Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Ein Fernsehmagazin, das Zeitungen beigelegt wird, veröffentlicht in zwei Ausgaben das Supplement “familie heute”, in dem sich Preisausschreiben, Verbrauchertipps, Kochrezepte und Reisevorschläge finden. Innerhalb dieser Beiträge wird eine Vielzahl von Produktnamen genannt. Ein Bezirk der IG Medien nimmt Anstoß daran und schaltet den Deutschen Presserat ein. In dem Supplement werde eindeutig Schleichwerbung betrieben. Die Chefredaktion des Magazins erklärt, das Supplement “familie heute” sei in der Vergangenheit mit dem Hinweis “Anzeige” gekennzeichnet worden. Eine Untersuchung habe jedoch ergeben und Leserbriefe hätten gezeigt, dass die Leserschaft die Veröffentlichung sehr positiv bewertet und es auch keinen Zweifel am werblichen Charakter gibt. Deshalb sei man im Laufe der Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass es einer gesonderten Kennzeichnung nicht bedürfe. In dieser Meinung sei man bestätigt worden, da auch andere Verlage offenbar die gleiche Meinung vertreten und keine Kennzeichnung vorgenommen haben. Sollte es der Presserat jedoch für notwendig halten, werde man künftig wieder eine Kennzeichnung mit dem Wort “Anzeige” vornehmen. (1999)
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Eine Programmbeilage enthält unter der Überschrift “Splitter im Fuß, Brett vorm Kopf” eine Betrachtung der Ausstellung “Fremdkörper – Fremde Körper” im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Der Autor stellt einleitend fest, Fremdenfeindlichkeit, Xenophobie, sei ein Grundelement unseres Lebens – mit oft weit reichenden politischen Folgen. Wörtlich schreibt er dann: “Nachdem Kanzler Kohl vor Jahren in einem Zeitungsinterview den ‚Staatsnotstand‘ infolge angeblicher Überfremdung beschworen hatte, brannten reihenweise Häuser und Heime von Ausländern. Das angstvoll fremdenfeindliche Provinz-Deutschland offenbarte seinen Charakter.” Ein Journalist reicht die Veröffentlichung an den Deutschen Presserat weiter. Er ist der Meinung, dass mit der Formulierung “nachdem” presserechtlich unzulässige zeitliche, vor allem jedoch kausale Zusammenhänge zwischen dem Helmut Kohl zugeordneten Zitat vom Staatsnotstand und den Brandüberfällen auf Wohnungen von Ausländern und Asylbewerbern hergestellt worden sind. In der Passage sei die Aussage enthalten, dass der ehemalige Bundeskanzler fremdenfeindlichen Kriminellen quasi einen Freifahrtschein für fremdenfeindliche Aktionen bzw. eine Art Handlungsaufforderung erteilt habe. Dieser Schluss sei falsch und journalistisch unzulässig. Die Chefredaktion des Magazins betont, bei dem Beitrag handele es sich um eine Ausstellungsbetrachtung in bester feuilletonistischer Manier. Das Feuilleton sei traditionell ein mit Subjektivität getränkter Boden. Das Wort vom “Staatsnotstand” sei im Herbst 1992 seitens des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl in diversen Interviews und Papieren zum Parteitag der CDU in die öffentliche Diskussion gebracht worden. Der in dem kritisierten Text enthaltene Verweis beziehe sich konkret auf die Ausgabe der Rheinischen Post vom 24.10.1992, in der Kohl nach dem erkennbar schon im Schwange stehenden Begriff “Staatsnotstand” gefragt worden sei. Das Wort habe seinerzeit hohe Wellen geschlagen. So habe u.a. auch der SPIEGEL gefragt: “Was ist ein ‚Staatsnotstand‘, den der Kanzler neuerdings beschwört?” Danach habe es eine Vielzahl von Anschlägen gegeben. Diese listet die Chefredaktion zum Teil auf. Der Autor konfrontiere den Leser in dem Beitrag mit einer besonders eklatanten und durchaus noch gegenwärtigen Äußerung von Fremdenangst. Im direkten Zusammenhang mit dem Thema der Ausstellung gehe es darum, die ketzerische und in keiner Weise verfassungskonforme Wirkung von Politikerworten erkennen zu helfen. (1999)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Paraguay: Wo man Dürksen heißt und Plattdeutsch spricht” einen Bericht über eine Mennoniten-Siedlung in Paraguay. Schüler einer Schule dieser Siedlung beschäftigen sich in ihrem Deutschunterricht mit dem Inhalt des Artikels und erkennen darin den Alltag in ihrer Stadt nicht wieder. