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Redaktion entfernt grenzwertiges Foto

Abbildungen dokumentieren das Geschehen um den Boston-Marathon

Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Der Bomben-Horror von Boston“ über den Anschlag auf den Marathon-Lauf in der amerikanischen Stadt. Schwerpunkt des Textbeitrages sind die Folgen der Explosionen und die Ermittlungsarbeit der Polizei. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke, die unter der Überschrift „Explosionen erschüttern Boston-Marathon“ die Auswirkungen des schrecklichen Geschehens dokumentieren. Auf zwei Bildern ist zu sehen, wie Verletzte in Rollstühlen abtransportiert werden. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen ethischen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Vor allem das Bild, das einen Mann im Rollstuhl und den verstümmelten Rest seines Beines zeigt, sei zu brutal, um es zu veröffentlichen. Für ihn ist die Darstellung unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält es für nachvollziehbar, das bei einem so sensiblen Thema, das mit Trauer, Wut und Unverständnis belegt sei, Kritik an der Beichterstattung aufkomme. Die Redaktion habe sich mit der geplanten Darstellung unter presseethischen Gesichtspunkten verantwortungsbewusst auseinandergesetzt. Das besondere öffentliche Interesse und die herausragende zeitgeschichtliche Bedeutung des Geschehens hätten dann den Ausschlag für die letztlich gewählte Art der Präsentation gegeben. Die Berichterstattung über ein so schreckliches Ereignis bedeute für Journalisten immer wieder eine Gratwanderung zwischen zurückhaltender, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. Die Redaktion habe sich bewusst entschieden, keine Fotos von Schwerverletzten oder mit dem Tod ringenden Menschen zu zeigen. Zu dem konkret kritisierten Foto mit dem schwer verletzten Mann im Rollstuhl teilt die Rechtsvertretung mit, es habe sich um ein bedauerliches Versehen gehandelt, dass es in die Fotostrecke genommen worden sei. Für den verantwortlichen Redakteur sei nicht zu erkennen gewesen, dass das Foto möglicherweise den verstümmelten Rest eines Beines zeige. Auch im Begleittext des Agenturfotos sei davon nicht die Rede gewesen. Als einem Kollegen das verstümmelte Bein des Verletzten aufgefallen sei, habe die Redaktion das Foto aus der Bildstrecke entfernt.