Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Ein Wirtschaftsmagazin berichtet über die Ergebnisse der Neunten Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes. Danach steige die Lebenserwartung der Deutschen in den nächsten 35 Jahren um vier Jahre. Die Wiesbadener Behörde vollziehe damit eine Kehrtwende. “1994”, so die Zeitschrift, “schrieb sie die derzeitige Lebenserwartung auf ewig fest: 73 Jahre bei den Männern und 78,5 Jahre bei den Frauen. Wie unrealistisch das ist, wussten die Statistiker zwar. Aber nicht offiziell.” In dem Beitrag wird dem Präsidenten des Bundesamtes das Zitat “Schluss mit der Schönfärberei” zugeschrieben. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat weist der Präsident des Bundesamtes darauf hin, dass das ihm unterstellte Zitat frei erfunden ist. Gleichzeitig teilt er mit, dass die Neunte Bevölkerungsprognose noch nicht fertiggestellt ist und daher noch keine Ergebnisse vorliegen können. Der Beschwerdeführer kritisiert zudem die Behauptung, dass seine Behörde in der Achten Bevölkerungsprognose von 1994 “die derzeitige Lebenserwartung auf ewig” festgeschrieben habe: “73 Jahre bei den Männern und 78,5 Jahre bei den Frauen”. Von einer Kehrtwende des Bundesamtes könne keine Rede sein. Die Achte Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung habe die Lebenserwartung nicht auf ewig festgeschrieben. Vielmehr werde in der Prognose von einer zunehmenden Lebenserwartung ausgegangen. Der Präsident erklärt schließlich, er habe nach Kenntnisnahme des Artikels durch eine Vorabmeldung einer Nachrichtenagentur die Redaktion der Zeitschrift darüber unterrichtet, dass das darin enthaltene Zitat falsch sei. Daraufhin habe ihn der zuständige Ressortleiter angerufen und den Fehler eingeräumt. Einer Aufforderung, die Falschmeldungen aus dem Artikel zu entfernen oder unlesbar zu machen oder die Ausgabe nicht mit den Falschmeldungen erscheinen zu lassen, habe die Redaktion nicht Folge geleistet. Eine einstweilige Verfügung sei wirkungslos geblieben, da der Artikel mit dem erfundenen Zitat und der falschen Sachdarstellung inzwischen bundesweit vertrieben worden sei. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Wertung, das Statistische Bundesamt vollziehe “eine Kehrtwendung”, angesichts der zugrunde liegenden Fakten in jeder Weise für gerechtfertigt. Diese Aussage basiere auf dem Statement eines renommierten Wissenschaftlers im Rahmen eines Symposiums, der von einer Zunahme der mittleren Lebenserwartung von rund vier Jahren ausgegangen sei. Da es sich um einen anerkannten Experten auf dem Gebiet der Rentenversicherung handele, der über hervorragende Kontakte zum Statistischen Bundesamt verfüge, habe die Zeitschrift keinerlei Veranlassung gehabt, an seinen Worten zu zweifeln. Des weiteren sei auch die Wertung zulässig, dass das Bundesamt in der Achten Bevölkerungsprognose die derzeitige Lebenserwartung auf ewig festgeschrieben habe. Die Rechtsabteilung gesteht jedoch ein, dass die Zeitschrift falsch zitiert hat. Durch die Zitatform sei der Eindruck erweckt worden, als habe der Präsident des Amtes der Zeitschrift ein Interview gegeben. Dies sei durch ein redaktionelles Versehen geschehen. Aus Layout-Gründen sei der ursprünglich geplante Einstiegsatz geändert worden. Dabei seien die Anführungsstriche ohne Wissen des Autors und des Ressortleiters von der Schlussredaktion in letzter Minute in den Text eingesetzt worden. Als der Fehler bekannt geworden sei, habe sich der zuständige Ressortleiter sofort mit dem Beschwerdeführer und dem Bundesarbeitsministerium in Verbindung gesetzt, um den Schaden zu begrenzen. Darüber hinaus habe sich die Zeitschrift bei dem