Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
„Putin und Assad bomben weiter“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über den Syrienkonflikt. Nur wenige Stunden nach der nächtlichen Einigung auf eine Feuerpause hätten Putin und Assad bewiesen, dass es einmal mehr bei Lippenbekenntnissen bleibe. Die Zeitung fährt fort, das wahllose Töten von Zivilisten durch die Luftwaffen beider Länder gehe weiter. Schon am Morgen nach dem Übereinkommen hätten Aktivisten in Syrien von schweren russischen Luftschlägen in der Provinz Homs berichtet. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – hält den Bericht über eine Feuerpause für falsch. Diese habe es zum genannten Zeitpunkt nicht gegeben. Der Autor des Beitrages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er habe nicht behauptet, dass es zum genannten Zeitpunkt eine Feuerpause gegeben habe. In seinem Beitrag heiße es eindeutig: „Nach der Einigung von München“ (Kopfzeile) und „Nur wenige Stunden nach der nächtlichen Einigung auf eine Feuerpause in Syrien… (im Text). Dies entspreche hundertprozentig den Tatsachen. Etwa zehn Stunden vor dem Erscheinen des Artikels habe das Auswärtige Amt in Berlin mitgeteilt: „Zweitens soll es ´innerhalb von wenigen Tagen´ zu einer Reduzierung der Gewalt kommen und sogar das Einstellen der Kampfhandlungen erzielt werden.“ Der Zeitpunkt des Inkrafttretens sei Dank einiger Verhandlungspartner offen geblieben. Er – der Autor – habe deshalb diesen schwammigen Teil nicht in seinen Artikel übernommen. Er fasst zusammen: Die Beschwerde sei – wie alle bisherigen vom Presserat zugelassenen Beschwerden gegen seine Artikel – politisch/pro-russisch motiviert und entbehre jeder Grundlage. Seine Zeitung habe die angebliche Behauptung nie aufgestellt.
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„Neu im Kühlregal: Milchschnitte mit Joghurt – Kann das schmecken?“ – so lautet eine Überschrift in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag wird die neue „Joghurt-Schnitte“ eines namentlich genannten Herstellers in Wort und Bild vorgestellt und getestet. Ein Nutzer der Ausgabe wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat, weil er in dem Artikel Werbung in redaktioneller Aufmachung sieht. Der Geschäftsführer der Online-Ausgabe hält es für eine redaktionell naheliegende Idee, über die Neuerung zu berichten. Immerhin bringe der Hersteller von Deutschlands meistverkauftem Kühlsnack „Milch-Schnitte“ eine neue Geschmacksvariation auf den Markt. Die Autorin des Artikels habe das neue Produkt getestet und ein Urteil abgegeben. Nutzer der Plattform Instagram seien zu Wort gekommen. Die Redaktion habe selbst auch kommentiert. Zitat: Im Netz denken allerdings viele, die Schnitte sei gesund. Aber Vorsicht: der Slogan heißt „erfrischend lecker“. Der Geschäftsführer weist abschließend darauf hin, dass die Zeitung weder vom Hersteller noch von Dritten Geld erhalten habe. Die getesteten Produkte habe die Redaktion selbst bezahlt.
