Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag, in dem es um eine Umfrage zum bundesweiten Wählertrend geht. Dabei werden die Werte 21 Prozent für die SPD und 14,5 Prozent für die AfD genannt. „Die AfD legt im Vergleich zur Vorwoche zu…“, heißt es im Anreißer auf der Facebook-Seite des Online-Auftritts der Zeitschrift. Bebildert ist der Artikel mit einem Balkendiagramm der Werte der Parteien. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitschrift – kritisiert, dass auf dem Balkendiagramm die AfD im Verhältnis größer erscheine als die SPD. Dies sei irreführend und suggeriere, dass die AfD mehr Stimmen habe als die SPD. Im Artikel würden die Ergebnisse richtig mitgeteilt. Der Beschwerdeführer hält die Darstellung für einen Verstoß gegen die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex. Ein Vertreter der Zeitschrift räumt ein, dass ein Fehler bei der Umsetzung der Zahlen in die angezeigte Grafik passiert sei. Dies bedauere die Redaktion sehr. Sie habe den Fehler von sich aus sofort korrigiert. Das Missgeschick habe im Übrigen nicht nur die AfD betroffen. Auch der nur etwas kleinere Balken der „Links-Partei“ gebe eindeutig nicht deren Ergebnis in der richtigen Proportion wieder. In beiden Fällen passe die Grafik nicht zum Text. Da in einem kurzen Video jedoch die richtigen Zahlen genannt würden, gehe die Redaktion davon aus, dass es nicht zu einer Irreführung der Nutzer gekommen sei.
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Ein Verbrechen ist Thema in der Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Drei Männer hätten eine Frau mit einer Pistole bedroht, sie verhöhnt und offenbar vergewaltigt. Dies alles sei live auf Facebook anzusehen gewesen – so auch der Moment, in dem die Polizei die Wohnung gestürmt habe. Die Zeitung verweist beispielhaft auf andere Fälle, in denen ebenfalls Verbrechen live auf Facebook zu sehen gewesen seien. In einem Fall sei in Chicago ein Mann mit geistiger Behinderung von vier Männern gefesselt und misshandelt worden. Auch sie hätten ihre Tat gefilmt. Auch darüber hat die Zeitung berichtet. Dabei war von vier Männern die Rede gewesen. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Im Fall von Chicago seien nicht vier Männer die Täter gewesen, sondern zwei Männer und zwei Frauen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe den bedauerlichen Fehler in der Berichterstattung korrigiert. Der Fehler hätte nicht passieren dürfen. Er wiege im Kontext dieses abscheulichen Verbrechens jedoch keineswegs so schwer, dass der Tenor der Berichterstattung dadurch in irgendeiner Form in Mitleidenschaft gezogen worden sei.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über einen Polizeieinsatz, in dessen Verlauf ein Sondereinsatzkommando der Polizei einen jungen Mann (27) in eine psychiatrische Klinik gebracht habe. Während des Einsatzes sei der Mann an die Öffentlichkeit gegangen, indem er das Eingreifen der Einsatzkräfte gefilmt und mehrere Videos in seinem öffentlichen Facebook-Auftritt veröffentlicht habe. Der Artikel enthält einen Link zu diesem Account. Ein Leser der Zeitung vertritt die Ansicht, dass die Berichterstattung gegen den Datenschutz verstoße. Über den Link auf die Facebook-Seite des Mannes sei dieser eindeutig identifizierbar, ebenso seine Familie und sein soziales Umfeld. Während die Polizei selbst bei Schwerverbrechern inzwischen nicht einmal mehr die abgekürzten Namen herausgebe, werde hier ein kranker Mensch an den Pranger gestellt. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, dass sich im Leserforum unter dem kritisierten Artikel sehr schnell eine Diskussion über die Verhältnismäßigkeit des SEK-Einsatzes entwickelt habe. Auch der Betroffene selbst habe diesen Einsatz offenbar für übertrieben gehalten. Deshalb habe er mit seinem Handy das Geschehen gefilmt und live ins Internet gestellt habe. Dies sei öffentlich und mit der Intention geschehen, möglichst viele Menschen über den SEK-Einsatz zu informieren. Die Aktivität des Betroffenen und die öffentliche Diskussion hätten die Redaktion nach reiflicher Überlegung dazu veranlasst, einen Link auf die Facebook-Seite des Mannes zu veröffentlichen. Entscheidend sei für die Redaktion gewesen, dass sich die Leser selbst ein Bild über die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes hätten machen können. Der Betroffene sei in der Berichterstattung nie identifizierbar gewesen. Man habe auch seinen Namen nicht erwähnt. Der Leser hätte also selbst aktiv werden müssen, um die Identität des Betroffenen zu erfahren. Nach erneuter Überprüfung des Sachverhalts habe die Redaktion – so der Chefredakteur abschließend – inzwischen den Link zur Facebook-Seite gelöscht.
