Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Der Name ist auf Umwegen herauszukriegen

Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet über die Zustände in einem Jugendheim aus der Sicht einer früheren Bewohnerin. Deren Name ist verfremdet. Ein beigestelltes Foto lässt auf dem Weg über die URL und den HTML-Quelltext ihre Identität jedoch erkennen. Das ist der Grund für einen Leser der Zeitung, sich mit einer Beschwerde an den Presserat zu wenden. Der Dateiname des verwendeten Fotos ermögliche die Identifizierung der einstigen Heimbewohnerin. Bei der Eingabe des Namens tauchten Text und Bild bei Google ganz oben in den Suchergebnissen auf. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Anonymisierung der Frau für ausreichend. Dass der richtige Name im Internet auffindbar sei, führt sie darauf zurück, dass der Fotograf das Foto unter Nennung des Klarnamens archiviert und abgespeichert habe. Hierbei handele es sich um ein bedauerliches Versehen, dessen mögliche Folgen dem Fotografen nicht bewusst gewesen seien. Internetnutzer müssten sich bewusst auf die Suche nach weiteren Informationen machen, um über den Dateinahmen des Bildes auf den Namen zu stoßen. Die fraglichen Fotos – so die Rechtsabteilung abschließend – seien inzwischen unter einem anderen Namen abgespeichert worden.

Weiterlesen

Zuschauer kann Pornografie nur ahnen

Unter der Überschrift „Miley Cyrus bekommt ihren ersten Porno“ berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über einen neuen Pornofilm. Es handelt sich um eine Parodie auf Miley Cyrus mit Pornodarstellerin Miley Mae in der Hauptrolle. Der Film mit dem Titel „Molly´s Wrecking Ballz“ beleuchtet, was hinter der Bühne nach dem skandalösen Auftritt von Miley Cyrus bei den MTV Video Music Awards angeblich geschehen ist. Zum Online-Beitrag gehört ein Video, in dem über den Dreh des neuen Pornos berichtet wird. Darin sind Szenen aus dem Film zu sehen, darunter eine kurze Sequenz, in der die Hauptdarstellerin einen Mann oral befriedigt. Ein Leser hält den Video-Beitrag für einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Es sei pornografisch, zu zeigen, wie ein Mann oral befriedigt werde, und nicht mit dem Jugendschutz vereinbar. Der Chef vom Dienst des Magazins hält die Veröffentlichung des Videos unter dem Aspekt des Jugendschutzes für unbedenklich. Aufgrund eines Schnittfehlers sei für einen Sekundenbruchteil die kritisierte Szene sichtbar gewesen. Bei normaler Ablaufgeschwindigkeit handele es sich lediglich um ein so genanntes Geisterbild, dessen Inhalt vom Zuschauer nicht erfasst werde. Man müsse sich, wie der Beschwerdeführer, Bild für Bild durchklicken, um die Szene isolieren zu können. Die Redaktion habe den Fehler, nachdem er ihr aufgefallen sei, selbstverständlich sofort behoben. Es sei zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, in dem Video eine Sexszene zu zeigen. Selbst in der ursprünglichen Fassung – so der Chef vom Dienst abschließend – sei der Jugendschutz nicht gefährdet gewesen.

Weiterlesen

Fehler der Redaktion: Gesichtsbalken fehlt

„Mechaniker (24) ein Drogendealer?“ titelt eine Boulevardzeitung. Im Bericht geht es um ein Strafverfahren vor dem Landgericht. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, einen 17-Jährigen mit der Bahn nach Tschechien geschickt zu haben, um dort Crystal, Speed und Haschisch zu besorgen. Er soll den Jungen mit Drogen bezahlt und den Stoff danach an einen 15-Jährigen verkauft zu haben. Die Zeitung berichtet, der Angeklagte leugne. Der Prozess werde fortgesetzt. Ein Foto zeigt den Angeklagten im Halbprofil: Im Text werden der Vorname und der abgekürzte Nachname, sowie das Alter, der Beruf und der Wohnort (12.000 Einwohner) genannt. Der im Artikel beschriebene Mann ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Die im Bericht genannten Details zu seiner Person verstießen massiv gegen seine Persönlichkeitsrechte. Die Rechtsabteilung des Verlages berichtet, sie habe dem Beschwerdeführer geschrieben und gleich zu Beginn einen Fehler der Redaktion eingeräumt. Das im Gerichtsbericht abgedruckte Foto des Angeklagten hätte mit einem Gesichtsbalken versehen werden müssen. Auch wenn ein gesteigertes Bedürfnis der Öffentlichkeit an der Aufklärung von Drogenkriminalität bestehe, müssten doch die Vorgaben der Ziffer 8 beachtet werden. Für den Fehler habe der Verlag den Beschwerdeführer in aller Form um Entschuldigung gebeten. Die Rechtsabteilung berichtet, der Beschwerdeführer habe dem Verlag angeboten, gegen Zahlung eines Schmerzensgeldes von 5.000 Euro auf eine Beschwerde beim Presserat zu verzichten. Es liege auf der Hand, dass der Verlag sich auf derartige Erpressungsversuche nicht einlasse.

