Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Daten eines Ex-Politikers veröffentlicht

Unter der Überschrift „Als ´bastian´ surfte Edathy auf Pornoseite“ berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung über eine Internetseite, die Pornos anbietet und zu der der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy zweimal einen befristeten Zugang erworben habe. Der Artikel nennt zwei E-Mail-Adressen, die der Politiker verwendet habe, und die Namen zweier Internet-Bezahldienste, über die die Kosten abgewickelt worden seien. Zwei Nutzer des Internet-Auftritts der Zeitung sehen in der Berichterstattung einen Verstoß gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Es sei nicht von öffentlichem Interesse, welche Email-Adressen und Bezahldienstleister Edathy mutmaßlich verwendet habe. Auch Spitznamen seien privat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung zitiert Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Danach sind zur Veröffentlichung bestimmte Informationen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgemäß wiederzugeben. Ihr Sinn dürfe durch Bearbeitung weder entstellt noch verfälscht werden. Die Redaktion habe diesen Grundsatz beachtet, so dass in der Beschreibung der Pornoseite kein Verstoß gegen den Pressekodex vorliegen könne. Bei Edathy handele es sich um eine Person des öffentlichen Lebens. Er stehe unter dem schwerwiegenden Verdacht des Erwerbs von kinderpornografischem Material. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Ex-Politikers liege somit nicht vor. Auch der Grundsatz, dass unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen als solche erkennbar zu machen sind, sei eindeutig und unübersehbar berücksichtigt worden.

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Powerfrauen lassen Kilos purzeln

„17 Kilo weg!“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Illustrierten, dass die rheinland-pfälzische Spitzenpolitikerin Julia Klöckner mit einer bestimmten Methode in sechs Monaten erheblich abgenommen hat. Ein Vertreter des namentlich genannten Unternehmens, das die Methode entwickelt hat, äußert sich positiv zu dem Diätprogramm. Der letzte Satz des Beitrags lautet: „Dass das kein Wunschtraum, sondern ein realistisches Ziel ist, dafür ist die strahlende Julia Klöckner der beste Beweis.“ Ein Nutzer des Online-Portals sieht in der Berichterstattung einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Ziffer 7 verlangt die strikte Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten. Der Chefredakteur der Illustrierten beruft sich auf das hohe Informationsinteresse, das in der Leserschaft bestehe, wenn es um derartige Themen gehe. Diesem Interesse habe die Redaktion mit dem Bericht über Julia Klöckner gerecht werden wollen. Wenn dabei ausnahmsweise die Abnehm-Methode von einem bestimmten Unternehmen exklusiv angeboten werde, sei mit der Berichterstattung leider untrennbar ein werblicher Effekt für dieses Unternehmen verbunden. Es gehöre aber zwingend in die Berichterstattung hinein, mit welcher Methode die deutliche Gewichtsreduktion erreicht worden sei. Diese Information könne man nicht weglassen, auch wenn ein Wirtschaftsunternehmen davon mittelbar profitiere. Der Chefredakteur erwähnt auch, dass sowohl Julia Klöckner als auch das Unternehmen sich über die Berichterstattung beklagt hätten. Diese sei nicht mit ihnen abgesprochen worden. Der Pressesprecher der Firma, habe es offenbar sogar bereut, gegenüber der Redaktion überhaupt ein Statement abgegeben zu haben. Die Diskussion um den Gewichtsverlust der Politikerin habe die Redaktion zu einer ausgiebigen Diskussion über dieses Thema veranlasst. Man werde künftig solche Fälle kritischer begutachten und eher einmal – wenn auch aus journalistischer Sicht mit Bauchschmerzen – auf die Produktnennung verzichten, um nicht unbeabsichtigt Angriffsflächen zu bieten.

