Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Bruder versucht, seine Schwester zu ermorden

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung zeigt das Video eines Mordversuchs an einer jungen Frau (17) aus Libyen. Unter dem Titel „Scharia-Gericht im Kinderzimmer“ wird in Wort und Bild darüber berichtet, dass ein junger Mann seine Schwester umbringen will, weil sie sich als verheiratete Frau in einen anderen Mann verliebt hat. Die Staatsanwaltschaft hat die Zeitung mittlerweile aufgefordert, das Video aus ihrem Online-Angebot zu nehmen. Im Artikel wird beschrieben, was auf dem Handy-Video zu sehen ist. Es sei unmittelbar nach dem Messerangriff im „Kinderzimmer“ entstanden, dauere 15 Sekunden und sei vom Täter an den Geliebten der Schwester und seine Familie geschickt worden. Mehrere Leserinnen und Leser der Zeitung kritisieren, dass das Video die Persönlichkeitsrechte des Opfers nach Ziffer 8 des Pressekodex verletze. Sie kritisiert auch den Sensationscharakter der Veröffentlichung. Zudem sei der Anreißer auf Facebook sehr aufbauschend. Er verweise auf das Video, das nur im Bezahlbereich abrufbar sei. Dies verletze Ziffer 1 des Kodex. Eine Beschwerdeführerin sieht in der im Text verwendeten Formulierung „Ehrenmord“ eine Hetze gegen Muslime (Ziffern 10 und 11 des Kodex). Ein Beschwerdeführer sieht in der Beschaffung des Videos die Grenzen der Recherche verletzt (Ziffer 4). Der Chefredakteur der Zeitung versteht die Aufregung der Beschwerdeführer nicht. Die Zeitung berichte in Wort, Bild und Video unter Beachtung aller presseethischen Vorgaben über den schockierenden Fall eines versuchten Ehrenmordes. Das junge Opfer sei unkenntlich gemacht worden. In keiner Weise könne er – der Chefredakteur – die Vorwürfe nachvollziehen, dass Teile der Berichterstattung nur im kostenpflichtigen Angebot der Zeitung abrufbar seien: Es sei schon in der analogen Print-Welt gang und gäbe, dass Veröffentlichungen auf der Titelseite „angerissen“ würden, jedoch nur dann vollständig gelesen werden könnten, nachdem die ganze Zeitung gekauft worden sei.

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Die Zeitung wurde um Hilfe gebeten

Die Redaktion einer Regionalzeitung übernimmt eine Facebook-Meldung, der zufolge eine junge Frau vermisst wurde. Freunde hätten einen Aufruf gestartet und um die Mithilfe der Bevölkerung gebeten. Eine Freundin schrieb bei Facebook, dass die Vermisste einen Suizid-Versuch angekündigt habe. Die Polizei wird in dem Artikel der Zeitung mit einer Bestätigung des Vorgangs zitiert. Sie sehe die Gefahr aber nicht so bedrohlich wie geschildert. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag Verstöße gegen die Menschenwürde, die journalistische Sorgfaltspflicht und die gebotene Zurückhaltung bei Suiziden. Er stelle sich die Frage, ob ein Facebook-Eintrag die Berichterstattung rechtfertige und welchen Nutzen der Bericht habe. Der Beitrag sei auch kein Suchaufruf, denn es würden keine Angaben zum Verschwinden und kein Foto veröffentlicht. Gleichzeitig lasse es die Zeitung zu, dass auf ihrer Facebook-Seite auf das Facebook-Profil der vermeintlich Suizidgefährdeten verlinkt werde. Der Chefredakteur zeigt sich verwundert über die Beschwerde, weil sich bis heute niemand sonst bei der Zeitung beschwert habe. Dass die Redaktion mit dem Artikel gegen presseethische Grundsätze verstoßen haben soll, könne er nicht verstehen. Die Zeitung habe lediglich zu helfen versucht. Hätte sich jemand gemeldet, dass ihn der Text störe, hätte ihn die Redaktion aus dem Online-Angebot genommen.