Weiterlesen

Vorverurteilung im Piraten-Prozess

Ein Pirat aus Somalia steht in Deutschland unter dem Vorwurf erpresserischen Menschenraubes, Erpressung und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Über den Prozess berichtet die Online-Version einer Boulevardzeitung. Laut Anklage ist der Mann einer der Hauptverantwortlichen, die die Entführung eines deutschen Tankers geplant, vorfinanziert und durchgeführt hätten. Im Text heißt es: „So dreist muss man erst einmal sein! Er kaperte einen deutschen Chemietanker, ließ die Besatzung foltern, erpresste 4,2 Millionen Euro Lösegeld – und wollte sich dann noch Asyl in Deutschland erschleichen (…). Gemeinsam mit Komplizen hatte der Pirat im Mai 2010 acht Monate lang den deutschen Chemietanker `Marida Marguerite´ entführt.“ Die Zeitung berichtet, dass der Angeklagte zu den Vorwürfen nichts gesagt habe. Er wird in dem Artikel als „Dumm-Pirat“ bezeichnet. Zum Artikel ist eine Fotostrecke gestellt. Bilder mit dem Angeklagten sind verpixelt. Ein Nutzer des Internetauftritts der Zeitung sieht in der Berichterstattung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Es liege ein gravierender Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vor. Die Redaktion nehme den ersten von insgesamt 15 vorgesehenen Hauptverhandlungstagen des Strafverfahrens zum Anlass für eine vorverurteilende Berichterstattung. Der Text ist im Indikativ verfasst und suggeriert, dass die Anklage bereits ein rechtskräftig festgestellter Sachverhalt sei. Beides entspreche weder der Anklage noch den Tatsachen. Damit wird auch gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen, denn die Anklage, die den Sachverhalt anders darstelle, sei verlesen worden und damit eine öffentliche Quelle. Die im Text vorkommende Wendung „Pech für den Dumm-Piraten“ sei – so der Beschwerdeführer – ehrverletzend. In der Gesamtschau auf diesen Fall könne auch von einer Verletzung der Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen) ausgegangen werden. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht den Grundsatz der Unschuldsvermutung in der Berichterstattung gewahrt. Von Anfang an habe die Redaktion darauf hingewiesen, dass sich der Angeklagte nunmehr vor Gericht zu verantworten habe. Insofern habe die Zeitung klargemacht, dass eine rechtskräftige Verurteilung noch nicht erfolgt sei. Man habe auch den Verteidiger zu Wort kommen lassen. Nach dessen Meinung sei der Angeklagte unschuldig. Auch das habe die Redaktion geschrieben. Unabhängig davon lägen der Anklage zufolge besonders stichhaltige Anknüpfungstatsachen vor, die es rechtfertigten, den Verdacht auch in erhärtender Weise darzustellen. So seien auf dem gekaperten Schiff zweifelsfrei die Fingerabdrücke des Angeklagten gefunden worden. Die Bezeichnung des Angeklagten als „Dumm-Pirat“ ist nach Auffassung der Rechtsvertretung presseethisch nicht zu beanstanden. Es handele sich dabei nicht um eine Schmähkritik, da die Äußerung auf eine Auseinandersetzung in der Sache abziele und diese in zulässiger Weise bewerte. Die Fingerabdrücke auf dem Schiff und die gleichen Abdrücke im Asylantrag legen den Schluss nahe, dass das Handeln des Angeklagten nicht von besonderer krimineller Weitsicht geprägt gewesen sei. In diesem Kontext handele es sich um eine boulevardesk-überspitzte Kritik, keinesfalls jedoch um eine Diskriminierung des Angeklagten.