Beschwerdeführer entschuldigt und sofort die Agenturen und Tageszeitungen benachrichtigt, damit diese seine angebliche Äußerung nicht zitieren. Ferner habe die Zeitschrift in ihrer nächsten Ausgabe neben der Gegendarstellung des Beschwerdeführers eine Anmerkung veröffentlicht, in der noch einmal das Bedauern über die Panne ausgesprochen wurde. Viel mehr könne man nicht tun, um einen Patzer wieder gutzumachen. Abschließend stellt die Rechtsabteilung fest, nach bekannt werden der Panne sei die Ausgabe bereits gedruckt gewesen und habe zur Auslieferung bereit gestanden. Es könne der Zeitschrift nicht zugemutet werden, die gesamte Ausgabe einer Makulatur zuzuführen oder die verpackten Exemplare zu öffnen und an der entsprechenden Stelle zu schwärzen. (1999)
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Eine Zeitschrift berichtet über die “Treibjagd” der Polizei auf einen mutmaßlichen Mörder. Sie zeigt ein älteres Foto, auf dem der Mann mit seinen Adoptiveltern abgebildet ist. Der Beitrag nennt Name und Adresse der Adoptivmutter und beschreibt deren Gesundheitszustand. Ein Journalist, Leser der Zeitschrift, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass durch die Vielzahl der persönlichen Angaben die Adoptivmutter ins Schlaglicht der Öffentlichkeit gezerrt wird. Dadurch – wie durch die Veröffentlichung des Fotos – werde das Persönlichkeitsrecht der Frau verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht in der Berichterstattung einen Grenzfall. Das Psychogramm des Täters sei in hohem Maße Thema der öffentlichen Diskussion gewesen. Daher sei es notwendig gewesen, mehr als üblich auf seine Biographie und seinen familiären Hintergrund einzugehen. Richtig sei, dass man über die Mutter des Tatverdächtigen grundsätzlich auch in anonymisierter Form hätte berichten können. Dies wäre jedoch eine “sinnlose Förmelei” gewesen, da nur wenige Menschen in Deutschland den außergewöhnlichen Namen des Flüchtigen tragen. Es hätte also auf der Hand gelegen, dass die Mutter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne Namensnennung hätte identifiziert werden können. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Erwähnung der Frau nicht in reißerischer Art erfolge. Im Gegenteil schildere der Artikel in überaus behutsamer Weise die mit dem Fall verbundene familiäre Situation. Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Betroffene für die Taten ihres Sohnes verantwortlich gemacht werde. Das Foto diene lediglich dazu, den Tatverdächtigen in seinem früheren familiären Umfeld zu zeigen. An derartigen Abbildungen bestehe grundsätzlich ein legitimes öffentliches Interesse. Dass auch die Adoptivmutter des Flüchtigen abgebildet werde, stehe dem nicht entgegen. In diesem Zusammenhang sei auch von Bedeutung, dass das Foto fast 40 Jahre alt ist und die Frau heute gänzlich anders aussieht. Von Erkennbarkeit könne somit nicht die Rede sein. (1999)
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Unter der Überschrift “Ich kämpfe jeden Tag” berichtet eine Jugendzeitschrift über das Schicksal eines 16-jährigen unheilbar kranken Mädchens. Die Betroffene leidet unter einer fortschreitenden Lähmung und hat nach Ansicht der Zeitschrift vielleicht nur noch zehn Jahre zu leben. Das Mädchen wird in direkter Rede mit den Passagen zitiert: “Jeden Morgen, wenn ich aufwache, ist mein erster Gedanke: ‘Kann ich meine Arme noch fühlen?