkennen gewesen, dass das Foto möglicherweise den verstümmelten Rest eines Beines zeige. Auch im Begleittext des Agenturfotos sei davon nicht die Rede gewesen. Als einem Kollegen das verstümmelte Bein des Verletzten aufgefallen sei, habe die Redaktion das Foto aus der Bildstrecke entfernt.
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet über die Neuvergabe der Presseplätze im sogenannten NSU-Prozess. Unter anderem wird berichtet, dass der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München (OLG) der überraschten Öffentlichkeit mitgeteilt habe, dass „im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. 04. 2013 die Durchführung eines neuen Akkreditierungsverfahrens notwendig wird und dies bis zum geplanten Hauptverhandlungsbeginn am 17.04.2013 zeitlich und organisatorisch nicht mehr möglich ist“. Weiter heißt es im Bericht: „Wer die Posse um die Presseplätze bislang aufmerksam verfolgt hat, wird wissen: Diese Begründung ist falsch.“ Das Bundesverfassungsgericht habe zwar angeordnet, dass das Oberlandesgericht München mindestens drei Plätze nun zusätzlich an ausländische Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern vergeben müsse. Es habe aber keinesfalls ein neues Akkreditierungsverfahren verlangt oder auch nur Bedingungen aufgestellt, die ein solches notwendig machten. Vielmehr hätten die Verfassungsrichter dem Vorsitzenden Richter nahegelegt, „ein Zusatzkontingent von nicht weniger als drei Plätzen zu eröffnen, in dem nach dem Prioritätsprinzip oder etwa nach dem Losverfahren Plätze vergeben werden“. Unter der Zwischenüberschrift „War es Trotz oder Angst vor einem Revisionsgrund?“ äußert der Autor, dass als Grund für die Aufhebung des ersten Verhandlungstermins Trotz und verletzte Eitelkeit in Frage kämen: „Drei Verfassungsrichter, Professoren zumal, wollen klüger sein als wir, die Berufsrichter an der Front, nicht mit uns, dann halt gar nicht“. Ein Leser des Magazins sieht eine Verletzung presseethischer Grundsätze. Der Bericht enthalte falsche Behauptungen und diskreditierende Unterstellungen. Er hält die Behauptung, dass die Begründung des Gerichts für die Entscheidung, ein neues Akkreditierungsverfahren durchzuführen, falsch sei, für unzutreffend. Die vom Gericht gegebene Begründung sei korrekt. Das OLG müsse auf Anweisung des Bundesverfassungsgerichts ausländischen Medien Zugang zum Gerichtssaal verschaffen.
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„Was dürfen sich Radfahrer alles erlauben?“ titelt eine Boulevardzeitung. Im Bericht heißt es, dass, sofern ein Radweg vorhanden ist, Radfahrer diesen benutzen müssen. Wer dennoch auf der Straße fahre, riskiere 15 Euro Strafe. Ein Leser der Zeitung bezeichnet diese Darstellung als falsch. Tatsächlich müsse seit dem 1. Oktober 1998 ein Radweg nur dann benutzt werden, wenn er mit einem Schild (weißes Fahrrad auf blauem Grund) als benutzungspflichtig gekennzeichnet sei. Die Beschwerde wurde im Rahmen der Vorprüfung als unbegründet zurückgewiesen. Dies geschah mit dem Hinweis, dass davon auszugehen sei, dass die Redaktion mit der Bezeichnung „Radweg“ genau die Wege verbindet, die nach Paragraf 2, Absatz 4, StVO mit den Zeichen 237, 240 und 241 gekennzeichnet sind und die von Radfahrern benutzt werden müssen. Mit dieser Entscheidung ist der Beschwerdeführer nicht einverstanden. Er weist darauf hin, dass Paragraf 2 StVO zum 1. September 2009 geändert worden sei. Seit diesem Datum werde zwischen Radwegen mit und Radwegen ohne Benutzungspflicht unterschieden. Mit dem Begriff „Radweg“ würden daher zwei Radwegkategorien bezeichnet. Die Darstellung in der Zeitung sei deshalb nach wie vor falsch. Der Beschwerdeausschuss gibt dem Einspruch statt. Die Rechtsvertretung der Zeitung gibt dem Beschwerdeführer Recht. Es sei nicht mehr aufzuklären, warum der erkannte Fehler nicht korrigiert wurde. Der entsprechende Beitrag sei im Online-Angebot der Zeitung nunmehr fehlerfrei. Dem widerspricht der Beschwerdeführer erneut. Warum er das macht, vermag die Zeitung nicht nachzuvollziehen.
