Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
“Software-Entwickler (22) stirbt in Google-Büro“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über den Tod eines Google-Mitarbeiters. Dieser sei tot in seinem Büro am Schreibtisch aufgefunden worden. Genannt wird der volle Name des Mannes. Woran er gestorben ist, sei unklar. Laut New York Post habe er keine Vorerkrankungen gehabt, heißt es im Artikel, auf den die Zeitung verlinkt. „Oder fiel der 22-Jährige etwa einem Verbrechen zum Opfer?“, fragt die Redaktion. Das würden die Ermittler zurzeit ausschließen. Die Zeitung schreibt weiter, Bekannte und Kollegen seien schockiert vom plötzlichen Tod des Entwicklers. Sie beschrieben ihn als agil, neugierig und lebensfroh. Er habe bei Google bereits seit Mai 2016 gearbeitet. Seinen letzten Tweet habe er am Abend vor seinem Tod abgesetzt. Bezogen auf seine Spotify-Playlist habe er geschrieben: „Ich bin echt gespannt, was ich 2019 noch alles entdecken werde“. Zum Artikel gestellt sind zwei Fotos vom Facebook-Profil des Verstorbenen. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass diese sowohl den Klarnamen des Verstorbenen und als auch seine Fotos aus den privaten Facebook-Accounts veröffentlicht habe. Das Gesicht des jungen Mannes sei deutlich zu erkennen. Zudem verlinke die Zeitung Aussagen aus dem Spotify-Account des Verstorbenen und gebe diese wieder, geschmackloserweise ein Post, in dem sich der Verstorbene hoffnungsvoll über seine Zukunft äußert. Der Betroffene werde nicht nur eindeutig identifizierbar dargestellt. Durch den Zugriff auf gleich mehrere Social Media-Plattformen werde auch massiv in seine Privatsphäre eingegriffen. Zusammen mit dem veröffentlichten Link werde dem Leser geradezu ein Profil des Verstorbenen dargeboten, ohne dass ein erkennbares öffentliches Interesse daran erkennbar wäre. Der Chefredakteur der Zeitung sieht keinen Grund zur Beanstandung des Beitrages. In derartigen Fällen vertrete die Redaktion die Auffassung, dass die Öffentlichkeit – insbesondere bei spektakulären Geschehnissen, die sich im öffentlichen Raum ereignen – ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend informiert zu werden. Dies könne durchaus Einzelschicksale einbeziehen und auch personalisierend geschehen. Im vorliegenden Artikel berichte die Redaktion über den Fragen aufwerfenden Tod eines jungen Menschen, der leblos an seinem Arbeitsplatz beim größten und vermeintlich „besten“ Arbeitgeber der Welt aufgefunden worden sei. Der Chefredakteur sieht es als Aufgabe der Presse an, die Entwicklung unserer Gesellschaft kritisch zu beobachten und zu diskutieren. Genau darum gehe es in dem Artikel. Das Schicksal des 22-jährigen Mannes zeige, wie Mitglieder vor allem jüngerer Generationen unter ungeheuren Strapazen versuchten, sich durch immer längere und immer härtere Arbeit gegen andere gut ausgebildete und ambitionierte Menschen durchzusetzen, oft um jeden Preis. Die Chronistenflicht der Presse erfordere es, identifizierend über das Schicksal des Softwareentwicklers zu berichten.