‘ ”, “Meine Augen werden immer schwächer, mein Gehör auch. Ich will gar nicht daran denken, dass ich irgendwann vielleicht mal blind sein werde”, “Wahrscheinlich würde ich beim Sex nicht viel spüren”, “Jetzt fehlt mir nur noch mein Traumtyp ... Vor einem Monat hatte ich mich total in Andreas verliebt”. Die Veröffentlichung einer Gegendarstellung der Betroffenen wird von der Zeitschrift verweigert. Vielmehr wird die Veröffentlichung eines Leserbriefes bzw. eine redaktionelle Nachbehandlung in Aussicht gestellt. Mit anwaltlicher Hilfe legt die Familie des Mädchens Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Bei den zitierten Stellen handele es sich um unzutreffende Behauptungen. Die Eltern des Mädchens hätten der Chefredaktion geschrieben, dass ihre Tochter diese Aussagen nie getroffen habe. Eine derartige journalistische Aufarbeitung des Schicksals von behinderten Menschen sei unzureichend und kontraproduktiv. Schließlich hätten die Eltern keine Einwilligung in die Veröffentlichung des Beitrags gegeben. Die Rechtsvertreter der Familie legen ein Schreiben der Autorin an die 16jährige sowie die ursprüngliche Version des Artikels der Redakteurin vor. In dem Entwurf findet sich keine Stelle, wonach die 16-jährige vielleicht nur noch zehn Jahre zu leben hat. Auch Gefühle beim Sex sind nicht angesprochen. Schließlich fehlt der Hinweis auf einen Andreas, in den sich das Mädchen angeblich verliebt hat. Die Autorin entschuldigt sich in dem sehr persönlichen Brief und bedauert, in der Redaktion nicht für ihre Version der Geschichte gekämpft zu haben. Der Rechtsvertreter der Zeitschrift teilt mit, das betroffene Mädchen habe vor Erscheinen des hier relevanten Beitrags als Darstellerin in einer sogen. “Foto-Love-Story” der Zeitschrift mitgewirkt. Danach sei die Idee entstanden, die 16jährige in einem eigenen Beitrag vorzustellen. Es sei falsch, wenn die Beschwerdeführer behaupten, dass die Veröffentlichung ohne die Einwilligung des Mädchens und seiner Eltern erschienen sei. Die Eltern seien keineswegs gegen die Veröffentlichung des Artikels gewesen und hätten sich später ausschließlich gegen den Inhalt des Beitrags gewandt. Das Textmanuskript und die Rechercheunterlagen seien vor Veröffentlichung der Schlussredaktion überlassen worden. Hier sei es wohl zu einer Verwechslung gekommen. Man habe dem Mädchen ein Zitat über Sex zugeschrieben, das so wohl nicht gefallen sei. Die Reaktion der Familie auf die Veröffentlichung habe dazu geführt, dass der Chefredaktion ein redaktionelles Aufgreifen der Thematik bzw. die Veröffentlichung eines Leserbriefes untersagt worden sei. Es sei nicht Aufgabe des Deutschen Presserats, einen aus presserechtlichen Gründen unzulässigen Gegendarstellungsanspruch zu unterstützen. Die Bemühungen der Redaktion, nach Ziffer 3 des Pressekodex zu verfahren, seien nicht gewürdigt worden. In einem weiteren Schreiben vertreten die Rechtsvertreter der Zeitschrift die Auffassung, dass Ziffer 3 des Pressekodex nicht Selbstzweck des Mediums sei, sondern eine Richtigstellung vor allem dann erfolge, um etwaige über einen Dritten aufgestellte Falschbehauptungen in der Öffentlichkeit zu korrigieren. Sollte gerade dieser Dritte wie hier vorliegend ausdrücklich eine Veröffentlichung verbieten, könne es nicht als Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht gewertet werden, wenn dann eine solche Veröffentlichung gerade nicht erfolge. (1999)
