Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

„Vergewaltiger“ und „Peiniger“

Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung berichtet über eine Studentin der New Yorker Columbia-Universität, die aus Protest immer eine Matratze mit sich herumträgt, auf der sie angeblich vergewaltigt worden sei. Dem Bericht zufolge ist sie Opfer eines Kommilitonen geworden. Die Universität war – so der Autor – erst einmal ein halbes Jahr lang untätig gewesen. Dann habe sie die Studentin mit Befragungen gedemütigt und schließlich den im Bericht mit dem Vornamen genannten Tatverdächtigen von den Vorwürfen entlastet. Im Bericht werden Vergewaltigungen an US-Universitäten als großes Problem dargestellt. Außerdem ist davon die Rede, dass der zunächst verdächtige Student angeblich zwei weitere Studentinnen vergewaltigt haben soll. Im Bericht wird der junge Mann mehrmals als „Vergewaltiger“ und „Peiniger“ bezeichnet. Das veranlasst einen Leser der Zeitung zu seiner Beschwerde beim Presserat. Er sieht auch andere Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Sein Hauptvorwurf: Die Zeitung bezeichne den Studenten mehrfach als „Vergewaltiger“ und „Peiniger“, ohne diese Behauptungen durch Zusätze wie „angeblich“ oder „mutmaßlich“ einzuschränken. Die Schuld des jungen Mannes sei jedoch nicht belegt. Vielmehr sei er nach der Untersuchung der Universität von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen entlastet worden. Er sei durch die Nennung seines Vornamens identifizierbar. Der Student werde vorverurteilt und durch die Vorwürfe sowie die Behauptung, er werde der Vergewaltigung zweier weiterer Studentinnen bezichtigt, in seiner Ehre verletzt. Die Chefredaktion der Regionalzeitung, die das Lokalblatt mit dem Mantelteil beliefert, nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der bearbeitende Redakteur habe die Anonymisierung des Verdächtigen durch die Nennung seines Vornamens für ausreichend gehalten. Amerikanische Medien hätten nach dort zulässiger Regelung sogar den vollständigen Namen des Verdächtigen genannt. Erst dadurch sei der mutmaßliche Vergewaltiger auch in Deutschland identifizierbar geworden. Wäre jede Identifizierungsmöglichkeit in Deutschland unzulässig, könnten deutsche Zeitungen ihrer Chronistenpflicht nicht nachkommen. So weit könne der Schutz von Persönlichkeitsrechten, der in der Heimat von Betroffenen oft gar nicht existiere, nicht gehen, argumentiert die Chefredaktion abschließend. Man nehme die Sache sehr ernst, könne aber nicht erkennen, warum in Deutschland in erheblicher Weise in die Rechtssphäre des Studenten eingegriffen worden sein soll, wenn in Amerika sein Name veröffentlicht werden dürfe.

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„Informationen sind nur Stimmungsmache“

Unter der Überschrift „Alle haben Angst vor den Toten“ berichtet eine Boulevardzeitung gedruckt und online über die Ebola-Epidemie in Liberia. Ein Foto zeigt einen teilweise mit einer Plane abgedeckten, nackten Toten mit verschlossenen Augen. Sein Gesicht ist zum Betrachter gerichtet. Bildunterschrift: „Ein Ebola-Toter von 3000, ein Schicksal von so vielen: Helfer wickeln Jeffrey (32) in desinfizierte Tücher, begraben ihn in der Wildnis am Stadtrand von Monrovia. Er starb an Ebola, wie seine Frau, wie seine kleine Tochter (3 Monate).“ Eine Leserin hält die wiedergegebenen Informationen für Stimmungsmache und unter der Gürtellinie. Sie fragt, ob Journalisten alles dürfen, fragt auch, ob sie Tote klar erkennbar mit Namen und Alter veröffentlichen und die Sensationslust der Leser bedienen dürften. Eine andere Leserin der Zeitung kritisiert, das Foto des Ebola-Toten verstoße gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Dort ist der Opferschutz definiert. Im vorliegenden Fall sei das Gesicht der Leiche zum Betrachter gedreht, deutlich identifizierbar und nicht verpixelt. Aus ihrer – der Beschwerdeführerin – Sicht habe es einer so würdelosen Darstellung nicht bedurft, um das Grauen der Krankheit Ebola darzustellen. Die Rechtsvertretung der Zeitung betont, die Redaktion sei ihrer wichtigsten Aufgabe nachgekommen. Sie habe berichtet, was ist. Im Falle der Ebola-Epidemie sei dies besonders wichtig, denn Politiker der westlichen Welt hätten dieses Thema ignoriert, solange sie konnten. Drastische Fotos und Berichte hätten das Thema der Politik erst aufgezwungen. Ohne Berichterstattung gäbe es – so die Rechtsvertretung weiter – keine öffentliche Debatte darüber, wie man Westafrika helfen könne. Ohne Berichterstattung wäre Westafrika „einfach nur weit weg“.