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Zwei Schlägereien in der Innenstadt des Verlagsortes sind Thema in einer Regionalzeitung. In einem Fall heißt es, zwei Gruppen von Ausländern seien beteiligt gewesen. Im zweiten Fall habe eine dieser beiden Gruppen einen Deutschen angegriffen. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Berichterstattung Ausländer durch die Gegenüberstellung von „Ausländern“ und „Deutschen“ diskriminiere. Der Leiter Personal und Recht des Verlages widerspricht der Beschwerdeführerin. Diese vertrete die Auffassung, dass eine Nennung der Nationalität womöglich noch zu tolerieren wäre, aber eine bloße Zuordnung zur Gruppe „Ausländer“ ohne Differenzierung nach Staatsangehörigkeit abwertend sei. Das sei nicht nachvollziehbar. Wenn 15 Personen, die sich auf zwei Gruppen zu fünf und zehn Personen verteilten, verschiedene nicht-deutsche Staatsangehörigkeiten hätten, dann sei der Oberbegriff dafür, dass es sich um zwei Gruppen von „Ausländern“ handele. Inwieweit dies stärker die Gefahr einer Diskriminierung begründen solle, als die Nennung der einzelnen Nationalitäten, erschließe sich der Redaktion nicht. Im konkreten Fall seien alle Mitglieder der beiden Gruppen, die zunächst miteinander in Streit geraten seien, durch das gemeinsame Merkmal der ausländischen Herkunft verbunden. Deshalb sei von der Redaktion zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Kodex der Begriff „Ausländer“ zur Kennzeichnung gewählt worden.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Gäste müssen mehr zahlen“ über eine Gemeinderatssitzung in einer baden-württembergischen Großstadt, in der über eine Erhöhung der Kurtaxe abgestimmt wurde. Die Zeitung schreibt: „Die Kurtaxe ist nicht zweckgebunden und fließt in den allgemeinen Haushalt.“ Sie gibt damit eine Antwort wieder, die der Bürgermeister einer Stadtverordneten auf eine entsprechende Anfrage gegeben hatte. Ein Leser der Zeitung ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Die Feststellung, dass die Kurtaxe nicht zweckgebunden sei und in den allgemeinen Haushalt fließe, sei mit Paragraf 43 des Kommunalabgabengesetzes von Baden-Württemberg nachweislich widerlegt. Obwohl die Zeitung Hilfe in Form eines Leserbriefes mit den entsprechenden Fakten erhalten habe, habe die Redaktion weder den Leserbrief veröffentlicht, noch selbst einen redaktionellen Artikel – wie von einer Redakteurin angekündigt – dazu veröffentlicht. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. In der kritisierten Textstelle werde die Aussage des Bürgermeisters wahrheitsgetreu wiedergegeben. Ein Fehler in der Berichterstattung liege also nicht vor. Dass die Aussage in der zitierten Form gefallen sei, werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Dieser zweifle vielmehr die inhaltliche Unkorrektheit der Aussage des Bürgermeisters an. Ungeachtet der Tatsache, ob der Beschwerdeführer damit richtig liege, sei darin kein Fehler in der Berichterstattung zu sehen. Warum sein Leserbrief nicht veröffentlicht worden sei, habe die Redaktion dem Beschwerdeführer ausführlich erklärt. Schließlich teilt die Redaktion mit, dass sie keinen Anlass zur Richtigstellung sehe. Sie habe nicht fehlerhaft berichtet. Somit könne sie auch nichts richtig stellen.
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Ein Online-Nachrichten-Portal veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Attacke im Ankerzentrum (…): Haftbefehle gegen Flüchtlinge – Sie wollten Polizisten töten“. Der Beitrag informiert über Angriffe von Bewohnern eines Ankerzentrums auf Ordnungskräfte und Polizisten. Im Text heißt es, dass Untersuchungshaft gegen vier Männer wegen des Verdachts auf versuchten Totschlag verhängt worden sei. Erste Ermittlungsergebnisse erhärteten – so die Redaktion – den Verdacht auf eine Tötungsabsicht. Ein Nutzer des Portals ist der Auffassung, dass in der Überschrift und im Beitrag der Verdacht des versuchten Totschlags als Tatsache dargestellt worden sei. Das sei vorverurteilend. Die Redaktion entgegnet, dass die Überschrift Bezug nehme auf die Aussage der Ermittlungsbehörden, der Tatverdacht (versuchte Tötung und Brandstiftung) habe sich erhärtet. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten in einer gemeinsamen Pressemitteilung geschrieben, dass es deutliche Hinweise für die Ermittler gebe, dass eine Tötungsabsicht bestanden habe. Der Verdacht sei nicht als Fakt dargestellt worden. Durch den Halbsatz „Haftbefehle gegen Flüchtlinge“, der in die Überschrift aufgenommen worden sei, werde dem Leser klar, dass es sich um einen Tatverdacht handele. Dies werde durch die Formulierung „Hauptverdächtige“ noch verdeutlicht. Auch die Berichterstattung selbst stelle die Geschehnisse ohne Vorverurteilungen dar. Es werde stets deutlich gemacht, dass es sich um Tatverdächtige handele und der Vorgang als Ermittlungsverfahren geführt werde. Ausdrücklich beziehe sich die Redaktion auf Erklärungen von Staatsanwaltschaft und Polizei. Unabhängig davon, dass eine Vorverurteilung nicht stattgefunden habe, nehme die Redaktion die Beschwerde ernst und veröffentliche den Artikel ohne Anerkennung einer Sach- und Rechtspflicht in geänderter Form.