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Unter der Rubrik “Stadtgeflüster” spricht eine Lokalzeitung alle Fußballfans unter ihren Leserinnen und Lesern an: Es gibt acht Eintrittskarten für ein attraktives Bundesligaspiel in der Region zu gewinnen. Was müssen die Interessenten tun? Sie müssen die Bälle zählen, die im Trendsetter-Schaufenster einer namentlich genannten Modefirma in einer bestimmten Strasse ausgestellt sind, und die richtige Zahl auf einer Teilnahmekarte eintragen, die in dem Geschäft erhältlich ist. “Verpassen sollten die Teilnehmer natürlich nicht den Abgabeschluss”, mahnt das Blatt und nennt den entsprechenden Termin. Ein Leser der Zeitung hält den Hinweis auf die Aktion der genannten Firma für Schleichwerbung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Rechtsvertretung der Zeitung gesteht Zweifel daran ein, ob die Verlosung von Eintrittskarten für ein Fußballspiel überhaupt berichtenswert ist. Allerdings sei es nahezu unmöglich, das in dem angegriffenen Artikel angesprochene Modehaus in nicht zu beanstandender Art und Weise zu umschreiben. Die aufgezeigten Probleme sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die konkret angegriffene Berichterstattung verunglückt sei. Die Veröffentlichung bewege sich im Grenzbereich von Ziffer 7 des Pressekodex. Die Chefredaktion habe Vorkehrungen getroffen, die eine Berichterstattung in der hier beanstandeten Form künftig ausschließen. (1999)
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In mehreren Beiträgen übt eine Boulevardzeitung Kritik am Verhalten des Polizeipräsidiums im Verlagsort. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit einem Vorfall in einem Polizeirevier der Stadt: Zwei Polizisten geben – vermutlich unter Alkoholeinfluss – 34 Schüsse ab. Dem Polizeipräsidenten wird unterstellt, er habe den Vorfall verschweigen wollen bzw. er habe sich von Mitarbeitern verleugnen lassen. In der Schlagzeile wird in Verbindung mit einem großflächigen Foto des Betroffenen die Schlussfolgerung gezogen: “Ein Polizei-Chef, der nichts zu melden hat”. Vier Tage später berichtet die Zeitung, der Polizeipräsident sei seit Tagen auf Tauchstation und wegen seines Dauer-Schweigens vom Innenminister öffentlich abgewatscht worden. Schweigen wird dem Chef der Polizei auch in einem anderen Bericht vorgeworfen: “Polizisten prügeln Polizisten – und der Chef schweigt”. Die Zeitung schildert die Erlebnisse eines Polizeibeamten, der von Kollegen vor dem Polizeipräsidium irrtümlicherweise festgenommen und zusammengeschlagen worden sein soll. In dem Beitrag heißt es, der Betroffene sei zu Boden geschlagen, misshandelt und mit Handschellen gefesselt worden. In der Sache habe der Polizeipräsident bislang nichts zustande gebracht: “Die Beamten fahren weiter Streife, wurden nicht einmal angezeigt.” Unter der Überschrift “Mobbing im Polizeipräsidium” berichtet die Zeitung schließlich über einen Polizeibeamten, der wegen psychischer Probleme krank geschrieben wurde. Es heißt, der Mann werde gemobbt und das Polizeipräsidium nehme den Fall nicht ernst. Statt auf die Beschwerden zu reagieren, versuchten Vorgesetzte, dem Betroffenen Alkoholismus anzuhängen. Inzwischen sei der Beamte in eine andere Dienststelle versetzt. Das Polizeipräsidium wehrt sich gegen die Veröffentlichungen mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die beiden ersten Berichte enthielten ehrverletzende und falsche Behauptungen. Der Polizeipräsident habe die Vorfälle keineswegs vertuschen wollen, sondern sei im Urlaub gewesen und habe somit nicht früher reagieren können. So früh wie möglich sei die Öffentlichkeit in Form einer Pressemeldung über die Vorfälle informiert worden. Im Falle des festgenommenen Polizeibeamten seien dessen Behauptungen ungeprüft übernommen worden. Um den Wahrheitsgehalt der Angaben festzustellen, hätte ein Anruf bei der Pressestelle der Polizei genügt. Dieser sei jedoch nicht erfolgt. Tatsächlich habe sich der Beamte über 15 Minuten geweigert, sich auszuweisen und die kontrollierenden Beamten geschlagen und beleidigt. Auch in dem vierten Bericht sieht das Polizeipräsidium eine einseitige Darstellung aus der Sicht des Betroffenen. Die in dem Artikel