Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Der Chef der Leipziger Hells Angels, der an einer Schießerei in Leipzig beteiligt gewesen sein soll, wird in Wien festgenommen. Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet darüber. Sie nennt den vollen Namen des Mannes und zeigt ein unverfremdetes Bild von ihm. Ein Leser der Zeitung sieht die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten durch die identifizierende Darstellung verletzt und damit einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass gegen den Festgenommenen Haftbefehl erlassen worden war, weil ihm vorgeworfen worden sei, bei einer Schießerei in Leipzig ein Mitglied einer anderen Rocker-Bande ermordet zu haben. Drei Wochen später sei der Haftbefehl aufgehoben worden, da die Ermittler festgestellt hätten, dass der Mann offensichtlich nicht geschossen habe. Einige Zeit darauf sei dann aber erneut nach dem Hells-Angel gefahndet worden, unter anderem mit einem unverfremdeten Foto. In Wien sei er schließlich unter spektakulären Umständen festgenommen worden. Etwa hundert schwerbewaffnete Polizeibeamte hätten das Clubhaus der Hells Angels in Wien gestürmt und den Verdächtigen festgenommen. Über diese Festnahme und die nachfolgende Auslieferung an die deutschen Behörden sei bundesweit mit voller Namensnennung berichtet worden. Am Anfang habe eine spektakuläre öffentliche Schießerei mitten in Leipzig gestanden. Der Tatverdächtige sei der Öffentlichkeit auch durch Verlautbarungen der Behörden bekannt, schreibt die Chefredaktion in ihrer Stellungnahme. Schließlich habe die Festnahme des Gang-Bosses in Wien großes Aufsehen erregt. Es gehe in der Anklage um Mord und Mordversuch. Somit handele es sich um ein über die normale Kriminalität weit hinaus gehendes Delikt. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit habe nach der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht in vergleichbar schweren Fällen Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsschutz des Verdächtigen. Sowohl die Schwere als auch die Umstände der Tat hätten die Namensnennung gerechtfertigt. Gegen die Unschuldsvermutung – so die Chefredaktion abschließend - habe die Redaktion ebenfalls nicht verstoßen.
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Ein Medienmagazin veröffentlicht die Anzeige einer Betriebskrankenkasse. Die Werbung trägt den Hinweis „Advertorial“. Ein anonymisierter Beschwerdeführer hält diesen Begriff als Kennzeichnung einer Anzeige nicht für ausreichend. Dem widerspricht der Chefredakteur. Aus seiner Sicht ist die Werbung für den Leser eindeutig als solche erkennbar. Dies zum einen durch die Kennzeichnung mit dem Wort „Advertorial“ und zum anderen durch das Layout. Anders als bei redaktionellen Artikeln gäbe es in dem Advertorial keinen Vorspann und keine Autorenzeile. Auch die Überschrift sei erkennbar anders gestaltet. Sie stehe in Weiß auf einer blauen Fläche und sei in das Foto gesetzt. Dies gebe es so oder so ähnlich an keiner anderen Stelle im Heft. Auch die Farbe unterscheide sich deutlich von jenen im redaktionellen Teil.
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„Überfall im Park: Räuber springt aus Gebüsch“ titelt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Der Täter, der einen 31-Jährigen attackiert habe, sei laut Polizeibericht kräftig gebaut und habe „möglicherweise Migrationshintergrund“. Ein Leser der Zeitung sieht in diesem Hinweis einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. (Diskriminierungen und Berichterstattung über Straftaten). Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Formulierung selbst für „unglücklich“. Sie sei der Pressemitteilung der Polizei übernommen worden, die diese zum Zwecke der Fahndung herausgegeben habe. Die Polizei habe damit eine äußere Erscheinung im Sinne von „südländisches Aussehen“ oder „dunkle Haare“ beschreiben wollen. Dies sei bei Fahndungsmeldungen üblich und verstoße nicht gegen Richtlinie 12.1. Die missverständliche Formulierung bedauere die Redaktion.