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Eine regionale Boulevardzeitung berichtet online auf ihrer Führungsseite über einen Vorgang im Zusammenhang mit einer Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof. Die Überschrift des Beitrages lautet: „Eilmeldung – Anschlag am Kölner Hauptbahnhof: Geiselnehmer ist aus dem Koma erwacht“. Ein Leser der Zeitung ist der Auffassung, dass die Aufmachung der Titelseite irreführend sei. Sie erwecke den Eindruck eines aktuellen Terroranschlags. Der General Manager Digital der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Die Eilmeldung sei etwa zwei Monate nach einem aufsehenerregenden Attentat am Kölner Hauptbahnhof erschienen. Die Dachzeile „Anschlag am Kölner Hauptbahnhof“ ordne die Hauptzeile „Geiselnehmer aus dem Koma erwacht“ ein. Schon allein aus der Tatsache, dass der Geiselnehmer aus dem Koma erwacht sei, ergebe sich, dass es sich bei dem Anschlag nicht um eine unmittelbare Situation handele. Von „Effekthascherei“ oder „bewusster Irreführung“ könne folglich nicht die Rede sein.
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Eine Nachrichtenagentur meldet unter der Überschrift „Rechtsextreme ´Feindeslisten´ mit mehr als 25.000 Namen“, dass die Polizei in den vergangenen Jahren mehrere Listen mit politischen Gegnern der Rechten gefunden habe. Die Agentur schreibt: „Neben der schon bekannten NSU-Adressliste mit rund 10.000 Menschen wurde im vergangenen Jahr bei einer Anti-Terror-Razzia in Mecklenburg-Vorpommern eine Liste mit etwa 25.000 politischen Gegnern gefunden, die im Krisenfall getötet werden sollen. Das geht aus der Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor, über die zuerst das ´RedaktionsNetzwerk Deutschland´ berichtet hatte. Unklar bleibt, wie groß die tatsächliche Gefahr für die Betroffenen eingeschätzt wurde, die auf einer sogenannten Feindesliste auftauchen. Nachdem bei den Ermittlungen gegen den rechtsextremen Bundeswehrsoldaten Franco A. eine Sammlung von 32 Menschen und Orten gefunden wurde, hat das Bundeskriminalamt (BKA) nach Regierungsangaben drei Betroffene informiert. Bei den 25.000 Menschen, deren Namen bei der rechtsextremen ´Prepper´-Gruppe ´Nordkreuz´ gefunden wurde, sei nach einer ´Gefährdungsanalyse´ hingegen keine Unterrichtung erfolgt. (…)“. Ursprünglich wandte sich ein Leser einer Regionalzeitung mit einer Beschwerde an den Presserat. Er stört sich vor allem an dem Satz über eine Mittteilung des Bundesjustizministeriums. Die entsprechende Aussage sei in dessen Erklärung nicht enthalten. Auch der Presserat kritisiert die Agenturmeldung und tritt in diesem Fall ebenfalls als Beschwerdeführer auf. Die Rechtsvertretung der Agentur teilt mit, die von der Zeitung verwendete Formulierung „Todeslisten“ stamme nicht von dieser, da in ihrer Meldung von „Feindeslisten“ die Rede gewesen sei.