Weiterlesen

Begriff „Korruption“ ist noch zulässig

Vetternwirtschaft in einer kleinen Gemeinde ist Thema einer Regionalzeitung. Grundlage für den Artikel ist ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes. Wörtliches Zitat: „Er listet mehrere Vergehen auf, die bis zu persönlicher Vorteilsnahme reichen.“ Weiter heißt es, Mitglieder des Gemeinderats „haben ihre politische Funktion missbraucht, um sogar Familienmitgliedern einen materiellen Vorteil zu verschaffen“. Die Zeitung schreibt weiter, der Prüfbericht enthülle Korruption und Vetternwirtschaft in der Gemeinde. Namentlich werden drei Gemeinderäte bzw. ein ehemaliger Bürgermeister genannt, die das Gesetz im Hinblick auf die gemeindeeigene Wohnungsbaugesellschaft „umgangen“ hätten. Die im Artikel berichteten Vorwürfe umfassen drei Punkte: Die Genannten als Mitglieder des Aufsichtsrats der Wohnungsbaugesellschaft sollen unter Umgehung des Gemeinderats einen Geschäftsführer eigenmächtig bestimmt haben, der auch noch der Sohn eines der Aufsichtsratsmitglieder sei. Des Weiteren sollen sich zwei Mitglieder des Aufsichtsrates, die gleichzeitig Mitglieder des Verwaltungsausschusses der Gesellschaft waren, selbst entlastet haben. Schließlich hätten sich die Aufsichtsräte ohne Rechtsgrundlage eigenständig Vergütungen gewährt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist einer der Gemeinde- bzw. Aufsichtsräte. Er ist der Meinung, dass der Artikel gegen presseethische Grundsätze verstößt und in weiten Teilen den Prüfbericht, der der Berichterstattung zugrunde gelegen habe, nicht korrekt wiedergibt. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass die zusammenfassende Aussage des Artikels, der Prüfbericht enthülle Korruption, und die angesprochenen Personen hätten „ihre politische Funktion missbraucht, um sich einen materiellen Vorteil zu verschaffen“, eine überzogene Interpretation des Autors sei. Dieser habe nach Rücksprache mit der Chefredaktion eine anwaltliche, strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Alle anderen Aussagen in dem kritisierten Beitrag seien jedoch anhand der Ergebnisse des Prüfberichts gerechtfertigt. Sie seien in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung erörtert worden und somit Grundlage für die Berichterstattung gewesen. Der Chefredakteur berichtet weiter, der Autor sehe ein, dass der Begriff Korruption eine „Überinterpretation“ des Berichts des Rechnungsprüfungsamts“ sei. Alle anderen Behauptungen betrachte er hingegen als erwiesen. Der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes belege eindeutig Vetternwirtschaft in der Gemeinde. Zwischen dem Beschwerdeführer und der Chefredaktion habe es ein klärendes Gespräch gegeben. Abgesehen vom Begriff „Korruption“, dessen Verwendung die Redaktion bedauere, habe der Beschwerdeführer der Redaktion eine korrekte Berichterstattung bescheinigt. Auf eine formale Richtigstellung sei nach diesem Gespräch verzichtet worden, weil sich das Thema weiter entwickelt habe und im weiteren Verlauf von der Redaktion korrekt behandelt worden sei.

Weiterlesen

Anonymer Zeuge: Es war ein „Privat-Bordell“

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über die Wiederaufnahme des Mordprozesses im Fall der neunjährigen Peggy. Der Titel des Beitrages lautet: „Neue Hinweise auf Missbrauch“. Die Zeitung berichtet, dem Anwalt des seinerzeit als Mörder des Mädchens verurteilten Mannes sei ein Foto zugespielt worden, auf dem angeblich das bis heute vermisste Mädchen zu sehen sei – nackt vor einem Spiegel posierend. Die Ermittlungsbehörden hätten das Bild zu 90 Prozent als Fälschung eingestuft. Der Anwalt des Verurteilten wolle im Wiederaufnahmeverfahren die namentlich genannte Mutter des Mädchens zu Indizien befragen, die darauf hindeuteten, dass Peggy vor ihrem Verschwinden regelmäßig Opfer von sexuellen Übergriffen gewesen sei. Schon vor seinem Verschwinden habe das Mädchen Anzeichen gezeigt, die auf einen Missbrauch hindeuteten. Ein Zeuge, der anonym bleiben wolle, spreche von einem Privat-Bordell in der ehemaligen Familienwohnung. Auch Peggy sei dort angeboten worden. Zu den Kunden des vermeintlichen Bordells – so zitiert die Zeitung den Zeugen weiter – hätten auch „höher gestellte Personen aus der Region“ gehört. Die Mutter von Peggy wendet sich über ihren Anwalt mit einer Beschwerde an den Presserat. Der fragliche Artikel sei nicht ausreichend recherchiert und verstoße gegen presseethische Grundsätze. Die bis heute nicht nachgewiesenen Vorwürfe würden von manchen Medien immer wieder thematisiert. Die Behauptungen über ein Privat-Bordell seien nicht neu, doch handele es sich um haltlose Vermutungen. Das in dem Artikel angesprochene Foto sei kein Beweis für einen Missbrauchsvorwurf. Durch die Berichterstattung, in der ihr vollständiger Name genannt werde, seien ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der kritisierte Artikel den aktuellen Stand des Wiederaufnahmeverfahrens aufgreife und auf neue Rechercheergebnisse eingehe. Die Beschwerdeführerin werde durch den Artikel nicht als Verdächtige eingestuft. Es sei nach Aussage belastbarer Zeugen allerdings auch nicht abwegig, dass die familiären Umstände etwas mit dem Verschwinden Peggys zu tun haben könnten. Der Beitrag sei nicht abgedruckt worden, um der Beschwerdeführerin zu schaden. Der Autor habe die journalistische Sorgfaltspflicht beachtet. Alle Behauptungen seien verifiziert. Durch die Verwendung des Konjunktivs und die Wiedergabe von Aussagen in Zitatform entstehe auch nicht der Eindruck einer Vorverurteilung. Der im Artikel zitierte Zeuge, dem von Dritten die Zustände im Haus der Familie detailliert geschildert worden seien, sei von der Redaktion als glaubwürdig eingestuft worden.