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Ermordetes Mädchen im Bild gezeigt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Ich habe das Mädchen umgebracht“ über den Mord an einer Zwölfjährigen. Opfer und Täter werden im Bild gezeigt. Der Täter wird mit vollständigem Vornamen und abgekürztem Nachnamen sowie seinem Alter präsentiert. Eine Leserin sieht die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten nach Ziffer 8 des Pressekodex verletzt. Opfer und Täter seien erkennbar. Auch hätte die Redaktion nicht Ort und Zeitpunkt der Trauerfeier für die Ermordete nennen dürfen. Damit sei der Schutz der Gefühle der Trauernden nicht mehr gewährleistet. Die Beschwerdeführerin sieht in dem Beitrag auch einen Fall von Sensationsberichterstattung. Zu der Beschwerde nimmt der Justitiar der Zeitung Stellung. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe der Täter den Mord an dem Mädchen bereits gestanden. Das außergewöhnliche Verbrechen habe die Bevölkerung in ganz Deutschland erschüttert. Damit habe ein überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Der Rechtsvertreter der Zeitung hält die Abbildung des Mädchens für ausnahmsweise zulässig, weil dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit keine schutzwürdigen Interessen entgegenstünden. Die Eltern hätten eine Todesanzeige mit einem Porträtfoto ihrer Tochter veröffentlicht. Dieses Bild lasse das getötete Mädchen deutlich besser erkennen als das in der Online-Ausgabe veröffentlichte Foto. Auch die Darstellung des geständigen Täters verstoße nicht gegen presseethische Grundsätze. Der Mann sei durch die Darstellung mit unkenntlich gemachtem Foto und abgekürztem Namen nicht identifizierbar. Die Veröffentlichung der Details zur Trauerfeier sei durch die Angaben in der Todesanzeige gedeckt. Im Bericht, der sich auf die eigentliche Tat konzentriert habe, sei die Trauerfeier nur am Rande erwähnt worden. Von einer unangemessenen Darstellung im Sinne der Kodex-Bestimmung zum Komplex Sensationsberichterstattung könne demnach keine Rede sein.

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Ein Zeuge fühlt sich stigmatisiert

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet über den Prozess gegen Beate Zschäpe, der vorgeworfen wird, NSU-Mitglied und an den Morden der Terrorgruppe beteiligt gewesen zu sein. Im Bericht heißt es, dass in einigen Tagen der namentlich genannte Sänger eines rechten Duos als Zeuge vor Gericht erscheinen werde. Ihm werde vorgeworfen, eine Hymne auf die mutmaßlichen Täter verfasst zu haben. Von ihm erhoffe sich das Gericht, mehr über das Innenleben des NSU zu erfahren. Beschwerdeführer ist der im Bericht namentlich Genannte. Er beschwert sich darüber, dass sein Name genannt werde. Er sei als Zeuge zum Prozess geladen und habe nachweislich keinerlei Anteil an den Straftaten des NSU. Er werde durch die Berichterstattung stigmatisiert. Er habe die rechte Szene schon vor 14 Jahren verlassen und auch keine Hymne auf das Terrortrio verfasst. Er habe zudem mehrfach vergeblich versucht, mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen und um die Entfernung seines Namens gebeten. Die Redaktion habe nicht reagiert. Der Justitiar der Zeitung hält die Namensnennung für gerechtfertigt. Dadurch, dass Menschen aus der Umgebung der Angeklagten befragt würden, wolle sich das Gericht ein Bild über die Rolle Beate Zschäpes im NSU-Trio machen. Der Beschwerdeführer habe 1999 mit seiner damaligen Lebensgefährtin ein Duo gegründet und sei bundesweit bei Veranstaltungen der rechten Szene mit musikalischen Beiträgen aufgetreten. Nach mehreren Auftritten habe sich das Duo wieder aufgelöst. Zur Frage der NSU-Hymne verweist die Rechtsvertretung auf eine Broschüre der Landeszentrale für politische Bildung, in der von der Urheberschaft des Beschwerdeführers und seiner damaligen Lebensgefährtin die Rede sei. Der Justitiar weist ergänzend darauf hin, dass der Beschwerdeführer ein Bruder des Rädelsführers des „Thüringer Heimatschutzes“ sei. Dort seien auch Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos aktiv gewesen. Der Beschwerdeführer habe nach deren Untertauchen ein Lied verfasst, dieses in aller Öffentlichkeit begleitet und seine Nähe zu dem Terror-Trio betont: „Wir, die sie wohl am besten kannten.“ Das Fazit für den Rechtsvertreter der Zeitung: Der Zeuge hat keinen Anspruch darauf, dass sein Name im Zusammenhang mit dem Prozess nicht genannt wird.

