Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Trotz allem weiterhin Schleichwerbung

Eine Frauenzeitschrift berichtet in mehreren Ausgaben unter der Rubrik „Schlank & Fit“ jeweils doppelseitig darüber, wie der jeweils Porträtierte es geschafft hat, sein Körpergewicht zu reduzieren. Jede Abnehm-Geschichte enthält den Hinweis auf eine konkrete Methode. Die Beiträge sind in einer werblichen Sprache gehalten. Der Beschwerdeführer in diesem Fall merkt an, der Presserat habe in einer vorangegangenen Sitzung der Zeitschrift eine Missbilligung ausgesprochen, weil sie Schleichwerbung für bestimmte Abnehm-Mittel gemacht habe. Allerdings habe sich danach nichts geändert. Die Redaktion mache einfach weiter mit der Schleichwerbung, was ihn dazu veranlasse, sich erneut mit einer Beschwerde an den Presserat zu wenden. Der Beschwerdeführer moniert, dass die Textbeiträge in der Zeitschrift sich nicht ausgewogen und schon gar nicht kritisch mit Produkten und Programmen auseinandersetzten. Sie würden einzig die angeblichen Vorteile hervorheben. Die Zeitschrift verweise meist direkt auf die Internetseiten der Hersteller und verschweige die Kosten der Produkte bzw. Programme, die oft im drei- bis vierstelligen Bereich lägen. Die Werbung unterscheide sich in der Aufmachung nicht von redaktionellen Beiträgen. Der Justiziar der Zeitschrift hält die Beschwerde für unbegründet. Die Presse sei berechtigt, gewerbliche Leistungen oder Produkte positiv zu beschrieben, solange die Berichterstattung einen Sachbezug habe. Da es in den Artikeln um Menschen gehe, die von ihren Abnehmerfolgen berichteten, sei der Bezug für die Leser sofort ersichtlich. Schleichwerbung – so der Justiziar weiter – liege nicht vor, da die Veröffentlichung nicht zu werblichen Zwecken erfolgt sei, sondern um die Leserinnen über individuelle Abnehmerfolgre mit einer konkreten Diät-Methode zu informieren.

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Hinweis auf „Anzeigenpartner“ erst am Schluss

„Vom Umgang mit Zucker“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Großstadtzeitung einen Artikel, in dem sich der Autor gegen Warnhinweise für Zucker wie Nährstoffampeln oder Werbeverbote ausspricht. Der Beitrag steht unter einem Logo, bei dem von „Open Debate“ und „Causa“ die Rede ist. Viermal tauchen die Begriffe „Debatte“ oder „Debate“ auf. Erst am Fuß der Seite steht in einem blau unterlegten Kasten in kleinerer Schrift: „Partnerangebot, sämtliche Inhalte dieser Seite sind ein Angebot des Anzeigenpartners. Für Inhalte ist nicht der (Name der Zeitung) verantwortlich. Der Verlag (…) tritt lediglich als Vermittler auf.“ Dieser beschreibt seine Internet-Plattform so: „Open Debate ist die neue Diskussionsplattform des (…)-Verlags für Institutionen, Organisationen und alle anderen, die ihre Debatten öffentlich und nachhaltig zugänglich machen wollen. Open Debate fördert Expertendiskussionen zu relevanten und interessanten Fragestellungen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft und Kultur.“ Der Beschwerdeführer in diesem Fall stellt fest, auf den ersten Blick erscheine der Verlagsauftritt so, als ob hier wichtige Themen neutral diskutiert werden. Beim Lesen bekomme der Nutzer jedoch bereits erste Zweifel an einer neutralen Darstellung. Erst am Ende der Seite werde der Leser darüber informiert, dass es sich um ein „Angebot des Anzeigenpartners“ handele. Die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte klare Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten werde missachtet. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Ein Spiel fordert zur Selbsttötung auf