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Meinungsbeitrag zum Thema Religion in Israel

In einer Zeitschrift erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „Mit Schleier im Hörsaal“. Es geht um einen Verhaltenskodex zur Religionsausübung an der Hamburger Universität. Die Autorin schreibt unter anderem: „Nur in einem säkularen Staat, nicht in einer Theokratie, wie sie zum Beispiel Ajatollah Khomeini im Iran durchgesetzt hat, oder im Staat Israel, der die Bürger jüdischer Religion privilegiert und Bürger anderer Religionen diskriminiert, ist freie Religionsausübung oder Religionslosigkeit möglich.“ Ein Leser der Zeitschrift wendet sich gegen die Behauptung, im Staat Israel würden Bürger jüdischer Religion privilegiert und Angehörige anderer Religionen diskriminiert. Eine freie Religionsausübung oder Religionsfreiheit sei dort nicht möglich. Das sei – so der Beschwerdeführer - nicht richtig. Es bedürfe keiner großen Recherche, um die falschen Informationen zu widerlegen. Israel sei ein demokratischer Staat, der allen Bürgern, unabhängig von der Religion, die gleichen Rechte zuerkenne. Er wirft der Autorin vor, sie habe gegen die Ziffer 1 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) verstoßen. Die Redaktion habe nach entsprechenden Hinweisen von Lesern nicht ihre falschen Informationen korrigiert, sondern eine Debatte über das Thema Pluralismus in Israel begonnen. Der geschäftsführende Herausgeber stellt fest, dass es sich bei dem Text um einen Meinungsbeitrag unter der Rubrik „Doppelpunkt“ handele. Dort würden essayistische und kommentierende Texte von nicht zur Redaktion zählenden Gastautoren veröffentlicht, die im Sinne der offenen Gesellschaft eine Debatte um Werte und Ziele anregten. Innerhalb dieser Debatte seien Pro- und Contra-Stimmen zu Wort gekommen. Über die Position der Autorin könne man sehr wohl streiten. Ein Beschwerde-Anlass sei aber aus Sicht der Zeitschrift nicht zu erkennen.

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Opfer und Täter sind identifizierbar

Eine Regionalzeitung informiert darüber, dass in einem Ort des Verbreitungsgebietes die Leiche einer Frau gefunden worden sei. Die Redaktion veröffentlicht ein Foto des Hauses, in dem die Leiche gefunden wurde. Sie nennt auch die Straße, in der das Haus steht. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass sowohl die Tote als der unter Tatverdacht stehende Lebensgefährte durch die in der Berichterstattung enthaltenen Angaben identifizierbar seien. Der Chefredakteur teilt mit, dass seine Zeitung zwei Tage vor dem Erscheinen des kritisierten Berichts online über den Fall berichtet habe. Dabei sei die Straße, in der der Tatort liege, nicht genannt worden. Dann habe sich die Voraussetzung für die Berichterstattung geändert. Die Lage des mutmaßlichen Tatorts sei in der Region nicht mehr länger ein Geheimnis gewesen. Dadurch, dass Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungskräften die Straße angesteuert hätten, sei bekannt geworden, wo die Tat geschehen sei. Beschleunigt durch die sozialen Netzwerke habe die Nachricht von der Gewalttat schnell die Runde gemacht. Deshalb habe die Redaktion in der Folgeberichterstattung den Namen der Straße genannt. Den Namen nicht zu nennen, hätte den Ruf der Zeitung, fundiert und faktengetreu über die Region zu berichten, unterminiert und den Gerüchten über den Ort des Geschehens Vorschub geleistet. Er gewaltsame Tod der Frau sei ein in dieser ländlichen Region ungewöhnlich schweres Verbrechen gewesen. Die Berichterstattung sei deshalb auch in der vorliegenden Form vom öffentlichen Interesse gerechtfertigt gewesen.