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Tief in die Privatsphäre eingedrungen

Eine Nachwuchs-Biathletin hat sich das Leben genommen. Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet, die 19-Jährige habe sich im Haus ihrer Eltern mit ihrem Sportgewehr erschossen. Die Redaktion schreibt weiter: „(…) hatte bereits in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt. Im Jahr 2010 hatte sie sich für mehrere Monate in eine Klinik am Chiemsee begeben, um ihre Essstörungen behandeln zu lassen. Auch ein Autounfall, bei dem sie aus ungeklärter Ursache gegen einen Baum gefahren war, hatte Anlass zur Sorge gegeben.“ Die Zeitung erwähnt auch, dass die junge Frau mit einem namentlich genannten Rodler zusammen gewesen war und welche Botschaft er über sie auf Facebook hinterlassen habe. Zwei Leser der Zeitung kritisieren, dass die Schilderung der Selbsttötung gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.7, verstoße. Bei einer in der Öffentlichkeit weithin unbekannten Nachwuchssportlerin sei kein übergeordnetes Interesse an einer Berichterstattung dieser Art zu erkennen. Die näheren Umstände des Suizids und der psychischen Erkrankung der jungen Frau hätten nicht benannt werden dürfen. Der stellvertretende Chefredakteur beruft sich auf offizielle Angaben eines Pressesprechers der Polizei. Dieser habe sich öffentlich zu den Umständen des Todes der Sportlerin geäußert. Im Übrigen habe die Berichterstattung nicht nur den Suizid der jungen Frau behandelt. Ganz grundsätzlich gehe es in diesem Fall auch um eine gesellschaftliche Diskussion: Nämlich die über den Umgang mit Waffen in Privathaushalten. Damit sei ein übergeordnetes öffentliches Interesse eindeutig gegeben und ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht festzustellen.

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Tief in die Privatsphäre eingedrungen

Eine Nachwuchs-Biathletin hat sich das Leben genommen. Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet, die 19-Jährige habe sich im Haus ihrer Eltern mit ihrem Sportgewehr erschossen. Die Redaktion schreibt weiter: „(…) hatte bereits in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt. Im Jahr 2010 hatte sie sich für mehrere Monate in eine Klinik am Chiemsee begeben, um ihre Essstörungen behandeln zu lassen. Auch ein Autounfall, bei dem sie aus ungeklärter Ursache gegen einen Baum gefahren war, hatte Anlass zur Sorge gegeben.“ Die Zeitung erwähnt auch, dass die junge Frau mit einem namentlich genannten Rodler zusammen gewesen war und welche Botschaft er über sie auf Facebook hinterlassen habe. Zwei Leser der Zeitung kritisieren, dass die Schilderung der Selbsttötung gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.7, verstoße. Bei einer in der Öffentlichkeit weithin unbekannten Nachwuchssportlerin sei kein übergeordnetes Interesse an einer Berichterstattung dieser Art zu erkennen. Die näheren Umstände des Suizids und der psychischen Erkrankung der jungen Frau hätten nicht benannt werden dürfen. Der stellvertretende Chefredakteur beruft sich auf offizielle Angaben eines Pressesprechers der Polizei. Dieser habe sich öffentlich zu den Umständen des Todes der Sportlerin geäußert. Im Übrigen habe die Berichterstattung nicht nur den Suizid der jungen Frau behandelt. Ganz grundsätzlich gehe es in diesem Fall auch um eine gesellschaftliche Diskussion: Nämlich die über den Umgang mit Waffen in Privathaushalten. Damit sei ein übergeordnetes öffentliches Interesse eindeutig gegeben und ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht festzustellen.

