Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Eine überregionale Zeitung berichtet online unter der Überschrift „Wegen tödlicher Krankheit: Füchse im Fadenkreuz“ über die Ausbreitung der Krankheit Fuchsräude im Landkreis Dachau. Um die Ausbreitung zu erschweren, sollen Jäger auch gesunde Tiere erlegen, schreibt die Autorin. Der Jagdschutzverein Dachau habe angekündigt, die Populationsdichte von Füchsen zu reduzieren. Eine hohe Populationsdichte begünstige die Ausbreitung der Krankheit, habe der Jagdverbandsvorsitzende gesagt, was auch vom zuständigen Veterinäramt bestätigt worden sei. Die Zeitung berichtet weiter, in der vergangenen Saison seien im Landkreis 1.030 Füchse geschossen worden. Sie zitiert wiederum den Vorsitzenden des Jagdverbandes, der gesagt habe, trotz der „Entnahme“ von mehr als tausend Tieren habe die Population der Füchse im Landkreis zugenommen. Die aktuelle Gesamtzahl der Tiere schätze der Jagdverbandsvorsitzende auf etwa das Dreifache der im vergangenen Jahr geschossenen Füchse. Wie viele der Tiere an der Fuchsräude erkrankt seien, sei laut Veterinäramt und Jagdverband unklar, heißt es im Artikel weiter. Der Jagdverband habe mehrere Füchse mit Symptomen gesichtet. Für die Krankheit bestehe keine Meldepflicht. Beschwerdeführer ist die Bürgerinitiative Pro Fuchs Ostfriesland e. V. Der Verein wirft der Redaktion mangelnde Recherche vor. Seines – des Vereins - Wissen nach gebe es keine konkreten wissenschaftlich belegbaren Zahlen zur Fuchspopulation. Aus den Jagdstatistiken der Bundesländer gehe ferner hervor, dass das langfristige Populationswachstum nicht durch die Jagd, sondern durch andere Faktoren limitiert werde. Die Rechtsabteilung des Verlages weist die Vorwürfe zurück. Anlass für den Artikel sei eine Pressemitteilung des örtlichen Jagdverbandes gewesen. Die Autorin des Beitrages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Sie beruft sich auf ein Gespräch mit dem Jagdverbandsvorsitzenden. Um dessen Aussagen zu prüfen und weitere Fakten zu erhalten, habe sie sich an das zuständige Veterinäramt gewandt. Dabei habe es sich bestätigt, dass keine offiziellen Zahlen über infizierte Tiere vorlägen und auch nicht erhoben würden. Sie habe im Artikel bewusst deutlich gemacht, dass es sich bei den wiedergegebenen Fakten um eine Einschätzung der Jäger handele, die in diesem Fall die einzige mögliche Quelle für die Situation im Landkreis seien. Die Autorin sagt, sie schüre keine Panik. Im Gegenteil relativiere sie die Aussagen des Jagdverbandes und prüfe sie kritisch auf die Faktenlage der Krankheit sowie die Situation im Landkreis Dachau.
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„Todesschüsse beim Mittagessen!“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im Bericht geht es um einen Terroranschlag in einem Hotel in Nairobi, bei dem 14 Menschen getötet wurden. Auf beigestellten Fotos sind mehrere der Opfer zu sehen, die offenbar während des Essens an ihrem Tisch erschossen wurden. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie sind der Auffassung, dass die Berichterstattung unangemessen sensationell sei. Zudem verletze sie den Opferschutz und die Menschenwürde. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Zeitung an der regelmäßig vertretenen Auffassung festhalte, dass die Öffentlichkeit insbesondere bei spektakulären Geschehnissen, die sich im öffentlichen Raum ereigneten, ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend informiert zu werden. Das sei auch hier der Fall. Die Darstellung der Ereignisse von Nairobi sei nicht unangemessen sensationell, denn man dokumentiere lediglich die Folgen des Anschlags in ihrer ganzen Brutalität. Die Opfer seien nicht erkennbar abgebildet worden.
