Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Schwerer Verstoß gegen den Kodex

Eine Lokalzeitung berichtet online über eine Bürgerversammlung. Unter anderem geht es um die räumliche Verlegung der Mittagsbetreuung an der Grundschule, die von der Verwaltung damit begründet werde, dass eine alleinerziehende Frau mit ihren beiden Kindern in die ehemalige Hausmeisterwohnung eingewiesen worden sei. Der Bericht gibt die Kritik des Elternsprechers der Schule sowie einer Landtagsabgeordneten wieder. Ein Leser der Zeitung sieht presseethische Grundsätze verletzt. Der fragliche Artikel sei unter dem Namenskürzel „pv“ erschienen. Es sei bekannt, dass es sich bei „pv“ um den zweiten Bürgermeister der Gemeinde handele. Wie könne es sein – so der Beschwerdeführer -, dass ein Lokalpolitiker einen solchen Artikel verfasse und dieser einfach ohne besondere Kennzeichnung veröffentlicht werde? Der Presserat behandelt diesen Fall unter dem Gesichtspunkt der Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten). Der Redaktionsleiter nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Autor des beanstandeten Artikels arbeite zuverlässig und anerkannt seit drei Jahrzehnten für die Zeitung. Bei der letzten Kommunalwahl sei er in den Gemeinderat gewählt worden und seitdem auch zweiter Bürgermeister. Mit dem Autor sei daraufhin vereinbart worden, dass er zwar Ortsberichterstatter bleibe, bei kritischen Themen die Berichterstattung von einem Redaktionsmitglied oder einem anderen freien Mitarbeiter übernommen werde, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden. Im vorliegenden Fall habe die Redaktion aber keine Bedenken gehabt, den Autor mit der Berichterstattung zu beauftragen. Eine Bürgerversammlung sei ein Forum, in dem der Bürgermeister den Bürgern Rede und Antwort stehe, aber politische Entscheidungen nicht getroffen würden. Es könne ja sein – so der Redaktionsleiter – dass der Beschwerdeführer eine andere Sicht auf die Dinge als der Bürgermeister habe. Doch bei den kritisierten Passagen des Artikels handele es sich nun mal um die Antworten des Bürgermeisters in einer öffentlichen Versammlung auf Fragen aus der Bevölkerung.

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Verdacht mit Diskriminierungspotential

„Wir verraten alles, was wir sind“ – so überschreibt eine überregionale Tageszeitung gedruckt und online einen Kommentar. Darin setzt sich ein anonymer Autor mit der Ehe für alle auseinander. Er kritisiert die Forderung von Schwulen und Lesben nach Gleichstellung, verbunden mit der Möglichkeit, Kinder zu adoptieren. Eine Passage aus dem Meinungsbeitrag: „Und ist es wirklich so abwegig, was manche Gegner der Homo-Ehe behaupten, dass adoptierte Kinder ungleich stärker der Gefahr sexuellen Missbrauchs ausgeliefert sind, weil die Inzest-Hemmung wegfällt und diese Gefahr bei homosexuellen Paaren besonders hoch sei, weil die sexuelle Outsider-Rolle eine habituelle Freizügigkeit erotischer Binnenverhältnisse ohne alle sexual-ethischen Normen ausgebildet habe?“ Weiter heißt es in dem Kommentar: „Um eure verinnerlichten Komplexe nicht reproduktiver Sexualität mit ´Familien-Spielen´ zu kompensieren?“ (….) „Und dazu wollt ihr unschuldiges Kindesleben missbrauchen?“ 31 Leser beschweren sich über den Beitrag. Ihre Kernaussagen sind diese: „Die Behauptung, bei homosexuellen Paaren sei die Schwelle für sexuellen Missbrauch an Kindern nicht gegeben, sei diffamierend. Die Aussage entbehre jeglicher Logik und Begründung. Es sei ein willkürlicher Zusammenhang. Pädophile und Homosexualität in Zusammenhang zu bringen, sei weder wissenschaftlich noch moralisch zu vertreten. Die Aussage sei diskriminierend. Der Autor verstecke sich dabei hinter einer rhetorischen Fragestellung. Der Artikel – so mehrere Beschwerdeführer - enthalte beleidigende Aussagen gegen Homosexuelle insgesamt und verstoße gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Dass der Verfasser des Beitrages offenkundig selbst homosexuell sei, ändere nichts daran, dass die Argumentation beleidigend sei. Die Redaktion – so einige der Beschwerdeführer – sei für den Inhalt des Gastbeitrages verantwortlich. Der Geschäftsführer und der Justitiar der Zeitung stellen fest, dass der Artikel keine Tatsachen enthalte. Somit könne es sich auch nicht um falsche Tatsache handeln. Gerade Kommentare konfrontierten Leser auch mit gegenläufigen Meinungen. Auch dem verantwortlichen Redakteur sei bewusst gewesen, dass der Artikel brisante Themen behandle und zu Diskussionen führen könne. Wenn der Presserat aber den Argumenten der Beschwerdeführer folgen würde, könnten Zeitungen keine Artikel mehr zu polarisierenden Themen veröffentlichen, ohne dass sie eine Rüge fürchten müssten. So könne die Presse eine ihrer grundlegendsten Aufgaben, nämlich den öffentlichen Diskurs anzuregen und eine öffentliche Auseinandersetzung – auch mit kontrovers beurteilten Themen – zu fördern, nicht mehr nachkommen.