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Dramatische Wendung in einem Mordfall

Das Online-Portal der regionalen Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Patensohn schlägt liebe Oma (61) tot“ über ein Tötungsdelikt. Die gedruckte Ausgabe berichtet gleichlautend. Eine Rentnerin sei tot im Keller ihres Hauses aufgefunden worden. Eine Zwischenüberschrift lautet: „Schnell wird klar, wer die Rentnerin getötet hat“. Die Redaktion schreibt im Beitrag: „Mehrere Dorfbewohner haben Getruds Patensohn am Tattag um das Haus schleichen sehen…“. Bei ihm handele es sich um einen Kleinkriminellen, der mehrfach vorbestraft sei und im selben Dorf ein paar Straßen weiter wohne. Die Rentnerin soll ihren Patensohn in ihrem Haus beim Stehlen eines Laptops auf frischer Tat ertappt haben. Die Polizei vermute, schreibt die Zeitung weiter, dass er sie aus Wut darüber getötet habe. Noch sei über die Tatwaffe nichts bekannt. Die Staatsanwaltschaft habe einen Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Der Beschuldigte schweige bislang zu den Vorwürfen. Die Zeitung nennt den Vornamen und den abgekürzten Nachnahmen des Tatverdächtigen sowie sein Alter und den Namen des Dorfes, in dem er und das Opfer lebten. Zum Artikel gestellt sind mehrere Fotos: Ein Portrait des Opfers, ein Porträt mit Augenbalken vom Tatverdächtigen, sowie eine Abbildung des Hauses, in dem das Opfer lebte. Dann die Wendung in diesem Fall: Ein 26-jähriger Mann aus der Region ist durch eine am Tatort gefundene DNA-Spur schwer belastet worden. Er hat dann die Tat gestanden. Der bisherige Tatverdächtige wurde freigelassen. Zwei Leser der Zeitung sehen die Persönlichkeitsrechte des zunächst der Tat verdächtigen Patensohnes der Getöteten verletzt. Er sei von der Redaktion für einen erweiterten Personenkreis identifizierbar gemacht worden. Der Balken über der Augenpartie des Verdächtigen sei nicht ausreichend, um eine Erkennbarkeit zu verhindern. Zudem bewirke die Berichterstattung eine Vorverurteilung. Insbesondere durch die Überschrift und den Satz „Schnell wird klar, wer die Rentnerin getötet hat“ werde die Arbeitshypothese der Polizei zur Tatsache erhoben. Auch der Satz „Noch ist unklar, mit welcher Tatwaffe“ impliziere eindeutig, dass der Verdächtige die Tat begangen habe. Dabei habe sich herausgestellt, dass er unschuldig war. Der Haftbefehl sei aufgehoben worden. Zeugen hätten ihn zu Unrecht belastet. Ein anderer habe die Tat begangen. Die Rechtsvertretung der Zeitung vertritt die Auffassung, die Redaktion habe den Grundsatz der Unschuldsvermutung gewahrt. In der gesamten Berichterstattung werde der Patensohn nicht als Täter bezeichnet. Die beiden gleichlautenden Artikel seien überwiegend im Konjunktiv verfasst. Die Mitteilung über den Erlass eines Haftbefehls mache deutlich, dass es noch keine rechtskräftige Verurteilung gebe. Bereits im ersten Absatz des Artikels werde klargestellt, dass der Betroffene die Tat begangen haben „soll“ und nicht „hat“. Entscheidend sei, dass die Berichterstattung den seinerzeitigen Ermittlungsstand wiedergebe. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hätten konkrete Indizien vorgelegen, die für die Täterschaft des Betroffenen gesprochen hätten. Bei privilegierten Stellen wie Polizei und Staatsanwaltschaft dürfe sich die Presse grundsätzlich auf die Richtigkeit der mitgeteilten Einschätzungen verlassen und berufen. Nach der überraschenden Wendung in diesem Fall sei der zunächst Tatverdächtige auch in der Berichterstattung vollständig entlastet worden.