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„Was tun mit dem römischen Erbe?“ titelt eine Regionalzeitung gedruckt und online. Im Beitrag informiert sie über eine Veranstaltung der „Initiative Römisches Mainz“ (IRM). Diese hatte Kommunalpolitiker eingeladen, um mit ihnen über ihre Pläne und Ziele im Hinblick auf ihren Umgang mit dem römischen Erbe der Stadt zu sprechen. Der Autor zieht das Fazit, dass der Verein befriedigende Antworten der Politiker vermisse. Ein Leser der Zeitung vermisst in dem Beitrag einen Hinweis darauf, dass dessen Autor Vorstandsmitglied des IRM ist. Als Mitglied der Initiative könne er nicht objektiv über dessen Angelegenheiten berichten. Der Beschwerdeführer vermisst die gebotene Transparenz. Der Chefredakteur der Zeitung gibt zu, dass der Autor des Beitrages im Hinblick auf seine Funktion in der „Initiative Römisches Mainz“ sicherlich keine ideale Besetzung gewesen sei. Andererseits sei das Thema politisch nicht sehr aufgeladen. Man hätte den Bericht fast „kalt“ schreiben können, da alle das römische Erbe schätzten, aber niemand der politisch Verantwortlichen in einer hoch überschuldeten Stadt bereit sei, mehr Geld für seinen Erhalt bereitzustellen. Unabhängig davon habe man mittlerweile geklärt, dass der Autor Termine der Initiative künftig nicht mehr übernehmen werde. Auf der anderen Seite jedoch ließen sich im lokalen Raum Vereinszugehörigkeiten von Mitarbeitern aber wohl nicht immer und vollständig vermeiden.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Ladendiebe kommen an den Tatort zurück“. Sie berichtet über die Festnahme von zwei Männern wegen des Diebstahls von zwei Jacken in einem Bekleidungsgeschäft. Der Autor teilt mit, dass es sich bei den Festgenommenen um Rumänen handele. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Angabe der Nationalität der beiden Männer. Ihre Herkunft spiele keine Rolle; die Nennung bediene rassistische Vorurteile. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet von aktuellen Studien, denen zufolge Ladendiebstähle die Einzelhändler Jahr für Jahr mehrere Milliarden Euro kosteten. Das Kölner Institut EHI schätze, dass wertmäßig rund ein Viertel aller Ladendiebstähle in Deutschland auf Banden und organisierte Kriminalität entfalle und die professionell agierenden Täter zum Stehlen aus dem überwiegend osteuropäischen Ausland anreisten. So sei der Anteil Nicht-Deutscher, die des schweren Ladendiebstahls verdächtigt würden, seit 2007 rasant gestiegen, und zwar von 40 auf inzwischen knapp 70 Prozent. Wie die Strafverfolgungsbehörden diesem Phänomen wirksam begegnen könnten, sei seit langem Gegenstand intensiver politischer Debatten. Im vorliegenden Fall – so der Chefredakteur weiter – gehe der aufgeklärte Ladendiebstahl auf das Konto zweier Rumänen, die in Deutschland keinen Wohnsitz hätten. Somit liege die Vermutung nahe, dass die Täter ebenfalls dem Milieu ausländischer Banden zuzuordnen seien. Die Angaben zu ihrer Herkunft seien deshalb erforderlich, um den Fall richtig einordnen zu können. Es liege ein begründetes Informationsinteresse der Leser an der Nennung der Nationalität der Täter vor.
