Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Ein Foto als Sinnbild für feige Attacken

„Wer ist die Frau vom Brüsseler Flughafen?“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet im Bild über ein bestimmtes Opfer der Terror-Anschläge von Brüssel. Die Zeitung teilt mit, dass das Foto zweier Frauen, die blutverschmiert, mit Staub überzogen und vollkommen verzweifelt auf einer Bank im Flughafen sitzen, um die Welt gegangen sei. Bei der rechts im Bild gezeigten Frau handele es sich um eine Stewardess der indischen „Jet Airways“. Die Mutter zweier Kinder arbeite seit fünfzehn Jahren für die Airline. Das habe die britische „Sun“ berichtet. Es gebe – so die Zeitung – wohl kein anderes Foto, das einen so nah ans Geschehen bringe wie dieses. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Berichterstattung. Er vertritt die Ansicht, sie verletze presseethische Grundsätze. Er findet es abstoßend, dieses Bild zu veröffentlichen, ohne die Gesichter der beiden Frauen unkenntlich zu machen. Zu der Beschwerde nimmt der Geschäftsführer der Online-Ausgabe Stellung. Er bezeichnet die Anschläge von Brüssel als ein Ereignis von weltweiter Tragweite. Weil Terroristen – ferngelenkt durch eine globale, verbrecherische Ideologie – ihre mörderischen Pläne umsetzten, hätten 35 Menschen ihr Leben lassen müssen; über 300 seien verletzt worden. Das abgedruckte Foto sei zum Sinnbild für die feigen Attacken auf friedliche Menschen geworden. Es gebe der Tragödie ein authentisches Gesicht und habe sich in kürzester Zeit über den ganzen Globus verbreitet. Erst daraufhin habe die Redaktion das Motiv im Zusammenhang mit einem Artikel über die Hintergründe dieser weltweit beachteten Aufnahme veröffentlicht. Die Opfer würden nicht herabgewürdigt. Auch werde ihr Leid nicht zur Schau gestellt. Es handele sich um ein bewegendes Dokument eines traurigen zeitgeschichtlichen Ereignisses. Daher sehe die Zeitung keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze.

Weiterlesen

Handyfoto wurde weltweit verbreitet

Die Terroranschläge in Brüssel sind Thema in einer Regionalzeitung. Die Redaktion druckt das Bild einer Frau ab, die sich in der Abflughalle des Flughafens auf den Boden geworfen hat. Im Bildtext heißt es: „Eine Frau mit angstverzerrtem Gesicht duckt sich auf den Boden. Rauch füllt den Raum. Das Handyfoto hat ein Reisender kurz nach den beiden Explosionen in der Abflughalle des internationalen Flughafens Brüssel-Zaventem aufgenommen.“ Ein Leser der Zeitung hält diese Art der Berichterstattung für einen Verstoß gegen den Pressekodex. Er fragt, ob die Abbildung der Frau gegen das Persönlichkeitsrecht im Sinne des Pressekodex oder gegen das Grundgesetz verstoße. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass das beanstandete Foto von einer Nachrichtenagentur weltweit verbreitet worden sei und bis heute zu den meist abgedruckten Motiven rund um die Terroranschläge von Brüssel gehöre. Der Agentur sei das Foto von einem Augenzeugen zur Verfügung gestellt worden, der es Sekunden nach der Explosion im Flughafen aufgenommen habe. Bei der abgebildeten Person handele es sich um eine Bekannte des Augenzeugen. Der deutsche Bild-Chef der internationalen Nachrichtenagentur wird in der Stellungnahme der Zeitung zitiert. Danach sei das Bild mehrere tausendmal in Zeitungen gedruckt oder online verbreitet worden. Es habe bislang keinerlei Beschwerden gegen die Veröffentlichung gegeben. Weder sei Blut zu sehen, noch sei die Frau bei der Explosion verletzt worden. Sollte es im Kontext solcher Anschläge künftig nicht mehr möglich sein, derartige Fotos zu veröffentlichen, würden sich die Medien lächerlich machen. Die Agentur habe bewusst darauf verzichtet, Fotos von verletzten und blutenden Menschen zu verbreiten.

