Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Eine überregionale Zeitung veröffentlicht online eine „Kolumne Habibitus“. Im Beitrag heißt es: „Wake me up when september ends – Deutsche lügen sich die Welt so zurecht, dass nicht-weiße Menschen zu Verbrechern werden. Damit machen sie sich zu Opfern, die sie nicht sind.“ Die Autorin kritisiert, dass Deutsche eine blühende Fantasie hätten und sich zu Opfern von „gefährlichen Ausländern“ machten. Als „Belege“ für ihre These führt sie ein Interview der AfD-Politikerin Beatrix von Storch mit der BBC an. Dabei habe von Storch über die Kriminalstatistiken gelogen. Sie habe auch über einen Messerangriff in Berlin gesprochen, bei dem der deutsche Täter zu einem „Südländer“, einem „Araber“ und schließlich zu einem „Moslem“ gemacht worden sei. Sie habe auch zwei Fälle angesprochen, in denen Deutsche behauptet hätten, sie seien Opfer von ausländischen Tätern geworden. Die Autorin der Kolumne stellt fest, dass die im Interview der AfD-Politikerin genannten Vorfälle frei erfunden gewesen seien. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat, weil er in der Veröffentlichung mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze sieht. Er wirft der Autorin vor, sie äußere sich diskriminierend und rassistisch über Deutsche als Bevölkerungsgruppe. Sie unterstelle, dass alle Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppe lügen. Sie würdige die Kultur der Gruppe herunter und pauschalisiere in herabsetzender und beleidigender Weise. Die Autorin – so der Beschwerdeführer weiter – sei bereits mehrfach durch rassistische und sexistische Hetze aufgefallen. Die Zeitung lässt die Autorin des kritisierten Beitrags auf die Beschwerde antworten. Sie weist die Vorwürfe zurück.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief unter der Überschrift „Zuwanderung: Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“. Die Einsenderin reagiert auf einen vorangegangenen Leserbrief, der die Integration von Gastarbeitern in den 1960er Jahren zum Thema hatte. Die Leserbriefschreiberin äußert die Ansicht, dass Migranten, die heute nach Deutschland kämen, keine ehrlichen Beweggründe hätten und ihre Gastgeber beschimpften, ausnutzten und Frauen belästigten. Sie äußert die Ansicht, die Migranten von heute versuchten häufig, den Deutschen ihre Religion und ihre Lebensweise aufzuzwingen. Ein Leser der Zeitung wirft in seiner Beschwerde der Zeitung vor, einen Leseerbrief mit diskriminierenden Aussagen veröffentlicht zu haben. Die Geschäftsführung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. In den kritisierten Leserbrief-Passagen würden nur generelle bzw. pauschale Aussagen über die Einstellung der Migranten von heute getroffen. Die Leserbriefschreiberin lasse völlig offen, wie viele „heutige Migranten“ welche der genannten Eigenschaften aufwiesen. Die vorgeworfene pauschale Unterstellung werde an keiner Stelle konkret formuliert und sei eine unzulässige Interpretation durch den Beschwerdeführer. Die Zeitung stellt fest, dass der von ihr veröffentlichte Leserbrief in vollem Umfang von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.