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Biergärten gegen Bares „getestet“

Eine Regionalzeitung berichtet über den Gewinner eines „großen Biergartentests“ der Zeitung. Deren Leser hätten entschieden und den ersten Platz in der Kategorie „Essen und Trinken“ an den Biergarten eines Gasthofs vergeben. Dieser wird im Artikel ausführlich vorgestellt. Ein „Kleiner Biergartencheck“ ist mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet. Ein Leser der Zeitung sieht eine unzulässige Vermischung werblicher und redaktioneller Inhalte. Er selbst habe mit einiger Mühe feststellen können, dass es sich um eine Anzeige handele, da die einzelnen Biergärten für die Teilnahme am Test bezahlt hätten. Von einem umfassenden Biergartentest könne somit keine Rede sein. Gleichwohl sei versucht worden, beim Leser genau diesen Eindruck zu erwecken. Die Redaktion habe einen Gasthof im redaktionellen Teil als Gewinner präsentiert. Mit keiner Silbe sei dabei erwähnt worden, dass es sich bei dem Test um eine von den Biergärten selbstbezahlte Anzeigen/PR-Aktion handele. Bewusst sei der Eindruck erweckt worden, der Gasthof habe in einer „normalen“ Leserumfrage gewonnen. Nur wenn die Zeitung korrekterweise erwähnt hätte, dass nur zahlende Teilnehmer zum Test zugelassen gewesen seien, hätte sich der Leser ein richtiges Bild von dem „Testergebnis“ machen können. Der Chefredakteur der Zeitung sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Die Vorstellung der teilnehmenden Biergärten sei erkennbar mit „Anzeige“ überschrieben worden. Dem Leser sei damit stets klar gewesen, dass es sich um bezahlte Anzeigen handele. Sehr viele Leser hätten an der Aktion teilgenommen, die vorgestellten Biergärten besucht, Stempel gesammelt und online abgestimmt. Für die Berichterstattung sei kein Geld geflossen. Vielmehr sei sie redaktionell veranlasst gewesen.

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Zwei Mädchen filmen ihren eigenen Tod

„16-Jährige streamt eigenen Unfalltod bei Instagram“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung einen Beitrag, dem ein Video aus der Ukraine beigestellt ist. Darin sind zwei junge Frauen in einem Auto zu sehen. Die beiden sind ausgelassen. Die filmende Beifahrerin hält ein Bier in der Hand. Kurze Zeit später verunglücken sie tödlich. Der Film, der live zu Instagram gestreamt wurde, hält das alles fest. Die letzten Minuten der Toten werden dokumentiert. Im Text zum Video werden die vollen Namen der Toten genannt, sowie der im Film zu sehende Vorgang beschrieben. Zwei Leser der Zeitung sind der Auffassung, dass die Berichterstattung unangemessen sensationell sei und Persönlichkeitsrechte verletze. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass das Video von der jungen Frau selbst per Instagram-Livestream ins Netz gestellt worden sei. Über Youtube und zahlreiche andere Kanäle sei es nach wie vor abrufbar. Es zeige eben nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, den Tod der jungen Frau am Steuer. Der Justiziar weist darauf hin, dass laut Statistik immer mehr Unfälle als Folge der Nutzung von Mobiltelefonen beim Autofahren passieren. So seien 2015 auf deutschen Straßen fast 3500 Menschen ums Leben gekommen – davon jeder zehnte laut den Daten der Versicherer durch Smartphone-Ablenkung am Steuer. Auch die Polizeibehörden stellten „Abschreckvideos“ ins Netz. Das Video in diesem Fall habe ebenfalls eine solche Wirkung. Die Redaktion habe es veröffentlicht, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen.