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„Flüchtlinge belästigen Reisende im Zug“ – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Vorfall in einem Regionalzug. Bei der Gruppe Asylbewerber, die Fahrgäste belästigt hätten, habe es sich um Männer „augenscheinlich nordafrikanischer Herkunft“ gehandelt, die versucht hätten, ihre Hände in die Jackentaschen von anderen Fahrgästen zu stecken. Bei der Ankunft des Zuges habe die Polizei „fünf marokkanische Staatsangehörige im Alter zwischen 19 und 30 Jahren„ angetroffen, die zum Teil erheblich betrunken gewesen seien und den polizeilichen Anweisungen nur mit Widerwillen Folge geleistet hätten. Ein Mann sei in Gewahrsam genommen worden. Die übrigen Männer seien nach Feststellung ihrer Personalien aufgefordert worden, sich in den Landkreis zurückzubegeben, auf den ihr Aufenthalt beschränkt sei. Ein Leser der Zeitung ist der Meinung, dass die Herkunft der mutmaßlichen Täter im Zusammenhang mit der Tat überhaupt keine Rolle spiele. Außerdem werde nach den Personen nicht gefahndet, da deren Personalien bereits festgestellt worden seien. Er sieht Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen) verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung berichtet, der in Richtlinie 12.1 geforderte Sachbezug liege in der Information begründet, dass einige Tatverdächtige nach der Feststellung ihrer Identitäten in den Landkreis zurückgebracht worden seien, auf den sich ihr Aufenthaltsrecht beschränke. Im Übrigen weist die Rechtsabteilung darauf hin, dass die Ziffer 12 seit der Kölner Silvesternacht 2016/2017 keinen geeigneten, weil bis heute nicht bestimmbaren Maßstab bilde, um die Erwähnung von ethnischen Hintergründen presseethisch zu bewerten. Beim geforderten begründbaren Sachbezug für die Erwähnung der Herkunft und dem Gebot der Vermeidung von Vorurteilen gegenüber Minderheiten fehle es (bis zur beabsichtigten Überarbeitung der Ziffer 12 und hier besonders der Richtlinie 12.1) an hinreichender Schärfe und Klarheit.
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Ein Mann soll am Rande einer Demonstration des Thügida-Bündnisses in Dresden einen Mann verletzt und den am Boden Liegenden gegen den Kopf getreten haben. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet, gegen den mutmaßlichen Täter sei Haftbefehl wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung erlassen worden. Die Dachzeile zur Überschrift lautet: „Thügida-Anhänger tritt Mann gegen den Kopf“. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, gegen presseethische Grundsätze verstoßen zu haben. Andere Medien hätten gemeldet, dass die Gewalt von „Linken“ gegen „Pegida“ ausgegangen sei. Der Vorsitzende der Chefredaktionen und Chefredakteur Digital nimmt zu der Beschwerde Stellung. Kurz nach Erscheinen des Artikels sei aufgefallen, dass die Dachzeile nicht zum übrigen Artikel gepasst habe. Sie sei geändert worden und laute nun „Mann gegen Kopf getreten.“ Lese man den gesamten Beitrag, so werde der korrekte Sachverhalt ebenfalls klar. Der Chefredakteur bezweifelt, ob eine kurzzeitig unzutreffende Dachzeile gleich den gesamten Artikel, wie der Beschwerdeführer meine, zu einer „vorsätzlichen Falschmeldung“ mache.
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Eine Werbeaktion – von einem Anbieter für Unterhaltungselektronik gestartet – ist Thema in der Online-Ausgabe einer Computerzeitschrift. In der Überschrift ist von einer „Rabatt-Schlacht“ die Rede und von der Art und Weise, wie die „Mega-Aktion“ funktioniere. Der Anbieter habe die Preise um die Mehrwertsteuer gesenkt. In den Beitrag eingebunden sind diverse Links zu dem Anbieter. Im letzten Absatz der Veröffentlichung wird erwähnt, dass auch andere Unternehmen Sonderpreise anbieten. Ein Link zu einem Vergleichsportal wird angegeben. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Ein einzelner Anbieter werde gezielt hervorgehoben. Auch seien in die Veröffentlichung Werbe-Links eingebunden. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung über die Aktion bestehe nicht. Der Chefredakteur der Zeitschrift sieht es als Aufgabe seines Blattes an, eine umfangreiche Berichterstattung über alle Themen rund um Internet, Smartphones, Hard- und Software zu bieten. Sein Medium biete aber auch Orientierung in einer extrem komplex und schnelllebig gewordenen „Online-Konsumwelt“. Dabei interessierten nicht nur die Produkte, sondern auch die Fragen, wo man etwas kaufen kann, was es kostet und wie man es am günstigsten bekommen kann. Für die Nutzer habe die Redaktion auf der Website eine Rubrik „Schnäppchen“ eingerichtet. In einer solchen sei auch der vom Beschwerdeführer kritisierte Beitrag veröffentlicht worden. Wer sich in diesem Bereich bewege, wisse von vornherein, dass es in diesen Beiträgen ums Kaufen gehe.