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„Informationen sind nur Stimmungsmache“

Unter der Überschrift „Alle haben Angst vor den Toten“ berichtet eine Boulevardzeitung gedruckt und online über die Ebola-Epidemie in Liberia. Ein Foto zeigt einen teilweise mit einer Plane abgedeckten, nackten Toten mit verschlossenen Augen. Sein Gesicht ist zum Betrachter gerichtet. Bildunterschrift: „Ein Ebola-Toter von 3000, ein Schicksal von so vielen: Helfer wickeln Jeffrey (32) in desinfizierte Tücher, begraben ihn in der Wildnis am Stadtrand von Monrovia. Er starb an Ebola, wie seine Frau, wie seine kleine Tochter (3 Monate).“ Eine Leserin hält die wiedergegebenen Informationen für Stimmungsmache und unter der Gürtellinie. Sie fragt, ob Journalisten alles dürfen, fragt auch, ob sie Tote klar erkennbar mit Namen und Alter veröffentlichen und die Sensationslust der Leser bedienen dürften. Eine andere Leserin der Zeitung kritisiert, das Foto des Ebola-Toten verstoße gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Dort ist der Opferschutz definiert. Im vorliegenden Fall sei das Gesicht der Leiche zum Betrachter gedreht, deutlich identifizierbar und nicht verpixelt. Aus ihrer – der Beschwerdeführerin – Sicht habe es einer so würdelosen Darstellung nicht bedurft, um das Grauen der Krankheit Ebola darzustellen. Die Rechtsvertretung der Zeitung betont, die Redaktion sei ihrer wichtigsten Aufgabe nachgekommen. Sie habe berichtet, was ist. Im Falle der Ebola-Epidemie sei dies besonders wichtig, denn Politiker der westlichen Welt hätten dieses Thema ignoriert, solange sie konnten. Drastische Fotos und Berichte hätten das Thema der Politik erst aufgezwungen. Ohne Berichterstattung gäbe es – so die Rechtsvertretung weiter – keine öffentliche Debatte darüber, wie man Westafrika helfen könne. Ohne Berichterstattung wäre Westafrika „einfach nur weit weg“.

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Sachkenntnis und Eigeninteresse

Eine Regionalzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über einen Tierschützer, der auf den Färöer-Inseln 80 Grindwalen das Leben gerettet habe. Er sei auf die dänischen Inseln im Nordatlantik gereist, um gegen das Abschlachten der Tiere zu demonstrieren. Gemeinsam mit einem Freund habe er einen Helikopter gechartert, um mit seiner Hilfe die Tiere wieder ins offene Meer zu geleiten. Parallel sei die dänische Polizei informiert worden, die die bereits vorbereitete Jagd auf die Wale gestoppt habe. In der Kommentarfunktion zum Artikel meldet neben anderen auch der Beschwerdeführer anonym seine Zweifel an dem von der Zeitung geschilderten Vorgang an. Er habe sich mit der einzigen Helikopter-Firma auf den Färöer-Inseln in Verbindung gesetzt und dabei erfahren, dass am angegebenen Tag niemand einen Hubschrauber gechartert habe. Die Zeitung macht ein Interview mit dem Tierschützer, um den Sachverhalt zu klären. In der ersten Frage will die Redaktion von ihm wissen, was er zu den Vorwürfen des Beschwerdeführers sage. Dabei nennt die Zeitung dessen Namen.