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Dramatische Wendung in einem Mordfall

Das Online-Portal der regionalen Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Patensohn schlägt liebe Oma (61) tot“ über ein Tötungsdelikt. Die gedruckte Ausgabe berichtet gleichlautend. Eine Rentnerin sei tot im Keller ihres Hauses aufgefunden worden. Eine Zwischenüberschrift lautet: „Schnell wird klar, wer die Rentnerin getötet hat“. Die Redaktion schreibt im Beitrag: „Mehrere Dorfbewohner haben Getruds Patensohn am Tattag um das Haus schleichen sehen…“. Bei ihm handele es sich um einen Kleinkriminellen, der mehrfach vorbestraft sei und im selben Dorf ein paar Straßen weiter wohne. Die Rentnerin soll ihren Patensohn in ihrem Haus beim Stehlen eines Laptops auf frischer Tat ertappt haben. Die Polizei vermute, schreibt die Zeitung weiter, dass er sie aus Wut darüber getötet habe. Noch sei über die Tatwaffe nichts bekannt. Die Staatsanwaltschaft habe einen Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Der Beschuldigte schweige bislang zu den Vorwürfen. Die Zeitung nennt den Vornamen und den abgekürzten Nachnahmen des Tatverdächtigen sowie sein Alter und den Namen des Dorfes, in dem er und das Opfer lebten. Zum Artikel gestellt sind mehrere Fotos: Ein Portrait des Opfers, ein Porträt mit Augenbalken vom Tatverdächtigen, sowie eine Abbildung des Hauses, in dem das Opfer lebte. Dann die Wendung in diesem Fall: Ein 26-jähriger Mann aus der Region ist durch eine am Tatort gefundene DNA-Spur schwer belastet worden. Er hat dann die Tat gestanden. Der bisherige Tatverdächtige wurde freigelassen. Zwei Leser der Zeitung sehen die Persönlichkeitsrechte des zunächst der Tat verdächtigen Patensohnes der Getöteten verletzt. Er sei von der Redaktion für einen erweiterten Personenkreis identifizierbar gemacht worden. Der Balken über der Augenpartie des Verdächtigen sei nicht ausreichend, um eine Erkennbarkeit zu verhindern. Zudem bewirke die Berichterstattung eine Vorverurteilung. Insbesondere durch die Überschrift und den Satz „Schnell wird klar, wer die Rentnerin getötet hat“ werde die Arbeitshypothese der Polizei zur Tatsache erhoben. Auch der Satz „Noch ist unklar, mit welcher Tatwaffe“ impliziere eindeutig, dass der Verdächtige die Tat begangen habe. Dabei habe sich herausgestellt, dass er unschuldig war. Der Haftbefehl sei aufgehoben worden. Zeugen hätten ihn zu Unrecht belastet. Ein anderer habe die Tat begangen. Die Rechtsvertretung der Zeitung vertritt die Auffassung, die Redaktion habe den Grundsatz der Unschuldsvermutung gewahrt. In der gesamten Berichterstattung werde der Patensohn nicht als Täter bezeichnet. Die beiden gleichlautenden Artikel seien überwiegend im Konjunktiv verfasst. Die Mitteilung über den Erlass eines Haftbefehls mache deutlich, dass es noch keine rechtskräftige Verurteilung gebe. Bereits im ersten Absatz des Artikels werde klargestellt, dass der Betroffene die Tat begangen haben „soll“ und nicht „hat“. Entscheidend sei, dass die Berichterstattung den seinerzeitigen Ermittlungsstand wiedergebe. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hätten konkrete Indizien vorgelegen, die für die Täterschaft des Betroffenen gesprochen hätten. Bei privilegierten Stellen wie Polizei und Staatsanwaltschaft dürfe sich die Presse grundsätzlich auf die Richtigkeit der mitgeteilten Einschätzungen verlassen und berufen. Nach der überraschenden Wendung in diesem Fall sei der zunächst Tatverdächtige auch in der Berichterstattung vollständig entlastet worden.