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Das Jugendmagazin einer überregionalen Zeitung berichtet online über einen sogenannten „Poetry Slam“ in Speyer. Die Veranstaltung zum Thema „Zivilcourage“ war vom Stadtrat und dem Bündnis „Speyer ohne Rassismus – Speyer mit Courage“ organisiert worden. Dabei kam es nach der Schilderung des Magazins zu einem Eklat, als die 14-jährige Tochter einer AfD-Bundestagsabgeordneten ein Gedicht mit rassistischem Inhalt vortrug. Die Redaktion schreibt: „Der Slam mutierte dann nämlich zu einer Bühne für Rassismus, genauer: für die fremdenfeindlichen Gedanken der 14-jährigen Ida-Marie. Sie ist die Tochter der AfD-Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst.“ In den Bericht eingebunden sind zwei Videos, die den Auftritt zeigen. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass der volle Name des Mädchens genannt worden sei. Er stört sich auch an der Video-Wiedergabe. Der Beschwerdeführer sieht die Persönlichkeitsrechte des Mädchens nach Ziffer 8 des Pressekodex verletzt, da dieses identifizierbar dargestellt werde Damit werde eine Minderjährige, die angesichts ihres Alters vermutlich nicht die Tragweite ihrer Äußerungen nachvollziehen könne, an den öffentlichen Pranger gestellt. Es wäre ausreichend gewesen, darüber zu berichten und die Mutter namentlich zu nennen. Die Rechtsvertretung des Jugendmagazins hält die Berichterstattung für presseethisch zulässig. Das junge Mädchen, das auch Mitglied im Jugendstadtrat sei, habe sich in der Öffentlichkeit präsentiert und ein einstudiertes Stück vorgetragen („Der Neger ist kein Neger mehr“) und das auf einer öffentlichen Veranstaltung gegen Rassismus und für Zivilcourage.
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet online, dass die Leiche eines Ermordeten gefunden worden sei. Das Opfer wird in dem Artikel und in der Überschrift namentlich genannt. Der Autor bezeichnet den Mann als „Waffennarr“. Ein Leser des Magazins sieht in der Veröffentlichung mehrere Verstöße gegen den Pressekodex. Aus seiner Sicht werde über das Opfer eines Verbrechens in „übelster Weise“ berichtet. Das Mordopfer werde diffamiert. Die veröffentlichten Unterstellungen beruhten auf Spekulationen des Berichterstatters. Die stellvertretende Chefredakteurin des Nachrichtenmagazins antwortet auf die insgesamt drei Beschwerden, in denen es vor allem um die Bezeichnung des Ermordeten als „Waffennarr“ geht. Das sei aber fraglos eine legitime und auch nicht verunglimpfende Bezeichnung für jemanden, der Büchsenmachermeister, Sportschütze und Jäger gewesen sei. Der Mann habe etwa 30 Jagdwaffen legal besessen. Persönlichkeitsrechte – so die stellvertretende Chefredakteurin weiter – seien nicht verletzt worden. Der Name des Opfers sei in diesem besonderen Fall schon seit vielen Wochen allgemein bekannt gewesen. Nachdem der Mann vermisst worden sei, sei eine öffentliche Suchaktion gestartet worden. Der Fall habe großes Aufsehen erregt. Eine 40-köpfige Sonderkommission habe die polizeilichen Ermittlungen betrieben. Unter diesen Umständen sei die identifizierende Berichterstattung gerechtfertigt gewesen.
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Eine Illustrierte berichtet unter der Überschrift „Kein dolce vita: Besuch in einer der ärmsten Regionen Europas, wo die Mafia leichtes Spiel hat“ online über die Armut in Süditalien. Der Beitrag ist mit einem Foto illustriert. Es zeigt einen Jungen, der sich – bekleidet mit einer Unterhose – auf einem Sofa räkelt. In der Hand hält er eine Pistolen-Attrappe. Ein Leser des Magazins sieht darin eine pädophile sexuelle Darstellung. Er bezweifelt, dass die Redaktion die Rechte an diesem Bild erhalten habe. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Sie empfindet es vielmehr als „beunruhigend und bedenklich“, dass der Beschwerdeführer dieses Foto als sexuelle Darstellung empfinde. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Das Reporterteam habe sich auf Einladung der Mutter des Jungen in der Wohnung der beiden aufgehalten. Zum Team habe ein italienischer Fotograf gehört, so dass sprachliche und mentalitätsbedingte Probleme oder Missverständnisse ausgeschlossen gewesen seien. Das Bild sei mit dem Einverständnis der Erziehungsberechtigten entstanden.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online unter der Überschrift „Hinter dieser Tür randalierte Daniel Küblböck“ einen Artikel zu dessen Vermisstenmeldung und über seine letzten Tage an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Der Autor des Beitrages berichtet aus der Perspektive eines Passagiers, der in der Nachbarkabine von Küblböck untergebracht war. Er schildert, wie dieser den Passagier Daniel Küblböck in den letzten Taten vor seinem Tod wahrgenommen habe. Dem Artikel ist ein Video beigefügt. Es zeigt unter anderem eine von einem Passagier gedrehte Szene: Eine Tür wird zugeschlagen; Geräusche sind zu hören. Die Szene wird wiederholt gezeigt. Ein Leser der Zeitung kritisiert mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Küblböck habe kurz vor einem Suizid gestanden. Die Veröffentlichung des Videos, offensichtlich kurz vor dem Suizid aufgenommen, sei schamlos, verstoße gegen ethische Werte und diene nicht der Aufklärung des Falles. Der Nutzer soll damit hinter die Bezahlschranke gelenkt werden. Das sei schamlose Raffgier. Auch wenn Küblböck eine Person des öffentlichen Lebens gewesen sei, hätten Momente vor einem Suizid nichts in der Öffentlichkeit zu suchen. Der Chefredakteur verweist darauf, dass das Video eine Kabinentür zeige, gegen die jemand von der anderen Seite trete oder schlage. Es handele sich also nicht um Szenen bzw. Momente vor dem Suizid, sondern lediglich um Tage alte Aufnahmen, die ein auffälliges Verhalten von Daniel Küblböck an Bord des Schiffes zeigten. Dieser sei eine Person des öffentlichen Lebens, seit er an der TV-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ teilgenommen habe. An dem mysteriösen Verschwinden von Küblböck und den Ereignissen an den Tagen zuvor bestehe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit. Dass bei spektakulären Geschehnissen im Zusammenhang mit Personen des öffentlichen Lebens das Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Berichterstattung überwiege, zeige auch Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex. In dem fraglichen Video werde Küblböck noch nicht einmal gezeigt oder auf andere Weise abträglich dargestellt.
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Eine Regionalzeitung zeigt online ein Foto des blutverschmierten und eingebeulten Flugzeugs, das bei einem Start auf der Wasserkuppe (Rhön) mehrere Menschen erfasst hatte. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Veröffentlichung des Fotos. Es zeige das Sportflugzeug unnötigerweise von vorn, verschmiert mit Blut. Spuren von „zerlegtem Fleisch“ seien erkennbar. Artikel, die dem Erstbericht folgen, ließen noch mehr menschliche Überreste erkennen. Der Chefredakteur räumt ein, dass die Auswahl des Fotos, auf dem das Blut der getöteten bzw. verletzten Menschen zu erkennen sei, „unglücklich“ gewesen sei. Die Redaktion bedauere es, wenn sie dadurch die Gefühle von Angehörigen und Lesern verletzt haben sollte. Den Vorwurf des Beschwerdeführers, die Redaktion habe „zerlegtes Fleisch“ im Bild gezeigt, kann die Redaktion aber nicht nachvollziehen. Nach Ansicht des Chefredakteurs würden weder durch den Text noch durch die Bilder die Opfer zu Objekten herabgewürdigt. Der tragische Unfall des Kleinflugzeugs sei von öffentlichem Interesse. Die Opfer seien im Text nicht identifizierbar beschrieben, so dass sie durch den Bericht nicht ein zweites Mal zu Opfern würden.