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„Wahlkampf mit dem Volksentscheid“ titelt die Online-Ausgabe einer Wochenzeitung. Es geht um die Haltung der Parteien zu Verfahren der direkten Demokratie. In dem Beitrag wird eine Äußerung der Generalsekretärin der SPD wie folgt wiedergegeben: „´Verantwortung hat auch mit verantwortlich machen zu tun´, sagt Barley. Abgeordnete seien ihren Wählern rechenschaftspflichtig. In einem direktdemokratischen System aber können Abstimmungen auch von einer Gruppe initiiert werden, die dann die etwaigen Folgen gar nicht selbst tragen wolle. Das habe sich gezeigt an Ukip-Chef Nigel Farage, der am Tag nach dem Brexit sein Wahlversprechen zurücknahm, die vermeintlich durch einen Austritt aus der EU gesparten Gelder in die Gesundheitsversorgung einzuzahlen.“ Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen den Pressekodex. Farage habe das in der Passage genannte Wahlversprechen nie abgegeben. Vielmehr sei es ein Wahlversprechen der offiziellen Brexit-Kampagne gewesen, die gefordert hatte, die freiwerdenden Gelder in die Gesundheitsversorgung umzuleiten. Dieser gehörte Farage jedoch nicht an. Insofern werde Farage der Bruch eines Wahlversprechens unterstellt, das dieser nie gegeben habe. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Für die Beurteilung der vom Beschwerdeführer angesprochenen Passage sei relevant, dass dort die Äußerung einer politischen Meinung von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley in der indirekten Rede wiedergegeben werde. Damit der Leser diese Meinungsäußerung einordnen könne, werde auf die entsprechende Berichterstattung der Wochenzeitung ein halbes Jahr vorher verwiesen. Weiter werde das Interview online im Original eingeblendet, auf das in der Berichterstattung Bezug genommen werde. Darin werde Farage zu Recht vorgeworfen, dass seine Distanzierung unglaubwürdig sei. Das Versprechen, die 350 Millionen Pfund wöchentlich dem Gesundheitssystem zugutekommen zu lassen, sei eines der zentralen Versprechen der Brexit-Bewegung, zu der unzweifelhaft auch Farage gehört habe. Dieses Wahlversprechen habe Farage vor dem Brexit-Votum nie dementiert. Das habe er erst getan, als die Abstimmung bereits gelaufen war.
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Ein „Deutschtürke“ wird von der Polizei geehrt, weil er Frauen im Schwimmbad vor einem zudringlichen „Afghanen“ beschützt habe. In dem Beitrag einer Regionalzeitung wird erwähnt, dass es sich bei dem Afghanen um einen Asylbewerber handele. Eine Leserin der Zeitung kritisiert aus ihrer Sicht einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. Die Berichterstattung schüre Vorurteile gegenüber Minderheiten. Der Chefredakteur der Zeitung hält es in seiner Stellungnahme für gerechtfertigt, die Nationalität des Täters und des Geehrten zu nennen. Zum einen trage es zum essentiellen Verständnis des Geschehens bei, zu wissen, dass der Täter aus einem anderen Kulturkreis stamme. Zum anderen reihe sich das beschriebene Ereignis in eine Kette von Vorfällen ein, die in den Medien und in der Öffentlichkeit diskutiert worden seien. Der Chefredakteur merkt an, das Missverhalten des Täters könne im Fall einer Verurteilung Einfluss auf seinen Status als Asylbewerber und sein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Aus dem Text gehe hervor, dass das aggressive Verhalten des Afghanen zu einem Strafverfahren wegen Körperverletzung geführt habe. Der Chefredakteur hält es für gerechtfertigt, die Nationalität und den Status zu nennen, um auch diese Dimension aufzuzeigen. Er stellt zum Abschluss seiner Stellungnahme fest, dass die Leser souverän genug seien, um die Vorfälle einordnen zu können und zu wissen, dass es sich immer wieder um Taten Einzelner handle – positiv wie negativ. Die Zeitung würde darauf verzichten, einen Teil der Wahrheit zu nennen, wenn sie die Nennung von Nationalität und Status außen vor ließe.