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Zwei Männer starben nach Cannabis-Konsum

„Totgekifft! Zum ersten Mal Tod durch Cannabis nachgewiesen“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es sei deutschen Ärzten gelungen, „die ersten beiden Fälle“ nachzuweisen, „in denen Cannabis-Konsum zum Tod führte.“ Die Ergebnisse seien in einer englischen Fachzeitschrift veröffentlicht worden. Ein an der Untersuchung beteiligter Arzt wird mit den Worten zitiert: „Bei zwei Fällen konnten wir jede andere Todesursache komplett ausschließen. Die beiden Männer starben an Herzrhythmus-Störungen, die durch den Cannabis-Wirkstoff THC ausgelöst wurden.“ Im Bericht heißt es, die beiden Männer seien gesund gewesen. Drei Leser der Zeitung sind mit der Berichterstattung nicht einverstanden. Sie sehen einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltsplicht). Die Überschrift stelle einen Zusammenhang her, der im Artikel nicht konkret belegt oder erschöpfend bewiesen werde. Der Artikel sei schlecht recherchiert, denn schon in der Zusammenfassung des englischen Artikels heiße es nur, man „nehme an“ („we assume“), dass nach Ausschluss anderer Todesursachen die jungen Männer tödliche Herzrhythmus-Störungen erlitten hätten, hervorgerufen durch das Rauchen von Cannabis. Der ärztliche Bericht sei falsch übersetzt und vermittelt worden. Hätten die Autoren den Fachtext richtig gelesen bzw. übersetzt, hätte in ihrem Artikel dazu stehen müssen: „Eventuell, ganz vielleicht, might be….“ Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für offensichtlich unbegründet. Die Redaktion habe durch die direkte Kontaktaufnahme mit dem Urheber der Studie die presserechtlichen Sorgfaltspflichten übererfüllt. Auch die Überschrift sei nicht zu beanstanden. In ihrer Grundaussage sei sie bundesweit in vielen Veröffentlichungen vorgekommen.

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Zwei Männer starben nach Cannabis-Konsum

„Totgekifft! Zum ersten Mal Tod durch Cannabis nachgewiesen“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es sei deutschen Ärzten gelungen, „die ersten beiden Fälle“ nachzuweisen, „in denen Cannabis-Konsum zum Tod führte.“ Die Ergebnisse seien in einer englischen Fachzeitschrift veröffentlicht worden. Ein an der Untersuchung beteiligter Arzt wird mit den Worten zitiert: „Bei zwei Fällen konnten wir jede andere Todesursache komplett ausschließen. Die beiden Männer starben an Herzrhythmus-Störungen, die durch den Cannabis-Wirkstoff THC ausgelöst wurden.“ Im Bericht heißt es, die beiden Männer seien gesund gewesen. Drei Leser der Zeitung sind mit der Berichterstattung nicht einverstanden. Sie sehen einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltsplicht). Die Überschrift stelle einen Zusammenhang her, der im Artikel nicht konkret belegt oder erschöpfend bewiesen werde. Der Artikel sei schlecht recherchiert, denn schon in der Zusammenfassung des englischen Artikels heiße es nur, man „nehme an“ („we assume“), dass nach Ausschluss anderer Todesursachen die jungen Männer tödliche Herzrhythmus-Störungen erlitten hätten, hervorgerufen durch das Rauchen von Cannabis. Der ärztliche Bericht sei falsch übersetzt und vermittelt worden. Hätten die Autoren den Fachtext richtig gelesen bzw. übersetzt, hätte in ihrem Artikel dazu stehen müssen: „Eventuell, ganz vielleicht, might be….“ Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für offensichtlich unbegründet. Die Redaktion habe durch die direkte Kontaktaufnahme mit dem Urheber der Studie die presserechtlichen Sorgfaltspflichten übererfüllt. Auch die Überschrift sei nicht zu beanstanden. In ihrer Grundaussage sei sie bundesweit in vielen Veröffentlichungen vorgekommen.

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