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Eine Nachrichtenagentur berichtet unter der Überschrift „Werbung für Abtreibung: Landgericht verhandelt im September“ über das Berufungsverfahren im Fall der Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel sowie um einen Prozesstermin von zwei weiteren in Hessen angeklagten Ärztinnen. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Deutsche Presserat. Er verweist dabei auf die Beschwerde 0455/18/2. Diese hatte sich gegen die Berichterstattung einer überregionalen Zeitung gerichtet, der wiederum eine Agenturmeldung zugrunde gelegen hatte. Darin hatte der Presserat kritisiert, dass behauptet werde, die beiden Ärztinnen seien angeklagt worden, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informiert hätten. Dies treffe nicht zu. Die beiden Ärztinnen seien angeklagt, da sie eine eigene Dienstleistung zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs in Erwartung des hierfür zu zahlenden ärztlichen Honorars angeboten haben sollen. Die reine Information über Schwangerschaftsabbrüche sei in Ordnung. Das einzige, was nach Paragraf 219a StGB verboten sei, sei der öffentliche Hinweis darauf, dass man bei einer Ärztin selbst oder einer anderen konkret genannten Stelle eine Abtreibung „buchen“ könne. Die Chefredaktion der Agentur fordert eine Zurückweisung der Beschwerde. Sie verweist auf den Gesamtkontext der Meldung, in der es ausschließlich um Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Werbeverbot für Abteibungen gehe. Der Paragraf 219a sei – so die Agentur – seit Monaten Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Seine Auslegung beschäftige den Bundestag. Eine Entscheidung werde am Ende womöglich vom Bundesverfassungsgericht getroffen. Die Einschätzung des Gießener Vorsitzenden Richters: Wir haben es mit einer zwiespältigen Gesetzeslage zu tun. Diese Einschätzung werde von vielen Juristen geteilt. Die Chefredaktion führt abschließend aus, die vom Presserat angeführten Textpassagen fielen unter den Schutz des Artikels 5 des Grundgesetzes. Sie seien nach den im Pressekodex niedergelegten Grundsätzen nicht zu beanstanden.
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Eine Illustrierte berichtet in ihrer Online-Ausgabe über einen tödlichen Flugzeugunfall. Eine Mutter und ihre beiden Kinder seien von einem Flugzeug erfasst worden, das auf der Wasserkuppe (Rhön) über das Ende der Landepiste hinausgeschossen war. Ein Leser des Blattes kritisiert die Veröffentlichung des Fotos, das den Beitrag illustriert. Es zeigt den blutigen Propeller und die blutbespritzte eingedellte Vorderseite des Flugzeugs. Andere Medien hätten auf diese grausamen Details verzichtet. Die Würde der Opfer und ihrer Angehörigen seien verletzt worden. Die Rechtsvertretung der Illustrierten hält die Veröffentlichung des Fotos für pressethisch zulässig. In der Abbildung des verbeulten Flugzeuges erkennt sie keine unangemessene Darstellung. Die Berichterstattung lasse auch nicht den nötigen Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen der Angehörigen vermissen. Die Opfer des tragischen Unfalls würden weder gezeigt, noch werde über diese identifizierend berichtet.
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Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung berichtet über einen tödlichen Flugzeugunfall, der sich auf der Wasserkuppe (Rhön) ereignet hat. Eine Mutter und ihre beiden Kinder seien von einem Flugzeug erfasst worden, das über das Ende der Landepiste hinausgeschossen sei. Ein Leser der Zeitung kritisiert das dem Bericht beigestellte Foto des Unglücksflugzeuges. Dieses zeigt den Propeller und die Vorderseite. Deutlich ist auf dem Bild Blut zu sehen. Andere Medien hätten auf diese grausamen Details verzichtet. Der Beschwerdeführer sieht durch die Veröffentlichung die Würde der Opfer und ihrer Angehörigen verletzt. Überdies sei die Darstellung unangemessen sensationell. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass das Foto mittlerweile nicht mehr in ihrem Internet-Angebot enthalten sei. Sie legt ihrer Stellungnahme einen entsprechenden Ausschnitt aus der Printausgabe bei. Das Justiziariat sieht in der Veröffentlichung keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Sähe man es – so wie es der Beschwerdeführer tue – als „pietätlos“ an, verunglückte Flugzeuge oder auch Personenwagen mit Blutflecken abzubilden, würde die Berichterstattung über Unfälle zu sehr eingeschränkt. Die Rechtsvertretung kommt zu dem Schluss, dass auch eine unangemessen sensationelle Darstellung nach Ziffer 11 des Kodex nicht zu erkennen sei.
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