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Die Verfasserin eines Leserbriefes stört sich daran, dass die örtliche Zeitung – aus ihrer Sicht – zu positiv und zu umfänglich über den Bürgermeister berichtet. Die Redaktion hatte den Bürgermeister in einem Interview zu Wort kommen lassen. Anlass: Er war hundert Tage im Amt. Noch am gleichen Tag antwortet der Lokalredakteur der Beschwerdeführerin. Sie liege mit ihrer Argumentation reichlich neben der Realität. Er habe – völlig legitim und üblich – ein bilanzierendes Interview mit dem Bürgermeister geführt. Die anderen Bilder und Berichte, auf die die Beschwerdeführerin anspiele, seien zum großen Teil Pressemitteilungen aus dem Rathaus. Darin gehe es um die Arbeit der Gemeindeverwaltung und des Bürgermeisters. Der Redakteur schließt seine Nachricht an die Beschwerdeführerin mit den Worten: „Ich sehe Ihre Zuschrift nicht als Leserbrief an, sondern als Meinungsäußerung uns gegenüber.“ Die Frau entgegnet per E-Mail unter anderem, das Antwortschreiben des Redakteurs sei peinlich, beweise es doch einmal mehr, wie einseitig er die Dinge sehe. Sie schließt mit den Worten: „Von mir werden Sie nichts mehr hören. So ist es anderen Leserbriefschreibern, bekannter weise (sic!), auch schon gegangen.“ Der Redakteur antwortet auf diese Nachricht nochmals ausführlich. Er weist alle Vorwürfe zurück. Die Beschwerdeführerin, Parteimitglied bei Bündnis 90/Die Grünen, teilt mit, wegen ihres Leserbriefes werde sie von dem für ihre Gemeinde zuständigen Lokalredakteur beschimpft und zurechtgewiesen. Er habe ihr eine falsche Sichtweise bescheinigt und ergehe sich in Unterstellungen. Ihr Mailkontakt sei an andere Lokalpolitiker weitergegeben worden. Sie fühle sich denunziert. Der Chefredakteur der Zeitung spricht von falschen Behauptungen, die die Beschwerdeführerin in die Welt setze. Der Lokalredakteur habe die Frau nicht beschimpft. Auch die Vorwürfe der üblen Nachrede und der Verleumdung entbehrten jeder Grundlage.
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In einer Regionalzeitung erscheinen drei Beiträge, die sich mit einem bestimmten Klinikum befassen, das am Verlagsort des Blattes angesiedelt ist. Ein Leser weist in seiner Beschwerde darauf hin, dass es sich bei allen drei Beiträgen um nicht als solche gekennzeichnete Pressemitteilungen des Klinikums handele. Das am Ende eines der Beiträge stehende Kürzel „mb“ stehe eindeutig für eine Mitarbeiterin der Pressestelle des Klinikums. Die Zeitung äußert sich nicht zu den Vorwürfen.
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Eine überregionale Zeitung berichtet über Stress auslösende Interviewfragen bei Bewerbungsgesprächen. In einem beigestellten Infokasten informiert die Redaktion über eine Methode zur Stressbewältigung. Was helfen könne, sei ein Kurzzeit-Coaching, etwa nach der wissenschaftlich erforschten „Wingwave“-Methode. Atina Spies aus Bonn nehme damit Studierenden die Angst vor Prüfungen und Managern die Furcht, wenn sie Auftritte vor großem Publikum zu bestehen hätten. „Die Methode ist so gut, weil sie nicht nur für die nächste Stresssituation hilft, sondern einem nachhaltig die Ängste nimmt“, so die Zeitung weiter. „Wingwave“ bestehe aus drei Methoden, von denen jede durch wissenschaftliche Studien belegt sei. Im Text wird die Methode zum Teil von der Anbieterin selbst beschrieben. Zwei Beschwerdeführer bemängeln, dass die Zeitung völlig unkritisch eine „Wingwave-Methode“ preise und die Anbieterin namentlich nenne. Es stimme nicht, dass die Wirksamkeit der Einzelbausteine der Methode durch wissenschaftliche Studien belegt sei. Alle im Beitrag genannten Methoden seien wissenschaftlich nicht anerkannt oder unbekannt. Dieser Artikel verstoße zumindest gegen das Gebot der journalistischen Sorgfalt, da für medizinische Laien der Eindruck entstehe, es handele sich um anerkannte und wissenschaftlich belegte Methoden. Der Geschäftsführer und der Justiziar der Zeitung weisen alle Vorwürfe zurück. Insbesondere gehe es in dem kritisierten Beitrag nicht um unzulässige Werbung. Der Informationskasten sei aufgrund der Sichtung diverser wissenschaftlicher Studien und Forschungsinformationen verfasst worden. Es habe nicht der Eindruck entstehen sollen, dass es sich um eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlungsmethode handelt, sondern lediglich um eine alternative Möglichkeit, sich auf ein Gespräch oder eine Situation wie z. B. ein Bewerbungsgespräch vorzubereiten. Eine Werbung für bestimmte Personen oder eine Methode sei nicht vorgenommen und auch nicht beabsichtigt gewesen. Auch sei die Behauptung richtig, die Wirksamkeit jeder der drei Methoden sei durch wissenschaftliche Studien belegt.