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat und kritisieren, dass die Berichterstattung falsch und einseitig verzerrt ist. Nicht hellblonde, weißhäutige Menschen bestimmen das Straßenbild, sondern dunkelhäutige Bewohner sind deutlich in der Überzahl. Wer von den Kindern nicht in den Gottesdienst komme, werde in der Schule ermahnt, schreibe die Autorin. Die Vorstellung, dass die Mehrheit der Bewohner der Stadt Christen sei, sei falsch. Wenn die Lehrer jeden, der sich nicht pünktlich im Gottesdienst zeige, ermahnen würden, würden alle Ermahnten höchstwahrscheinlich nicht mehr zum Unterricht kommen. In dem Artikel sei zu lesen, in einigen Kirchen seien selbst Hosen und ärmellose Blusen verpönt. Die Mennoniten im Chaco, insbesondere die Jugend, fühlten sich in ihrer Ehre verletzt, wenn in der modernen Zeit, in der wir leben, von ihnen so etwas behauptet werde. Es stimme auch nicht, dass das Deutsch der Lehrer fehlerhaft sei. Der Besitz eines Videorecorders werde als eine Revolution beschrieben. Dabei gehöre ein solches Gerät fast zu jedem Haushalt in der Stadt. Für so lasterhafte Vergnügen wie Kinos oder Diskotheken sei in der Stadt kein Platz, behaupte die Autorin. Dabei sei nur deshalb kein Kino in der Stadt, weil sie zu wenig Einwohner habe und sich eine solche Einrichtung nicht rentiere. Die Verfasserin vermisse Neuerungen. Wenn man die Siedlung mit irgendeiner Großstadt in Deutschland vergleiche, könnte man dieses behaupten. Aber verglichen mit dem Landesinnern von Paraguay sei der Ort ein entwickeltes Städtchen. Die meisten Einwohner seien mit den Einrichtungen wie Internet, Handy, Supermärkte, Sportzentren oder Molkereien zufrieden. Und außerdem seien sie offen für neue Einrichtungen. Schließlich werde auch die Rolle der Frau in der Gemeinschaft der Mennoniten falsch beschrieben. Zudem enthalte der Beitrag ein falsches Foto. Dieses zeige eine Gruppe konservativer Mennoniten in traditioneller Tracht. Eine solche Gruppe existiere in der Stadt überhaupt nicht. Die Chefredaktion der Zeitung übersendet dem Presserat eine Stellungnahme der Autorin ihres Beitrages. Darin weist diese darauf hin, dass sie ihre Reportage ausschließlich auf Publikationen der Mennoniten und auf Aussagen von Bewohnern der Siedlung gestützt habe. Sie habe das Straßenbild der Siedlung so geschildert, wie es sich ihr in ihren zwei Aufenthalten dort dargestellt habe. Hinsichtlich des Fotos räumt sie ein, dass dies von der Redaktion ausgewählt und dabei ein Fehler gemacht worden sei. Insgesamt habe sie nicht nur die schlechten Seiten der Siedlung geschildert. Sie habe das Leben dort so beschrieben, wie es sich jemandem darstelle, der in einer anderen Gesellschaftsordnung aufgewachsen sei. (1999)
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Unter den Überschriften „Kinder zittern – Sexgangster frei – Saustall Justiz“ bzw. „Skandal um Sexgangster – Gericht wartet auf das Ordnungsamt ...“ berichtet ein Boulevardblatt an zwei aufeinander folgenden Tagen über einen mutmaßlichen Kinderschänder, der mit einem Foto und dem abgekürzten Namen Horst U. vorgestellt wird.
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Eine Tageszeitung berichtet über zwei Trickdiebe, die mit Hilfe ihrer Kinder fünf Monate Rentnerinnen in ihren Wohnungen abgelenkt und bestohlen haben. Sie schildert die Masche des Paares, das nach Roma-Ritus verheiratet sei, zeigt die Fotos der beiden und nennt ihre Namen. Der Bericht schließt mit dem Hinweis, dass die Polizei weitere Opfer sucht, und mit der Telefonnummer der Kriminalpolizei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erkennt in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und legt den Beitrag dem Deutschen Presserat vor. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf, ihr Bildtext schüre rassistische Vorurteile, zurück. Ihr tue es leid, dass beim Zentralrat dieser Eindruck entstanden sei. (1999)
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Unter der Überschrift „Wieder Landfahrerinnen“ berichtet eine Lokalzeitung über drei „Landfahrerinnen“, die unbemerkt ein Haus betreten und durchsucht haben. Konkret sei nichts gestohlen worden, bemerkt das Blatt. „Vermutlich aber nur deshalb, weil die Landfahrerinnen bei der Suche gestört wurden.“ Unter Hinweis auf ähnliche Fälle veröffentlicht die Zeitung die Bitte der Polizei um Mithilfe bei der Fahndung. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung beruft sich auf die Polizei, die nicht nur Hinweise auf verdächtige Personen erbeten hat, sondern die Bevölkerung auch warnen wollte. Das Wort „Landfahrerinnen“ habe man deshalb gewählt, um die Bezeichnung „Zigeunerinnen“ zu vermeiden. (1999)