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Provokante Äußerungen nicht zu beanstanden

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung kommentiert unter der Überschrift „So Haram wie ein Schwein“ die Initiative von französischen prominenten Frauen, die sich kritisch zur #MeToo-Bewegung äußern. Die Autorin schreibt, die Frauen machten sich zu „Komplizinnen“ des Systems, zu dem „bekanntlich nicht nur Männer gehören, die ihre Macht verteidigen, sondern auch Komplizinnen“. Auch sie seien „Schweine“, heißt es in dem Kommentar. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag die folgenden Zitate als ehrverletzend, unangemessen sensationell in der Darstellung sowie diskriminierend an: „Es bietet sich in Fällen wie diesem an, die Meinung auf einen Zettel zu schreiben, diesen ganz klein zu falten, anzufeuchten und ihn mit etwas Gleitgel in den Hintern zu schieben“. Und weiter: „…Komplizinnen, die genau dieses System stützen: Auch sie sind Schweine. … Oder würdet ihr trotzdem das #MeToo-Bullshit-Bingo um Begriffe wie ´Freiheit´, ´Flirten´ und ´Ficken in der Kirche´ erweitern?“ Die Autorin des Artikels nimmt Stellung. Die Beschwerde setze sich lediglich aus Zitaten vulgärer Formulierungen in ihrer Kolumne zusammen. Glossen und Kolumnen bewegten sich nah am echten Leben, in dem es polemischer, krasser und humorvoller zugehe als in Nachrichtenmeldungen,. Davon lebe die Textsorte. Was sei linker und feministischer Journalismus noch wert, wenn er sich strikt und bieder an Höflichkeitsregeln halten würde? Ihre Texte – so die Autorin – sollten gleichermaßen zum Nachdenken und Lachen anregen, gesellschaftspolitische und politische Diskurse in Umgangssprache packen, und provozieren, ohne auf Kosten von Minderheiten reißerisch zu sein. Die Formulierung „Schweine“ sei ein Zitat aus der französischen Kampagne.

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Zeitung nennt ethnische Zugehörigkeit

Eine Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Erneut Sex-Attacken in S-Bahn – zwei Täter geschnappt“ über Vorfälle in Berliner S-Bahnen. In einem Fall habe ein 33-jähriger Bulgare irrtümlich angenommen, von einer mitfahrenden Frau fotografiert worden zu sein. Nach kurzem Wortgefecht habe der Mann plötzlich seine Hose heruntergezogen und die Frau (47) aufgefordert, nun auch davon ein Foto zu machen. Im zweiten Fall habe ein 40-jähriger Bosnier seiner 24-jährigen Sitznachbarin plötzlich seine Hand unter den Rock geschoben. Ein Leser der Zeitung kritisiert, die Nennung der Nationalitäten führe zu diskriminierenden Verallgemeinerungen individuellen Fehlverhaltens. Bei der Benennung des mutmaßlichen und hier erstgenannten Täters als „Exhibitionist“ liege möglicherweise ein Verstoß gegen die Richtlinie 13.1 (Vorverurteilung) vor. Die Chefredakteurin wehrt sich gegen den Vorwurf, die Redaktion habe presseethische Grundsätze verletzt. Im vergangenen Jahr sei es in den öffentlichen Verkehrsmitteln Berlins zu knapp 300 sexuellen Beleidigungen, Belästigungen und Übergriffen gekommen. Zahlreiche Medien hätten über die sich häufenden Angriffe berichtet. Den Medien sei zu entnehmen, dass die meisten Verdächtigen ausländischer Herkunft seien. Sie kämen vermehrt aus Rumänien oder Bulgarien. Aus den Praxisleitsätzen zur Richtlinie 12.1 ergebe sich, dass die Ziffer 12 und die dazugehörige Richtlinie 12.1 kein grundsätzliches Verbot beinhalten, die Zugehörigkeit von Straftätern und Verdächtigen zu Minderheiten zu erwähnen. Sie selbst – als Chefredakteurin - verpflichte jedoch ihre Redaktion, in jedem einzelnen Fall verantwortungsbewusst zu entscheiden, ob für die Nennung einer Gruppenzugehörigkeit ein begründetes öffentliches Interesse vorliege. So könne für ein begründetes öffentliches Interesse unter anderem sprechen, dass Gegenstand der Berichterstattung selbst der Zusammenhang zwischen Form oder Häufigkeit einer Straftat und der Gruppenzugehörigkeit von Tätern oder Verdächtigen ist. Deshalb sei – so die Chefredakteurin – die Nennung der Nationalität in den beiden nunmehr kritisierten Fällen zulässig.