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Missverständlicher Anreißer

Eine Regionalzeitung berichtet online über einen „Großeinsatz mit SEK“. Der Anreißer führt zu einem Artikel auf der Website der Zeitung, in dem mitgeteilt wird, dass es sich bei dem Einsatz um eine Großübung der Polizei gehandelt habe. Ein Leser des Blattes kritisiert die Abfassung des Teasers. Aus ihm gehe nicht hervor, dass es sich bei dem Einsatz um eine Übung gehandelt habe. Das erfahre man erst auf der Website der Zeitung. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung verweist auf eine Formulierung im Teaser. Dort heißt es: „Schwer geschützt wie bei einem Amoklauf“. Und weiter im Zitat: „Eine lebensbedrohliche Einsatzlage: So heißt es im Behördendeutsch, wenn Polizei und andere Einsatzkräfte zu einem Amoklauf ausrücken müssen.“ Damit werde für den aufmerksamen Leser deutlich, dass in dem Teaser nicht von einem aktuellen Amoklauf oder ähnlichem die Rede sei. Der Beschwerdeführer – so der stellvertretende Chefredakteur weiter – habe der Redaktion „Oberflächlichkeit“ bei der Formulierung des Teasers vorgeworfen. Da im Text von einer Übung die Rede sei, liege jedoch kein Fehler vor.

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Sadomaso-Produktion auf dem Dachboden

„Dieses Paar dreht auf dem Dachboden Sadomaso-Filme“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über das Geschäftsmodell eines Fetisch-Filmer-Ehepaares. Unter anderem wird berichtet, das Paar finde seine „Models“ in Sadomaso(SM)-Foren. Die Darstellerinnen seien Mitte 20, sportlich und „belastbar“. Für 75 Euro pro Stunde ließen sie sich in Pferdekostüme und Zwangsjacken stecken, auspeitschen und mit Stacheldraht quälen. Gedreht werde an Wochenenden, und zwar bis zu vier Filme an einem Tag. „Die Mädchen schlafen hier, abends grillen wir“, sagt der Ehemann. Seine Frau ergänzt nach Angaben der Zeitung: „Zu der einen oder anderen hat sich inzwischen eine richtige Freundschaft entwickelt.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Berichterstattung. Der Bericht werde nicht nur mit zahlreichen entwürdigenden Fotos gespickt, auf denen junge Frauen in erniedrigenden Situationen abgebildet seien. Teilweise seien sogar die Gesichter erkennbar. Die Zeitung erwähne auch die Verdienstmöglichkeiten. Dies könne durchaus junge Frauen dazu animieren, sich mit dem Ehepaar in Verbindung zu setzen. Die Zeitung nenne Namen, Website und Wohnort des Paares. Der Chefredakteur hält die Beschwerde für unbegründet. Eine Missachtung der Menschenwürde sei schon deshalb nicht gegeben, da sämtliche Frauen aus freien Stücken an den Filmen mitwirkten. Sie hätten sich für diese freiwillig – auch in ungewöhnlichen Situationen – filmen lassen. Zudem seien sie mit einer Berichterstattung über die Dreharbeiten einverstanden gewesen. Der Chefredakteur hält die Berichterstattung auch unter dem Gesichtspunkt der Ziffer 11 (Jugendschutz) für zulässig. Er bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass der Presserat der Ansicht sein wird, dass Jugendliche in der heutigen Zeit – gerade aufgrund all der im Internet frei zugänglichen Inhalte – emotional bereits in einem gewissen Maße abgestumpft seien.