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Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „12.000 Euro Strafe für Fake News“ über das Urteil eines Amtsgerichts gegen einen Blogger, der in diesem Fall der Beschwerdeführer ist. Dieser hatte 2018 in seinem Blog über einen Terroranschlag in Mannheim berichtet, der nicht stattgefunden hat. Der Blogger wirft der Zeitung und anderen Redaktionen vor, sie hätten über den Prozess falsch berichtet. Es werde von einigen Medien der Eindruck erweckt, das gegen ihn ausgesprochene Urteil sei rechtskräftig. Der Beschwerdeführer teilt mit, er habe alle Redaktionen aufgefordert, die entsprechenden Passagen zu korrigieren. Erst nach Androhung juristischer Mittel seien einige Korrekturen vorgenommen worden. Andere falsche Behauptungen seien aber nicht richtiggestellt worden. Auch ein Zeuge, ein im Bericht zitierter Polizeipräsident, habe sich verkürzt zitiert gesehen. Der Chef vom Dienst der Zeitung verweist auf ein beigelegtes Schreiben des Anwalts, den die betroffenen Medien gemeinsam mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt haben. Die Kanzlei nimmt zu allen Punkten Stellung, die in der Beschwerde angesprochen werden.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „´Schlampe´ bleibt eine Beleidigung“ über eine Berufungsverhandlung wegen Beleidigung vor einer Strafkammer des Landgerichts. Dem Angeklagten, einem 46 Jahre alten Wirtschaftsjuristen, sei vorgeworfen worden, vor einem Jahr an einer Tankstelle am Verlagsort eine Autofahrerin schwer beleidigt zu haben. Das Amtsgericht habe ihn zu einer Geldbuße von 600 Euro verurteilt. Später sei die Auflage auf 400 Euro herabgesetzt worden, nachdem der Angeklagte auf einen Geldmangel hingewiesen habe. Später habe das Gericht erfahren, dass er in einem fast bezahlten Reihenhaus wohnt, Tennis spielt und 3400 Euro netto im Monat verdient. Schließlich – so die Zeitung weiter – habe der Mann nachgegeben und erklärt, er werde jetzt auch die restlichen 200 Euro nach dem Verkauf seiner teuren Tennisballmaschine bezahlen. Der Jurist ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er sei durch die detaillierten Angaben zu seiner Person von der Zeitung für seinen näheren und weiteren Bekanntenkreis identifizierbar dargestellt worden. Das sei gleichzusetzen mit einer Nennung seines vollen Namens. Sein Persönlichkeitsrecht sei verletzt worden. Er sei auch keine Person des öffentlichen Lebens. Die Erwähnung der Tennisballmaschine und seines Einkommens sei rufschädigend. Die Chefredakteurin sieht ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem berichteten Sachverhalt. Die im Gerichtsbericht geschilderten Tatsachen seien wichtig für das Verständnis dieses Sachverhalts. Der Hinweis auf die Tennisballmaschine sei zur sachgerechten Unterrichtung der Leserschaft notwendig, nachdem der Beschwerdeführer dem Amtsgericht zunächst wahrheitswidrig vorgespiegelt habe, dass er nicht einmal in der Lage sei, eine Geldauflage von 600 Euro zu bezahlen. Zu Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) stellt die Chefredakteurin fest, dass eine Identifizierung des Betroffenen durch den Bericht nicht möglich sei. Ihr Stellvertreter habe sich um ein Gespräch mit dem Mann bemüht. Dabei habe sich jedoch gezeigt, dass es dem Kläger in Wirklichkeit nicht um die Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte, sondern nur ums Geld gehe. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung die schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers überwiegt.
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„Transe bekommt Haarentfernung bezahlt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über ein Sozialgerichtsurteil. Danach muss die gesetzliche Krankenkasse die Kosten tragen, wenn eine Transsexuelle ihre Barthaare bei einer Kosmetikerin entfernen lässt. Eine Person, die die Zeitung liest, hält den Begriff „Transe“ nicht für objektiv. Sie sieht unter anderem die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen) verletzt und wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Kritik an der Überschrift für berechtigt und spricht von einem bedauerlichen Fauxpas. Die Formulierung sei an jenem Tag durchgerutscht. Der bearbeitende Redakteur habe diesen Begriff in die Überschrift genommen, weil sich Transsexuelle ironisierend immer mal wieder selbst als „Transen“ bezeichneten. Das rechtfertige allerdings nicht, merkt der Chefredakteur an, in einer nachrichtlichen Überschrift zu dieser diskriminierenden Vokabel zu greifen. Die Redaktion wolle Transsexuelle nicht diskriminieren. Umso ärgerlicher sei es, dass die Überschrift so erschienen sei. Der Fall sei im Verlauf der Redaktionskonferenz deutlich thematisiert worden. Nach dieser Erläuterung habe die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität die Entschuldigung der Redaktion akzeptiert und ihrerseits von einer ursprünglich beabsichtigten Anrufung des Presserats Abstand genommen.