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Wie aus Wasser Bier gemacht wird

Die Regionalausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Hier wird aus Wasser Bier – und der Staat bezahlt“. Es geht um Arbeitslose, die mit Lebensmittel-Gutscheinen Wasser kaufen und dieses Wasser dann umgehend entsorgen, um mit dem Pfanderlös der leeren Flaschen an Bier zu gelangen. Zum Beitrag sind zwei Bilder gestellt. Das eine zeigt einen Mann vor einem Pfandautomaten, ein weiteres zwei andere Personen, die Wasserflaschen entleeren. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass hier Menschen in ehrenrühriger Weise vorgeführt und einer nicht näher beschriebenen „Trinker-Szene“ zugeordnet würden. Ein öffentliches Interesse an der Handlungsweise der Männer sei nicht erkennbar. Da fast die Hälfte aller Bescheide der Jobcenter fehlerhaft sei, könne man außerdem davon ausgehen, dass zumindest einer der Männer zu Unrecht sanktioniert werde. Der Chefredakteur der Zeitung merkt an, die Grundannahme des Beschwerdeführers, das Jobcenter habe einen der im Bild gezeigten Männer zu Unrecht sanktioniert, sei nicht zu belegen. Niemand werde vorgeführt, da keiner der gezeigten Personen identifizierbar sei. Es werde lediglich dokumentiert, dass rechtliche Restriktionen umgangen würden. An diesem Vorgang bestehe ein überragendes öffentliches Interesse. Lebensmittelgutscheine würden schließlich aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Es gehe nicht darum, ob das Verbot von Alkohol-Kauf gerechtfertigt sei oder nicht. Vielmehr gehe es darum, dass eine Sucht nicht mit Lebensmittelgutscheinen und öffentlichen Mitteln gefördert werden sollte. Das Ausleeren von Wasserflaschen an einem belebten Ort in der Öffentlichkeit sei unter den Blicken vieler Passanten erfolgt.

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Eine Zeitung als „Ersatz-Schwurgericht“?

„Neue Vorwürfe gegen Dieter Wedel“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Wochenzeitung über weitere Anschuldigungen gegen den prominenten Filmregisseur. Genannt werden die Namen von vier Frauen, die über Belästigungen durch Wedel berichten. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, sich mit diversen Artikeln über Dieter Wedel zu einer Art „Ersatz-Schwurgericht“ aufzuschwingen. Die bisher von der Zeitung erhobenen Vorwürfe seien verjährt. Es bestehe keine Gefahr, dass der Angegriffene heute noch „übergriffig“ werde. Der Beschwerdeführer vertritt die Meinung, die von den Frauen geäußerten Anschuldigungen seien allein auf Rache ausgelegt. Die Zeitung wolle möglichst viele Klicks generieren und nehme dafür die massive Rufschädigung Wedels in Kauf. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung weist den Kampagnen-Vorwurf zurück. Die Frauen, die in dem kritisierten Beitrag zu Wort gekommen seien, hätten sich gar nicht gekannt, so dass schon deshalb von einer Kampagne nicht gesprochen werden könne. Es gehe auch nicht um eine Zusatzbestrafung, oder, wie der Beschwerdeführer meine, um ein „Ersatz-Schwurgericht“. Die Zeitung habe sich jeder eigenen Beurteilung enthalten. Auch habe sie keine reißerischen oder unsachlichen Berichte veröffentlicht. Es liege auch keine Vorverurteilung vor. Es sei Pflicht der Presse, im Rahmen der Verdachtsberichterstattung Vorwürfe auf ihre Schlüssigkeit, Plausibilität und auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse müssten der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Wenn, wie in diesem Fall, die Rechercheergebnisse für den Beschuldigten belastend seien, dann obliege es der Presse, diese Umstände sachlich und differenziert zu publizieren. Andernfalls wäre eine Verdachtsberichterstattung nicht möglich.