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Foto verschleierter Frauen ohne Einordnung

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung informiert unter der Überschrift „Der Verfassungsschutz warnt vor weiteren Terroranschlägen in Deutschland“ über den neuesten Verfassungsschutzbericht. Die Zahl gewaltbereiter Salafisten steige. Im Bericht werde aber auch vor Gefahren durch sogenannte „Reichsbürger“ und Cyberspionage gewarnt. Der Artikel ist mit einem Foto illustriert, das vollverschleierte Frauen zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Überschrift in Kombination mit dem Foto einen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung stelle einen direkten Zusammenhang zwischen Terrorismus in Deutschland und Verschleierung muslimischer Frauen her. Tatsache sei, dass verschleierte muslimische Frauen zu allererst zu Tausenden selbst die Opfer islamistischen Terrors seien. Ein Terroranschlag in Deutschland durch eine vollverschleierte Frau sei ihm, dem Beschwerdeführer, nicht bekannt. Die Geschäftsführung der Zeitung kann den Vorwurf eines presseethisch falschen Verhaltens der Redaktion nicht nachvollziehen. Die Artikelüberschrift in Verbindung mit dem Foto enthalte keine eigene angreifbare Sachaussage. Der Artikel beschäftige sich nicht ausschließlich mit den Gefahren, die vom islamischen Terrorismus ausgehen, sondern vielmehr generell mit der Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands. Mit keinem Wort werde im Beitrag auf muslimische Frauen hingewiesen. Somit könne in dem Artikel auch nicht von vornherein der Eindruck vermittelt worden sein, dass ein Zusammenhang zwischen der Verschleierung muslimischer Frauen und Terrorismus in Deutschland bestehe.

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Polizei handelte nach Recht und Gesetz

Mit einem Artikel und einem Video berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung über die Proteste zum G20-Gipfel in Hamburg. Gleich zu Beginn des heißt es in dem Video: „Unmut unter den Demonstranten hatte zuletzt die Debatte um die Zulässigkeit von Protestcamps erzeugt. Am Sonntag hatte die Polizei das Camp im Elbpark Entenwerder geräumt, obwohl das Hamburger Verwaltungsgericht zuvor eine ausgesprochene Untersagung außer Kraft gesetzt hatte.“ Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Richtig sei zwar, dass die Räumung des Camps nach der ersten und vor der zweiten Entscheidung des Verwaltungsgerichts stattgefunden habe. Das habe das Handeln der Polizei aber nicht rechtswidrig gemacht. Grund: die Versammlungsbehörde habe vor der Räumung eine neue Verwaltungsentscheidung getroffen, die rechtlich wirksam und sofort vollziehbar gewesen sei und deshalb habe befolgt werden müssen. Die Formulierung, dass das Gericht zuvor eine Untersagung außer Kraft gesetzt habe, impliziere jedoch, dass die Polizei sich rechtswidrig unter Missachtung der gerichtlichen Entscheidung verhalten habe. Der Geschäftsführer und der Justiziar der Zeitung nehmen Stellung. Aus ihrer Sicht sei die Beschwerde unbegründet. Publizistische Grundsätze seien nicht verletzt worden. Das betreffende Video stamme von einer anerkannten Nachrichtenagentur und sei unter eindeutiger Kennzeichnung veröffentlicht worden. Im kritisierten Beitrag gehe es erkennbar weniger um die Frage, ob das polizeiliche Handeln rechtmäßig war oder nicht, sondern darum, dass der erneute, für sofort vollziehbar erklärte Verwaltungsakt auf Unverständnis bei den Protestlern gestoßen sei und ein Grund für die Neuerrichtung des Camps habe sein können. Es werde auch nicht der zwingende Eindruck erweckt, das Handeln der Polizei sei rechtswidrig gewesen. Ausdrücklicher Blickwinkel und Gegenstand der Berichterstattung sei der „Unmut unter den Demonstranten“ und deren Reaktion auf die Räumung gewesen.