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Begriff „Islam-Rabatt“ führt in die Irre

„Wieder Islam-Rabatt für einen Mörder“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Gerichtsbericht. Ein Mann hat seinen Nachbarn erschossen. Wörtliches Zitat: „Aber nur 12 Jahre Haft, weil er wegen Ramadan so hungrig und körperlich angeschlagen war“. Die Redaktion stellt weiterhin fest, dass auf Mord lebenslange Haft stehe, doch sei der Richter bei dem Angeklagten von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Der Angeklagte – so die Zeitung weiter – sei auch psychisch und physisch instabil gewesen. Er habe unter Depressionen, Angstzuständen und Schlaflosigkeit gelitten. Der Täter sei wegen Totschlags verurteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe 13 Jahre Haft gefordert. Vier Leser wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Nach ihrer Ansicht ist die Überschrift „Wieder Islam-Rabatt für einen Mörder“ für diskriminierend. Die Zeitung verbreite damit eine islamfeindliche Stimmung. Sie vermittle den Eindruck, dass eine bestimmte Religionszugehörigkeit dazu führe, dass bei einem Kapitalverbrechen das Strafmaß gemindert werde. Einige Beschwerdeführer bemängeln auch, dass die Zeitung gegen das Sorgfaltsgebot nach Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen habe. Die Überschrift sei falsch. Erst im Text werde deutlich, dass die verminderte Schuldfähigkeit des Täters vom Gericht vor allem auf Depressionen, Schlafstörungen und andere psychische Probleme zurückgeführt worden sei. Falsch sei es auch, wie die Zeitung sich mit dem Strafmaß auseinandersetze. Sie spreche von einer niedrigen Strafe für Mord. Es habe sich nach den Feststellungen des Gerichts jedoch nicht um Mord, sondern um Totschlag gehandelt. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen den Pressekodex zurück. Es gehe bei der Formulierung „Islam-Rabatt“ nicht um Stimmungsmache, sondern um eine Auseinandersetzung in der Sache. Die kulturell-religiöse Herkunft des Täters habe bei der Strafzumessung durchaus eine Rolle gespielt. Der Richter habe die körperliche Belastung des Täters durch die Fastenzeit im Prozess berücksichtigt. Insofern sei ein islamischer Brauch als teilweise strafmildernd erkannt worden. Die Rechtsabteilung zieht aus alledem den Schluss, dass der Begriff „Islam-Rabatt“ eine möglicherweise boulevardesk überspitzte, zusammenfassende Meinungsäußerung sei, die lediglich das Geschehen um diesen Prozess bewerte.

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Leserbrief: Moslems unter Generalverdacht

In einer Tageszeitung, die in deutscher und dänischer Sprache erscheint, wird ein Leserbrief veröffentlicht, der dänisch verfasst ist. Die Überschrift lautet übersetzt „Der Islam und die Vaterlandsverräter von (…)“ Der Autor befasst sich kritisch mit dem Vorhaben einer Bischöfin, die Errichtung einer Moschee in einem kleinen Ort zu fördern. Im Leserbrief heißt es unter anderem: „Die Muslime wollen die Demokratie benutzen, um sie abzuschaffen, und weil ihr Koran und ihre Hadithe gegen das dänische Grundgesetz verstoßen, muss der Islam in Dänemark verboten werden, bevor es hier genau so schief läuft wie in Schweden. Man sollte keine Religion haben dürfen, die es erlaubt, Christen und Juden zu töten.“ Die Übersetzung stammt vom Beschwerdeführer, einem Leser der Zeitung. Dieser kritisiert die Äußerungen des Leserbriefschreibers. Mit diesen Generalisierungen und Anschuldigungen verstoße der Autor gegen presseethische Grundsätze. Dass die Zeitung den Brief veröffentlicht habe, befördere potentiell die Verbreitung eines Hass-Klimas, das sich nicht nur gegen die muslimische Minderheit richte, sondern auch gegen jene, die ihr aufgeschlossen begegnen. Der Anwalt der Zeitung bezweifelt die Zuständigkeit des Presserats, da der kritisierte Text in dänischer Sprache verfasst sei. Auch liege dem Presserat keine Übersetzung durch einen anerkannten Dolmetscher vor. Ob die generalisierende Kritik in einem Leserbrief richtig oder falsch sei, könne nicht Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens beim Presserat sein. Der Leserbrief gebe die persönliche Bewertung des Autors wieder, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Auch spiele die derzeit geführte öffentliche Diskussion über den Islam eine Rolle. Es gebe Gruppen von Islamisten, deren Treiben nicht nur nach westlicher Vorstellung scharf zu verurteilen sei. Dass gemäßigte Islamisten dagegen mäßigend eingeschritten seien, sei nicht bekannt. Dem Leserbriefschreiber könne daher nicht vorgeworfen werden, er lasse bei seinen Ausführungen jeglichen Sachbezug vermissen. (2014)