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„Der übereifrige Abschieber“ überschreibt eine Zeitschrift ihren Bericht über die Abschiebung eines Armeniers. Der Autor kritisiert die Abschiebepraxis der Ausländerbehörde in diesem Fall und bezeichnet sie als „willkürlich und völlig abseits unserer zivilisatorischen Standards“. Nach Darstellung im Artikel ist der Abgeschobene „voll integriert“ gewesen. Er spreche fließend Deutsch, habe einen Job gehabt, ein halbes Jahr zuvor kirchlich geheiratet und „beim Standesamt war man auch schon“. Die dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung sei nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Doch dann sei die Ausländerbehörde gekommen und habe „ohne Not eine persönliche Tragödie geschaffen“, in dem sie den Mann überfallartig am Arbeitsplatz habe verhaften lassen. Ein Leser der Zeitschrift meint, der Artikel verletze das in Ziffer 2 des Pressekodex definierte Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht. Er kritisiert vor allem die Aussage im Artikel, bei dem Armenier handele es sich um einen „voll integrierten“ Ausländer. Einer Stellungnahme des Landesinnenministeriums sei zu entnehmen, dass dem Mann die Integration auch nach 12 Jahren Aufenthalt in Deutschland nicht gelungen sei. Falsch sei auch die Darstellung, der Armenier habe eine Eheschließung geplant. Das Innenministerium: „Erst am Tage der Abschiebung hat er vorgebracht, eine deutsche Staatsangehörige heiraten zu wollen.“ Der Autor des Beitrages weist darauf hin, dass alle seine Recherchen zum Ergebnis gehabt hätten, dass der Abgeschobene in Deutschland integriert gewesen sei. Zum Argument der Ausländerbehörde, der Mann habe am Tag der Abschiebung die Eheschließung mit einer Deutschen ins Spiel gebracht, berichtet der Autor von der kirchlichen Eheschließung, die Monate vorher stattgefunden habe. Die standesamtliche Trauung sei für die nahe Zukunft geplant gewesen.
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Ein stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP nimmt an einer Unterschriftensammlung für eine Satirepartei teil. Eine Regionalzeitung berichtet online über den Fall. Ihrer Darstellung zufolge habe der Politiker gemeinsam mit der Bundestagsdirektkandidatin der Satirepartei Werbung an einem Baggersee gemacht. Die FDP will ihren Funktionär deshalb am liebsten gleich aus der Partei hinauswerfen. Ein FDP-Kreisrat habe den Vorfall auf seiner privaten Facebook-Seite kritisiert. Dort werde – so die Zeitung weiter – die Frage aufgeworfen, welche Motive den FDP-Politiker angetrieben haben könnten. Die vage Antwort wird gleich mitgeliefert und von der Redaktion veröffentlicht: „Sind vielleicht seine ´freundschaftlichen Verbindungen´ zur (…) Frontfrau (der Satirepartei) mehr als das?“ Die Ehefrau des Betroffenen habe daraufhin eine Strafanzeige wegen Verleumdung angekündigt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der betroffene FDP-Politiker. Der Artikel enthalte eine unwahre Behauptung über eine Affäre zwischen ihm und der Kandidatin der Satirepartei. Der Autorin sei die Unwahrheit der Behauptung bekannt gewesen. Auch habe sie gewusst, dass ihre Verbreitung eine Straftat sei. Die Redaktion habe auch trotz mehrerer Gelegenheiten nicht nachgefragt. Der Beschwerdeführer befürchtet, dass durch die Verbreitung der Behauptung die wissenschaftliche Laufbahn seiner Frau, seine eigene politische Karriere sowie die der Kandidatin der Satire-Partei Schaden nehmen könnten. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Redaktion habe lediglich eine Äußerung des FDP-Kreisrates zitiert, die dieser auf seiner öffentlich zugänglichen Facebook-Seite niedergeschrieben habe. Eine Ehrverletzung des Betroffenen oder seiner Ehefrau liege ebenfalls nicht vor. Auch hier beruft sich die Zeitung auf den Inhalt der Facebook-Seite. Die Autorin des kritisierten Beitrages habe geschrieben, dass es sich bei der Äußerung des FDP-Kreisrates um eine bloße Mutmaßung handele. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer die Redakteurin wegen Verleumdung und übler Nachrede angezeigt habe. Die Staatsanwaltschaft habe die strafrechtliche Verfolgung jedoch eingestellt.