Zahlreiche russische Jugendliche, die den Anweisungen eines Online-Spiels namens „Der blaue Wal“ gefolgt waren, haben sich das Leben genommen. Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet darüber mit einem Video. Gewinnen könne in dem Spiel nur, wer einen Suizid begehe. Das Magazin zeigt Selbsttötungen, die in sogenannten Todesgruppen auf Facebook veröffentlicht werden. Nach einer Minute und 44 Sekunden wird in dem Video mitgeteilt, dass unklar sei, ob die Aufnahmen echt sind. Ein Leser des Magazins hält die Reportage für einen Verstoß gegen Richtlinie 8.7 des Pressekodex (Selbsttötungen). In dem Bericht würden glorifizierende Fotos der Opfer ebenso gezeigt wie die (vermeintliche) Selbsttötung mehrerer Teenager. Ein Hinweis zu etwaigen Hilfsangeboten findet sich in der Veröffentlichung nicht. Die Rechtsabteilung des Nachrichtenmagazins geht davon aus, dass der Beschwerdeführer den Beitrag missverstanden hat. Im kritisierten Video kämen Eltern und Offizielle zu Wort, die auf die Gefahren des Online-Spiels hinwiesen. Auch würden die Verhaftung des für das Spiel Verantwortlichen dargestellt und die Methoden der Kriminellen aufgedeckt. Berichterstattung dürfe nicht teilnahmslos sein. Sie dürfe aber auch nicht zu Nachahmungseffekten führen, was aber in diesem Fall auszuschließen sei. Der Hinweis zu Hilfsangeboten sei im Original-TV-Beitrag enthalten gewesen und fehle leider in der Online-Fassung. Dabei handele es sich um ein einmaliges Versehen. Der Beitrag sei aus dem Angebot entfernt worden, weil der Zweck des Beitrags, die Warnfunktion, sich für das Online-Spiel „Der blaue Wal“ mittlerweile erledigt habe.

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„Überschrift ist irreführend und falsch“

Eine Lokalausgabe einer Regionalzeitung berichtet über ein bevorstehendes Festival in Polen unter der Überschrift „Das THW als Terrorhelfer“. Der Zeitung zufolge ist „Haltestelle Woodstock“ in Küstrin am deutsch-polnischen Grenzstrom Oder bekannt und beliebt. In diesem Jahr würde der polnische Innenminister allerdings das Festival am liebsten wegen Terrorgefahr verbieten. Auch die deutschen Feuerwehr- und THW-Kräfte, die in den vergangenen Jahren immer für Unterstützung vor Ort gesorgt hätten, seien in diesem Jahr ausgeladen worden. Der Grund: Man könne für ihre Sicherheit nicht garantieren. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass das THW in der Überschrift als Terrorhelfer bezeichnet werde. Im Artikel werde diese Behauptung nicht untermauert. Die Überschrift sei irreführend und falsch. Sie schädige zudem den Ruf des THW. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass die Überschrift „Das THW als Terrorhelfer“ in Kursiv-Schrift wiedergegeben worden und so von den übrigen Beiträgen auf der Seite abgesetzt worden sei. Die Lokalredaktion habe in dieser Form ironisch und überspitzt auf die Absurdität der im nachfolgenden Text beschriebenen Situation im Zusammenhang mit dem Rockfestival in Küstrin hinweisen wollen. Die Redaktion – so die Chefredaktion – habe versucht deutlich zu machen, welcher Gegensatz in der Thematik stecke: Die polnische Regierung habe Flüchtlinge eingeladen und deswegen eine erhöhte Terrorwarnung ausgesprochen. Gleichzeitig habe sie die THW-Helfer ausgeladen. Der Redaktion liege es fern, das THW als Terrorhelfer zu brandmarken. Der Beschwerdeführer habe wohl den ironischen Ansatz der Überschrift nicht verstanden. Womöglich wäre es deshalb besser gewesen, die Ironie im Text noch einmal zu verdeutlichen. In dieser Angelegenheit habe es mehrere Telefonate gegeben, in deren Folge sich die Redaktion beim THW entschuldigt und klargestellt habe, dass eine bewusste Irreführung der Leserinnen und Leser nicht gewollt gewesen sei.