erwähnte amtsärztliche Untersuchung sei erst nach einem verwaltungsgerichtlichen Urteil möglich gewesen. Der Zeitungsverlag berichtet in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde von einem Zivilverfahren, das sich auf die beiden ersten Veröffentlichungen bezog und mit einem Vergleich endete. Die Zeitung zahlte an den Polizeipräsidenten 7.000 D-Mark. Dieser zog daraufhin eine Strafanzeige gegen den Autor der Beiträge zurück. Merkwürdig bleibe nach wie vor, dass seinerzeit erst fünf Tage nach dem fraglichen Vorfall in einem Nachtrag zur normalen Pressemitteilung darüber berichtet worden sei. Der dritte Bericht entspreche in weiten Teilen der Wahrheit. Problematisch sei offensichtlich lediglich die Frage, ob der Betroffene sich mit seinem Dienstausweis zu erkennen gegeben habe oder nicht. Zu dem Vorwurf, der Autor habe den Sachverhalt nicht sorgfältig geprüft und nicht bei der Pressestelle der Polizei angerufen, weist der Verlag darauf hin, dass in der Vergangenheit die Pressestelle auf Fragen nach internen Vorgängen bei der Polizei keinerlei Auskünfte erteilt habe. Aus diesem Grund habe der Autor keine Veranlassung gesehen, bei der Pressestelle anzurufen. Auch der im vierten Beitrag behandelte Sachverhalt habe einen internen Vorgang bei der Polizei betroffen. Daher seien auch hier keine Informationen seitens der Pressestelle zu erwarten gewesen. Da der Autor den betroffenen Beamten bereits länger persönlich kannte und an dessen Glaubwürdigkeit keinen Zweifel gehabt habe, sei die Veröffentlichung in dieser Form erfolgt. Der Beschwerdeführer widerspreche in seiner Stellungnahme nicht dem Vorwurf des Mobbings. Die Tatsache, dass der Beamter erst nach einem verwaltungsgerichtlichen Urteil bereit war, sich untersuchen zu lassen, stehe damit zunächst in keinerlei Zusammenhang. (1999)
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Eine Lokalzeitung berichtet in mehreren Beiträgen über einen ehemaligen Stadtverordneten, der 1996 mehrere Kinder sexuell belästigt haben soll. Im letzten Beitrag heißt es, dass der Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden sei. In allen Artikeln wird darauf hingewiesen, dass er bis 1998 einen Sitz im Stadtrat hatte und sich in dieser Funktion besonders um die Bereiche Sport, Kultur und Jugend kümmerte. Der Kreisverband seiner Partei ist der Ansicht, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Tatverdächtigen und dem von ihm in der Vergangenheit ausgeübten Partei-Mandat hergestellt wird. Da dabei sein Vorname und das Initial seines Familiennamens angegeben werde, sei der Mann durch die Veröffentlichung überdies identifizierbar. Der Verband führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, nach allgemeiner Auffassung sei die Gerichtsberichterstattung angesichts der überragenden Bedeutung für die Öffentlichkeit insoweit zulässig, als nicht gesetzliche Beschränkungen entgegenstehen. Derlei Beschränkungen, die es der Zeitung verboten hätten, das Partei-Mandat des Angeklagten zu nennen, seien nicht ersichtlich. An der Berichterstattung bestehe ein Interesse der Öffentlichkeit, da der Angeklagte Mandatsträger gewesen sei. Wenn eine Person des politischen Lebens Straftaten begehe, so müsse die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, Konsequenzen zu ziehen. Dies gelte für alle politischen Ebenen. Wegen der Abkürzung des Nachnamens sei die Person nicht ohne weiteres erkennbar. Es bedürfe zusätzlicher Recherchen, um die Identität des Angeklagten festzustellen (1999)