Weiterlesen

Private Daten in der Rubrik „Glückwünsche“

Eine Zeitung, die Sprachrohr einer Landsmannschaft ist, veröffentlicht eine Rubrik „Geburtstagsglückwünsche“. Der dritte von drei Glückwünschen, gilt einer neuen Leserin, die 53 Jahre alt wird und Neumitglied ist. Ihr voller Name und ihr Wohnort werden genannt. Sie ist in diesem Fall die Beschwerdeführerin und teilt mit, dass sie der Veröffentlichung ihrer privaten Daten nicht zugestimmt habe. Diese Daten stammten aus dem Mitgliedsantrag der Landsmannschaft. Diesem Verein sei sie aus Gründen der Ahnenforschung kurz zuvor beigetreten. Wäre sie um ihr Einverständnis gefragt worden, hätte sie ihre Zustimmung zur Veröffentlichung niemals erteilt, da sie ein besonderes Interesse am Datenschutz habe und sie in diesem Bereich generell sehr vorsichtig sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung bringt das Bedauern der Redaktion über die Beschwerde zum Ausdruck. Es sei die erste dieser Art. Die Redaktion sei darüber erstaunt, dass die Beschwerde ein Jahr nach dem Erscheinen des Glückwunsches erhoben worden sei. In zeitlichem Zusammenhang mit der Beschwerde stehe eine Honorarforderung der Beschwerdeführerin. Möglicherweise habe der für sie enttäuschende Ausgang dieser Angelegenheit erst zu der Beschwerde geführt. Im Übrigen habe die Redaktion dafür gesorgt, dass sich Fälle wie dieser künftig nicht wiederholen.

Weiterlesen

Zu spät über Eigeninteresse informiert

Eine Regionalzeitung druckt einen Beitrag unter der Überschrift „Die sichere Alternative zu WhatsApp“. Der Beitrag informiert über einen Messenger für Unternehmen und Behörden, bei dessen Nutzung die Daten verschlüsselt werden. Der Geschäftsführer des Unternehmens schildert die Vorzüge der App im Vergleich zu WhatsApp. Im letzten Absatz wird mitgeteilt, dass der Verlag der Zeitung an dem Unternehmen beteiligt ist. Schließlich nennt der Autor des Artikels die Kosten für die Nutzung. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die detaillierte Vorstellung des Produkts eines einzelnen Anbieters. Sie vermutet einen PR-Beitrag des Verlages für ein Unternehmen, an dem er selbst beteiligt sei. Offenbar sei dies eine Reaktion darauf, dass jetzt auch WhatsApp eine Verschlüsselung anbiete. Die Beschwerdeführerin moniert auch, dass keine anderen Anbieter genannt werden. Sie erwähnt einen „gewissen Überschwang“ in der Schilderung des Unternehmens. Die Rechtsvertretung der Zeitung stellt fest, dass es sich bei dem vorgestellten Produkt um einen neuen Messenger für Unternehmen und Behörden handele, der ein Alleinstellungsmerkmal habe. Dies gelte insbesondere für die technische Möglichkeit, dass der Kunde den Messenger auf behörden- und unternehmenseigenen Servern selbst betreiben könne. Das sei bei anderen Diensten nicht möglich. Die Rechtsvertretung spricht aus diesen Gründen von einem erhöhten Nachrichtenwert. Für die Veröffentlichung spreche ein begründetes öffentliches Interesse. Im Übrigen habe die Redaktion transparent gemacht, dass der Verlag der Zeitung an dem Unternehmen beteiligt sei. Dadurch werde das Eigeninteresse des Verlagshauses deutlich. Dem Leser sei klar, dass der Verlag – unabhängig vom begründeten öffentlichen Informationsinteresse – nebenbei auf ein Produkt hinweise, das von einem seiner Beteiligungsunternehmen vertrieben werde.