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Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift „Brief mit G’schmäckle“ über einen – nicht veröffentlichten – Leserbrief, den der Mitverfasser, ein Lokalpolitiker, noch vor einem möglichen Abdruck zurückgezogen hat. Der betroffene Lokalpolitiker beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in dem Beitrag der Zeitung eine Verletzung des Urheberrechts. Weiter glaubt er einen Verstoß gegen das Recht der freien Meinungsäußerung sowie eine einseitige Presseinformation mit gezielter Richtung und Absicht zu erkennen. Die Redaktionsleitung der Zeitung erklärt, ihr sei offiziell von der Schwester des Beschwerdeführers ein für eine Erbengemeinschaft verfasster Leserbrief zur Bebauung einer bestimmten Straße zugestellt worden. Die Wählervereinigung des Beschwerdeführers habe sich für eine Ausweisung dieses Gebietes als Bauland eingesetzt und der Beschwerdeführer selbst hätte – sofern es zu einer Ausweisung gekommen wäre – als Mitglied der Erbengemeinschaft davon deutlich profitiert. Dies sei der Redaktion selbstverständlich bekannt gewesen. Eine gewisse Brisanz habe der Leserbrief noch zusätzlich dadurch erhalten, dass als Absender eindeutig das Büro des Bruders zu identifizieren gewesen sei. Da der genaue Sachverhalt am Tage des Briefeinganges nicht mehr zu klären gewesen sei, habe man auf eine Veröffentlichung am folgenden Tag verzichtet. An diesem Tag habe der Beschwerdeführer der Redaktion erneut den Leserbrief seiner Schwester zugefaxt mit der Bitte, ihn nicht mehr zu drucken. Im Laufe des Tages habe sich dann herausgestellt, dass das Schreiben das tagespolitische Gesprächsthema im Ort war, und zwar deshalb, weil der Leserbrief nicht nur an die Redaktion, sondern auch an alle Fraktionen des Gemeinderats und an die konkurrierende Zeitung gegangen sei. Letztere habe dann auch einen Artikel über den Inhalt des Briefes veröffentlicht, wodurch ohne Zutun der eigenen Zeitung die ganze Angelegenheit bereits zu einem öffentlichen Thema geworden sei. Die Zurücknahme des Leserbriefes – dessen eigentliche Verfasserin die Schwester war – durch den Beschwerdeführer habe man zwar respektiert, man habe den Lesern aber nicht zumuten können, über diese Angelegenheit länger schweigend hinwegzusehen, nachdem eine andere Zeitung bereits darüber berichtet hat und der Briefinhalt den Fraktionen des Gemeinderats bekannt war. (1999)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht drei Beiträge unten den Überschriften „Erste und letzte Station: Sozialhilfe“, „Jeder vierte kriegt ‚Stütze‘ “ sowie „Schweigekartell“. In allen Beiträgen geht es um die wirtschaftliche Situation von Ausländern in der Bundesrepublik. In dem Artikel unter der Überschrift „Erste und letzte Station: Sozialhilfe“ ist folgende Passage enthalten: „Die Bereitschaft, sich kriminell Geld zu besorgen, steigt“. Ein Leser des Blattes schreibt dem Deutschen Presserat. Er sieht in den Veröffentlichungen eine Diskriminierung von Ausländern, da sie den Eindruck erwecken, als seien allein Ausländer für die Misere im Sozialwesen verantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitung weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass der Autor der Beiträge ein Thema, das auf der politischen Ebene nachhaltig diskutiert werde, auf die lokale Situation herunter gebrochen habe, dass er die Leser über die problematische Seite der Zuwanderung informiere. Der Autor habe zuvor solide recherchiert und die Information von der Kommentierung getrennt. Der Beschwerdeführer sei offenbar Teil jenes Schweigekartells, das in dem Kommentar angesprochen werde. Seine Interpretation empfinde man als bösartig, wenn nicht gar als verleumderisch. Die Chefredaktion ist der Meinung, dass der Presserat sich nicht als Zensurorgan missbrauchen lassen sollte. Der Grundsatz der Antidiskriminierung dürfe nicht dazu führen, dass Tatsachen unterdrückt würden. (1999)
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Unter der Überschrift „Wenn die Familie zum Albtraum wird“ berichtet die Lokalausgabe einer Regionalzeitung über einen Sorgerechtsstreit. Einem der Beteiligten, Mitarbeiter des zuständigen Jugendamtes, wird vorgeworfen, er habe seine Stellung benutzt, um Einfluss auf das Verfahren zu nehmen bzw. das Amt habe es an Zurückhaltung fehlen lassen. Der Mitarbeiter des Jugendamtes, neuer Lebensgefährte der Mutter des betroffenen Scheidungskindes, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass die Darstellung der Zeitung nicht korrekt ist, da er mit dem Fall nicht betraut war. Dies sei der Redaktion auch mitgeteilt worden. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, umfangreiche Recherchen einer Redakteurin im betroffenen Jugendamt hätten bestätigt, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Einfluss auf das Verfahren genommen habe, wenn auch nicht auf offiziellem Wege. So seien Kindergeldzahlungen verzögert und Briefwechsel verschleppt worden. Auch Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen seiner inzwischen erfolgten Ablösung und dem ihn persönlich betreffenden Falle habe es gegeben. Zum Schutz des Beschwerdeführers habe man diese Hinweise nur andeutungsweise verwertet und auch seinen Namen nicht genannt. (1999)
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