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Leser hätten informiert werden müssen

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht eine vom Fachmagazin „Buchreport“ ermittelte Buchrangliste. Bei den Sachbüchern steht dabei das Buch „Finis Germania“ von Rolf Peter Sieferle auf Platz 6. Eine Woche später ist dieses Buch auf der dann aktuellen Liste nicht mehr zu finden. Ein Leser des Magazins berichtet, die Redaktion habe das Buch wegen antisemitischer Inhalte aus der Liste entfernt. Das habe er sozialen Netzwerken entnommen. Er kritisiert, dass die Redaktion nicht von sich aus den Lesern mitgeteilt habe, dass und warum sie das Buch nicht mehr in ihrer Rangliste führe. Ohne dieses Buch sei die Liste jedoch verfälschend. Die Rechtsabteilung des Magazins rechtfertigt die Entfernung des Buches aus der Rangliste. Es habe sowohl aufgrund seines Inhaltes als auch der fragwürdigen Umstände seines Verkaufserfolges keine Berechtigung, in der Liste aufgeführt zu werden. Dass es überhaupt einmal genannt worden sei, sei auf ein Versehen zurückzuführen. Die Streichung sei nicht nur richtig, sondern sogar geboten gewesen. Dies stelle auch der Beschwerdeführer nicht infrage. Er kritisiere lediglich die fehlende Transparenz.

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Ein Mann bekommt Krampf beim Frauenfußball

„EM in den Niederlanden: Frauen sollen Fußball spielen, aber nicht im Fernsehen“. Im folgenden Text, der in der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung erscheint, beschreibt der Autor lang und breit seine Abneigung gegen den Frauenfußball. Textproben: „Live im TV kriege ich bei dem gebremsten Geeiere nämlich einen Krampf.“ „Es liegen vier bis fünf Ligen Leistungsabstand allein auf der Tempobremse, genauso sieht man vergleichbare Ballannahmen eher im unteren Amateurbereich. Taktisch fehlt da auch ein Semester. Wer will den sowas gucken?“. Ein Leser der Zeitung sieht durch den Artikel Frauen diskriminiert. Der Chefredakteur online geht davon aus, dass der Beschwerdeausschuss erkenne, dass es hier um einen glossierenden, aber nicht um einen diskriminierenden Text gehe.

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Grundlage für Tatsachenbehauptung fehlt

„Sie sollten erst einmal nachschlagen, was das ist, ein Diktator!“ – so überschreibt eine politische Wochenzeitung ein Interview mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der Interviewer wird unter anderem wie folgt wiedergegeben: „Die Bundesregierung geht davon aus, dass es eine Verschwörung von Teilen der Gülen-Bewegung gab, sie aber nicht zentral von der Gülen-Bewegung gesteuert wurde. Es war ein Putsch von Gülen-Mitgliedern, Kemalisten und Opportunisten. Daran waren nicht mehr als 8000 Soldaten beteiligt. Das ist der Erkenntnisstand der deutschen Dienste.“ Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Da ihm die von dem Interviewer behauptete Position der Bundesregierung unbekannt gewesen sei, habe er versucht, die Quelle für diese Information in Erfahrung zu bringen. Der Versuch sei gescheitert, so dass er bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehe, dass der Journalist seine Behauptung unter grober Verletzung des Gebotes der Sorgfalt, wahrscheinlich auch des Gebotes der Wahrhaftigkeit aufgestellt habe. Soweit ihm, dem Beschwerdeführer, bekannt sei, liege für die Öffentlichkeit als Information über den „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“ allenfalls ein Interview in einem Nachrichtenmagazin mit dem BND-Präsidenten Bruno Kahl vor. Die von Kahl bezogene Position entspreche in keiner Weise dem vom Interviewer behaupteten „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung trägt vor, entgegen der Kritik des Beschwerdeführers werde in dieser Frage in zulässiger Weise die Schlussfolgerung formuliert, wovon die Bundesregierung ausgehe und auf den „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“ Bezug genommen. Bereits im März 2017 habe der BND-Präsident sich auch im Fernsehen eindeutig dahingehend geäußert, dass der BND und die anderen Nachrichtendienste nicht von einer Steuerung des Putsches durch Gülen ausgingen.