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„Saufen, prügeln, Freiwillige Feuerwehr“

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung befasst sich in einem satirischen Beitrag – ausgehend von einer Flugzeugkollision im Sauerland – mit dem Landstrich an sich. Der Autor sieht das Sauerland als einen „Hort des Grauens“. Er beschreibt die strenge Gläubigkeit und die Ansicht der Bewohner, dass alles zwischen Sundern und Schmallenberg „die einzig wahre Hochkultur“ sei. Das Sauerländer Kulturprogramm schildert der Autor unter den Begriffen „Saufen, Prügeln, Freiwillige Feuerwehr“. Eine weitere Beschreibung der Gegend lautet so: „Am schlimmsten hat es schließlich die Sauerländer selbst getroffen: Die müssen jeden Tag dort leben.“ Im Text taucht auch der Begriff „Katholiban“ auf. Zum Beitrag gestellt ist das Foto eines Wildschweins. In der Bildunterschrift heißt es: „Der Bürgermeister von Sundern in seinem Amtssitz? Oder nur eine Blutwurst im Werden? – Sau im Sauerland.“ Elf Leser der Zeitung beschweren sich beim Presserat. Zusammengefasst die wesentlichsten Kritikpunkte: Die Überschrift verletze die Ehre der Bewohner der Region und der ansässigen Katholiken. Die Verstorbenen der Flugzeugkollision, deren Angehörige sowie die Anwohner würden durch die Berichterstattung verspottet. Der Beitrag enthalte beleidigende Äußerungen über die gesamte Region, die Bewohner und deren Religionszugehörigkeit. Den Bewohnern werde vorgeworfen, Menschen mit unliebsamem Standpunkt mit dem Scheiterhaufen zu konfrontieren und sie mit Mistgabeln zu jagen. Ein tragisches Flugzeugunglück sei Anlass für die Schmähung einer ganzen Region. Ein Beschwerdeführer kritisiert auch einen Recherchefehler: Freudenberg gehöre nicht zum Sauerland und Dillenburg sei mehr als 50 Kilometer davon entfernt. Der Autor unterstelle dem Sauerland eine gemeinsame soziale Identität. Das Foto mit dem Wildschwein und seine Bildunterschrift, die auf den Bürgermeister von Sundern anspiele, seien ehrverletzend. Dem Justitiar der Zeitung zufolge handelt es sich um eine Satire-Reihe, die bei den Lesern seit langem gut ankomme. Sie könnten sehr wohl zwischen journalistischer Berichterstattung und satirischer Kunst unterscheiden. Gerade der Spott über gesellschaftliche Zustände, gehöre seit Jahrhunderten zum Kerngeschäft der Satire. In ihrem ganzen Wesen sei die Satire zwangsläufig voreingenommen, ungerecht und natürlich subjektiv eingefärbt. Insofern seien die frei erfundenen Eigenheiten, die den Bewohnern einer bestimmten Gegend in karikierender Absicht nachgesagt würden, als künstlerisches Ausdrucksmittel und eben nicht als Verunglimpfung anzusehen.

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Über „fliegendes Hotelzimmer“ berichtet

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlicht einen Bericht über eine namentlich genannte Fluglinie aus dem Nahen Osten, die „ein fliegendes Hotelzimmer“ plane. Ausführlich und positiv wird über das neue Luxusflug-Angebot ebenso berichtet, wie über weitere geplante Aktivitäten des Unternehmens. Ein Nutzer des Online-Portals sieht in dem Beitrag einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Der Name der Airline werde in diesem Bericht neunmal genannt. Der Beschwerdeführer verweist auf eine dreiseitige Anzeige des Luftfahrtunternehmens, die in der Printausgabe erschienen sei. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung betont, dass die redaktionelle Berichterstattung grundsätzlich immer unabhängig von Anzeigen sei. Es sei branchenüblich, dass über technische Entwicklungen, Dienstleistungen und andere Marktneuheiten – z.B. in der Auto-, Reise- oder eben der Luftfahrtindustrie – berichtet werde. Artikel mit solchen Inhalten stießen bei den Lesern auf größtes Interesse.