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen als „Meinung & Hintergrund“ gekennzeichneten Beitrag, in dem es um Positionen der Bewegung „Konservativer Aufbruch“ in der CSU geht. Thematisiert werden unter anderem Äußerungen eines örtlichen Stadtrats. In Bezug auf diesen schreibt die Zeitung, die Stadträtin und Kreisvorsitzende behandle Anhänger des „Konservativen Aufbruchs“ wie Aussätzige. Der Stadtrat bekomme dies im Rat der Stadt „regelmäßig zu spüren“. Beschwerdeführer ist der im Artikel genannte Stadtrat. Er legt ein Gegendarstellungsersuchen an die Zeitung vor, in dem er feststellt, er habe die im Bericht genannten Aussagen („werde wie Aussätziger behandelt“, „bekomme das im Stadtrat regelmäßig zu spüren“) nie gesagt. Die Zeitung zitiere ihn unkorrekt. Vielmehr habe er gesagt, dass Forderungen des „Konservativen Aufbruchs“ in der CSU leider nicht immer berücksichtigt würden. Die Rechtsabteilung des Verlages lässt die Autorin des Beitrages auf die Beschwerde antworten. Diese teilt mit, dass sie die im Bericht genannten Zitate des Stadtrats wortwörtlich so wiedergegeben habe, wie sie im Gespräch mit ihr gesagt worden seien. Der Lokalpolitiker habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Redakteurin seinen Wunsch, die Zitate vor der Veröffentlichung zur Autorisierung zu bekommen, abgelehnt habe. Alle im Bericht wiedergegebenen Zitate habe sie sich wörtlich notiert.
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Eine überregionale Zeitung berichtet unter der Überschrift „Arm, aber bockig. Dit is Berlin“ über lokale Widerstände gegen Investoren-Projekte in Berlin. Thematisiert wird vor allem ein Projekt am Checkpoint Charlie. Die Zeitung schreibt: „Über die Bebauung der beiden Flurstücke hatte der jüdische Immobilienentwickler Heskel Nathaniel lange – und vor allem einvernehmlich – mit dem Senat verhandelt.“ Plötzlich äußerten manche Leute Bedenken gegen die geplante Bebauung. Diese Bedenken würden von einer Zeitung mit einer persönlichen Kampagne gegen den israelischen Investor flankiert. Ziel sei es, den Mann in Misskredit zu bringen. Der Bürgermeister habe eingeräumt, dass die kampagnengleiche Berichterstattung über die Firma Nathaniels tatsächlich auch eine Rolle gespielt habe. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – merkt an, es würden zahlreiche Beteiligte erwähnt. Nur bei Herrn Nathaniel, dem reichen Juden, werde die Religion erwähnt und das ohne jeden Zusammenhang. Das sei Antisemitismus in Reinform. Der Geschäftsführer und der Justiziar der Zeitung wenden sich gegen den Vorwurf des Beschwerdeführers. Die Erwähnung der Religionszugehörigkeit sei keineswegs ohne Sachzusammenhang erfolgt. Herr Nathaniel sehe sich – wie nur wenige Zeilen später im Text erwähnt - aktuell einer persönlichen Kampagne ausgesetzt, die ihren Ursprung in seiner Herkunft und seiner Religion habe. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, sei die Nennung der Religionszugehörigkeit zwingend erforderlich gewesen. Nichts liege den beiden Autorinnen ferner als Antisemitismus. Nur wenige Wochen vor der jetzt erfolgten Veröffentlichung habe die Zeitung ein großes Porträt über Herrn Nathaniel veröffentlicht, in dem eine der beiden Autorinnen deutlich ihr Unverständnis über die Schmutzkampagne gegen den israelischen Investor zum Ausdruck gebracht habe.