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Redaktion hätte Zahl recherchieren müssen

Das Leben im Alter ist Thema in einer Regionalzeitung. Der Autor schreibt: „Das Elend in den Altersheimen, in denen Tausende pro Jahr an Mangelversorgung sterben, wird ignoriert.“ In der vom Beschwerdeführer vorgelegten Korrespondenz mit der Zeitung weist dieser drauf hin, dass die Passage sachlich falsch sei. Der Autor des Beitrages antwortet, der kritisierte Satz beziehe sich auf Zahlen des Sozialverbands Deutschland. Der Beschwerdeführer bleibt dabei: Er verlangt eine Richtigstellung der aus seiner Sicht falschen Tatsachenbehauptung der Zeitung. Er schreibt, der Artikel verletze nicht nur die Gefühle und das Sicherheitsempfinden der älteren Generation, sondern in gleichen Maße die Berufsehre der Mitarbeiter in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen. Der Autor – so der Beschwerdeführer – habe ihm gegenüber zugegeben, dass er aus der Schätzung eines dafür nicht kompetenten Vereins eine Tatsache gemacht habe. So sei es zu der Behauptung gekommen, dass jährlich mindestens zehntausend Menschen wegen Mangelversorgung sterben. Ein Beauftragter der Chefredaktion nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die Zeitung habe weder die Ehre der älteren Generation verletzt noch das Pflegepersonal im Allgemeinen herabgewürdigt. Der Artikel sei vielmehr ein Appell an die Gesellschaft, stärker auf die Bedürfnisse älterer Menschen einzugehen, statt sie durch subtilen oder offenen Jugendwahn zu zwingen, Erwartungen zu erfüllen, die sie nicht erfüllen könnten. An etlichen Stellen des Beitrages werde der hohe Stellenwert der Pflegekräfte deutlich hervorgehoben. So fordere der Autor Akzeptanz und Rückbesinnung auf die Qualitäten des Alters. An einer Stelle zitiere er Hermann Hesse: „Das Alter ist nicht bloß ein Abbauen und Hinwelken; es hat wie jede Lebensstufe seine eigenen Werte, seinen eigenen Zauber, seine eigene Weisheit.“ Der Redaktion sei bewusst, dass der Beruf des Altenpflegers – wie vom Beschwerdeführer angeführt – „einer der schwersten der Welt ist.“ Die Redaktion habe keinerlei Motiv, die Arbeit der Pflegenden zu diskreditieren. Dies gehe aus dem Text auch nicht hervor. Es enthalte keinerlei Kritik an einzelnen Angehörigen des Pflegepersonals, wohl aber an strukturellen Unzulänglichkeiten. Abschließend weist die Redaktion darauf hin, dass sie auf den Beitrag hin von vielen älteren Menschen eine positive Rückkoppelung erfahren habe.

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Protestler als „Schwerstkriminelle“ bezeichnet

Eine Boulevardzeitung berichtet online und tags darauf gedruckt unter der Überschrift „GESUCHT! Wer kennt diese G20-Verbrecher?“ über die Protestaktionen beim G20-Gipfel in Hamburg. Die Redaktion berichtet über schwere Ausschreitungen, verursacht von den Protestierenden. Ihre Beiträge sind mit Fotos von den Ausschreitungen bebildert. Zu sehen sind einzelne Personen in Aktion, während sie einen Pflasterstein in der Hand haben, eine Bierflasche schwingen oder während sie in einem geplünderten Supermarkt sind. Die Zeitung bezeichnet diese Personen als „Schwerstkriminelle“, die den Tod von Menschen in Kauf genommen hätten. Die Zeitung berichtet zudem von einem Hinterhalt in der Nähe des Autonomen Zentrums „Rote Flora“ sowie von Leuchtkugeln, geplünderten Geschäften etc. Die Redaktion ruft ihre Leser auf, eventuell gemachte Fotos der Polizei zur Verfügung zu stellen. Die Zeitung unterstütze die Polizei und frage, wer unter ihren Lesern Protestler erkenne. Elf Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie kritisieren, dass die Zeitung einen Medienpranger herstelle und Selbstjustiz übe, in dem sie nach einzelnen Teilnehmern der Ausschreitungen fahnde und ihnen eine Straftat unterstelle. Die Zeitung habe kein Recht, die Personen unverpixelt zu zeigen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Es sei unklar, wieso eine Berichterstattung über Straftaten, die in aller Öffentlichkeit in einem so noch nie dagewesenen Ausmaß begangen worden seien, gegen den Pressekodex verstoßen können. Wann, wenn nicht im vorliegenden Fall, habe die Öffentlichkeit ein höheres Interesse daran, von den Medien umfassend und durchaus auch personalisierend informiert zu werden.

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