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Abgastests mit Menschen vorgenommen?

Neue Dimension im Skandal um Abgastests: Wie die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung berichtet, seien auch Menschen als Probanden eingesetzt worden. Es sei nun schon das dritte Jahr der Abgasaffäre, und es komme immer schlimmer für Volkswagen und nun auch für die anderen deutschen Autokonzerne BMW und Daimler. Die von den drei Herstellern 2007 zusammen mit Bosch gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) habe nicht nur Abgastests mit Affen vorgenommen, sondern auch mit Menschen. Ein Leser der Zeitung hält den Inhalt des Berichts für falsch und tendenziös. Die Probanden in der Studie seien keineswegs Abgasen ausgesetzt gewesen. Die Studie habe der Überprüfung von MAK-Werten (MAK = Maximale Arbeitsplatz Konzentration) gedient und sei auf Veranlassung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt worden. Die Studie werde mit dem Diesel-Abgasskandal in Verbindung gebracht, obwohl sie lange vor dem Bekanntwerden des Skandals konzipiert und durchgeführt worden sei. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Obwohl es zutreffe, dass bei der betreffenden Studie menschliche Probanden „Stickstofftests“ (NO2-Tests) ausgesetzt worden seien und nicht „echten“ Autoabgasen, liege in der Berichterstattung der Zeitung – gedruckt und online – kein Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht vor. Zu dem Zeitpunkt, als die Berichterstattung noch von „Abgastests“ gesprochen habe, sei dies der aktuellste und durch eine zuverlässige Quelle abgesicherte Stand der Erkenntnisse gewesen. In presserechtlicher Sicht hätten die berichtenden Medien also unter dem Aspekt der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ nach dem maximalen Maß an journalistischer Sorgfalt gehandelt.

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Auf äußerliche Merkmale reduziert

In einer Illustrierten erscheint eine Notiz zu bekannten Gästen von Polit-Talkshows, darunter auch Sahra Wagenknecht. Die Redaktion schreibt: “Sahra Wagenknecht – Die schöne Linke, 48, war der begehrteste Gast bei Politik-Talkshows 2017“. Die Redaktion veröffentlicht dazu ein Foto von Wagenknechts Ausschnitt. Ein Leser der Zeitschrift sieht einen Verstoß gegen Ziffer 9 des Pressekodex (Schutz der Ehre). Sowohl durch den Text als auch durch das beigestellte Bild werde die Politikerin auf ihre rein äußerlichen Merkmale reduziert. Das sei sexistisch und ehrverletzend. Der zuständige Ressortleiter meint, es geschehe der Redaktion in gewissem Sinne recht, dass sie sich nun mit einer Presseratsbeschwerde wegen des Fotos von Sahra Wagenknecht auseinandersetzen müsse. Er könne nicht bestreiten, dass hier ein Fehler passiert sei. Trotzdem – so der Ressortleiter weiter – sei die Beschwerde vollständig unbegründet. Hier walte kein Sexismus. Auch sei niemandes Ehre verletzt worden. Es sei schlicht ein menschlicher Fehler in der Schlussgrafik passiert. Die von der Chefredaktion für den Druck freigegebene Seite habe an der fraglichen Stelle ein ganz normales Porträt von Frau Wagenknecht gezeigt. Die Redaktion habe sich bei der Betroffenen sofort entschuldigt. Für Sahra Wagenknecht sei die Angelegenheit damit offenbar erledigt gewesen. Für den Presserat sollte sie das auch sein.

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