Weiterlesen

So ein Anschlag kann jeden treffen

„Es könnte jeden von uns treffen“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Bericht über die Terroranschläge von Brüssel. Sie veröffentlicht ein Foto, das am Brüsseler Flughafen aufgenommen worden ist. Darauf sind zwei verletzte Frauen zu sehen. Sie haben blutende Wunden, zerfetzte Kleidung und sind teilweise von Staub bedeckt. Nach Ansicht eines Lesers der Zeitung verletze das schockierende Bild die Würde der Opfer und damit presseethische Grundsätze. Der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses bittet die Zeitung, im Hinblick auf die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex Stellung zu nehmen. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermag der Argumentation des Beschwerdeführers nicht zu folgen, wonach die Opfer „skrupellos und ohne Hemmungen vorgeführt und zur Schau gestellt“ würden. Das Foto diene vielmehr dazu, den Lesern die Situation nach dem Anschlag zu veranschaulichen. Es zeige die Situation der Opfer, um zu veranschaulichen, was der Terror für die Betroffenen bedeute, ohne dass diese zu einem Objekt herabgewürdigt würden. Artikel und Foto machten deutlich, dass ein derartiger Anschlag jeden treffen könne. Über die Anschläge von Brüssel zu berichten, ohne Opfer zu zeigen, sei bei derart einschneidenden Ereignissen mit weltweiten Auswirkungen unmöglich. Dadurch würden die Ausmaße solcher Taten nicht deutlich gemacht. Auch bestehe dann die Gefahr der Verharmlosung. Zu berücksichtigen sei auch, dass das fragliche Foto nur in dem Bundesland verbreitet worden sei, in dem die Zeitung erscheine. Es sei nicht online veröffentlicht worden.

Weiterlesen

Aus Behauptungen Tatsachen gemacht

Der Artikel in einer Regionalzeitung unter der Überschrift „Von einer Frau, die die Seele von Tieren erspürt“ befasst sich mit einer Frau, die nebenberuflich als Tierhomöopathin arbeitet. Geschildert wird ihre Kommunikation mit Tieren, die der Zeitung zufolge durch Gestik, Mimik und die Kraft ihrer Gedanken stattfindet. Dann folgen von der Frau vorgetragene Beispiele, wie sie arbeitet und welche Erfolge sie bereits erzielt hat. Am Ende wird im Beitrag ein Hinweis auf ihre Website gegeben. Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für einen Fall von nicht gekennzeichneter Werbung bzw. Schleichwerbung. Der Hinweis auf die Website der Frau sei nicht von Interesse. Der Beschwerdeführer kritisiert auch, dass die Ausführungen der Frau zur Kontaktaufnahme mit Tieren als Fakten dargestellt würden. Es handele sich aber um Behauptungen, die der Artikel zu Tatsachen mache. Der Chefredakteur teilt mit, dass es sich bei dem Beitrag nicht um eine Anzeige handelt. Für die Veröffentlichung sei auch kein Geld geflossen. Der Artikel sei von öffentlichem Interesse. Auch der Autor des Beitrages nimmt Stellung. Er meint, beim Leser könne nicht der Eindruck entstehen, als handele es sich bei den veröffentlichten Darstellungen um anerkannte Fakten. Aus dem Artikel gehe klar hervor, dass es sich um Aussagen der Tierhomöopathin handele. Zur Veröffentlichung habe sich die Redaktion entschieden, weil die Arbeit der Frau einen gewissen Grad an Kuriosität erreiche. Die Grenze zur Schleichwerbung werde in dem Beitrag jedenfalls nicht überschritten.