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht auf der Titelseite eine Karikatur unter der Überschrift „America First“. Zu sehen ist offenkundig der amerikanische Präsident, der in einer Hand ein blutbeflecktes Messer hält und in der anderen den abgetrennten Kopf der Freiheitsstatue. Im Heft wird unter der Überschrift „Mephistos Plan“ über Donald Trumps politisches Agieren berichtet. Einundzwanzig Leser des Magazins wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisieren im Kern, dass der demokratisch gewählte amerikanische Präsident als Schlächter dargestellt werde. Einige Beschwerdeführer sehen eine Assoziation zu einem IS-Terroristen, der sein Opfer geköpft habe. Sie sehen eine unerträgliche Herabwürdigung Trumps und in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen die Menschenwürde nach Ziffer 1 des Pressekodex. Auch US-Präsidenten, deren Politik man vollständig ablehne, hätten ein Recht auf Menschenwürde. Außerdem würden die Opfer des islamistischen Terrors mit der Karikatur verhöhnt. Einige Beschwerdeführer kritisieren, dass ein unschuldiger Mensch in der Pose eines rassistischen Kopfabschneiders gezeigt werde. Die Darstellung komme einer üblen Nachrede gleich, sei ehrabschneidend und verletze auch Ziffer 9 des Pressekodex (Schutz der Ehre). Trump werde auf eine Stufe mit Mördern, Terroristen und gewalttätigen Gegnern der westlichen Demokratie gestellt. Im Artikel selbst werde Trump mit Mephisto aus Goethes Faust verglichen, also mit dem Teufel. Ein Leser kritisiert, damit werde der Präsident entmenschlicht und zu einem Monster gemacht. Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins weist darauf hin, es handele sich für jedermann erkennbar um eine künstlerische Karikatur, eine satirisch-fiktive Darstellung ohne Wahrheitsanspruch im engeren Sinne. Diskussionswürdig sei aus Sicht des Magazins allein der Vorwurf der Verletzung der persönlichen Ehre und Menschenwürde des Präsidenten. Das Blatt stellt nicht in Abrede, dass die fiktiv-satirische Darstellung auf dem Titel kleine Kinder irritieren könne. Das sei auch bei jeder dokumentarischen Berichterstattung in Printmedien oder in TV-Nachrichten über Kriegsgebiete der Fall. Man könne und dürfe nicht nur unterschiedlicher Auffassung sein, welches die richtige Antwort sei. Die Diskussion darum sei vielmehr der eigentliche Sinn solcher Karikaturen. Es handele sich hier nicht um eine Karikatur um ihrer selbst willen. Es gehe um einen künstlerischen Beitrag zu der derzeit im Vordergrund stehenden politischen Debatte und Entwicklung. Auch der Presserat sei legitimer Akteur in dieser Diskussion. Er habe allerdings nicht die Aufgabe, Position zu beziehen. Er habe „lediglich“ Tabubrüche, Auswüchse sowie offensichtliche und gravierende Disproportionalitäten zu brandmarken. Solche lägen jedoch hier nicht vor.
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Die deutsche Ausgabe einer französischen Satire-Zeitschrift veröffentlicht auf ihrer Titelseite eine Karikatur unter der Überschrift „SPIEGEL-LESER AUSSER RAND UND BAND“. Zu sehen ist Angela Merkel, die in der einen Hand ein Messer, in der anderen den abgeschnittenen Kopf des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz hält. Abgebildet ist auch das Cover „America first“ des kurz zuvor erschienenen Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“. Darauf ist US-Präsident Trump in gleicher Pose mit dem Kopf der Freiheitsstatue zu sehen. Ein Leser der Zeitschrift wirft dieser vor, mit der Karikatur die Bundeskanzlerin zu beleidigen und ihre Menschenwürde zu verhöhnen. Im Gegensatz zum SPIEGEL-Titelbild könne man in diesem Fall nicht sagen, es sei ja „nur“ ein Symbol, das geköpft werde. Die Chefredakteurin der deutschen Ausgabe des Blattes weist auf den typischen Charakter einer Satire-Zeitschrift hin. Die Redaktion sehe die Leser als mündige Bürger, die die verschiedenen Interpretationsebenen auseinanderhalten könnten. Es sei der Kern der politischen Satire, überzogene Darstellungen von Politikern zu nutzen, um auf deren Widersprüche hinzuweisen. Dieser Logik folgend, habe die Redaktion ad absurdum führen wollen, dass eine SPIEGEL-Leserin, in diesem Fall Angela Merkel, außer Rand und Band gerate, wenn sie das Titelbild mit einer Trump-Darstellung sehe und gleiches mit ihrem Rivalen Martin Schulz vollziehe. Es sei die Absicht gewesen, die scharfe Kritik mancher Leser am SPIEGEL-Titelbild als lächerlich zu entlarven. Die Deutung des Bildes lasse sich nicht, wie in der Beschwerde angeführt, als Handlungsanweisung verstehen. Sie sei eine symbolisch karikierte Darstellung, die auch etwas über den Einfluss und die besondere Verantwortung von Medien in hochpolitischen Zeiten sage. Das post-faktische Zeitalter spiele sicher eine wesentliche Rolle, da Emotionen mehr als Fakten von Bedeutung seien. Die Chefredakteurin schreibt, dass sich auch die Satirezeitung dem Pressekodex verpflichtet sehe, die Meinungsfreiheit jedoch auf besondere Art und Weise nutze. Dabei sei ihr durchaus bewusst, dass eine Zeichnung noch mehr als ein Text in ihrer Wirkung Emotionen auslösen könne.
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