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet, die Sozialministerin eines Landes habe sich beim Justizminister eines anderen Landes für einen Deutschkurden eingesetzt, gegen den wegen Teilnahme an einem Kurdenfest ermittelt werde. Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet unter der Überschrift “Als Vermittlerin für einen PKK’ler fungiert” über den Inhalt des Artikels. Sie bezeichnet den Betroffenen als einen PKK’ler und behauptet, dass die Demonstration, an der er teilgenommen habe, von PKK-Sympathisanten organisiert worden sei. Der Deutschkurde beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er weist darauf hin, dass er kein PKK’ler sei. Diese Behauptung gefährde ihn bei Reisen in die Türkei. Die Rechtsvertretung der türkischen Zeitung bleibt dabei: Der Beschwerdeführer habe unstreitig an einer Demonstration von PKK-Gefolgsleuten teilgenommen. In diesem Zusammenhang sei gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. In dem Bericht werde der Betroffene als “PKK-Sympathisant” oder “-freund” bezeichnet. Diese Bezeichnung müsse er sich nach der Teilnahme an der Demonstration zurechnen lassen. Als politisch aktivem kurdischstämmigem Deutschen müssten ihm die Folgen in der türkischen Öffentlichkeit klar sein, wenn er sich dazu entschließe, an einer Demonstration im Umfeld von PKK-Anhängern teilzunehmen.
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Eine Jugendzeitschrift berichtet über einen Rap-Star, der zwölf Tage verschwunden war und diese Zeit “in den Fängen einer Sekte” verbrachte. In dem Beitrag äußert sich ein Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche über diese “religiöse Gruppe”. Der Experte wird auch in einem beigestellten Interview befragt, wie gefährlich Sekten sind. Der zitierte Sektenbeauftragte beschwert sich beim Deutschen Presserat, weil er nie persönlich mit der Redaktion der Zeitschrift gesprochen hat. Informationen aus einer schriftlichen Mitteilung seines Büros würden jedoch wie Zitate hingestellt. Die schriftlichen Aussagen würden zudem grob verfälscht. So habe er nicht ausgeführt, dass die erwähnte Gruppe eine Sekte sei, sondern dass es sich um eine “evangelikal/pfingstlerisch geprägte christliche Aktivität” handele. Abschließend weist er darauf hin, dass er darum gebeten habe, den Artikel, den die Zeitschrift veröffentlichen wolle, vorab gegenlesen zu dürfen. Diese Gelegenheit sei ihm jedoch nicht gegeben worden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekundet, die Redaktion habe mit der Referentin des Sektenbeauftragten vereinbart, dass diese die benötigten Informationen einhole, welche dann als Aussagen des Beschwerdeführers veröffentlicht werden sollten. Allen Beteiligten sei dabei klar gewesen, dass die von der Referentin schriftlich bzw. telefonisch übermittelten Informationen als Aussagen des Sektenbeauftragten verbreitet würden. Die Bezeichnung der erwähnten Gruppe als Sekte sei möglicherweise auf ein Missverständnis der Redaktion zurückzuführen. In der Feststellung werde jedoch eine Aussage der Referentin aufgegriffen, dass man davon ausgehen könne, dass die Gruppe zu einer Sekte gehöre. In dem Schreiben der Referentin werde zudem im Zusammenhang mit der Gruppierung von “sektiererischen Entwicklungen in christlichen Gruppen” gesprochen. Die Redaktion weist schließlich darauf hin, dass mit dem Beschwerdeführer keineswegs abgesprochen war, dass er den Text autorisieren sollte. Das dem Interview beigestellte Foto sei der Redaktion von der Referentin des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt worden. In diesem Zusammenhang habe die zuständige Redakteurin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ihr von der Referentin mitgeteilten Informationen als Statement des Beschwerdeführers publiziert werden sollten. (1999)