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„Neptunbrunnen: Warum lief Manuel F. Amok?“ titelt eine Berliner Zeitung in ihrer Online-Ausgabe. Es geht um einen Mann, der sich bei einer spektakulären Aktion am Berliner Alexanderplatz mit einem Messer selbst verletzt hatte und der bei dem darauf folgenden Polizeieinsatz getötet worden war. Die Zeitung berichtet, dass der Mann an Schizophrenie gelitten habe. Das habe sie aus Ermittlerkreisen erfahren. Manuel F. habe bis zu dem tragischen Ereignis ein „braves und geordnetes“ Leben geführt. Zur Behandlung der Schizophrenie habe er regelmäßig Medikamente eingenommen. Der Autor wirft die Frage auf, ob er an diesem Tag möglicherweise seine Medikamente nicht eingenommen habe. Der Artikel enthält detaillierte Angaben zur Person. Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort und Straße werden genannt. Weitere Einzelheiten, die mit dem Beitrag öffentlich gemacht werden: Schullaufbahn, Zivildienst, Studium und Berufstätigkeit. In der Detailübersicht nennt die Zeitung auch das letzte Gehalt des Mannes. Der Bericht enthält schließlich den Vornamen, den abgekürzten Nachnamen und ein Bild des Mannes, wobei die Augenpartie verpixelt ist. Nach Ansicht eines Lesers der Zeitung verletzt der Artikel presseethische Grundsätze. Die Zeitung berichte reißerisch über eine psychisch kranke und schutzbedürftige Person. Durch die detaillierten Angaben ist der Mann zumindest innerhalb seiner nächsten Umgebung identifizierbar. Der Hinweis, er habe möglicherweise an diesem Tag seine Medikamente nicht eingenommen, erwecke beim unkundigen Leser den Eindruck, dass alle Schizophrenie-Kranken gefährlich seien, wenn sie einmal ihre Medikamente nicht einnähmen. Damit wird suggeriert, dass der Betroffene an seinem Schicksal gewissermaßen selbst schuld sei. Zusätzliches Leid der Angehörigen des Verstorbenen und eine Verletzung seiner Würde hätte die Zeitung billigend in Kauf genommen, um Auflage und Profit zu steigern. Der Geschäftsführende Redakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Autor berichte sachlich und nicht wertend über den Lebenslauf des Mannes. Dadurch soll der Leser einen Eindruck von seiner Lebensführung bekommen. Es bestehe ein besonderes Interesse an dem Geschehen, weil es sich in aller Öffentlichkeit abgespielt habe. Die Zeitung weist auch weitere Vorwürfe, gegen Ziffern des Pressekodex verstoßen zu haben, als unbegründet zurück.
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Zwei israelkritische Sachbücher sind Gegenstand einer Rezension in einer überregionalen Tageszeitung. Die Autoren setzen sich mit dem demokratischen Charakter des Staates Israel auseinander. Zum Beitrag gehört eine Zeichnung, die ein im Bett sitzendes Tier bzw. Monster mit Hörnern zeigt, welches mit Messer und Gabel in der Hand darauf wartet, von einer Frau bedient zu werden. Diese trägt ein Tablett mit Essen. Die Bildunterschrift lautet: „Deutschland serviert. Seit Jahrzehnten wird Israel, teils umsonst, mit Waffen versorgt. Israels Feinde halten das Land für einen gefräßigen Moloch.“ Von dem Autor eines der Bücher wird behauptet, dass er beklage, dass es so weit gekommen sei. Vier Verbände und zwei einzelne Leser beschweren sich über die Veröffentlichung. Die Zeichnung stelle Israel als gefräßiges Monster dar. Mit dem Bild werde das Land ausschließlich negativ gezeigt. Die Karikatur bediene die stereotype Darstellung der antisemitischen Ritualmordlegende. Der Begriff „Moloch“ werde in der Bibel im Zusammenhang mit Kindstötungen verwandt. Es gehöre zu einem alten antijudaistischen Vorwurf, dass Juden christliche Kinder ermorden würden, um deren Blut für die Zubereitung von Matzen am Pessachfest zu gewinnen. Die Gegenüberstellung des Dienstmädchens (Deutschland) mit dem Monster (Israel) bediene sich nach der „Working Definition on Antisemitism“ der „European Union Agency for Fundamental Rights (FRA)“ antisemitischer Stereotypen. Darüber hinaus knüpfe die Darstellung Israels als raffgieriges Monster an die