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Ein Journalist schreibt eine E-Mail an die Firmen-Adresse eines von Plagiatsvorwürfen betroffenen Hochschuldozenten, der in einer weiteren Funktion auch in einem anderen Bereich tätig ist. Der Journalist setzt auch die allgemeine Firmenadresse sowie die eines Kollegen auf Kopie. Grund für das Schreiben ist eine Untersuchung der Doktorarbeit des Dozenten auf einer Plagiatsplattform. Die E-Mail enthält Fragen zu existierenden Plagiatsvorwürfen und zum Führen von Titeln. Wenige Tage später erneuert der Absender seine Anfrage mit Fristsetzung. Äußere sich der Beschuldigte nicht innerhalb der gesetzten Frist, werde er die berufsständische Kammer, eine Akademie sowie eine Hochschule, an der der Beschuldigte Dozent bzw. Honorarprofessor ist, sowie die Staatanwaltschaft zu der Sache befragen. Kurz darauf scheibt der Journalist erneut an die Mailadresse eines der Firmen-Standorte. Zudem geht eine E-Mail-Anfrage bezüglich der Plagiatsvorwürfe an die Akademie. In einer weiteren Mail wird der Doktortitel des Beschuldigten in Anführungszeichen gesetzt. Dieser beschwert sich beim Presserat: Es gehe um den Vorwurf, er stehe unter Plagiatsverdacht und führe zu Unrecht einen Professorentitel. Dagegen wehrt er sich. Dass der Doktor- und der Professorentitel von seinem Kontrahenten in Anführungszeichen gesetzt worden seien, sei ehrverletzend. Außerdem kritisiert der Betroffene die sehr kurze Frist für eine Stellungnahme, die der Journalist ihm gesetzt hat. Er habe urlaubsbedingt nicht sofort von der ersten Mail erfahren. Zu diesem Zeitpunkt habe der Journalist bereits die Akademie kontaktiert, an der er als freiberuflicher Dozent arbeite. Außerdem habe die Mail an die allgemeine Firmenadresse von den Mitarbeitern gelesen werden können. Der Journalist teilt mit, es sei zutreffend, dass er Recherchen angestellt habe wegen der Vorwürfe der entsprechenden Rechercheplattform. Es gehe um Plagiate in der Dissertation des Betroffenen. Er bedauert, den Titel des Dozenten einmalig in Anführungszeichen gesetzt zu haben.