Weiterlesen

Totes Kind in den Armen eines Feuerwehrmannes

„Hat ein Brandstifter die Familie auf dem Gewissen?“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet über einen Brand im Treppenhaus eines Wohnblocks in einer Großstadt. Dabei seien eine Frau und ihre zwei Söhne ums Leben gekommen. Auf einem Bild der beigefügten Fotostrecke ist ein Feuerwehrmann zu sehen, der ein Kind in den Armen hält. Kopf und Oberkörper des Jungen sind verpixelt. Eine Nutzerin des Internet-Auftritts sieht presseethische Grundsätze verletzt. Die Zurschaustellung eines toten Kindes in den Armen eines Feuerwehrmannes, der offensichtlich für den Fotografen posiere, sei für die Berichterstattung nicht notwendig. Das Kind sei trotz der Pixelung durch Gestalt und Bekleidung erkennbar. Die Beschwerdeführerin sieht auch Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz) verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält den beanstandeten Artikel für voll vereinbar mit den presseethischen Grundsätzen. Die Berichterstattung über den aufsehenerregenden Hausbrand – ein minderjähriger Feuerwehrmann hatte mutmaßlich das Feuer gelegt und in Folge dieser Brandstiftung drei Menschen getötet – verstoße nicht gegen den Pressekodex. Der im Bild gezeigte Feuerwehrmann habe nicht für den Fotografen posiert. Tatsächlich kauere der Helfer, der soeben das tote Kind aus dem brennenden Haus geborgen habe, erschöpft am Boden, während seine Kollegen im Rettungswagen die – vergebliche – Reanimation vorbereitet hätten. Die Berichterstattung über grausame Realitäten gehöre – so die Rechtsvertretung – zu den elementaren Aufgaben der Presse.

Weiterlesen

Grafik war verständlich und korrekt

In einer Regionalzeitung erscheint ein Artikel unter der Überschrift „Wie viel sexuelle Vielfalt verträgt der Unterricht?“. Darin wird beschrieben, welche Reaktionen die geplante Reform des Bildungsplanes zur Gleichstellung Hetero- und Homosexueller in Baden-Württemberg hervorgerufen hat. Ein Lehrer hat mit einer Online-Petition bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 180.000 Unterschriften gegen die Pläne gesammelt. Dabei ist es nach Darstellung der Zeitung unklar, ob diese Zahl korrekt ist, weil doppelte Unterschriften und Spaßeinträge noch nicht herausgefiltert worden seien. Zwei Gegenpetitionen auf zwei verschiedenen Websites haben der Zeitung zufolge 85.000 bzw. 135.000 Unterzeichner mobilisieren können. Dem Artikel beigestellt ist eine Graphik mit der Überschrift „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“. Darunter finden sich Säulendiagramme. Die oberen beiden Säulen beziehen sich auf die „Petition“ und weisen 180.000 „Gesamt“-Stimmen sowie „davon in Baden-Württemberg: 77.500“ aus. Die beiden Säulen darunter werden mit „Gegenpetition“ und den Zahlen 85.ooo bzw. 34.600 (aus Baden-Württemberg) bezeichnet. Die Zeitung informiert darüber, dass 60 Prozent der Baden-Württemberger die rot-grüne Landesregierung bei den Plänen unterstützten, an Schulen vermehrt über sexuelle Vielfalt und unterschiedliche Lebensformen aufzuklären. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die nach ihrer Meinung mangelnde Beachtung der in Ziffer 2 des Pressekodex definierten journalistischen Sorgfaltspflicht. Ihr sei es bei der Lektüre so erschienen, als ob in dem Schaubild die Zahl der Personen, die die Aufnahme des Themas „Sexuelle Vielfalt“ in den Bildungsplan ablehnen, höher angegeben worden sei als die der Befürworter. Wenn man dann aber aufmerksam den Artikel gelesen habe, sei man zu einem anderen Ergebnis gekommen, nämlich dass die Zahl der Befürworter etwas höher sei. Ein oberflächlicher Leser sei somit durch die Grafik getäuscht worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für kaum nachvollziehbar und nicht schlüssig. Die beanstandete Grafik bilde die Fakten korrekt ab.