antisemitische Verschwörungstheorie der jüdischen Allmacht an. Der Eindruck werde erweckt, als ob Israel Deutschland ausbeuten würde. Damit finde eine perfide Täter-Opfer Umkehr statt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass die Karikatur bereits Gegenstand einer Vielzahl von Reaktionen der Leserschaft sowohl im Print- wie auch im Online-Bereich gewesen sei. Der Chefredakteur habe sich in einem umfangreichen Schreiben an die Leserschaft gewandt und sich für das entstandene Missverständnis durch die Interpretation der Illustration entschuldigt. Er habe betont, dass die Verwendung der Illustration der missglückte Versuch gewesen sei, mit den Mitteln der Karikatur darzustellen, wie der Staat Israel von seinen Feinden gezeichnet werde. Die Redaktion habe ein Klischee verwendet, um Klischees anzuprangern. Dies habe nicht funktioniert, auch wenn in der Bildunterzeile eine Erklärung versucht worden sei. Der Chefredakteur bringt in seinem Schreiben sein Bedauern über den Fehler zum Ausdruck. Er versichert, dass man darauf achten werde, dass sich ein solcher Fehler nicht wiederholt. Die Rechtsabteilung berichtet, dass die Leser die Entschuldigung der Redaktion wahrgenommen und größtenteils sehr positiv aufgenommen hätten. Es sei nicht mehr erforderlich, eine Maßnahme auszusprechen. Durch die öffentliche Entschuldigung habe die Zeitung bereits anderweitig „gesühnt“.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht sechs Beiträge über einen „Tantra-Skandal“ in einer süddeutschen Kleinstadt. Hauptpersonen sind ein Zahnarzt-Ehepaar und die Inhaberin des Tantra-Studios. Die Auseinandersetzung endet vor Gericht. Die Berichtsserie beginnt mit einem Beitrag unter der Überschrift „Sie lässt Lieblingsbordell ihres Mannes schließen“. Der Autor berichtet über einen Zahnarzt, der sich im „Tantra-Studio Angelina“ habe behandeln lassen, das in Wirklichkeit ein illegaler Puff sei. Die Zahnarztfrau habe ihren Mann selbst dorthin geschickt, damit er nach einer Lungen-OP durch eine spezielle Tantra-Massage wieder fit werde. Nach zwei Monaten seien 40.000 Euro weg gewesen, berichtet die Zeitung. Die Ehefrau habe Privatdetektive engagiert, die das Etablissement „Angelina“, Betreiberin Doro W., als illegalen Puff aufgedeckt hätten. Sie habe daraufhin die Studio-Besitzerin angezeigt. Die Stadtverwaltung habe das Studio schließen lassen. Der Beitrag enthält Fotos der Studiobetreiberin und der Zahnarztehefrau. In einem weiteren Beitrag unter der Überschrift „Mein Mann dachte, der Puff sei sein Zuhause“ geht es um eine Liebesbeziehung zwischen dem Zahnarzt und der Studiochefin. Dann berichtet die Zeitung über die Versuche des Doktors, seine Ehe zu retten. Ein weiterer Artikel informiert über den bevorstehenden Prozess gegen die Studio-Inhaberin unter der Überschrift „Tantra-Puff macht weiter – trotz Verbot“. Der nächste Bericht: Darin wird über den Prozess berichtet, an dessen Ende die Frau wegen verbotener Prostitution zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt worden sei. Der letzte Bericht ist überschrieben mit „Tantra-Hure will wieder Hand anlegen“. Die Zeitung berichtet im Nachgang zum Prozess über den Umzug der Tantra-Masseurin. Die Ehefrau des Zahnarztes wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie sieht sich und ihren Mann in ihrer Ehre verletzt. Die Veröffentlichungen hätten dazu geführt, dass kaum noch ein Patient in die Zahnarztpraxis komme. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass die Berichterstattung nicht nur mit Zustimmung, sondern sogar auf Initiative der Beschwerdeführerin zustande gekommen sei. Sie habe der Redaktion die Geschichte detailliert erzählt und sich für die Berichterstattung fotografieren lassen. Es liege auf der Hand, dass sie sich im Nachhinein nicht beschweren könne. Die Beschwerde – so die Zeitung abschließend - sei überdies nicht aus presseethischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen in die Wege geleitet worden.
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