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Eine Boulevardzeitung stellt die Frage, ob eines der größten deutschen kommunalen Kreditinstitute das Bankgeheimnis verletzt habe. Unter der Schlagzeile “War es die späte Rache des Sparkassenchefs?” wird die Vermutung geäußert, Informationen über Kreditgeschäfte des örtlichen CDU-Fraktionschefs könnten die Rache des Chefs der Sparkasse dafür sein, dass er mit seiner Bewerbung um ein höheres Amt in der deutschen Bankenszene gescheitert sei. Die Pressestelle der Sparkasse beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Berichterstattung des Blattes sei falsch und ehrverletzend. Bei den Lesern werde der Eindruck erweckt, der Chef der Sparkasse habe aus persönlichen Motiven gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Dies sei eine persönliche Verunglimpfung des Vorstandsvorsitzenden und eine image- und geschäftsschädigende Darstellung für die Sparkasse. Die Redaktionsleitung des Blattes erklärt, aufgrund einer persönlichen Verbundenheit des Sparkassenchefs mit dem zurückgetretenen SPD-Kandidaten sei in der Stadt der Verdacht geäußert worden, dass die Sparkasse mit ihrem Chef den SPD-Kandidaten stützen wollte. Hinzu komme, dass der Sparkassenchef schon einmal an dem Votum des CDU-Vertreters bei dem Bemühen, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu werden, gescheitert sei. Insoweit sei mehrfach der Verdacht aufgekommen, dass eine starke Animosität des Sparkassenchefs gegen die CDU und seine Verbindung zu dem zurückgetretenen Spitzenkandidaten der SPD Gründe für die “Enthüllung” eines angeblich nicht korrekten Bankgeschäfts gewesen seien, in das der Vorsitzende der CDU-Fraktion verwickelt gewesen sein soll. Im Hinblick auf den laufenden Kommunalwahlkampf hätte die Zeitung daher auf eine solche Verdachtsberichterstattung nicht verzichten können. Dass es eine Verdachtsberichterstattung ist, ergebe sich aus dem gesamten Text einschließlich der Überschrift. Die Redaktionsleitung betont abschließend, dass wesentliche Punkte des Dementis der Stadtsparkasse in dem Artikel veröffentlicht worden seien. (1999)
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Eine Lokalzeitung berichtet in vier Artikeln über die Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens und die Fahndung nach den beiden mutmaßlichen Tätern. In diesem Zusammenhang werden der Vorname des Kindes genannt und sein Foto veröffentlicht. Gleichzeitig werden die vollen Namen der beiden Verdächtigen genannt. Sie werden zudem als “Vergewaltiger” und “Täter” bezeichnet. Eine Leserin der Zeitung legt die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sieht sowohl das Persönlichkeitsrecht des Opfers als auch der beiden mutmaßlichen Täter verletzt. Zudem glaubt sie eine Vorverurteilung zu erkennen. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die Fotos der Entführten und der Gesuchten seien auf Bitten der zuständigen Polizeidirektion veröffentlicht worden. Die Polizei habe das Foto des 13-jährigen Opfers in Absprache mit dessen Eltern zu Fahndungszwecken zur Verfügung gestellt. Man habe die Hoffnung gehabt, es könnten sich Zeugen melden, die das Opfer mit seinen Entführern gesehen hatten. Diese Erwartung habe sich als richtig erwiesen, da sich Zeugen gemeldet hätten. In dem Beitrag sei nicht der tatsächliche Vorname des Mädchens, sondern ein erfundener Name angegeben worden. Weitere Angaben seien nicht gemacht worden. Die Brutalität der Täter habe die Öffentlichkeit in erheblichem Maße schockiert. Aus diesem Grund und im Interesse der Verbrechensaufklärung halte die Chefredaktion die Art ihrer Berichterstattung für angemessen. (1999)
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