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht eine Karikatur unter der Überschrift „Der erste abgeschobene Flüchtling kehrt in die Heimat zurück“. Die Karikatur zeigt einen Mann mit Reisegepäck und zwei Ziegen. Über den Ziegen steht eine Sprechblase, in der es heißt: „Oh weh, Ali der Grapscher ist zurück aus Deutschland. Ich dachte, wir hätten für immer unsere Ruhe vor ihm.“ Vier Leser des Magazins beschweren sich über die Karikatur. Sie halten sie für diskriminierend im Sinne der Ziffer 12 des Pressekodex. Indem der abgeschobene Flüchtling als Ali der Grapscher bezeichnet werde, bediene die Redaktion ein rassistisches, überzogenes Klischee. Der abgeschobene Flüchtling werde pauschal als Sexualstraftäter abgestempelt. Die Karikatur spiele auch auf rassistische Sodomie-Klischees an. Es werde suggeriert, muslimische Männer würden sich zur Befriedigung sexueller Triebe an Tieren vergreifen. Das sei extrem beleidigend und entwürdigend. Das Land sei anhand der Moschee im Hintergrund als islamisch zu erkennen. Der Kommentar der Ziege lege die rassistische Bezeichnung „Ziegenficker“ für Muslime nahe. Der Abdruck der Karikatur diskriminiere eine ganze Religionsgruppe. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins schreibt, Satire lebe von der bewussten Übertreibung, Zuspitzung und Verzerrung. Satire sei per se eine Provokation und strukturell unfair, weil sie gezielt Schwachpunkte herausgreife und ihre „Opfer“ der Lächerlichkeit preisgebe. Dass Satire von einem Teil der Leser als Grenzüberschreitung angesehen werde, sei geradezu ein Wesensmerkmal. Der Chefredakteur stellt fest, je länger man sich mit der Zeichnung beschäftige, desto klarer trete zutage, dass diese satirische Meinungsäußerung weder ethnisch noch religiös diskriminiere oder gar die persönliche Ehre verletze. Sie bewege sich innerhalb des großzügigen Rahmens, der durch die presseethischen Anforderungen für legitime Meinungsäußerungen gezogen werde.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht bei Facebook mehrfach Teasertexte (Anreißer) und Postings zu einem Diätprogramm. Die Texte sind mit „Sonderveröffentlichung“ gekennzeichnet. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass der Teasertext auf mobilen Geräten abgeschnitten angezeigt werde. So könne der Leser nicht auf den ersten Blick erkennen, dass es sich bei den Veröffentlichungen um Anzeigen handele. Der Anzeigen- und Vertriebsleiter der Zeitung teilt mit, dass diese die Postings jeweils am Ende mit dem Hinweis „Anzeigen-Sonderveröffentlichung“ gekennzeichnet habe. Da der Text mitunter, etwa auf mobilen Endgeräten, nur verkürzt angezeigt werde, könne der Leser dies nicht auf den ersten Blick erkennen. Die Zeitung habe den Hinweis der Beschwerdeführerin dankbar aufgegriffen und werde die Kennzeichnung – um Irritationen zu vermeiden – künftig an den Anfang der Beiträge stellen.
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Unter der Überschrift „Streit endet mit Messerstichen“ berichtet eine Regionalzeitung online über eine Gewalttat in einer Großstadt. Drei Männer hätten sich im Bahnhofsviertel mit Messern attackiert. „Fest steht nur, dass einer der Männer plötzlich die Flucht ergriff, aber von seinen Kontrahenten eingeholt und angegriffen wurde“, schreibt die Redaktion. Zwei der Männer bezeichnet sie als Algerier und Marokkaner. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Herkunft der beiden. Dafür gebe es keinen Sachbezug. Nach seiner Ansicht verstößt die Berichterstattung gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Diskriminierungen/Berichterstattung über Straftaten). Der Redaktionsleiter sieht durch die Berichterstattung presseethische Grundsätze nicht berührt. Die Redaktion nenne nicht ethnische oder religiöse Minderheiten, sondern die Herkunftsländer der mutmaßlichen Täter. Diese Nennung stelle aber durchaus einen begründeten Bezug zur Straftat her, da die beiden Männer wegen Fluchtgefahr in der Untersuchungshaft gelandet seien. Der Redaktionsleiter merkt an, dass die Leserschaft die Redaktion seit den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln und anderswo immer vehementer dazu anhalte, die Herkunft der Täter bei jeder Straftat zu nennen. Die Polizei tue das jedenfalls, wenn sie Mitteilungen an die Presse gebe. Dies könne in Zeiten der „Lügenpresse-Diskussion“ nicht schaden.