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„ISIS-Mädchen (15) hatte Terror-Auftrag aus Syrien“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Bericht über die mutmaßliche Täterin beim Messerangriff im Hauptbahnhof von Hannover. Die Zeitung berichtet über den Fall und die Ermittlungen. Sie zeigt ein unverfremdetes Bild des Mädchens. Ein Leser der Zeitung kritisiert die identifizierbare Abbildung der 15-Jährigen. Die Abbildung sei nach Richtlinie 8.3 (Resozialisierung) unzulässig. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Veröffentlichung für zulässig. Wenn sich jemand vor dem Staatsschutz-Senat des Oberlandesgerichts Celle verantworten müsse, weil er einem Polizisten am Hannoveraner Hauptbahnhof ein Messer in den Hals gerammt hat, müsse eine identifizierende Berichterstattung hinnehmen. Die Chefredaktion fügt ihrer Stellungnahme noch den Hinweis hinzu, dass das OLG Celle das Mädchen unter anderem wegen versuchten Mordes und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung für sechs Jahre ins Gefängnis geschickt habe. Damit sei erstmals eine ISIS-Sympathisantin zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Übrigen sei über den Fall von den Medien bundesweit berichtet worden, und zwar durchweg unter Verwendung des unverfremdeten Fotos.
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„2,5 Zentimeter können alles entscheidend sein“ (Print) und „Nachbarn streiten wegen weniger Zentimeter“ (Online) – unter diesen Überschriften berichtet eine Regionalzeitung über einen Nachbarschaftsstreit, der vor dem Amtsgericht ausgetragen wird. Es geht um einen Dachüberstand und um einen Zaun zwischen zwei Nachbargrundstücken. Den einen Nachbarn geht es um den Dachüberstand, den anderen um den Zaun. Der Online-Artikel ist inzwischen gelöscht worden. Der Enkel der einen Nachbarin (Dachüberstand) beschwert sich über die Veröffentlichung der Zeitung. Diese sei einseitig verfasst. Seine Großmutter habe keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Unter anderem bemängelt der Beschwerdeführer, dass die Zeitung von 2,5 Zentimeter ausgehe, die zu der Auseinandersetzung der Nachbarn geführt hätten. Das sei falsch. Die Zeitung habe außerdem berichtet, vor Gericht gehe es um den Abriss eines Salons. Auch diese Angabe stimme nicht. Schließlich bemängelt der Enkel, die Zeitung nenne seine Großmutter mit vollem Namen und Adresse. Dies verletze ihre Persönlichkeitsrechte. Der Chefredakteur der Zeitung lässt den Autor des Beitrages antworten. Dieser teilt mit, er habe mehrfach vergeblich versucht, mit der Großmutter des Beschwerdeführers Kontakt aufzunehmen. Der Name der Frau sei in der öffentlichen Verhandlung genannt worden. Er sei auch öffentlich im Gericht ausgehängt worden. Um den Sachverhalt angemessen darzustellen, sei es kaum zu vermeiden gewesen, die Örtlichkeit zu benennen, um die es in diesem Fall gegangen sei. Einige Tage nach dem Erscheinen des strittigen Beitrages hätte sich die Großmutter telefonisch bei ihm – dem Autor – gemeldet. Man habe