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Kommentar unter der Überschrift „Pressefreiheit mit Füßen getreten“. Der Autor kritisiert einen Abgeordneten einer Stadtverordnetenversammlung, der den Magistrat dazu aufgefordert hatte, darauf hinzuwirken, dass die Pressevertreter künftig bis zum Ende der Ratssitzungen anwesend sein sollten. Er fühlt sich an den Fall in Dresden erinnert, bei dem die Polizei ein Fernsehteam festgehalten habe. Durch das Verhalten des Lokalpolitikers sieht sich der Kommentator zur oben genannten Überschrift veranlasst. Er stellt weiter fest, dass in diesem Fall ein gewählter Volksvertreter nicht den Sinn der Pressefreiheit begreife. Er wolle die Arbeit der Presse beeinflussen. Die Beschwerdeführerin kritisiert, dass in dem Kommentar eine Behinderung der Presse wie in Dresden mit einer Bitte um Berichterstattung gleichgesetzt werde. Hier werde ein falscher Eindruck erzeugt, mit dem der Politiker in seiner Ehre verletzt werde. Der Redaktionsleiter ist Autor des kritisierten Beitrages. Er verweist auf seinen Meinungsbeitrag, der eindeutig als solcher gekennzeichnet sei. Hintergrund sei, dass er eine Ratssitzung nach Abschluss der offiziellen Tagesordnung verlassen habe, um sich den Punkt „Verschiedenes/Anregungen“ zu ersparen. Diesen nutzten die Stadtverordneten erfahrungsgemäß gern, um überfüllte Mülleimer und kaputte Straßenlampen zu kritisieren oder Veranstaltungen anzukündigen. Er sehe seine Aufgabe als Journalist nicht darin, Chronist einer Stadtverordnetenversammlung zu sein. Vielmehr wolle er Schwerpunkte setzen und für den Leser Wichtiges von Unwichtigem trennen. Den Aufruf des Stadtverordneten, „auf die Presse einzuwirken“, sehe er nach wie vor als Angriff auf die Pressefreiheit an. Vor der Veröffentlichung seines Kommentars habe er - der Autor – versucht, mit dem Stadtverordneten Kontakt aufzunehmen, um ein eventuelles Missverständnis aus der Welt zu schaffen. Von diesem Angebot habe der Lokalpolitiker jedoch nicht Gebrauch gemacht.
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Eine Boulevardzeitung macht ihre Titelseite mit der Schlagzeile „Datenschutz-Irrsinn: Unsere Klingel-Schilder sollen weg!“ auf. Unter der Überschrift heißt es: „Deutschland droht ein Wirrwarr an Millionen von Haustüren. Schon bald könnten die Namensschilder am Klingelschild verschwinden – und durch anonyme Zahlen ersetzt werden. Schuld ist eine EU-Verordnung zum Datenschutz.“ Im eigentlichen Artikel auf der nächsten Seite wird dann erläutert, Schuld an dem drohenden Chaos sei die EU-Datenschutzgrundverordnung, die jetzt in ganz Europa gelte und die Privatsphäre aller Bürger schützen solle. Ob darunter auch ein Name auf einem Klingelschild falle, sei unklar. Deshalb wolle der Immobilienverband Haus & Grund seinen 900.000 Mitgliedern empfehlen, die Namensschilder bei vermieteten Wohnungen abzuschrauben. Mit seiner Empfehlung folge Haus & Grund einem Vorgehen der Wiener Firma „Wohnen“. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Zeitung betreibe auf ihrer Titelseite Irreführung. Sowohl die EU-Kommission als auch die Datenschutzbeauftragte der Bundesrepublik dementierten die Aussage, dass aus Datenschutzgründen Klingelschilder anonymisiert werden müssten. Ohne Nachfrage bei verantwortlichen Stellen würde die Leserschaft falsch informiert. Die Zeitung suggeriere, dass der Datenschutz Irrsinn sei. Das Beispiel – so der Beschwerdeführer – sei sachlich unbegründet und nicht hinterfragt. Nach Ansicht des auf die Beschwerde antwortenden Chefredakteurs genüge die Berichterstattung allen Anforderungen an die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Der Vorwurf der Irreführung sei nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers suggeriere der Artikel schon gar nicht, dass Datenschutz im Allgemeinen „Irrsinn“ sei. Der Bericht beziehe sich nur auf den „Irrsinn“ in Form der Unsicherheit der Bürger und Rechtsanwender im Zusammenhang mit der neu geschaffenen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Der Vorwurf, die Redaktion informiere ihre Leserinnen und Leser falsch, sei haltlos, so der Chefredakteur. Sämtliche Informationen im Artikel basierten auf Tatsachen. Der Autor schreibe ausdrücklich, dass unklar sei, ob ein Name auf einem Klingelschild überhaupt unter die DSGVO falle. Die rechtlichen Interpretationen der EU-Kommission und der Datenschutzbeauftragten im Nachgang zu dem Bericht könnten nichts daran ändern, dass es die geplante Empfehlung und die dadurch entstandene Verwirrung tatsächlich gegeben habe.
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