Weiterlesen

Zeitung berichtet über vorbestraften Arzt

Eine Lokalzeitung berichtet über einen Allgemeinmediziner. Dieser habe sich auf Bitten einer Gemeinde, in der es an medizinischer Grundversorgung gemangelt habe, dort niedergelassen. Im Bericht heißt es weiter, der Mann sei vorbestraft und habe keine kassenärztliche Zulassung. Er wird als Sohn eines bekannten Politikers und Ärztekammerpräsidenten vorgestellt und sei „eine wahrhaft schillernde Persönlichkeit“. Der Mediziner habe in einer Großstadt einen Notrufdienst als allein verantwortlicher Geschäftsführer betrieben, bevor die Staatsanwaltschaft wegen erheblicher Unregelmäßigkeiten eingeschritten sei. Wegen 899 falschen Abrechnungen, in 26 Fällen kombiniert mit Körperverletzung sei der Mann später zu 34 Monaten Haft verurteilt worden. Der finanzielle Schaden – so die Zeitung weiter – habe 108.000 Euro betragen. Der Mediziner habe seine Strafe abgesessen. Auch das vierjährige Berufsverbot sei lange abgelaufen gewesen, bevor er sich bei der Gemeinde beworben habe. Er sei wegen Betrugs und Körperverletzung verurteilt. Dass er sich als Landarzt nicht nur um gesundheitliche Belange kümmern, sondern sich auch ein Stück weit als Kummerkasten der Nöte älterer Einwohner annehmen solle, bereite den Verantwortlichen offenbar keine größeren Bauchschmerzen. Der Arzt lässt sich von einem Anwalt vertreten. Aus seinem Führungszeugnis sei die Vorstrafe getilgt. Er dürfe daher nicht mehr als vorbestraft bezeichnet werden. Seine Approbation habe er schon vor Jahren zurückerhalten und arbeite seit Jahren als Arzt. Er erscheine im Artikel mehrfach mit vollem Namen. Zudem weise die Redaktion auf seinen familiären Hintergrund hin. Durch den Artikel sei die Existenz des Arztes praktisch vernichtet worden, als dieser gerade im Begriff war, diese wieder aufzubauen. Eine Rehabilitierung und Resozialisierung könne nicht gelingen, wenn dreizehn Jahre nach der Verurteilung, elf Jahre nach dem endgültigen Straferlass und zehn Jahre nach dem effektiven Verbüßen der Strafe in der Öffentlichkeit auf die Vorstrafe hingewiesen werde. Der Artikel sei eine „öffentliche Hinrichtung“. Der Autor des kritisierten Beitrags nimmt Stellung. Er habe sämtliche Grundsätze journalistischen Arbeitens eingehalten. In einem Fall wie diesem gehe es darum, Schaden von den Lesern abzuwenden. Daher sei diese Art der Berichterstattung absolut gerechtfertigt, wenn nicht sogar zwingend erforderlich. Dies auch vor dem Hintergrund, dass dieser Mediziner charakterlich offenbar wenig geeignet zu sein scheine, als Arzt zu arbeiten. Er begebe sich dabei offenbar immer in Grenzbereiche der Legalität. Der Beschwerdeführer habe auch offenbar „vergessen“, das zum Zeitpunkt seiner Beschwerde laufende Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt zu erwähnen. Dabei sei es um Abrechnungsbetrügereien gegangen, die das Gericht mit acht Monaten Haft ohne Bewährung geahndet habe.

Weiterlesen

Einen Mord einfach erfunden

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen fingierten Mord und teilt in diesem Zusammenhang mit, dass die „Leiche“ mit der Redaktion gesprochen habe. Um ihren Liebhaber loszuwerden, habe Leonie M. (40) mit ihrem Ehemann (42) auf einem Foto ihre eigene Ermordung inszeniert und das Bild dann per E-Mail an Horst F. (62) geschickt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der im Text „Horst F.“ genannte Liebhaber. Er legt eine eidesstattliche Versicherung der im Text „Leonie M.“ genannten Frau vor. Darin versichert diese, sie habe sich nicht gegenüber der Zeitung in irgendeiner Art und Weise geäußert. Mitarbeiter der Redaktion hätten ihre Kontaktdaten laut eigener Aussage von Horst F. bekommen. Den Mitarbeitern habe Melanie M. lediglich mitgeteilt, dass das Verhältnis schon seit längerer Zeit beendet sei. Sie und ihr Mann hätten eine Strafanzeige gegen ihn – den Beschwerdeführer - wegen Stalkings gestellt. Weitergehende Angaben habe sie gegenüber der Zeitung nicht gemacht. Der Beschwerdeführer verweist auf die eidesstattliche Versicherung der Frau. Er gehe davon aus, dass es gegen den Pressekodex verstoße, Zitate zu verfälschen oder gar zu erfinden. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, das Ehepaar habe zwar zunächst ein Interview abgelehnt, dann aber doch Angaben zum Sachverhalt gemacht. Die Mitarbeiter der Redaktion hätten ein Gedächtnisprotokoll angefertigt. Daraus und aus der eidesstattlichen Versicherung gehe eindeutig hervor, dass die abgedruckten Zitate korrekt wiedergegeben worden seien. Die pauschale Behauptung des Beschwerdeführers, die Redaktion habe Zitate verfälscht oder erfunden, lasse sich an keiner Stelle seiner Argumentation und auch nicht mit der eidesstattlichen Versicherung belegen.

Weiterlesen

Leserbriefe mit oder ohne Adresse?