ein durchaus freundliches Gespräch geführt. Es wäre natürlich besser gewesen, wenn sie sich vorher bei ihm gemeldet hätte. Ergebnis dieses Gesprächs: Die Zeitung habe die Online-Version des Beitrags aus dem Netz genommen. Die Frau habe sich darüber erfreut gezeigt. Es sei also nicht verwunderlich, dass sie sich nicht selbst mit einer Beschwerde an den Presserat gewandt habe. Der Autor legt auch Wert auf die Feststellung, dass seine Berichterstattung korrekt gewesen sei. Dies lasse sich aufgrund der Unterlagen mühelos nachweisen.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über ein Unglück, bei dem ein sechsjähriges Mädchen beim Skifahren gegen eine Schneekanone geprallt ist und dabei getötet wurde. Zum Bericht gestellt ist ein Foto der Schneekanone, auf dem im Schnee davor deutliche Blutspuren zu sehen sind. Ein Leser der Zeitung sieht in der Fotoveröffentlichung eine unangemessen sensationelle Darstellung des Unglücksfalles (Ziffer 11. des Pressekodex) und eine zusätzliche Belastung für die Angehörigen des getöteten Kindes. Nach Auskunft des Chefredakteurs der Zeitung habe es der Redaktion ferngelegen, mit dem veröffentlichten Bild Gefühle von Angehörigen und Lesern zu verletzen. Die Bildauswahl sei ein Fehler gewesen, der nicht hätte passieren dürfen. Dafür habe sich die Redaktion öffentlich entschuldigt. Er selbst – der Chefredakteur – könne nochmals nur sein Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck bringen. Das Foto sei noch am gleichen Tag aus dem Online-Angebot der Zeitung entfernt worden.
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Ein 23-jähriger tunesischer Student wird festgenommen, weil er im Verdacht steht, in einer Straßenbahn eine Frau ausgespäht, verfolgt und angegriffen zu haben. Die örtliche Zeitung berichtet online über den Vorfall. Dem Mann werden dem Bericht zufolge vier weitere Fälle zur Last gelegt, bei denen Frauen angegriffen wurden. Im Beitrag heißt es weiter, der Mann habe sich der Polizei gestellt. Er sei mit Hilfe der Aufnahmen einer Überwachungskamera öffentlich gesucht worden. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung die Herkunft des mutmaßlichen Täters genannt hat. Diese sei für das Verständnis des Sachverhalts unwesentlich. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Es sei gerechtfertigt gewesen, die Nationalität und den sozialen Status des Tatverdächtigen zu nennen. In der betreffenden Stadt hätten sich die Einwohner mehr als zwei Monate lang massive Sorgen nach mehreren nächtlichen Überfällen auf Frauen gemacht, die sich immer nach dem gleichen Muster abgespielt hätten. Offenbar habe es sich immer um den gleichen Täter gehandelt. Sämtliche Medien in Stadt und Region hätten über die Überfälle berichtet. Angesichts der Tatsache, dass ein Verschweigen der Herkunft des Verdächtigen durch die Zeitungen und andere Medien zu massiven Vorwürfen und Verdächtigungen in der Bevölkerung gegen Asylbewerber geführt hätten, sei die Nennung der Herkunft und sein Status als Student unabdingbar gewesen.