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Ein Nachrichtenmagazin kündigt online auf Facebook unter der Überschrift „Seenotretter im Streit mit Malta: Die Odyssee der ´Professor Albrecht Penck´“ einen verlinkten Artikel zum genannten Thema an. In der Kommentarspalte schreibt Nutzer „Sascha Grimm“: „Na dann hoffen wir mal das Neptun sein Werk vollbringt“. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, der Artikel sei vom Nutzer Sascha Grimm rassistisch und im höchsten Maße menschenfeindlich kommentiert worden. Die Redaktion sei trotz mehrmaliger Aufforderung dem Wunsch nicht nachgekommen, diesen Kommentar zu löschen. Sie trage somit zur Hetze gegen Seennotrettung bei. Das Justiziariat des Verlages teilt mit, der in der Silvesternacht um 1:44 Uhr eingestellte Kommentar sei rassistisch und in menschenverachtender Weise geschmacklos. Die Redaktion distanziere sich von der hierdurch zum Ausdruck gebrachten Geisteshaltung aufs Entschiedenste. Sie habe den Kommentar kurz nach seiner Veröffentlichung aus eigenem Antrieb gelöscht. Dass die Beschwerdeführerin diesen Kommentar beanstandet, sei ehrenwert. Die Redaktion wolle sich hiermit ausdrücklich für den Hinweis auf diese nicht tolerable Äußerung eines ihrer Nutzer bedanken. Die Redaktion verwahre sich jedoch gegen den Vorwurf, sie würde rassistischer und menschenfeindlicher Hetze Vorschub leisten. Mag der Beschwerdeführerin die Löschung des Kommentars auch nicht schnell genug gegangen sein, lasse sich jedoch kein Verstoß gegen die presseethische Sorgfalt konstruieren.
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Eine Regionalzeitung berichtet über einen Fall schwerer Körperverletzung. Auf dem Bahnhof einer Kleinstadt im Verbreitungsgebiet der Zeitung habe ein aus Syrien stammender Flüchtling sein Opfer mit mehreren Messerstichen niedergestreckt. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen versuchten Totschlages durch schwere und lebensgefährliche Körperverletzung. Die Polizei habe auf Grund von Zeugenaussagen noch am Tatort einen Jugendlichen im Alter von 16 Jahren dingfest machen können. Der unbegleitete minderjährige Flüchtling lebe in einer Asylunterkunft. Anlass für die Messerattacke soll der Streit um ein Mädchen gewesen sein. Laut einer Zeugin hätten sich Opfer und Täter gekannt. Die Polizei habe sich vor Ort nicht äußern wollen. Sicher sei indes, dass es sich bei dem niedergestochenen Opfer um einen deutschen Jugendlichen handele. Was den Täter angehe, seien sich die Zeuginnen nicht einig darüber, ob er Araber sei oder aus Afghanistan stamme. Die Staatsanwaltschaft habe indes von einem 16-Jährigen aus Syrien gesprochen. Eine Leserin der Zeitung ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Sie sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen die Regeln, wie über minderjährige mutmaßliche Straftäter berichtet werden sollte. Außerdem rege der Artikel zu nicht informativen und gefährlichen Spekulationen über die Herkunft des Täters an. Ob dieser Araber sei oder aus Afghanistan stamme, sei irrelevant. Der Leiter Personal & Recht des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die Nennung des Alters des Tatverdächtigen sei notwendig gewesen, damit der Leser das Geschehen richtig einordnen könne. Sowohl beim mutmaßlichen Täter als auch beim Opfer handele es sich um Minderjährige. Um das Verhältnis zwischen den beiden korrekt zu beschreiben, sei eine Nennung des Alters notwendig gewesen. Die Zeitung habe nicht identifizierbar berichtet. Es gehe in diesem Fall um eine schwere Straftat. Zudem sei der große Polizeieinsatz in der Kleinstadt der Bevölkerung sehr präsent und Stadtgespräch gewesen. Es habe ein großes öffentliches Interesse an der Berichterstattung bestanden. Der Autor habe erkennbar umfassend recherchiert und damit seine Sorgfaltspflicht erfüllt.
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