Zwei Leser einer Regionalzeitung kritisieren diese, weil sie Leserbriefe mit der vollständigen Adresse der Einsender veröffentlicht. Diese Praxis verstoße gegen Ziffer 2, Richtlinie 2.6, Absatz 3, des Pressekodex. Darin ist geregelt, dass die Presse auf die Veröffentlichung der Einsender-Adresse verzichtet, es sei denn, die Veröffentlichung dient der Wahrung berechtigter Interessen. Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer mehrere Briefe an die Zeitung geschickt. Die Redaktion habe die Einsender telefonisch darauf hingewiesen, dass der Abdruck nur mit vollständiger Adresse möglich sei. Die Leserbriefautoren hätten daraufhin gebeten, dass ihre Einsendungen lediglich mit dem Namen veröffentlicht würden. Die Leserbriefe seien dann überhaupt nicht veröffentlicht worden. Einige Tage später hätten die beiden Beschwerdeführer einen Brief des Chefredakteurs erhalten. Dessen Kernaussage: Leserbriefe würden aufgrund einer internen Richtlinie der Redaktion grundsätzlich nur mit vollem Namen und Anschrift abgedruckt. Gegenvorschlag der Beschwerdeführer: Veröffentlichung der Briefe mit dem Namen und dem Hinweis „Anschrift der Redaktion bekannt“. Darauf habe der Chefredakteur nicht reagiert. Die Beschwerdeführer sehen in der Veröffentlichung der Adresse sowohl einen Verstoß gegen den Pressekodex als auch gegen geltende Datenschutzbestimmungen. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist auf die seit Jahren bestehende redaktionsinterne Regelung bei der Veröffentlichung von Leserbriefen, über die sich noch nie jemand beschwert habe. Diese sei den Lesern bekannt. Die Leserbriefautoren würden außerdem gebeten, ihre Einwilligung zum Abdruck der kompletten Adressangaben zu geben. Die Rechtsvertretung erläutert weiter, dass die Adressangaben der Glaubwürdigkeit und Authentizität dienen. Den Lesern solle verdeutlicht werden, dass es sich um echte Einsendungen handelt. Die Zeitung schöpfe den Ermessensspielraum aus, den die Ziffer 2, Richtlinie 2.6, ermögliche.

Weiterlesen

Intime Details auf einer Vortragsreise

Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Wie die Wüste in die deutsche Provinz kommt“ über einen Vortragsreisenden, der Bildvorträge über seine Reisen in die Wüsten der Erde hält. Er tourt mit zwei Freunden, seinen „Roadies“, durch Deutschland. Die beiden werden namentlich genannt. Der Artikel enthält einige Begebenheiten, die sich auf den Reisen in die Wüste und während der Vortragsreisen ereignet haben. Im Beitrag steht die folgende Passage: „Thilo ist in der Nähe, liegt aber meistens backstage auf seiner Isomatte – gestaucht von der langen Fahrt und dem Aufbau. Seit einem Bandscheibenvorfall wird ein Bein taub, wenn er falsch anpackt.“ Der Artikel enthält auch zwei Fotos, die den „Roadie“ dabei zeigen, wie er auf einer Isomatte liegt und sich ausruht und wie er durch eine halb geöffnete Tür schaut. Einer der beiden „Roadies“ beschwert sich – vertreten durch einen Anwalt - über die Berichterstattung, die nach seiner Meinung sein Recht auf Datenschutz verletzt. Die Zeitschrift erwähne unter voller Namensnennung Details über körperliche Beeinträchtigungen. Sie drucke ein Foto, das ihn in einer sehr privaten, wenn nicht gar intimen Situation – sich ausruhend auf einer Isomatte – zeige. Darüber hinaus vermittle die Redaktion durch die Charakterisierung seiner Person einen falschen Eindruck von seiner aktuellen Lebenssituation sowie seiner körperlichen und beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Beschwerdeführer betont, dass er weder zu der Veröffentlichung des Fotos noch zur Beschreibung seiner Person seine Einwilligung gegeben habe. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, dass der Autor des kritisierten Beitrages drei Tage lang mit den drei Vortragsreisenden im Auto unterwegs gewesen sei. Er habe mitgeschrieben und oft auch sein Bandgerät laufen lassen. Der Beschwerdeführer selbst habe zahlreiche Anekdoten beigesteuert, wohl wissend, dass das Ergebnis der dreitätigen Recherche eine Veröffentlichung sein würde. Gerade bei dem Foto, das den Beschwerdeführer auf einer Isomatte mit einem Handy zeige, habe der Fotograf diesen noch gebeten, das Telefon etwas höher zu halten, damit er mehr Licht ins Gesicht bekomme. Dem sei der Beschwerdeführer gern nachgekommen.

Weiterlesen