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Zwei-Zeugen-Regel bei Kindesmissbrauch

Eine Großstadtzeitung berichtet online über den Ausstieg eines Mitgliedes der Zeugen Jehovas aus der Organisation. Als einen Grund für seinen Ausstieg gibt der Mann an, dass er und seine Frau Kenntnis von der in der Organisation gelebten Praxis bei Kindesmissbrauch erlangt haben. Danach müsse neben dem betroffenen Kind mindestens ein Zeuge den Missbrauch bestätigen. Ein Leser der Zeitung gibt an, die beschriebene Praxis sei 2016 aufgegeben worden. Die Zeitung berichte also falsch. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe sieht in der Berichterstattung keinen Fehler. Nach Recherchen der Zeitung gelte die Zwei-Zeugen-Regel bei den Zeugen Jehovas immer noch. Noch vor kurzem hätten die Zeugen Jehovas ein Video veröffentlicht, in dem die Zwei-Zeugen-Regel bestätigt worden sei.

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Junger Mann mit Elektroschocks gequält

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht ein Video unter der Überschrift „Schock-Video aus den USA – Polizisten foltern 18-Jährigen mit Taser“. Ein Taser ist eine Elektroschock-Pistole. Das Video zeigt eineinhalb Minuten lang, wie Polizisten einen Menschen, der gefesselt und geknebelt vor ihnen sitzt, mit Tasern misshandeln. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass Überschrift, Standbild und Video pervers und menschenverachtend seien. Angekündigt und zu sehen sei eine brutale Folter. Die Chefredaktion nimmt zu der Beschwerde Stellung. Nach ihrer Ansicht ist nicht die Berichterstattung über Polizeifolter „pervers und menschenverachtend“, sondern die Polizeifolter selbst. Eben dieser Umstand habe die Redaktion veranlasst, über das Ereignis in der vorliegenden Form zu berichten. Die Zeitung sei in vorbildlicher Weise ihrer vom Grundgesetz vorgesehenen Funktion als „Watch Dog“ (Wachhund“) gerecht geworden und habe auf gravierende Missstände aufmerksam gemacht. Die Darstellung sei – so die Chefredaktion weiter – schmerzhaft, aber nicht unangemessen. Das Geschehen sei sowohl in seiner Ungeheuerlichkeit als auch, was die Konsequenzen angehe, treffend eingeordnet worden.

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Landmaschinen und „Dicke Dinger“

Eine Fachzeitschrift berichtet über einen finnischen Landmaschinenhersteller. Auf den beigestellten Fotos sind mehrere Produkte der Firma zu sehen. Vor einer Maschine steht eine Frau mit weißem T-Shirt. Die Bildunterzeile lautet so: „Korrekt, in das TH95 gehören dicke Dinger.“ Eine Leserin der Zeitschrift sieht darin eine sexistische Darstellung und wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitschrift nimmt zu der Beschwerde Stellung, will sich aber zu dem Vorwurf nicht äußern. Er macht aber ein paar Anmerkungen dazu. Ob das Bild mit der finnischen Dame eine „eindeutig sexistische Darstellung sei“, könne eigentlich nur eine Person entscheiden: Und zwar die hübsche und gut gebaute Dame aus Finnland, die sich mit der Forstmaschine habe fotografieren lassen. Sie habe sich über die Veröffentlichung samt passender Bildunterschrift sehr gefreut. Deshalb gehe dieses Bild samt Unterschrift weder die Beschwerdeführerin noch den Presserat etwas an. Wer so etwas nicht möge – was immer seine Gründe sein mögen – müsse sich das Bild ja auch nicht anschauen.

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