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Maschine verschlingt einen Bauern

„Bauernsohn von Heumaschine zerschreddert“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung ihren Bricht über einen tödlichen Unfall. Ein Landwirt hatte eine neue Heuballen-Maschine getestet. Das Unglück geschah, als sich das Gerät verhakte. Der Mann wurde zermalmt. Zum Artikel gehört eine Zeichnung, die den Unfallhergang skizziert. Sie zeigt, wie der Mann von der Maschine geradezu verschlungen wird. Die Redaktion zeigt außerdem ein Foto des Bauernhofes, auf dem das Opfer gelebt hat. Ein Leser hält die Berichterstattung – die Zeichnung und auch den Text – für unangemessen sensationell. Um den Unfall sachlich zu schildern, hätte es der Zeichnung nicht bedurft. Er sieht die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) verletzt. Der Presserat befasst sich mit dem Fall auch im Hinblick auf eine mögliche Verletzung der Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit). Er bittet die Redaktion, auch zu diesem Punkt Stellung zu nehmen. Nach Auskunft der Rechtsabteilung des Verlages hat sich die Redaktion ganz bewusst gegen die Veröffentlichung von Fotos des Unfallortes entschieden. Stattdessen habe sie sich zum Abdruck der Zeichnung entschlossen. Diese mache das Geschehen zwar deutlich, sei aber nicht zu drastisch. Der Leser könne sich ein Bild davon machen, wie ein so tragischer Unfall habe geschehen können und warum die Sicherheitssysteme der Maschine nicht gegriffen hätten. Die zitierten Aussagen stammten aus Polizei- und Feuerwehr-Kreisen. Was die Identifizierbarkeit des Toten angehe, so sei dieser außerhalb der Dorfgemeinschaft nicht identifizierbar. Innerhalb des Ortes mit gerade einmal 381 Einwohnern sei der Unfall ohnehin sofort überall bekannt gewesen. (2014)

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Ein „Autor“ existiert nur als Spitzname

Das Konzept eines Anbieters von Unterrichtstechnik bei einer Fachmesse ist Thema eines Beitrages in einer Zeitschrift aus dem Multimedia-Bereich. Der Beitrag ist mit „Interview“ überschrieben und stellt Produkte eines namentlich genannten Herstellers vor. Er ist sprachlich aus der Sicht des Anbieters verfasst. So heißt es unter anderem: „Wir möchten den Besuchern der (…) die Möglichkeit geben, verschiedene interaktive Technologien und verschiedene Arten von Höhenverstellungssystemen direkt mit einander zu vergleichen. (…) Individuell beraten unsere kompetenten Mitarbeiter an allen Ständen (…) dahingehend, welche Lösung für Sie die beste ist.“ Am Ende des Beitrages ist ein Kontakt zur Messehotline des Anbieters vermerkt. Dort heißt es: „Vereinbaren Sie bereits jetzt einen Termin mit einem Mitarbeiter der (…).“ Neben dem Artikel befinden sich sechs Links zu den Online-Auftritten des Anbieters und verschiedener Hersteller, deren Produkte der Anbieter auf der Messe präsentiert. Der Beschwerdeführer in diesem Fall kommt aus dem Konkurrenzbereich der Zeitschrift. Er kritisiert, dass der Beitrag als Interview gekennzeichnet ist, ohne dass ein Verfasser genannt wird. Im Impressum erscheine ein Steffen Auerbach als Verfasser. Diese Person – so der Beschwerdeführer weiter – existiere jedoch nicht. Der Verlagsleiter der Zeitschrift, in der das „Interview“ erschienen ist, bestätige diese Tatsache und habe mitgeteilt, „Steffen Auerbach“ sei nur ein Spitzname. Der Beschwerdeführer stellt fest, dass es sich bei dem kritisierten Beitrag nicht um ein Interview, sondern um einen vom Hersteller geschriebenen Werbetext handele. Trotz mehrfacher Aufforderung gibt die Redaktion keine Stellungnahme ab.

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