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet über Reaktionen in Clausnitz und Umgebung auf die Attacke auf einen Bus mit Asylbewerbern. Im Bericht heißt es: „Clausnitz und Rechenberg-Bienenmühle stehen nun auf der langen Liste verrufener, sächsischer Orte mit rechtsextremer Gewalt. Bei rechten Straftaten ist das Bundesland führend, jeder vierte Übergriff bundesweit findet in Sachsen statt.“ Ein Leser des Magazins spricht in seiner Beschwerde von einer falschen Behauptung. Tatsächlich finde jeder vierte derartige Übergriff in Nordrhein-Westfalen statt, was man durch eine einfache Recherche feststellen könne. Es genüge bereits mäßiger Verstand, derartige Zahlen zu hinterfragen, bevor man sie ungeprüft hinausposaune. Sachsen habe bekanntlich vier Millionen Einwohner, also ein zwanzigstel der Bundesbürger. Mit seinen falschen Behauptungen verstoße der Autor des Beitrages gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Die Rechtsvertretung des Magazins teilt mit, die vom Beschwerdeführer beanstandete Angabe beruhe auf der Erhebung einer überregionalen Tageszeitung. Dabei sei ein mehrköpfiges Rechercheteam bei Auswertung unterschiedlichster Quellen zu dem veröffentlichten Ergebnis gekommen. Die Rechtsvertretung gesteht dem Beschwerdeführer allerdings zu, es sei etwas unglücklich, dass die Redaktion ihre Quelle nicht ausreichend transparent gemacht habe. Der Autor selbst bedauert, dass er es entgegen sonstiger Übung diesmal versäumt habe, die Fakten prüfen zu lassen, auch wenn sie im Kontext des Artikels nur eine kleine Randnotiz zu seiner Vorort-Recherche in Clausnitz darstellten. Nunmehr habe sich bei nachträglicher Überprüfung herausgestellt, dass die im Artikel veröffentlichten Fakten zumindest auf der Basis der amtlichen Zahlen nicht zu halten seien. Er - der Autor – habe die fragliche Passage inzwischen „angepasst“. Bezogen auf rechtsmotivierte „Straftaten gegen Asylunterkünfte“ treffe es zwar zu, dass Sachsen in absoluten Zahlen – hinter dem um mehr als das Vierfache bevölkerungsreicheren NRW – führend und auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl deutlich überproportional betroffen sei. Allerdings habe nach der Statistik des Bundesinnenministeriums 2015 nur jeder zehnte und nicht - wie nach Zählung der überregionalen Tageszeitung - jeder vierte derartige Übergriff in Sachsen stattgefunden.
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Eine überregionale Wochenzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Notstandsgesetze gegen den Mob“. Der Meinungsartikel beschäftigt sich mit dem Umgang mit Rechtskonservativen in der Gesellschaft. Zwei Leser der Zeitung kritisieren, dass mehrere Prominente, die nicht – wie die Autorin – für unbegrenzte Zuwanderung stünden, als Verursacher der rechtsextremen Ausschreitungen von Clausnitz und Bautzen diffamiert würden. Die Rechtsabteilung spricht im Fall des kritisierten Artikels von einem pointierten Meinungsbeitrag. Die dort geäußerten Ansichten müsse man nicht teilen. Sie seien aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Es sei das gute Recht der Kolumnistin, Prominente zu kritisieren, die sich zum Thema Zuwanderung geäußert hätten. Nicht jeder müsse der Äußerung zustimmen, dass Zuwanderungskritiker politisch den Boden für rechtsextreme Gewalt bereitet hätten. Es sei aber das gute Recht der Journalistin, diese Auffassung zu äußern.
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