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Ein Mann löst einen Großeinsatz der Polizei aus, nachdem er auf einen Hochspannungsmast geklettert war. Die Online-Ausgabe der örtlichen Zeitung berichtet über den Vorfall unter der Überschrift „Polizeieinsatz: Mann auf Hochspannungsleitung“ und stellt zu dem Textbeitrag eine fast dreißigseitige Fotostrecke. Diese zeigt den Mann, wie er auf dem Hochspannungsmast herumklettert und wie der Rettungseinsatz abläuft. Das Gesicht des Mannes ist verpixelt. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe kritisiert Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung berichte in unangemessener Weise über einen Suizidversuch. Der Beschwerdeführer kritisiert auch die Veröffentlichung der Bilderstrecke auf der Facebook-Seite der Zeitung. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf das große öffentliche Interesse, das der Großeinsatz der Polizei in der Region ausgelöst habe. Viele Anwohner, Passanten und Autofahrer hätten das Ereignis unmittelbar mitbekommen. Der Widerhall im Internet – nicht nur auf der Facebook-Seite der Zeitung – sei enorm gewesen. Die Redaktion habe die Fotostrecke erst veröffentlicht, als feststand, dass bei der Aktion niemand zu Schaden gekommen sei. Der Mast-Kletterer sei durch die Fotos nicht zu identifizieren, betont der Chefredakteur.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über vegane Ernährung bei Kindern. Textpassage: „Das zweijährige Kind war zu klein für sein Alter, abgemagert, litt an Blutarmut, das Gehirn war geschrumpft. Einer 14-Jährigen fehlen lebenswichtige Nährstoffe. Ein 12-Jähriger war unterernährt. Die drei Kinder kennen sich nicht, doch sie haben etwas gemeinsam. Sie alle leiden unter den Folgen von veganer Ernährung, haben Mangelerscheinungen.“ Die Redaktion schreibt, hier gehe es um Kinder, die von ihren Eltern vegan ernährt worden seien, weil die geglaubt hätten, ihnen etwas besonders Gutes zu tun – ohne Not, ohne medizinischen Grund. Kinderärzte aus ganz Deutschland, mit denen die Zeitung gesprochen habe, berichteten von Fällen aus ihrer Praxis wie den obengenannten. Fünf Mediziner kommen zu Wort, die sich sehr kritisch zu veganer Ernährung bei Kindern äußern. Einer wird mit den Worten zitiert: „Die schlimmste Folge von veganer Ernährung für Kinder ist der Tod“. Ein anderer sagt: „Für mich ist vegane Ernährung eine bewusste Gefährdung des Kindeswohls.“ Ein Leser der Zeitung hält den gesamten Artikel für extrem einseitig. Er lasse nur eine Seite – die Meinung gegen vegane Kinderernährung – zu Wort kommen, obwohl es auch andere fachliche Meinungen gebe. Somit werde die Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt nicht eingehalten. Die Chefredaktion weist vor allem den Vorwurf, der Artikel sei „einseitig“ und gar „extrem einseitig“ scharf zurück. Die Autorin habe auf Basis einer fundierten Recherche und unter Einbeziehung verschiedener Ärzte und Experten einen gelungenen Beitrag über die Gefahren einer rein veganen Ernährung von Kindern geschrieben.
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Die Redaktion einer Regionalzeitung berichtet aus einer Gemeinderatssitzung. In dieser sei es um Grundstücke, ihre Preise und mehrere Interessenten gegangen. Die Zeitung nennt die Namen derjenigen, denen die im Gemeinderat exakt bezeichneten Grundstücke angeboten werden sollen. Eine der namentlich genannten Grundstücksinteressentinnen kritisiert die Nennung ihres Namens. In dem Artikel würden persönliche Daten einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Für die Öffentlichkeit seien außerdem Daten wie die Flurstücknummern, Flurstückgrößen und Kaufpreise nicht von Interesse. Dies gelte umso mehr, als die Eigentumsübergänge noch lange nicht abgeschlossen seien. Die Leiterin der örtlichen Lokalredaktion antwortet auf die Beschwerde und legt eine schriftliche Stellungnahme der Autorin des Beitrags bei. Das Thema, um das es hier gehe, sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Es seien Namen und Summen genannt worden. Die Autorin beruft sich auf die in dem betreffenden Bundesland bestehende Gemeindeordnung. Darin ist festgehalten, dass die Beschlussfassung in öffentlicher Sitzung des Gemeinderates erfolgen musste. Somit – so die Redaktionsleiterin - liege das Problem nicht bei der Zeitung, sondern in der Gemeindeordnung des Bundeslandes.
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