Weiterlesen

Eigeninteresse des Verlages nicht erwähnt

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht während einer Woche eine Serie von sechs Artikeln zum Thema Fitness und Abnehmen. Den Beiträgen ist ein Info-Kasten beigestellt, in dem ein namentlich genanntes Fitnessprogramm vorgestellt wird, das von einem Professor der Deutschen Sporthochschule in Köln entwickelt wurde. Dieses Programm wird positiv beschrieben. Auch der Preis und die zum Programm gehörende Website werden genannt. Die Hälfte der Beiträge führt den Professor als Experten an. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung Schleichwerbung für ein kommerzielles Fitness-Programm, das von einem Unternehmen der Mediengruppe, die auch diese Zeitung herausgibt, vertrieben werde. Die Zeitung promote also mit der Berichterstattung ein Produkt aus dem eigenen Hause. Auf dieses Eigeninteresse werde aber in den Beiträgen nicht hingewiesen. Offenbar, so der Beschwerdeführer, sei die Berichterstattung Teil einer groß angelegten Kampagne in allen Publikationen des Verlages. Die Rechtsabteilung der Zeitung bestätigt, dass das Fitness-Programm von der Sporthochschule Köln gemeinsam mit einem Unternehmen des Verlages entwickelt worden sei. Diese Kooperation und das damit verbundene Eigeninteresse des Verlages hätten dem Leser deutlich gemacht werden müssen. Man betrachte es selbst als ärgerlichen und bedauerlichen Fehler, dass auf diese Zusammenarbeit nicht hingewiesen worden sei. Der Fehler sei der Ressortleitung bzw. der Chefredaktion leider erst nach Abschluss der Serie aufgefallen. Andernfalls hätte man eine sofortige Korrektur veranlasst. Dies sei im Online-Bereich geschehen. Der Fehler – so die Rechtsabteilung – sei der Redaktion bewusst und mit allen Verantwortlichen erörtert worden. Man gehe davon aus, dass alle Beteiligten aus dem Vorfall gelernt hätten.

Weiterlesen

Daten eines Ex-Politikers veröffentlicht

Unter der Überschrift „Als ´bastian´ surfte Edathy auf Pornoseite“ berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung über eine Internetseite, die Pornos anbietet und zu der der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy zweimal einen befristeten Zugang erworben habe. Der Artikel nennt zwei E-Mail-Adressen, die der Politiker verwendet habe, und die Namen zweier Internet-Bezahldienste, über die die Kosten abgewickelt worden seien. Zwei Nutzer des Internet-Auftritts der Zeitung sehen in der Berichterstattung einen Verstoß gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Es sei nicht von öffentlichem Interesse, welche Email-Adressen und Bezahldienstleister Edathy mutmaßlich verwendet habe. Auch Spitznamen seien privat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung zitiert Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Danach sind zur Veröffentlichung bestimmte Informationen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgemäß wiederzugeben. Ihr Sinn dürfe durch Bearbeitung weder entstellt noch verfälscht werden. Die Redaktion habe diesen Grundsatz beachtet, so dass in der Beschreibung der Pornoseite kein Verstoß gegen den Pressekodex vorliegen könne. Bei Edathy handele es sich um eine Person des öffentlichen Lebens. Er stehe unter dem schwerwiegenden Verdacht des Erwerbs von kinderpornografischem Material. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Ex-Politikers liege somit nicht vor. Auch der Grundsatz, dass unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen als solche erkennbar zu machen sind, sei eindeutig und unübersehbar berücksichtigt worden.

Weiterlesen